Arbeitsrecht für Führungskräfte

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Folie 1 Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Folie 2 Schutz vor Benachteiligungen vor Inkrafttreten der AGG Diskriminierungsschutz Grundgesetz Europarecht.
Das Allgemeine Gleichbehandlungs-gesetz (AGG)
 Präsentation transkript:

Arbeitsrecht für Führungskräfte Ein Leitfaden für die Praxis Version für Medizin- und Pharma-Unternehmen 1

Themenüberblick 1 Rechtsgrundlagen und Systematik des Arbeitsrechts 2 Rechtsfragen der Einstellung und Gestaltung von Arbeitsverhältnissen 3 Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis – Haftung und Haftungbeschränkung im Arbeitsverhältnis 4 Arbeitsverhältnisse rechtssicher beenden – Kündigung und Anfechtung 5 Sozialer und technischer Arbeitsschutz Page  2

Rechtsgrundlagen und Systematik des Arbeitsrechts Konkurrenzen: Rangprinzip Günstigkeitsprinzip Spezialitätsprinzip EU-Recht Grundgesetz Rangprinzip Nationales Recht, z.B.: Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Kündigungsschutzgesetz (KSchG) Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) Tarifverträge Betriebsvereinbarungen Arbeitsvertragliche Regelungen, Betriebliche Übung, Direktionsrecht Page  3

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) Zentraler Grundsatz Beschäftigte dürfen weder unmittelbar noch mittelbar aus Gründen der Rasse, der ethischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität benachteiligt werden. Rechtsfolgen bei Verstößen gegen das AGG Materieller Schadensersatz Immaterieller Schadensersatz (Schmerzensgeld) unabhängig vom Verschulden des AG / Vorgesetzten Leistungsverweigerungsrecht des AN Maßnahmen und Pflichten des AG (§ 12 AGG) Schutz der AN und Unterbindung von Benachteiligungen durch geeignete Maßnahmen (z. B.: Abmahnung, Umsetzung, Versetzung, Kündigung) Schulung der Mitarbeiter Aushang des AGG sowie des § 61 b ArbGG Einrichtung einer Beschwerdestelle Page  4

Das Vorstellungsgespräch Fragerecht des AG – Offenbarungspflicht des Bewerbers Fragerecht Konsequenzen Offenbarungspflicht des Bewerbers Zulässige Frage: enger Sachzusammenhang mit geplanter Beschäftigung (Eignung) z. B. (Schul-) Ausbildung Unzulässige Frage: Persönlichkeits- / Intimsphäre, z. B. Schwangerschaft, Familienplanung Verpflichtung zur wahrheitsgemäßen und vollständigen Beantwortung Verletzung dieser Pflicht  Anfechtungs-/ Kündigungsrecht des AG Aber: keine Auskunftspflicht des Bewerbers Recht auf „Lüge“  AN darf Antwort nicht nur verweigern, sondern bewusst falsch beantworten Grundsatz: Nachteilige Tatsachen muss Bewerber von sich aus nicht offenbaren Ausnahme: AG darf nach Treu und Glauben Mitteilung erwarten; z. B. HIV-Erkrankung Page  5

Arbeitsverhältnis Der Arbeitsvertrag Form: Inhalt: Grundsatz der Formfreiheit; Ausnahme: gesetzliche und tarifvertrag-liche, Sonderregelungen, Betriebsvereinbarung Inhalt: Grundsatz der Abschluss- und Vertragsfreiheit  Aber erhebliche Einschränkungen durch zwingende gesetzliche, kollektivrechtliche Regelungen  Verzicht auf zwingende Regelungen unwirksam Wichtig: Arbeitsverträge unterliegen der AGB-Kontrolle Verbot überraschender, mehrdeutiger Klauseln; Verbot unangemessener Benachteiligung Rechtsfolgen eines AGB-Verstoß: Klausel unwirksam  diese wird durch gesetzliche Regelung ersetzt  Vertrag im Übrigen bleibt wirksam Page  6

