Schrecken der Unendlichkeit, der zweite Teil

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Zahlen I Von den natürlichen Zahlen zu den komplexen Zahlen
Advertisements

Anzahl der ausgefüllten und eingesandten Fragebögen: 211
Vorlesung: 1 Betriebliche Informationssysteme 2003 Prof. Dr. G. Hellberg Studiengang Informatik FHDW Vorlesung: Betriebliche Informationssysteme Teil3.
Erkennen Sie die Kirchenkreise Heiteres Ratespiel Kirchen aus der Region.
Telefonnummer.
CPCP Institute of Clinical Pharmacology AGAH Annual Meeting, 29. Februar 2004, Berlin, Praktischer Umgang mit den Genehmigungsanträgen gemäß 12. AMG Novelle.
Modelle und Methoden der Linearen und Nichtlinearen Optimierung (Ausgewählte Methoden und Fallstudien) U N I V E R S I T Ä T H A M B U R G November 2012.
Modelle und Methoden der Linearen und Nichtlinearen Optimierung (Ausgewählte Methoden und Fallstudien) U N I V E R S I T Ä T H A M B U R G November 2011.
Modelle und Methoden der Linearen und Nichtlinearen Optimierung (Ausgewählte Methoden und Fallstudien) U N I V E R S I T Ä T H A M B U R G November 2011.
Workshop zur Medienarbeit der katholischen Kirche Aspekte des Religionsmonitors Berlin, 02. April 2008.
1 JIM-Studie 2010 Jugend, Information, (Multi-)Media Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK) Landeszentrale für Medien und Kommunikation.
= = = = 47 = 47 = 48 = =
Rechneraufbau & Rechnerstrukturen, Folie 2.1 © W. Oberschelp, G. Vossen W. Oberschelp G. Vossen Kapitel 2.
© 2006 W. Oberschelp, G. Vossen Rechneraufbau & Rechnerstrukturen, Folie 2.1.
Grundkurs Theoretische Informatik, Folie 2.1 © 2006 G. Vossen,K.-U. Witt Grundkurs Theoretische Informatik Kapitel 2 Gottfried Vossen Kurt-Ulrich Witt.
Internet facts 2008-II Graphiken zu dem Berichtsband AGOF e.V. September 2008.
Vorlesung: 1 Betriebliche Informationssysteme 2003 Prof. Dr. G. Hellberg Studiengang Informatik FHDW Vorlesung: Betriebliche Informationssysteme Teil2.
Bewegte Bezugssysteme
AC Analyse.
Differentielles Paar UIN rds gm UIN
Maxwell-Boltzmann Ausgewählte Themen des analogen Schaltungsentwurfs
Prof. Dr. Bernhard Wasmayr
Studienverlauf im Ausländerstudium
Schieferdeckarten Dach.ppt
Prof. Dr. Bernhard Wasmayr VWL 2. Semester
AWA 2007 Natur und Umwelt Natürlich Leben
Rechneraufbau & Rechnerstrukturen, Folie 12.1 © W. Oberschelp, G. Vossen W. Oberschelp G. Vossen Kapitel 12.
20:00.
„Küsse deine Freunde“ – FlexKom-App teilen
Zusatzfolien zu B-Bäumen
In der Schule.
Studienfahrt „Geburt der modernen Naturwissenschaften in der Toskana“
Eine Einführung in die CD-ROM
Dokumentation der Umfrage
für Weihnachten oder als Tischdekoration für das ganze Jahr
Where Europe does business Lück, JDZB | Seite © GfW NRW 252 a.
1 Ein kurzer Sprung in die tiefe Vergangenheit der Erde.
Wir üben die Malsätzchen
Syntaxanalyse Bottom-Up und LR(0)
NEU! 1 2. Wo kommt diese Art von Rezeptor im Körper vor?
