Biologische Reifung Hauptseminar: Alterseffekte im Spracherwerb

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 Präsentation transkript:

Biologische Reifung Hauptseminar: Alterseffekte im Spracherwerb Dozent: Prof. Dr. Petra Schulz Referentin: Ramona Poltrock Sitzung 2; 17.4.2012

Lennebergs drei Grundannahmen Kritische Phase Elissa L. Newport Gliederung Reifung? Eric H. Lenneberg Lennebergs drei Grundannahmen Kritische Phase Elissa L. Newport Biologische Reifung nach Newport Diskussion Quellen 16.01.2019

1. Reifung? Ist die gengesteuerte Entfaltung biologischer Strukturen und Funktionen. D.h. es muss schon etwas vorhanden sein (innere und äußere Rahmenbedingungen), dass sich entwickeln kann!  Nativismus  Potenzial der Sprache  Sprache ist ein Prozess der Aktualisierung, in dem latente Strukturen in realisierte Strukturen transformiert werden

2. Eric H. Lenneberg *1926 in Düsseldorf emigrierte nach Brasilien und dann in die USA studierte an der Harvard University und an der University of Chicago Linguist und Psychologe ✝1975 1964: „The Capacity of Language Acquisition“

Bekanntestes Werk: „Biologische Grundlagen der Sprache“ (im Anhang eine Kurzdarstellung von Chomsky über seine Sprachtheorie und ein Abhandlung von Otto Marx): Hypothese über die Kritische Phase im Spracherwerb Untersuchungen: u. a. neurologische Aspekte, morphologische und physiologische Korrelate der Sprache, Sprache im Kontext von Wachstum und Reifung

3. Lennebergs drei Grundannahmen Animalische Prägung als Erklärung für die Frage heranzuziehen, wie jung ein Individuum sein muss, bevor es zu spät ist, Sprechen und Sprache zu erwerben. 1. Spracherwerbsprozesse sind reifungsabhängig. 2. Es besteht ein Zusammenhang zwischen Sprachentwicklung und Hirnlateralisierung. Hirnfunktion als zentraler Faktor 3. Für den Spracherwerb existiert eine kritische Periode. Konrad Lorenz: Graugänse-Experiment; Prägung in der sensiblen Phase, d.h. in einer relativ kurz abgesteckten genetischen Phase in denen sich Gänse Reize aus der Umwelt annehmen so, dass diese als angeboren erscheinen.

4. Kritische Phase Kritische Phase (2-13 Jahre) Vieles spricht dafür, dass der primäre Erwerb der Sprache von einem bestimmten Entwicklungsstadium abhängt, dem ein Individuum mit der Pubertät schnell entwächst. Auch für den Mutter- (und Zweit-) Spracherwerb gibt es nach Lenneberg also eine, ‚kritische Periode‘, innerhalb derer ‚Spracherwerb‘ sozusagen als ‚Einprägeeffekt‘ naheliegt, außerhalb derer jedoch ein müheloses ‚Erwerben‘ oder ‚Lernen‘ nicht mehr stattfinden kann. Sprache wird ontogenetisch im Verlauf der physischen Reifung entwickelt und von der gesprochene Sprache der Umgebung, die als Rohmaterial für die Sprachentwicklung gesehen wird, ausgelöst

Erklärung: Das Hirn des Kleinkindes ist noch nicht lateralisiert, so dass es noch „offen“ ist für das Einprägen von Sprache. Nach Abschluss der Lateralisierung (Pubertät) sind die neuronalen Strukturen so verfestigt, dass nur noch mit großer Anstrengung (und in vielen Bereichen – etwa in der Aussprache –gar keine)“Einprägung” mehr möglich ist. Das dann noch stattfindende Lernen ist erstens mühsam und zweitens unvollkommen, jedenfalls nicht „native – like“.  Fallbeispiel: Genie

5. Elissa L. Newport Professorin für Gehirn und Kognitionswissenschaften & Linguistik an der University of Rochester Spezialisiert in der Spracherwerbs- forschung und der Experimentellen Psycholinguistik Zentrale Fragen: Warum lernen Kinder trotz minder ausgeprägten Kompetenzen schneller Sprachen als Erwachsene? Einfluss des Reifungsprozesses auf den Spracherwerb? Untersuchungen: Vergleich Kind vs. Erwachsener beim Erstspracherwerb und Zweitspracherwerb.

6. Biologische Reifung nach Newport Erklärung für den Spracherwerb ohne universalgrammatische Zusatzannahme Spracherwerb ist erfolgreich, wenn innere Einschränkungen bestehen oder eine Prädisposition beim Lerner Konzept der constraints - lern-ermöglichende Einschränkung anfänglicher Informationsverarbeitung Constraint ermöglichen das Lernen, weil sie die aufgenommenen Sinneseindrücke überschaubar hält und die wesentlichen Informationen unterstreicht

Less is More-Hypothese: Kinder verfügen über geringere Aufnahmekapazität und ein minder leistungsfähiges Kurzzeitgedächtnis  Babys sind genötigt, sich auf bedeutsame Signale der Sprache zu konzentrieren Verfügen über einen restriktiven Filter, der, durch Inputselektion, unreflektierte Analysetätigkeit erlaubt Erwachsene, die später eine Sprache erlernen, stehen vor dem Problem, keinen Filter zu haben und weniger analytische Fähigkeit, die sich bei Kindern durch die langsame Öffnung des Filters ausbauen konnte Grundsätzlich gilt: Je früher, desto besser!

Diskussion Welche Kritik lassen sich an beiden Untersuchungen und Theorien äußern? (Ausgangspunkt für Lennebergs Untersuchungen, Gegenbeispiele?) Welche Theorie erscheint plausibler?

Quellen Lenneberg, E. (1967): Biological foundations of Language. In: B. C. Lust & C. Foley (eds.), First language acquisition. The essential readings (pp. 104-108). Malden: Blackwell. Newport, E. (1990): Maturational constraints on language learning. Cognitive Science 14. [Reprinted in: P. Bloom (ed.), Language acquisition. Core readings (pp. 543-560). Cambridge: MIT Press.] Staas, C. (2007): Wolfskinder. Der Kaspar-Hauser-Komplex. Online unter: http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,521812,00.html [Stand: 15.4.2012] Westerhoff, N. (2008): Neurodidaktik auf dem Prüfstand. Online unter: http://www.glothkom.de/SER/wp-content/uploads/2009/01/ gug_2008_12_s36.pdf [Stand: 15.4.2012]