Sonderform: Befristetes Arbeitsverhältnis Teil I - Zulässigkeit Zulässigkeit der Befristung Ohne Sachgrund: Nur bei Neueinstellung für max. 2 Jahre Mit Sachgrund (§ 14 Abs. 1 S. 2 TzBfG): nur vorübergehender Bedarf an der Arbeitsleistung, Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern, Vertretung eines anderen Arbeitnehmers, Eigenart der Arbeitsleistung, zur Erprobung, in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe, aufgrund zeitlich begrenzter Haushaltsmittel, aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs Kettenbefristung Aneinanderreihung mit Sachgrund befristeter Verträge zulässig. Aber: Mit zunehmender Dauer steigende Schutzbedürftigkeit das AN Page  7

Sonderform: Befristetes Arbeitsverhältnis Teil II Form Schriftform der Befristungsabrede (nicht ganzer Arbeitsvertrag) Verstoß gegen Formvorschrift  unbefristetes Arbeitsverhältnis, aber ordentliche Kündigung vor Befristungsende zulässig Unzulässige Befristung - Rechtsfolgen Arbeitsvertrag gilt mit dem vereinbarten Ende als auf unbestimmte Zeit geschlossen Kündigung nur unter Einhaltung des allgemeinen Kündigungsvoraussetzungen und frühes-tens zum Ende der Befristung zulässig Page  8

Sonderform: Befristetes Arbeitsverhältnis (TzBfG) Teil III - Beendigung Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses: Zeitbefristung: Automatische Beendigung mit Zeitablauf Zweckbefristung: Mit Zweckerreichung – Voraussetzung: 2 Wochen zuvor schriftliche Mitteilung des AG über Zweckerreichung! Ordentliche Kündigung vor Befristungsende grundsätzlich unzulässig Ausnahme: Vertragliche Vereinbarung / Insolvenz Außerordentliche Kündigung zulässig Wichtig: Wird Arbeitsverhältnis nach Fristablauf / Zweckerreichung mit Wissen des AG fortgesetzt, gilt AV als unbefristet verlängert Ausnahme: unverzüglicher Widerspruch des AG oder Mitteilung der Zweckerreichung Page  9

Durchführung des Arbeitsverhältnisses Direktionsrecht Konkretisierung der Arbeitspflichten Über Direktionsrecht hinausgehende Anordnungen  einvernehmliche Vertragsänderung oder Änderungskündigung erforderlich Überschreiten des Direktionsrecht durch AG  Leistungsverweigerungsrecht des AN Nichtbeachtung zulässiger Weisungen  Kündigung des AN nach Abmahnung möglich Page  10

Durchführung des Arbeitsverhältnisses Betriebliche Übung Regelmäßige (i.d.R. mindestens dreimalige), gleich-förmige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen, aus denen AN schließen können, dass diese Leistun-gen auf Dauer gewährt werden sollen. Keine Bindungswirkung falls Freiwilligkeits- oder Widerrufsvorbehalt Beseitigung der Bindungswirkung nur durch einver-nehmliche Vertragsänderung, Änderungskündigung oder „negative“ betriebliche Übung Page  11

Durchführung des Arbeitsverhältnisses Personalakte In Personalakte dürfen nur Unterlagen aufgenommen werden, die im inneren Zusammenhang mit Arbeitsverhältnis stehen Rechte des AN Anhörungsrecht vor Aufnahme nachteiliger Fakten  bei Verstoß: Tilgungsanspruch Einsichts- und Erklärungsrecht  Anspruch auf Aufnahme von Gegendarstellung in Personalakte Tilgungsrecht bei unrichtiger Tatsachenbehauptung oder fehlender Anhörung Beschwerderecht Page  12

Nachvertragliches Wettbewerbsverbot Wirksamkeitsvoraussetzungen (§ 74 HGB ff. analog) Schriftform Berechtigtes geschäftliches Interesse Karenzentschädigung  mind. Hälfte der zuletzt bezogenen Jahresvergütung pro Karenzjahr Höchstdauer: max. 2 Jahre Wegfall des Wettbewerbverbots Lossagung bei Kündigung (§ 75 HGB) Verzicht des AG vor Vertragsbeendigung (§ 75a HGB)  aber: Befreiung erst nach einem Jahr ab Verzichtserklärung  rechtzeitiges Handeln erforderlich Page  13 13

