“Noch ein Zertifikat! Was hat‘s gebracht?“

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Mein Kind… … weiß ganz genau, was es werden will. zu Eltern_de/Was möchte Ihr Kind/ weiß genau, was es werden will … hat noch keinen konkreten Berufswunsch.
Advertisements

Landeswettbewerb „FreiMut“
Leitbilderstellung der Samtgemeinde Am Dobrock
A U S S T R A H L U N G Gedanken, Impulse.
Der Mut wächst, je größer die Hindernisse sind
Evaluation von Gesundheitsförderung im Unterricht und in der Schule
Den Grat entlang wandern...
Wünsche wecken Lebensweltorientierung in der Praxis
Seite 1 Anschub.de: Ziele und deren Evaluation Günther Gediga IwFB / Universität Münster Lüneburg,
Fachtag der HeGSP 2011 Marite Pleininger-Hoffmann Behandlungsvereinbarungen Gewinn für Psychiatrieerfahrene und Mitarbeiter.
Konzept der Fort- und Weiterbildung für die SeelsorgerInnen im Bistum Münster Hauptabteilung 500, Seelsorge - Personal Gruppe 512, Fortbildung Hermann.
Zeitmanagement für Frauen
Ziel der Veranstaltung
Prof. Dr. Gerhard Schmidt pres. by H.-J. Steffens Software Engineering WS 2006 / 2007Folie 1 Agile Vorgehensweisen Hintergrund –in den letzten Jahren hat.
Kommunikation in Zeiten der Veränderung
Rausch - Na und?.
ACT.
Die Balance finden mit Triple P
Warum ist Pflege ein wichtiger Eckpfeiler der Schmerztherapie ?
Mitarbeiterjahresgespräche an der Fachhochschule Dortmund
„Was steht eigentlich hinter dem Roten Kreuz?“
Transkulturalität Transkulturalität bezeichnet Beziehungen zwischen zwei oder mehreren Kulturen. Der Begriff drückt aus 1.) Es gibt Unterschiede zwischen.
Ehrenamtliche Tätigkeit bzw. Freiwilligenarbeit in Wetter (Ruhr)
Mäeutik – eine Mission Von der Wertschöpfung zur Wertschätzung
Willkommen im e-learning-Portal
Warum ich nicht halte, was ich mir verspreche!?!? 18. November 2010.
personale Kompetenz (Aussagen der Teilrahmenpläne) Ausdauer entwickeln
Early Childhood Curriculum
Ein guter Diener Jesu 1. Tim. 4,6-16
© 2010, bm:ukk, Abt. V/4 Was tun nach der Matura?.
Angehörigenfreundliche Intensivstation
Professionalisierung – ein Beruf in Bewegung?
Elternwerkstatt 4. Abend
Zielvereinbarungen Nutzen, Instrumente, Methoden und Erfolgsfaktoren eines wichtigen Führungsinstruments.
Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen als Chance für die ganze Familie Bundesverband e.V, Mai 2007 Anna Hoffmann-Krupatz An der stationären Vorsorge-
Kompetenzentwicklung in schwierigen Zeiten: Wie man Jugendlichen dabei helfen kann, die eigene Biografie zu gestalten Perspektive Berufsabschluss, Offenbach.
© 2009, bm:ukk, Abt. I/15. 1 Career Day Herzlich willkommen! Eure Bildungsberater Mag. Karin Irk Dipl.Päd. Otto Hoffmann Mittwoch 3. Stunde.
braucht konkrete Schritte
Wir helfen Menschen, wie Ihnen ein glückliches und vitales Lebensgefühl zu erreichen. Sie sind auf der Suche nach Ihrer Wunschfigur und Sie haben den Glauben.
Sexualpädagogik HZA Herzlich willkommen zum Elternabend „Sexualpädagogik“ an der HZA Freienbach!
Faire und vertrauensvolle Zusammenarbeit an der
Lerngewohnheiten: Aus einer pädagogischen und affektiven Perspektive Andrea Moreno (UTP) Carolina Buchwald (Psychopädagogin)
Schweizerische Tagung für Pflege in Onkologie Bern, 25. März 2004 Wie erleben Patienten die Bestrahlungstherapie ? wie kann die Psycho-Onkologie Pflegende.
IGS Elternabendcafé Juli 2007
1 Medienfachberatung Berner Straße Würzburg Tel.: / Fax: /
Die neuen Volkskrankheiten: Asthma und Neurodermitis – was tun?
Seite 1 Evaluationsagentur Saarbrücken, Elternbefragung zur Elternarbeit am Hochwald- Gymnasium Wadern Schuljahr 2010/11 (n299)
Soziales Lernen in der Schuleingangsphase an der GGS Deutzerstr.
Das Gespräch über Illettrismus
ÖFS-Tagung 2014: Familienunternehmen – Unternehmen Familie.
Aufgaben des Beratungslehrers
NEIN – böse Absicht ist es nicht!
Hinweise zur Gesprächsführung
NEIN – böse Absicht ist es nicht!
Geschäftsplanpräsentation
Damit Gutes gut bleibt was Paare zusammenhält
Betteln – Bedürfnisse, Ambivalenzen, Dilemmata
Qualifizierung von GruppenleiterInnen
Aber ich will Dir noch schnell die Lösung sagen...
Heilung Genesung Recovery
Als Familie wachsen - vom Baby bis zur Pubertät Triple P – Erziehung kann man lernen Dipl.-Psych. Yvonne von Wulfen.
Meine letzte Vorlesung
Jugendsozialarbeit an Schule Wer sind wir? Wo findet man uns? Was machen wir? Jugendsozialarbeit an Schule - rDW Hochtaunus 1.
Kommunikation mit Patienten Rothenburg ob der Tauber 19. November 2004.
Tagung SAGW Generationenfreundliche Gemeinden 6. Mai 2010 Information | Förderung | Politik Partizipation in der Gemeinde - Jugend Mit Wirkung Yvonne Polloni.
Prototyping Berlin · Seite 2 Prototyping: Was und wozu Die Zukunft ausprobieren und erfahren durch „Machen“. Einen Mikrokosmos kreieren.
Das neue Konzept Modul 1 Einführung in den Entscheidungsprozess und Standortbestimmung.
Zur Situation der Älteren Demografische Entwicklung Zunahme der Lebenserwartung Steigender Anteil Älterer an der Gesamtbevölkerung Zunahme der betreuungs-
Coaching für Führungskräfte. Ausgangspunkt Coaching – Wann ist es sinnvoll? Fast jeder kommt im Beruf in schwierige Situationen, die einen gelegentlich.
 Präsentation transkript:

