Richter am Arbeitsgericht Lübeck Aktuelle Rechtsprechung zum Kündigungsrecht und zur Beendigung von Arbeitsverhältnissen Olaf Möllenkamp Richter am Arbeitsgericht Lübeck
Programm Kündigungsrecht Allgemein Voraussetzungen Betriebsbedingte Kündigung Personenbedingte Kündigung Verhaltensbedingte Kündigung Sonderkündigungsschutz Abmahnung Änderungskündigung Sonstiges
Programm Befristungsrecht (Aufhebungsverträge, Taktik)
Kündigungsrecht Allgemeine Voraussetzungen der Kündigung
Kündigungsrecht Allgemeine Voraussetzungen Bestimmtheit einer ordentlichen Kündigung I BAG Urt. v. 20.06.2013 – 6 AZR 805/11 es muss erkennbar sein, wann das Arbeitsverhältnis enden soll Angabe des Termins oder der Frist ausreichend Hinweis auf gesetzliche Frist reicht aus
Kündigungsrecht Allgemeine Voraussetzungen Bestimmtheit einer ordentlichen Kündigung II BAG Urt. v. 15.05.2013 – 5 AZR 130/12 zu kurze Kündigungsfrist nur innerhalb der Drei-Wochen-Frist umdeut-/anfechtbar „fristgemäß zum …“ mit fehlerhafter Angabe ist auslegbar, wenn Arbeitnehmer erkennen kann, dass Arbeitgeber korrekte Frist will kein Verstoß gegen Bestimmtheitsgebot, wenn (nur) gesetzliche Kündigungsfristen anwendbar und mit einfachem Rechenschritt ermittelbar
Kündigungsrecht Allgemeine Voraussetzungen Berechnung der Betriebsgröße - Leiharbeiter BAG Urt. v. 24.01.2013 – 2 AZR 140/12 Leih-AN zu berücksichtigen, sofern Einsatz auf „in der Regel“ vorhandenem Personalbedarf beruht zu berücksichtigen, soweit mit ihnen ein regelmäßiger Beschäftigungsbedarf abgedeckt wird Rückblick und Blick auf zukünftige Entwicklung der Beschäftigungslage ist maßgeblich
Kündigungsrecht Allgemeine Voraussetzungen Leiharbeit und Vorbeschäftigung LAG Nds. Urt. v. 05.03.2013 – 12 Sa 50/13 die Tätigkeit als Leiharbeitnehmer für einen Entleiherbetrieb gilt nicht als Vorbeschäftigung i.S.v. § 1 Abs. 1 KSchG bei erfolgter Übernahme
Kündigungsrecht Allgemeine Voraussetzungen Kündigung durch vollmachtlosen Vertreter BAG Urt. v. 09.06.2012 – 2 AZR 858/11 Fristlauf für Erhebung der Kündigungsschutzklage bei Vertreter ohne Vertretungsmacht erst ab Zugang der Genehmigung des Arbeitgebers bei Arbeitnehmer Zurechenbarkeit erst ab Genehmigung
Kündigungsrecht Allgemeine Voraussetzungen Konsultationsverfahren bei Massenentlassung BAG Urt. v. 21.03.2013 – 2 AZR 60/12 fehlendes Konsultationsverfahren mit dem BR nach § 17 Abs. 2 KSchG führt zur Rechtsunwirksamkeit der Kündigung wegen Gesetzesverstoßes Konsultationsverfahren ist eigenständige Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung auch das Fehlen oder die ungenügende Abgabe einer Massenentlassungsanzeige führt zur Unwirksamkeit
Kündigungsrecht Allgemeine Voraussetzungen Zugang der Kündigung während des Urlaubs BAG Urt. v. 22.03.2013 – 2 AZR 224/11 an die Heimatanschrift des Arbeitnehmers gerichtete Kündigung auch dann zugegangen, wenn Arbeitgeber urlaubsbedingte Ortsabwesenheit kennt ein Irrtum über die Fristberechnung kann nur bei fehlendem Verschulden zur nachträglichen Klagzulassung führen
Kündigungsrecht Allgemeine Voraussetzungen Treuwidrigkeit bei Formverstoß des Aufhebungsvertrags LAG Hessen Urt. v. 22.03.2013 – 13 Sa 845/12 i.d.R. kann sich eine Partei auf die Einhaltung des Schriftform des § 623 BGB berufen dies gilt nicht, wenn sich die Berufung zu einem vorausgegangenen Verhalten in Widerspruch setzt und die Partei der Endgültigkeit und Verbindlichkeit der Regelung besonderen Ausdruck verliehen hat