Addieren und Subtrahieren von Dezimalzahlen
Aufgabensammlung Thermodynamik Frank-Michael Barth ISBN: © 2014 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH Abbildungsübersicht / List of Figures.
PROCAM Score Alter (Jahre)
Ertragsteuern, 5. Auflage Christiana Djanani, Gernot Brähler, Christian Lösel, Andreas Krenzin © UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz und München 2012.
Geometrische Aufgaben
Kennst du dich aus mit Nadelbäumen?
Symmetrische Blockchiffren DES – der Data Encryption Standard
1 (C)2006, Hermann Knoll, HTW Chur, FHO Quadratische Reste Definitionen: Quadratischer Rest Quadratwurzel Anwendungen.
Großer Altersunterschied bei Paaren fällt nicht auf!
Zahlentheorie und Zahlenspiele Hartmut Menzer, Ingo Althöfer ISBN: © 2014 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH Abbildungsübersicht / List.
MINDREADER Ein magisch - interaktives Erlebnis mit ENZO PAOLO
1 (C)2006, Hermann Knoll, HTW Chur, FHO Quadratische Reste Definitionen: Quadratischer Rest Quadratwurzel Anwendungen.
Schutzvermerk nach DIN 34 beachten 20/05/14 Seite 1 Grundlagen XSoft Lösung :Logische Grundschaltung IEC-Grundlagen und logische Verknüpfungen.
Einführung in die Astronomie und Astrophysik I Kapitel III: Das Planetensystem 1 Kapitel III: Das Planetensystem.
Folie Beispiel für eine Einzelauswertung der Gemeindedaten (fiktive Daten)
Hafenbetriebskommission Cham
1 Arbeitsgemeinschaft Biologische Psychiatrie Verordnungsgewohnheiten von Psychopharmaka Statuserhebung 2005 W.Günther G.Laux T.Messer N.Müller M.Schmauss.
1 Mathematical Programming Nichtlineare Programmierung.
Imperfekt Wie sagt man das mit Imperfekt
Technische Frage Technische Frage Bitte löse die folgende Gleichung:
Ertragsteuern, 5. Auflage Christiana Djanani, Gernot Brähler, Christian Lösel, Andreas Krenzin © UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz und München 2012.
Unternehmensbewertung Thomas Hering ISBN: © 2014 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH Abbildungsübersicht / List of Figures Tabellenübersicht.
Es war einmal ein Haus
Folie Einzelauswertung der Gemeindedaten
J-Team: Gymnasium Ulricianum Aurich und MTV Aurich Ein Projekt im Rahmen von UlricianumBewegt.de Euro haben wir schon…  8000 mal habt ihr bereits.
Datum:17. Dezember 2014 Thema:IFRS Update zum Jahresende – die Neuerungen im Überblick Referent:Eberhard Grötzner, EMA ® Anlass:12. Arbeitskreis Internationale.
1 10 pt 15 pt 20 pt 25 pt 5 pt 10 pt 15 pt 20 pt 25 pt 5 pt 10 pt 15 pt 20 pt 25 pt 5 pt 10 pt 15 pt 20 pt 25 pt 5 pt 10 pt 15 pt 20 pt 25 pt 5 pt Wie.
Sehen, Hören, Schmecken: wenn uns unsere Sinne täuschen
1 Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest KIM-Studie 2014 Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK) Landeszentrale für Medien und Kommunikation.
Monatsbericht Ausgleichsenergiemarkt Gas – Oktober
 Präsentation transkript:

Schrecken der Unendlichkeit, der zweite Teil Analysis

Übersicht Das erste Auftauchen: Zenon Grenzwerte von Zahlenfolgen Die Eulersche Zahl e Kann man unendlich viele Zahlen addieren? Unendliche Reihen Die geometrische Reihe Die alten Regeln gelten nicht mehr

Heraclit (etwa 535 – 475 v.Chr.) Lebte in Ephesos Der Philosoph der Bewegung Das einzig Stete ist der Wandel Alles fließt Enormer Einfluss in der Moderne

Die Geographie der Mathematik

Zenon (490 – 430 v.Chr.) Vorsokratiker Schüler des Parmenides Lebte in Elea (Italien) Berühmt durch Paradoxa

Die Geographie der Mathematik

Zenon: Achill und die Schildkröte Ein Paradoxon, das die Alten nicht lösen konnten Problem: Ein Wettlauf zwischen Achill, schnellster Läufer der Antike, und einer Schildkröte

Zenon: Achill und die Schildkröte

Der mathematische Kern: Die Gesamtzeit Vachill = 10m/s Vschildkröte = 1m/s Gesamtzeit =

Zenons Paradoxon Zenon: Achill kann die Schildkröte nicht einholen Begründung: Man muss unendlich viele Zeiten addieren und dabei kann nach Zenon nur unendlich herauskommen

Eine moderne Lösung

Eine andere Argumentation: Gesamtzeit =

Der Kern des Problems Wie kann man unendlich viele Zahlen addieren? (mit einem plausiblen Ergebnis) Die antiken Mathematiker fanden keine allgemeine Lösung

Die moderne Lösung Grenzwerte (von Zahlenfolgen, Funktionen,…..) Der Begriff der reellen Zahl Viele Überraschungen, auch manche Holzwege! Einige Protagonisten:

Newton (1643 – 1727) Begründer der modernen Physik Einer der Väter der Differential- und Integralrechnung

Leibniz (1646 – 1716) Letzter Universalgelehrter Einer der Väter der Differential- und Integralrechnung

Euler (1707 – 1783) Wichtigster Mathematiker seiner Zeit Erforschte unter anderem die Zahl e

Cauchy (1789 – 1857) Schuf die Grundlagen der modernen Grenz-werttheorie, mit vielen Irrungen und Wirrungen

Dedekind (1831 – 1916) Brachte den Begriff „reelle Zahl“ zu einem vorläufigen Abschluss

Eine einfache Zahlenfolge:

Eine weitere einfache Zahlenfolge:

Der Limesbegriff

Der Knackpunkt: Es gibt keine unendlich kleinen Zahlen auf der Zahlengeraden (in R). Andere Zahlmodelle sind möglich 0-Punkt

Historisches Die Entwicklung einer allgemeinen Definition benötigte weit mehr als 100 Jahre. Die allgemeine Definition wirkt sehr abstrakt, auf den ersten Blick schwer verständlich.

Die genial einfache Idee: Einsperren der Zahlenfolge beim Grenzwert ε a

Die exakte Definition des Grenzwerts einer Folge an

Ein berühmter Grenzwert: Die Zahl e History Fiction: Wie e hätte entdeckt werden können, aus niederen Motiven, aus Geldgier. So ist es nicht geschehen.

Die Geburt der Zahl e aus dem Geist des Kapitalismus Zinsen, immer mehr Zinsen Die Ausgangssituation: 1 € wird ein Jahr lang zu 100% angelegt. Nach einem Jahr hat man K1 = (1 + 1) € Wie kann man mehr erlangen?

Unterjährliche Verzinsung Halbjährlich: K2 = (1 + ½) (1 + ½) = (1 + ½)2 = 2,25 Dritteljährlich: K3 = (1 + 1/3) (1 + 1/3) (1 + 1/3) = (1 + 1/3)3 = 2,37037037….

Die Entwicklung der Zinsen

Die allgemeine Situation Bei n Verzinsungsperioden pro Jahr: Kn = (1+1/n)n.