Nachvertragliches Wettbewerbsverbot Folgen bei Verstoß gegen gesetzliche Voraussetzungen Art des Verstoßes Folge Nichteinhaltung der Formvorschrift Nichtigkeit Keine Karenzentschädigung Unzureichende Karenzentschädigung Unverbindlichkeit Fehlen des berechtigten Interesses Erschweren des beruflichen Fortkommens Überschreiten des zulässigen Karenzzeitraums Unverbindlichkeit  Wahlrecht des AN, ob er am Wettbewerbsverbot festhält oder nicht Nichtigkeit  Unwirksamkeit Page  14

Haftung des AG Überblick Personenschäden (siehe auch Arbeitsunfall)  gesetzlicher Haftungsausschluss des AG gem. § 104 SBG VII  Haftung des Unfallversicherungsträgers Sach- Vermögensschaden:  Haftung nur bei Verschulden (auch Organisationsverschulden) Verletzung sonst. Rechtgüter (z.B. Ehre, sexuelle Selbstbestimmung):  bei Verschulden Schadensersatz (auch Schmerzensgeld) und Verpflichtung zur Unterlassung bzw. Beseitigung Page  15

Arbeitsunfall Wichtig: Arbeitsunfall setzt keine betriebstypische Gefahr voraus Ausreichend: Zusammenhang mit betrieblicher Tätigkeit (-) bei eigenwirtschaftlicher, privater Tätigkeit Haftungsrechtliche Folgen: Zivilrechtlicher Haftungsausschluss des AG  Einstandspflicht der gesetzlichen Unfallversicherung Ausnahme: - Wegeunfall - vorsätzliche Schadensverursachung Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit  Regress der Versicherung möglich Hauptfall: Verletzung wichtiger Unfallverhütungsvorschriften! Page  16 16

Sachschäden von Kollegen, Dritten Haftung des AN für Sachschäden Grundsatz der Haftungsbeschränkung  sog. innerbetriebl. Schadensausgleich Dreistufiges Haftungsmodell: Leichte Fahrlässigkeit (geringe Schuld)  keine Haftung Mittlere Fahrlässigkeit  quotale Haftung AG/AN  Berücksichtigung der Gesamtumstände Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit  volle Haftung des AN, es sei denn Haftung wäre grob unbillig Sachschäden des AG im Außenverhältnis  volle Haftung des AN Aber: Freistellungs- und Erstattungsanspruch gegen AG entsprechend Grundsatz des innerbetrieblichen Schadensausgleichs (siehe Haftungsmodell links) Sachschäden von Kollegen, Dritten Page  17

Haftung des AN für Personenschäden Haftung für Personenschäden des AG / Kollegen: Sozialversicherungsrechtlicher Haftungsausschluss gem. § 105 SGB VIII  Schaden trägt gesetzliche Unfallversicherung Ausnahme: Vorsatz oder Wegeunfall Wichtig: Haftungsausschluss umfasst auch Schmerzensgeld Haftung für Personenschäden von Dritten: im Außenverhältnis  volle Haftung des AN Aber: Freistellungs- und Erstattungsanspruch gegen AG entsprechend Grundsatz des innerbetrieblichen Schadensausgleichs Wichtig: Regressanspruch der Sozialversicherungsträger bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit, § 110 SGB VII Page  18

Beendigung des Arbeitsverhältnisses - Kündigung Formale Voraussetzungen der Kündigung Schriftform  bei Nichtbeachtung Kündigung unwirksam! Bei Kündigung durch Stellvertreter ist u.U.Originalvollmacht beizufügen Aus Kündigung muss sich ergeben, ob ordentliche oder außerordentliche Kündigung ausgesprochen wird Angabe von Gründen i.d.R nicht erforderlich, es sei denn gesetzlich oder vertraglich ausnahmsweise vorgeschrieben Zugang Page  19