“Noch ein Zertifikat! Was hat‘s gebracht?“ Stefan Juchems Pflegewissenschaftler (MScN) Fachkinderkrankenpfleger für Intensivpflege und Anästhesie

Am Anfang war... ... ein Stapel Fragebögen ... eine Bachelorarbeit ... die Frage: was machen wir damit?

Internationale Wissenschaft _ Keine Forschungsergebnisse zur Begründung von Restriktionen. [Infektionsrisiko, Überforderung, Unruhe, „Run“ auf die Intensivstation, Belastung von Kindern ...] ? _ Vielzahl von Forschungsergebnissen, die positive Auswirkungen der Anwesenheit von Angehörigen belegen. [Weniger cardio-circuläre Komplikationen, weniger Angst, höheres Wohlbefinden, höhere Arbeitszufriedenheit...] [Abbott, 2001; Davidson, 2007; Fumagalli, 2006; Knutsson, 2008; u.a. ]

Ergebnisse der eigenen Studie Geregelt sind: (n=1530) _ Dauer des Besuchs.................................20% _ Häufigkeit der Besuche pro Tag.............40% _ Art der Besucher....................................50% _ Mindestalter für Kinder .........................50% _ Anzahl der Besucher pro Besuch............70% _ Zeitpunkt des Besuchs............................90%

Perspektive: Patient Angehörige... ... sind kein Besuch. ... bringen Vertrautheit und Sicherheit. ... übernehmen eine Rolle, die sonst niemand übernehmen kann. ... halten Individualität und Identität aufrecht. ... geben Motivation, durchzuhalten und sind damit überlebenswichtig. [Bergboom, 2000; Engström, 2007; Holl, 1993; Metzing, 2004; u.a. ]

Perspektive: Angehörige ... fühlen sich zum Patienten an-gehörig. ... haben Angst um den Patienten. ... brauchen die Gewissheit, dass ihr Patient gut versorgt ist. ... wollen offene, ehrliche und zeitnahe Informationen. ... wollen an Entscheidungsprozessen beteiligt sein. ... fühlen sich nicht auf der Intensivstation überfordert. ... erleben sich nicht als Bestand pflegerischer Arbeit. … leisten „ihren Beitrag“. [Nagl-Cupal 2010, Bergboom, 2000; Dörr, 2003; Engström, 2007; Metzing, 2004; u.a. ]

