Judith Münch | Fabian schaer

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 Präsentation transkript:

Judith Münch | Fabian schaer Anders leben-anders sterben Möglichkeiten der hospizlichen und palliativen Versorgung bei Menschen mit Behinderung Judith Münch | Fabian schaer

Vorstellung der Referenten Judith Münch: - 27 Jahre alt - 2012 Abschluss Heilerziehungspflegerin - 2015 Abschluss Bachelor Studiengang Diakonik - 2015 bis 2018 tätig in einem Wohnheim für erwachsene Menschen mit Autismus - weitere Erfahrungen: erwachsene Menschen mit einer schwerst-mehrfach Behinderung & Intelligenzminderung, Kinder - seit 1. April 2018 tätig als Koordinatorin mit Schwerpunkt in der Behindertenhilfe beim Hospiz- Team Nürnberg e.V. Fabian Schaer: - 33 Jahre alt - 2008 Abschluss Heilerziehungspfleger - 2014 Abschluss Heilpädagoge - 2006 – 2008 tätig in der therapeutischen Einzelbegleitung - 2008 – 2010 tätig in einer therapeutischen Wohngruppe - 2010 – 2014 tätig in einer heilpädagogischen Wohngruppe - seit 2014 pädagogischer Fachdienst in der Werner Wolf Wohnanlage

Fragen der Teilnehmer

Historischer Wandel Die Vernichtungspolitik der Nationalsozialisten hatte das Leben von Menschen mit Behinderungen systematisch ausgelöscht. Erst nach 1945 Geborene erreichen jetzt in größerer Zahl ein höheres Alter. Früher zogen Behinderungen außerdem häufig erhöhte Sterberisiken nach sich (Driller, 2006). Da sich die Lebensbedingungen für Menschen dieser Bevölkerungsgruppe in den letzten Jahrzehnten deutlich verbessert haben, ist ihre Lebenserwartung stark angestiegen (Patja et al. 2001, Tyrer et al. 2007). Sie wird sich vermutlich in Zukunft weiter jener der Durchschnittsbevölkerung annähern.

Historischer Wandel Wenn sich die Lebenserwartung von Menschen mit lebenslangen Behinderungsformenkünftig dem Bevölkerungsdurchschnitt anpasst, bedeutet das für jeden Einzelnen eine neue Lebensphase und für die Einrichtungen und Dienste der Behindertenhilfe eine neue Altersgruppe.

Historischer Wandel

Gegebenheiten in den Wohneinrichtungen Eingliederungshilfe Kein Pflegeheim Bereich Wohnen Lebenslanges Wohnen i.d.R. keine Behandlungspflege i.d.R. nur Grundpflege Interdisziplinäre Teams

Patientenverfügung Menschen denken ggf. mit Unterstützung über ihre Zukunft nach Ziel ist, eine Vorstellung zu bekommen was bei Krankheiten gemacht werden soll Welche Unterstützung brauche ich? Die Hauptperson steht im Vordergrund Warum? Gleiche Rechte für alle Menschen Niemand wird aufgrund der Beeinträchtigung ausgegrenzt Wünsche und Bedürfnisse ernst nehmen

Advance Care Planning (ACP) / Behandlung im Voraus planen (BVP) ist im Hospiz- und Palliativgesetz § 132g SGB V verankert  „Angebot einer Gesundheitlichen Vorsorgeplanung in Pflegeeinrichtungen der Alten- und Behindertenhilfe“ wird von den gesetzlichen Krankenkassen finanziert kommunikativer Prozess zwischen Betroffenen, (zukünftiger) rechtlicher Vertreter, Hausarzt und anderen relevanten Personen Wünsche, ermittelt an ihrer zukünftigen medizinischen Behandlung, werden dokumentiert und bei Bedarf aktualisiert Ziel: Bewohner sollen auch dann entsprechend ihrer individuellen Wünsche behandelt werden, wenn sie sich selber nicht (mehr) zu ihrer medizinischen Behandlung äußern können bereits etabliert in den USA, Australien, Neuseeland und Großbritannien Gespräche werden durch geschulte Gesprächsbegleiter geführt  bedarf einer speziellen Weiterbildung mit Zertifizierung ACP ist ein Prozess, in dem sich Wünsche/Vorstellungen entwickeln  diese können jederzeit auch widerrufen werden

Advance Care Planning (ACP) / Behandlung im Voraus planen (BVP) zentrale Fragestellungen: - Was ist mir wichtig? - Was möchte ich und was lehne ich ab? - Kenne ich alle Möglichkeiten und habe sie verstanden? - Wer spricht für mich? Nutzen von ACP: - effiziente, interdisziplinäre Zusammenarbeit - verbesserte Kommunikation - Reduktion nicht indizierter/nicht gewollter Krankenhauseinweisungen - Unterstützung in der Entscheidungsfindung für professionelle Versorger  Notfallplan! - erhöhte Selbstwirksamkeit von Pflegepersonen - Ermöglichung von Wünschen am Lebensende  Autonomie, Würde Link zum Nachlesen: https://www.dhpv.de/tl_files/public/Service/Broschueren/Handreichung _ACP.pdf