Beendigung des Arbeitsverhältnisses - Kündigung Checkliste einer ordentlichen Kündigung Wirksame Kündigungserklärung 1 Keine Unkündbarkeit 2 Anhörung des Betriebsrates 3 Besonderer Kündigungsschutz 4 Allgemeiner Kündigungsschutz 5 Einhaltung der Kündigungsfristen- und termine 6 Page  20

Beendigung des Arbeitsverhältnisses - Kündigung Besonderer Kündigungsschutz – wichtige Beispiele Schwerbehinderte (§ 15 ff SchwbG)  nur mit Zustimmung des Integrationsamtes Betriebsratsmitglieder, Jugend- und Auszubildendenvertreter  ordentliche Kündigung unzulässig, außerordentliche Kündigung nur mit Zustimmung des Betriebsrats (§ 15 KSchG) Personen in Berufsausbildung  nach Ablauf der Probezeit ordentliche Kündigung unzulässig Personen in Elternzeit/Mutterschutz  i.d.R. absolutes Kündigungsverbot für jede Art der Kündigung Page  21

Beendigung des Arbeitsverhältnisses – Kündigung Allgemeiner Kündigungsschutz Bedeutung des allgemeinen Kündigungsschutzes Eingreifen des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) Unterfällt AN dem KSchG, ist ordentliche Kündigung nur möglich, wenn diese „sozial gerechtfertigt“ ist (=Vorliegen eines Kündigungsgrundes) Erhebliche Einschränkung des Kündigungsrechts  Kündigung muss sorgfältig vorbereitet werden! Betriebsgröße: mehr als 10 AN (§ 23 KSchG) (bei Arbeitsverhältnissen vor 31.12.2003: mehr als 5 AN) Wartezeit: 6 Monate (§ 1 Abs. 1 KSchG) Page  22

Beendigung des Arbeitsverhältnisses Betriebsbedingte Kündigung Voraussetzungen: Dauerhafter Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit Ultima-ratio-Prinzip  Kündigung durch andere Maßnahmen (z. B. Überstunden-abbau, Versetzung) vermeidbar? Ordnungsgemäße Sozialauswahl Page  23

Betriebsbedingte Kündigung Richtige Durchführung der Sozialauswahl kraft Direktionsrecht „austauschbare“ AN AN derselben hierarchischen Ebene AN desselben Betriebs Gewichtung der Sozialdaten  Ermessensspielraum des AG Punktetabellen nur zur Vorauswahl zulässig Auswahl der einzubeziehenden AN  Vergleichbare AN Vergleich der Sozialdaten Auswahl des sozial am wenigsten schutzwürdigen AN Dauer der Betriebszugehörigkeit Lebensalter Unterhaltsverpflichtungen Schwerbehinderung Page  24

Beendigung des Arbeitsverhältnisses Betriebsbedingte Kündigung Zulässiges Punkteschema nach der Rechtsprechung (BAG vom 05.12.2002, Az.: 2 AZR 549/01) Alter: 1 Punkt pro vollendetes Lebensjahr, max. 55 Punkte Betriebszugehörigkeit: - Bis 10 Dienstjahre: 1 Punkt pro vollendetes Jahr der Betriebszugehörigkeit - Ab dem 11. Dienstjahr: 2 Punkte pro vollendetes Jahr der Betriebszugehörigkeit, max. 70 Punkte Unterhaltspflichten: - 4 Punkte je unterhaltsberechtigtem Kind - 8 Punkte für unterhaltsberechtig-ten Ehegatten Schwerbehinderung: Schwerbehinderung bis 50 %: 5 Punkte - Schwerbehinderung über 50 %: jeweils 1 Punkt für 10 % Page  25