Perspektive: Pflegende Angehörige... ... sind Bestandteil pflegerischer Arbeit. ... sind auf einer Intensivstation überfordert. ... „da kann man sehr unterschiedlicher Meinung zu sein“. ... sind keine psychische Belastung für Pflegende. ... in den Pflegeprozess zu integrieren, ist ein Balanceakt. ... richtig zu betreuen, muss man lernen und trainieren. ... können überlebenswichtig für den Patienten sein. [Azoulay, 2000; Bless, 2007; Farrell, 2005; Gnass, 2003; Lee, 2007; u.a. ]

Pflegeverständnis Vielleicht werden Pflegende eines Tages erkennen, dass Familien und Freunde keine Besucher sind sondern Menschen, die sehr wichtig für die Genesung von Patienten sind. Dann werden wir keine Besuchsrichtlinien mehr brauchen aber mehr Wissen zur Förderung der Gesundheit von Familiensystemen. [Doris Milton,1989]

Fazit _ Angehörige sichern das „Person-sein“ der Patienten. _ Diese Sicherung kann nur durch Angehörige gegeben werden. _ Es gibt keine Nachgewiesenen Nachteile für den Patienten. ABER: _ Je ungeschützter und ausgelieferter [die Patienten] sich fühlen, desto kleiner wird der Kreis derer, die willkommen sind und gebraucht werden. [Metzing 2004]

Pflegeverständnis Bedürfnisse der Angehörigen Pflege Bedürfnisse der Patienten Bedürfnisse der Institution

Pflegeverständnis Pflege Patient Angehörige Institution

Theorie und Praxis?  Verwirrung für alle! „Haltung“ ist oft da – Kultur ist mächtiger Regeln werden gemacht, um nicht eingehalten zu werden Zufall, wer mir die Türe aufmacht Pflegende sind nicht vorbereitet und verunsichert Thema hat keine Relevanz „Ausschließen des Problems Angehörige“  Verwirrung für alle!

 Zertifikat als niedrigschwelliger Anreiz Und was machen wir jetzt damit? Wissen ist schön. Doch was ist das Wissen wert? Es gibt gute Beispiele. Wie erfahren die anderen davon? Viele Pflegende auf Intensivstationen wollen. Wie unterstützen? Jetzt ist es so. Und künftig?  Zertifikat als niedrigschwelliger Anreiz

87,5% der Stationen haben eine Regelung der Besuchszeit Pflegethermometer 2012 87,5% der Stationen haben eine Regelung der Besuchszeit

Pflegethermometer 2012

Pflegethermometer 2012 (n=535)

Pflegethermometer 2012

Es gibt noch viel zu tun... Kulturwandel... ...kann nicht angeordnet werden, dafür brauchen wir Begeisterung! einladen ermutigen inspirieren http://www.gerald-huether.de/

Realistisch bleiben! Pflegende, Therapeutinnen, Ärztinnen befähigen!

KOMMUNIKATION Lösungsansatz _ Wünsche statt Forderungen/Verbote _ miteinander statt gegeneinander _ feste Ansprechpartner _ vor Gespräch überlegen, was man mitteilen/fragen möchte _ Raum und Zeit schaffen

Schlüsselerlebnisse  „Kontrolle durch Angehörige“  „neugierige Blicke“  „herausforderndes Verhalten“  „Belagerungszustand“  „Auskunft am Telefon“  „…“

konkrete Schritte Pflegeverständnis reflektieren  strategische Entscheidung Ausbilden  Schulungen, Training durchführen Umsetzen  Unterstützung durch Leitlinien, Reflektion Entwickeln  schrittweises Vorgehen, regelmäßige Überprüfung

Was hat‘s gebracht? Thema wird benannt!  agieren statt reagieren  Investition statt Belastung/Kosten  Mitarbeiterinnenzufriedenheit statt Konflikte  über dieses Thema auch in anderen Bereichen neue Lösungsansätze gehen.

Was hat‘s gebracht? Niedrigschwelliger Impuls hilft, ein Thema zu bewegen. Auch hier gilt: Enge Vorgaben, die nicht eingehalten werden (können), sind nicht hilfreich. Es braucht eine individuell passende Freiheit – mit einer klaren Zielsetzung.

Literaturhinweis ▪ Ziele und Aufgaben der Intensivmedizin ▪ Ethische Reflexion und Entscheidungsfindung in der intensivmedizinischen Praxis ▪ Erst kommt das Fressen, dann die Moral. Geordnete Arbeitsverhältnisse als Voraussetzung, sich mit ethischen Fragen angemessen zu befassen ▪ Menschenwürde auf der Intensivstation – ist das überhaupt möglich? ▪ Angehörige – eine Frage der Ethik? ▪ u.v.m. ISBN 39414680300 € 44,95

Fragen oder Anmerkungen? sjuchems@me.com -lichen Dank!