Patientenverfügung

Patientenverfügung

Patientenverfügung

Patientenverfügung

Patientenverfügung

Patientenverfügung

Fallbeispiel Frau K., 72 Jahre alt lebte seit vielen Jahren in einem Wohnheim der Lebenshilfe Nürnberg wurde durch uns begleitet von Januar 2016 bis Oktober 2017 (HA + EA) Diagnosen: frühkindlicher Hirnschaden, Darmkrebs HA war „medizinische Brücke“ zwischen Einrichtung und Ärzten Beteiligte Personen: - Gruppe (Leitungen + Mitarbeiter) - Bezugsmitarbeiterin - Hospiz-Team (HA + EA) - Ärzte (Hausarzt, Facharzt…) - (Pflegedienst) - gesetzliche Betreuerin Besuche der EA waren anfangs „schwierig“, da es auf der Gruppe viel Durcheinander gab (u. a. Personalwechsel), aber auch weil Frau K. dadurch eine Sonderstellung bekommen hat und sich dies negativ auf ihr Verhalten ausgewirkt hat  Abstände der Besuche wurden in Absprache wieder vergrößert

Fallbeispiel zwischenzeitlich hat sich der AZ soweit stabilisiert, dass keine palliative und hospizliche Begleitung mehr notwendig war, HA hat sich wieder zurückgezogen, EA hat den Kontakt zur Einrichtung gehalten und war ab und zu zum Besuch da nach einem halben Jahr wieder deutlichere Verschlechterung des AZ und Tumorprogression (=Metastasierung)  vermehrte Arzttermine sind wieder notwendig, die durch HA begleitet werden  EA verkürzt die Abstände ihrer Besuche wieder, um die Gruppe zu unterstützen, dies wird dankbar angenommen es taucht vermehrt die Frage auf, ob Frau K. in der Einrichtung versterben kann/darf  Ängste & Sorgen der MA werden besprochen  Themen benennen ist wichtig (Sterbeprozess…)  Patientenverfügung: was war der Wille der Bewohnerin? es besteht ein regelmäßiger, z.T. täglicher, Kontakt zwischen Hospiz-Team & Einrichtung, Stützung des Teams, um die Situation auszuhalten, ist notwendig Frau K. verstirbt in der Einrichtung im Beisein der EA und Mitarbeitern Nachsorge und Austausch im Team: wie geht´s und was beschäftigt? Abschluss: Beerdigung und Trauerfeier in der Einrichtung mit HA + EA

Soziale Ressourcen… im Leben nehmen wir unterschiedliche soziale Positionen ein, z.B. Familien-, Berufs-, Alters- und Geschlechtspositionen im Laufe der Zeit verliert der Mensch einige seiner Positionen, z.B. die Berufsposition entfällt beim Übergang in den Ruhestand  dies gilt sowohl für Menschen mit und ohne Behinderung, da für sie der Arbeitsplatz ein wichtiger Ort der sozialen Kontakte ist, führt dies zusätzlich zum Verlust von Freundschaften neue Verhaltenseinstellung: „Lebensqualität ist nicht das, was mir geboten wird, sondern das, was ich daraus mache. Infolge der Individualisierung wird die Eigenverantwortlichkeit betont.“ neue/aktuelle Prinzipien: Integration, Normalisierung und Selbstbestimmung Wandel von der Fremdperspektive in die gefragte Eigenperspektive des Menschen – betrifft Lebensbereiche wie Wohnen, Freizeit, Tagesstruktur, Arbeit, soziale Kontakte

…Implementierung Menschen mit Behinderung leben und arbeiten vielfach in Organisationen (Wohnheim, WfbM) die Gestaltung und Ausrichtung dieser Einrichtungen haben einen wesentlichen Einfluss auf die individuelle Lebensqualität und den jeweiligen Betreuungsalltag Einrichtungen der Behindertenhilfe sind i. R. keine spezialisierten Einrichtungen für die Versorgung schwerkranker und sterbender Menschen, sondern sie sind ein Teil der Regelversorgung Implementierung = ein Konzept unter Würdigung der bisherigen Einrichtungskultur zu integrieren  Ausrichtung anhand der Hospizbewegung/-idee, d.h. Integration ehrenamtlicher Hospizbegleiter die Organisationsentwicklung im Palliative Care Bereich orientiert sich an den Bedürfnissen der Zielgruppe und den Bedürfnissen der Mitarbeiter „keine Sterbebegleitung, ohne Bedingungen des Sterbens zu gestalten“ das Einbetten einer Palliativkultur setzt voraus das nicht nur Personen, sondern auch Organisationen lernen können

Was braucht´s? Was gibt´s? Palliative Care Kurs für Pflegende Aufbaukurs für ehrenamtliche Hospizbegleiter in der Behindertenhilfe In-House-Schulungen zum Thema Sterben, Tod und Trauer Trauerarbeit für Menschen mit Behinderung & für Mitarbeiter Seelsorge Unterstützung durch Hospiz-Team (Koordination) Schulung/Weiterbildung von Ärzten Vorsorgeplanung, Patientenverfügung, Biographie Arbeit MZEB – Medizinisches Behandlungszentrum für erwachsene Menschen mit geistiger oder schwerer Mehrfachbehinderung DGMGB – Deutsche Gesellschaft für Medizin für Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung e.V.

Netzwerkarbeit Kontakt mit dem Hospizmitarbeitern Spezialisierte ambulante palliative Versorgung Kontakt mit den verschiedenen Ärzten Koordination mit dem Pflegedienst Kontinuierlicher Austausch mit Mitarbeitern Kontakt zu Apotheken Kontakt zu Sanitätshäusern Kontakt mit Krankenhäusern Kontakt mit Angehörigen Kontakt mit Betreuer Mitbewohnern Physiotherapie

Offene Fragen