Beendigung des Arbeitsverhältnisses Personenbedingte Kündigung - Checkliste Kündigungsgrund: AN ist aufgrund persönlicher Eigenschaften bzw. Fähigkeiten nicht mehr in der Lage, vertraglich geschuldete Leistungen zu erbringen 1 2 Negative Prognose Erhebliche Beeinträchtigung wirtschaftlicher / betriebliche Interessen 3 Ultima-ratio-Prinzip: Vorrangig sind mildere Maßnahmen zu ergreifen 4 Interessenabwägung: Schutzinteressen des AN ↔ wirtschaftliche / betriebliche Interessen des AG 5 Page  26

Beendigung des Arbeitsverhältnisses Personenbedingte Kündigung – Sonderfall krankheitsbedingte Kündigung Kündigungsgrund & negative Gesundheitsprognose Betriebsablaufstörung Ultima ratio Interessenabwägung Häufige Kurzerkrankung: Wiedererkrankung in erheblichen Umfang  Nachweis durch detailierte Auflistung der bisherigen Fehlzeiten Langzeiterkrankung: Wiederherstellung in absehbarer Zeit (BAG: 24 Monate) nicht zu erwarten Nachweis durch detaillierte Auflistung der wirtschaftlichen / personellen Beeinträchtigungen infolge der Fehlzeiten Vorrangig: Versetzung auf „leidensgerechten“ Arbeitsplatz prüfen u.a. Ursache der Krankheit (betrieblich / privat) ↔ wirtschaftliche Belastung Page  27

Beendigung des Arbeitsverhältnisses Verhaltensbedingte Kündigung - Checkliste Schuldhafte Vertragspflichtverletzung  Beeinträchtigung der AG-Interessen 1 2 Negative Prognose: i.d.R. (+) bei Fortsetzung des Verhaltens trotz Abmahnung 3 Ultima ratio  Vorrang der Abmahnung! 4 Interessenabwägung: v.a.  Art, Schwere, Häufigkeit der Störung, Verschuldensgrad Page  28

Beendigung des Arbeitsverhältnisses Verhaltensbedingte Kündigung Die Abmahnung Rüge- und Warnfunktion  genaue Bezeichnung des beanstandeten Verhaltens verbunden mit Kündigungsandrohung im Wiederholungsfall Ausschlussfrist:  keine gesetzlich festgelegte Ausschlussfrist, aber Ausspruch „im zeitlichen Zusammenhang“ mit Verstoß erforderlich Abmahnung verliert mit der Zeit ihre Wirkung  hierfür aber keine Regelfrist Abmahnung entbehrlich, wenn AN zu erkennen gibt, dass er nicht willig ist, sich vertragstreu zu verhalten Pflichtverletzung so erheblich, dass AN nicht mit Tolerierung rechnen kann Wichtig: mit Abmahnung wird Kündigungsgrund „verbraucht“  Kündigung aus diesem Grund nicht mehr möglich  für Kündigung neuer, gleichartiger Verstoß erforderlich Page  29

Beendigung des Arbeitsverhältnisses Außerordentliche Kündigung Voraussetzung: Wichtiger Grund, der es AG unzumutbar macht, Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen Wichtig: 2-wöchige Ausschlussfrist (626 BGB)! Frist beginnt mit sicherer Sachverhaltskenntnis Während Sachverhaltsaufklärung kein Fristablauf Fristversäumnis  Kündigung unwirksam! Page  30

Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anfechtung Anfechtungsgrund: Wichtig: Rechtsfolgen der Anfechtung: Erklärungs-/ Inhalts-/ Eigenschaftsirrtum Drohung Arglistige Täuschung  Hauptanwendungsfall: bewusst falsche Beant-wortung einer zulässigen Frage, Verletzung der Offenbarungspflicht Unzulässige Frage: Persönlichkeits- / Intimsphäre, z. B. Schwangerschaft, Familienplanung Einhaltung der Anfechtungsfrist: Erklärungs/- Inhalts-/ Eigenschaftsirrtum: unverzüglich ab Kenntnis Drohung / arglistige Täuschung: Jahresfrist ab Kenntnis Anfechtung vor Aufnahme der Tätigkeit  Arbeitsvertrag von Anfang an unwirksam Anfechtung nach Aufnahme der Tätigkeit  „faktisches Arbeitsverhältnis“; Beseitigung nur für Zukunft möglich (durch einfache Erklärung) Page  31

