Sexuell suchtartige Entwicklungen Dr. med. Christian Benz Facharzt FMH Psychiatrie und Psychotherapie Zert. Forensischer Psychiater SGFP
Einteilung für gesteigertes sexuelles Verlangen Homo- u. Heterosexuelle Varianten Reale und Virtuelle Sexualität Deviante und „normale“ Sexualität Legales und dissoziales Ausleben „Lifestyle“ vs. obsessive Dynamik
Allgemeine Merkmale von Sexsucht Zu den „obsessive compulsive spectrum disorders“ (OCSD) gehörig Dosissteigerung, Drang, Unfähigkeit zur Beendigung des Verhaltensmusters, Entzugserscheinungen Nach ICD-10 als F52.7(gesteigertes sex. Verlangen) bzw. F63.8 (z.B. Internetsucht) erfassbar
Funktionen der Sexsucht Antidepressivum, zur Beruhigung Belohnung Zum Abschalten, Verdrängen Stimulation, „Jäger+Sammler“, Kick Tagesstrukturierung, gegen Langeweile „Soziale“ Kontakte etc.
„Reale“ Sexsucht I Erotomanie, Donjuanismus, Nymphomanie 1-5% der Bevölkerung betroffen, 75-80 % Männer
„Reale Sexsucht“ II Promiskuitives Verhalten: One-Night-Stands, Freiertum, Swinger-Clubs, Sex-Kontaktbörsen, Sextourismus etc. Sek. Entwicklung devianter Interessen, z.B. SM Erhöhte Risikobereitschaft: sexuell übertragbare Krankheiten, Schwangerschaften Tendenz zu straffälligem Verhalten: sexuelle Belästigung, Nötigung etc.
Virtuelle Sexsucht I Suchtartige Beschäftigung mit (Internet)-Pornographiekonsum Hohes Suchtpotential des Internet: „Triple A-Engine“, Sammeltendenz Hohe Gefahr des straffälligen Verhaltens, Nachahmereffekt
Deviante Sexsucht Obsessiv-kompulsive Dynamik von Paraphilien wie Voyeurismus, Pädophilie, Sadomasochismus Virtuelle und „Reale“ Formen Hohe Gefahr der Straffälligkeit
Fallbeispiel I: Reale nichtdeviante Sexsucht Freiertum: bis zu mehreren 1000 Prostituiertenkontakte Swingerclubs: gesundheitlich risikoreiches Verhalten Sexbörsen, Sextourismus Promiskuität, sexualisiertes Verhalten und Wahrnehmung
Fallbeispiel II: Reale sexuell deviante Entwicklung Videovoyeurismus: bis zu 200 Viktimisierungen täglich Jagen und Sammeln, Stalking Hausfriedensbruch, Verletzung des Privatgeheimnisses, sex. Belästigung Anspruchsvoller, techn. Know-how nötig
Fallbeispiel III: Virtuelle Sexsucht Obsessiv-kompulsiver Verlauf des Konsums von Internetpornographie Dosissteigerung, zunehmend illegaler Konsum Gesundheitliche Folgen: Schlafdefizit, Thrombosen, Sehstörungen, Karpaltunnelsyndrom Mögl. Verlust von Beziehung und Arbeit
Forensische Aspekte Nur bei ausgeprägt obsessiv-kompulsiver Dynamik ist max. leichtgradige Minderung der Schuldfähigkeit zu diskutieren Bei realer nichtdevianter Sexsucht: Gefahr der Sex. Nötigung Bei virtueller Sexsucht: Gefahr der Herstellung illegaler Pornographie Bei Rückfallgefahr deliktpräventive Psychotherapie nötig
Verhaltensmassnahmen Denkverzerrungen bearbeiten Deviante Fantasie modifizieren Trennung vom Internetanschluss Riechfläschchen „Porno-Filter“ Langfristig Funktionen des Verhaltens identifizieren und Alternativen aufbauen
Medikamente Medikamentöse Behandlung Nie ohne begleitende Psychotherapie Indikation: Zur Behandlung suchtartig-zwanghaft anmutender Verläufe (OCSD) Zur generellen Suppression sexueller Appetenz