Korruptionsbekämpfung Mag. Gert Weidinger CIA, CISA 99. Tagung des Fachausschusses für Kontrollamtsangelegenheiten Innsbruck, 15.-16.10.2003 F O R E N S I C

Korruption Korruption hat vielfältige Erscheinungsformen. Allen gemeinsam ist jedoch, dass eine amtliche Funktion, eine Funktion in der Wirtschaft oder ein politisches Mandat missbraucht wird, um Vorteile für sich oder einen Dritten anzustreben bzw. zu erlangen. In den meisten Fällen wird dieser Missbrauch verschleiert. Das Strafrecht kennt keine übergreifende Korruptionsstrafvorschrift, sondern sanktioniert das mit Korruption verbundene Unrecht in verschiedenen Straftatbeständen.

„Korruption“ im Strafrecht Besonderer Teil 6. Abschnitt StGB: Strafbare Handlungen gegen fremdes Vermögen Korruption Besonderer Teil 22. Abschnitt StGB: Strafbare Verletzungen der Amtspflicht und verwandte strafbare Handlungen Missbrauch der Amtsgewalt (§ 302) Verbotene Intervention (§ 308) Geschenkannahme (§§ 304-306) Bestechung (§ 307) Geschenkannahme durch Machthaber (§153a) Wettbewerbsbeschränkende Ab-sprachen bei Vergabeverfahren (§168b) Verletzung des Amtsgeheimnisses (§ 310) Veruntreuung (§133) Erpressung (§144) Betrug (§146) Untreue (§153) Strafbare Handlungen unter Aus-nützung einer Amtsstellung (§ 313) Falsche Beurkundung und Beglaubigung im Amt (§ 311) Betrügerischer Datenverarbeitungs-missbrauch (§148a)

Gruppen der Korruption Einzelfall-, Gelegenheits- oder Bagatellkorruption Gewachsene Beziehungen, die sich über lange Zeit entwickelt haben und Basis für wiederkehrende Korruptionsfälle sind Netzwerke (z.B. Korruption in Verbindung mit Kartellen) Korruption im Rahmen organisierter Kriminalität (nach: Britta Bannenberg)

Gründe und Erscheinungsformen Gründe für Korruption: Hohe Entscheidungsbefugnis bei relativ niedrigem Einkommen Werteverfall und fehlendes Unrechtsbewusstsein Fehlende Sensibilität (z.B.: „Anfüttern“ wird nicht als solches erkannt) Kontrolldefizite Mangelhafte Sanktionen / Strafverfolgung Erscheinungsformen: Geld-, Sach- oder Leistungszuwendungen Ungerechtfertigte oder unautorisierte Verwaltungsakte, wie z.B. Gebührenfestsetzungen Ungerechtfertigte oder unautorisierte Genehmigungen oder Bewilligung von Fördermitteln Manipulationen bei Ausschreibungs- bzw. Vergabeverfahren

Mitarbeiter in Entscheidungs-positionen Formen und Akteure Bewirtungen / Urlaube Veranstaltungen Unentgeltliche / verbilligte Leistungen Geldzahlungen Nebentätigkeiten Unentgeltlicher / verbilligter Bezug von Waren (Geschenke) Dulden / Unterlassen Sonstige Gegenleistungen Formen Lieferanten / Kunden Vertragspartner Lizenzgeber Behörden und öffentliche Institutionen Privatwirtschaftliche Vereinigungen, Verbände Fiskus Banken / Versicherungen Akteure / Adressaten Mitarbeiter in Entscheidungs-positionen

Beispiele für Formen von Korruption Geldzahlungen Bargeld / Sparbücher / Spenden / Sponsoring Unentgeltliche / verbilligte Leistungen Nutzung von Firmenkonditionen, Bereitstellung von Arbeitskräften oder anderen Ressourcen Unentgeltlicher / verbilligter Bezug von Waren Geschenke, Abgabe von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen, Abgabe von Produkten Veranstaltungen sportliche oder kulturelle Veranstaltungen Bewirtungen / Urlaube Bewirtungen / Hotelübernachtungen / Urlaube Nebentätigkeiten Beraterverträge, Provisionen, Produktionen Dulden / Unterlassen Unterlassen bauaufsichtsrechtlicher Maßnahmen Sonstige Gegenleistungen Vermittlung von Jobs, Praktika, Lehrstellen

„Frau Meier, würden Sie bitte jemanden hereinschicken, der Gut und Böse unterscheiden kann?!“

Prävention Restrisiko abnehmendes deliktisches Risiko Homogenes Wertemanagement abnehmendes deliktisches Risiko Effiziente Kontrollen Klare und abschließend strukturierte Organisation