Arbeitsschutz Arbeitssicherheit Duales System: Pflichten des AG: Staatliches Recht Autonomes Recht der gesetzlichen Unfallversicherung Pflichten des AG: Organisations- und Überwachungspflicht  Ggf. Pflicht zur Delegation! Gefahrenanalyse, Maßnahmen, Kontrolle, Unterweisung  Beachte: schriftliche Dokumentationspflicht, falls mehr als 10 Beschäftigte Bestellung eines Sicherheitsbeauftragten, falls mehr als 20 Beschäftigte Pflichtverstoß  Bußgelder, bei schweren Verstößen Geld- und Freiheitsstrafe!  Leistungsverweigerungsrecht des AN Page  32

Arbeitsschutz Arbeitszeitschutz Regelungen des Arbeits-zeitgesetzes sind zwingend  kein Verzicht möglich Gesetzliche Höchstarbeits- zeit an Werktagen  8 Stunden (= 48 Stunden pro Woche) Verlängerung auf 10 Stun-den nur zulässig, wenn in- nerhalb eines Ausgleichs- zeitraums von 6 Kalender- monaten oder 24 Wochen die durchschnittl. Arbeits- zeit 8 Stunden beträgt (§ 3 ArbZG) Wichtig: Aufzeichnungspflicht hinsichtlich verlängerter Arbeitszeit und Ausgleichszeitraum Page  33

Arbeitszeit – Ruhepause / Ruhezeit Arbeitsschutz Arbeitszeit – Ruhepause / Ruhezeit Ruhepause Muss spätestens nach 6-stündiger Beschäftigung genom-men werden Arbeitszeit von 6-9 Stunden  zwingend 30 Minuten Arbeitszeit von mehr als 9 Stunden  zwingend 45 Minuten Ruhezeite Zeit zwischen Ende und Wiederaufnahme der Tätigkeit Gesetzliche Mindestdauer: 11 Stunden Wichtig: Aushang- und Aufzeichnungsverpflichtung (§ 16 ArbZG) Verantwortung für Einhaltung der Arbeitszeiten trägt der AG Page  34

Arbeitszeit – Folgen der Arbeitszeitüberschreitung Arbeitsschutz Arbeitszeit – Folgen der Arbeitszeitüberschreitung Geldbuße von 2.500 EUR bis 15.000 EUR bei fahrlässiger oder vorsätzlicher Verletzung Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldbuße, falls: Vorsätzliche Handlung und dadurch Verletzung der Gesundheit und Arbeitskraft Wiederholte Verletzung Überwachung durch Aufsichtsbehörden (Betretungs- Prüfungs-Anordnungsrecht) Leistungsverweigerungsrecht des AN Page  35

Arbeitsschutz Mutterschutz Pflichten des AG: Gefährdungsanalyse und Unterrichtungspflicht Unverzügliche Mitteilung an Aufsichtsbehörde Verpflichtung zur (bezahlten) Freistellung für Arztbesuche / Stillzeiten Anpassung der Arbeitsbedingungen, u.U. Beschäftigungsverbot Wichtig: Sonderkündigungsschutz  Beginn der Schwangerschaft bis zum Ablauf von 4 Monaten nach der Entbindung (§ 9 MuSchG) Page  36

Arbeitsschutz Mutterschutz Schutzfristen: Vor der Entbindung: 6 Wochen Verzicht durch ausdrückliche Erklärung der Ain zulässig Hinweispflicht des AG (finanzielle Folge: Anrechnung auf Mutterschaftsgeld) Nach der Entbindung: 8 - 12 Wochen  Absolute Schutzfrist, nicht verzichtbar Folgen bei Verstoß gegen MuSchG: Bußgeld bis zu 15.000 EUR bzw. Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe (§ 21 MuSchG) Schadensersatz, falls Verschulden des AG (+) Leistungsverweigerungsrecht der ANin Page  37

Fragen & Diskussion Page  38