Einige Werte, mit EXCEL berechnet k n = 10k Kn 1 10 2,59374246 2 100 2,704813829 3 1000 2,716923932 4 10000 2,718145927 5 100000 2,718268237 6 1000000 2,718280469 7 10000000 2,718281694 8 100000000 2,718281786 9 1000000000 2,718282031 10000000000 2,718282053 11 1E+11 12 1E+12 2,718523496 13 1E+13 2,716110034 14 1E+14 15 1E+15 3,035035207 16 1E+16

Analyse: EXCEL rechnet falsch: K3 = (1+1/3)3 = (1+1/3)(1+1/3) (1+1/3) > 2 Kn = (1+1/n)n = (1+1/n)(1+1/n)…(1+1/n) > 2 Was kommt wirklich heraus?

Eulers Ergebnis

Einige Eigenschaften von e e ist kein Bruch, e ist transzendent

Berechnung von e

Beispiel: n = 5

Die Bedeutung der Zahl e: f(x) = ex Anwendungen: Wachstumsprozesse Zerfallsprozesse Hintergrund: (ex)´ = ex

Eine Bemerkung zu den Zinsen So wachsen die Bäume nicht in den Himmel Aber: Geldgier macht erfinderisch. Man kann mit Zinsen mehr rausholen. „Vorschüssige Zinsen“

Unendliche Summationen Beispiele 1 + 1 + 1 + 1 +…… 1 – 1 + 1 – 1 + 1 – 1 + 1 ….. 1 + ½ + 1/3 + ¼ + 1/5 + 1/6 + …. 9/10 + 9/100 + 9/1000 + ….. 1 + ½ + (½)2 + (½)3 + (½)4 + …..

Wie kann man unendlich viele Zahlen addieren? Eigentlich gar nicht. Vorschlag: Addiere bis zur 1. 2. 3. n-ten Zahl: S1, S2, S3, ´… Sn, … („Partialsummen“) S = lim Sn

Entwicklung von S = 1 + ½ + (½)2 + (½)3 + (½)4 + …..

S = 1 + ½ + (½)2 + (½)3 + ….. S1 = 2 – 1 < 2 S2 = 2 – ½ < 2 Sn = 2 – (½)n-1 < 2 Der Unterschied zu 2 geht gegen 0! lim Sn = 2

Das 0,9999..-Problem 0,99999…. = 9(1/10 + 1/100 + 1/1000 + ….) 0,99999…. = 9(1/10 + 1/100 + 1/1000 + ….) S1 = 9/10 S1 = 1 – 1/10 S2 = 99/100 S2 = 1 – 1/100 Sn = …. Sn = 1 – 1/10n 0,999… = lim Sn = 1

Die berühmte Leibnizreihe Die Reihe: S = 1 – ½ + 1/3 – ¼ + 1/5 – 1/6 + 1/7 - + … Die Reihe hat einen Wert („konvergiert“):

Die Entwicklung der Summe

Welchen Wert hat die Reihe? Eulers Ergebnis: S = 1 – ½ + 1/3 – ¼ + 1/5 – 1/6 + 1/7 - + … = ln 2 = 0,6931……..

Schrecken der Unendlichkeit

Ein unmögliches Ergebnis

Wo liegt der Trugschluss? Die Reihenfolge der Summanden ist relevant! Es gilt nicht die Verallgemeinerung von a +b + c = b + c + a = b + a + c = …..

Es kommt noch schlimmer: Der Satz von Riemann Man kann durch geschicktes Umsortieren jedes Ergebnis erzeugen. Dies geht allerdings nicht bei allen unendlichen Summen.

Bernhard Riemann (1826 – 1866) Nachfolger von Gauß in Göttingen Mathematisches Genie Ohne ihn keine allgemeine Relativitäts- theorie

Die Idee von Riemann

Die Idee von Riemann

Die Idee von Riemann

Die Entwicklung der Summe

Die Entwicklung der Summe

Warum nicht 42 als Beispiel? Man muss im ersten Schritt zwischen 1035 und 1036 Summanden addieren!

Entschlüsselte Geheimnisse Mehr Mathe in Tholey: Es geht weiter im März 2004. Entschlüsselte Geheimnisse