Kontrolle ist gut – Vertrauen ist besser hoch Misstrauen/mangelnde Reaktionsgeschwindigkeit Zielkonflikte mit Eigenverantwortung Vertrauen hoch Optimales Gleichgewicht Zielkonflikte werden ausbalanciert Kein klarer Focus Gefahr von Tathandlungen für Balanced Scorecard optimale Lösung Kontrolle niedrig Vertrauen niedrig Anarchie

Wege zu Korruption und Abhängigkeit („Anfüttern“) DEZEMBER Mitarbeiter A bekommt von Bauunternehmen B einen Kalender für´s neue Jahr nach Hause geschickt Einladung zum Betriebsfest des Bauunternehmens MAI verbilligte Nutzung einer Ferienwohnung des Geschäftsführers von Bauunternehmen B AUGUST Ausschreibung für den Bau von Wohnblöcken DEZEMBER Weitergabe von Informationen über Angebotsunterlagen der Konkurrenz durch A FEBRUAR Bevorzugung des Bauunternehmens B bei Vergabe APRIL Bauunternehmer B übernimmt kostenlose Planung für Privathaus des Mitarbeiters A JULI

Typische Bereiche in denen Dilemmasituationen auftreten können Einhaltung von Gesetzen Umgang mit Managementinformationen Annahme von Zuwendungen, Geschenken Gewährung von Vorteilen Umgang mit Firmeneigentum Ehrlichkeit im Verkauf Führungsverhalten Umgang mit Lieferanten Soziale Verantwortung Kulturelle Unterschiede Umweltschutz Sexuelle Belästigung Alkohol und Drogen Produktverantwortung

Korruption Absprachen Prävention Korruption Absprachen reaktiv proaktiv Tatbestand Integrity-Spiel “Risikoanalyse” Bewusstsein Aufdecken Implementierung von Prozessen zur Risikosteuerung Sanktion Regeln Eigenkontrolle

Projektziel Wertemanagement Erlaubter Bereich verboten ? Individuelle Ziele der Mitarbeiter Situation nach Wertemanagementprojekt Erlaubter Bereich verboten Individuelle Ziele

Workshops Wertemanagement

Dilemmafall: Ich bin Zentraleinkäufer und bekomme von einem Fabrikanten ein hoch lukratives Angebot über 10.000 Hosen zum Einkaufspreis von 9,50 €/Stück. Der Lieferant schlägt vor, auf diesen EK -,40 aufzuschlagen und diesen Aufschlag mit mir zu teilen.Auch 9,90 € liegen noch 20% unter dem üblichen Preis. Was sollte ich tun? Geld Image 1. Ich nehme an, weil es ein gutes Geschäft ist. +1 -1 2. Ich informiere meinen Vorgesetzten. 0 R 3. Ich nehme das Angebot nicht an, breche -2 +1 die Zusammenarbeit mit dem Fabrikanten ab und informiere den gesamten ZE. 4. Ich nehme das Angebot nicht an, arbeite aber -1 +1 weiterhin mit dem Fabrikanten zusammen.

Spielregeln des “Integrity-Spiels” Nur der Spieler, der an der Reihe ist wird beurteilt. Die moralische Beurteilung findet auf dem Brett statt durch die Mitspieler: stimme zu: ein Schritt zum Spieler stimme nicht zu: ein Schritt weg vom Spieler neutral: stehen bleiben Ökonomische Beurteilung: auf der Rückseite der Karte in Geld und Image

Regeln zum Bepunkten von Dilemmafällen Geldpunkte betreffen den kurzfristigen finanziellen Erfolg: -1/+1 sind relativ geringe Verluste/Gewinne -2/+2 sind beträchtliche Verluste/Gewinne Imagepunkte betreffen den langfristigen finanziellen Erfolg bzw. Ansehen und Reputation Risiko = die Folgen sind sehr schwer einschätzbar. Die Punktebewertung ist durchaus kontrovers, um Diskussionen auszulösen.

Relevanz-Test durch anonyme Punktabfrage Meine Einschätzung der Dilemmafälle... Fall: Wichtigkeit Häufigkeit 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Entwicklung vom Leitbild zum Code of Conduct „Fixstern“ Leitbild Wachsender Konkretisierungsgrad „Wegweiser“ Code of Conduct

Zusammenfassung – wesentliche Elemente der Prävention gegen Korruption Risikoanalyse Gefährdete Bereiche (“Wert” der Entscheidung, Ermessensspielraum) Beurteilung von Kontrollen (Defizite) Transparenz der Abläufe Handelnde Personen Effiziente risikoorientierte Kontrollen Risikoorientierte Funktionstrennung Schaffung einer unabhängigen Stelle, die (anonyme) Hinweise auf Fehlverhalten entgegennimmt (“Whistle Blowing Hotline”) Code of Conduct / Ethische Leitlinien zur Lösung von Dilemmasituationen Gelebte Ethik Sensibilisierung der Mitarbeiter durch Schulungsmaßnahmen