Kündigungsrecht Betriebsbedingte Kündigung
Kündigungsrecht Betriebsbedingte Kündigung Vorübergehender Arbeitsmangel BAG Urt. v. 23.02.2012 – 2 AZR 548/10 keine dringenden betrieblichen Erfordernisse, wenn Reduzierung des Arbeitskräftebedarfs nicht absehbar dauerhaft kurzfristige Produktions- und Auftragsschwankungen müssen nach Arbeitgebervortrag ausgeschlossen sein Kurzarbeit spricht gegen einen dauerhaften Arbeitsmangel
Kündigungsrecht Betriebsbedingte Kündigung Wegfall einer Hierarchieebene BAG Urt. v. 24.05.2012 – 2 AZR 124/11 läuft die unternehmerische Entscheidung auf den Wegfall einer Hierarchieebene oder eines einzelnen Arbeitsplatzes hinaus, muss der Arbeitgeber erläutern, in welchem Umfang die bisherigen Arbeiten entfallen die Auswirkungen der unternehmerischen Entscheidung auf das erwartete Arbeitsvolumen müssen in einer schlüssigen Prognose im Einzelnen dargestellt werden
Kündigungsrecht Betriebsbedingte Kündigung Sozialauswahl in einem AÜ-Unternehmen BAG Urt. v. 20.06.2013 – 2 AZR 271/12 kann der Arbeitnehmer aufgrund seiner Tätigkeit und Ausbildung die zwar andere, aber gleichwertige Tätigkeit ausüben, ist er im Rahmen der Sozialauswahl vergleichbar im Einsatz befindliche Leiharbeitnehmer sind mit einsatzfreien Leiharbeitnehmern im Rahmen der Sozialauswahl grundsätzlich vergleichbar
Kündigungsrecht Betriebsbedingte Kündigung Darlegungslast bei IA mit Namensliste BAG Urt. v. 27.09.2012 – 2 AZR 516/11 der Arbeitnehmer muss darlegen und beweisen, dass sein Arbeitsplatz noch vorhanden ist oder wo er sonst im Betrieb oder Unternehmen weiterbeschäftigt werden kann Anknüpfungstatsachen für die gesetzliche Vermutung sind vom Arbeitgeber darzulegen und zu beweisen (Vermutungsbasis) hiergegen ist nur der Beweis des Gegenteils zulässig; nur Zweifel reichen nicht aus; greifbare Anhaltspunkte notwendig Arbeitnehmer muss Informationsmöglichkeiten ausschöpfen
Kündigungsrecht Betriebsbedingte Kündigung Änderung einer Auswahl-RL durch IA mit Namensliste BAG Urt. v. 24.10.2013 – 6 AZR 854/11 die Abweichung von einer Auswahl-Richtlinie durch Interessenausgleich mit Namensliste ist zulässig
Kündigungsrecht Betriebsbedingte Kündigung Interessenausgleich bei Insolvenz BAG Urt. v. 18.10.2013 – 6 AZR 289/11 Einsatz von Leih-AN als externe Personalreserve zur Abdeckung von Vertretungsbedarf stellen i.d.R. keine alternative Beschäftigungsmöglichkeit dar im IA mit Namensliste zugelassene Leih-AN-Quote von 10% widerlegt nicht die Vermutung des § 125 Abs. 1 Nr. 1 InsO
Kündigungsrecht Betriebsbedingte Kündigung Überprüfung der unternehmerischen Entscheidung BAG Urt. v. 22.11.2012 – 2 AZR 673/11 unternehmerische Entscheidung nur offensichtliche Unsachlichkeit, Unvernunft oder Willkür überprüfbar kein Absehen von Fremdvergabe wenn von Kündigung betroffene Arbeitnehmer überwiegend ordentlich nicht kündbar Vorrang tariflicher Anpassungsmöglichkeiten sind zu nutzen; erst dann außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist nutzbar
Kündigungsrecht Betriebsbedingte Kündigung Weiterbeschäftigung in ausländischem Betrieb BAG Urt. v. 29.08.2013 – 2 AZR 809/11 ein freier Arbeitsplatz eines Betriebes im Ausland gilt nicht als freier Weiterbeschäftigungsarbeitsplatz i.S.v. § 1 Abs. 2 KSchG § 23 KSchG gilt nur in Bezug auf inländische Betriebsstätten
Darlegungs- und Beweislast bei der betriebsbedingten Kündigung
Darlegungslast: Wer muss den Sachvortrag überhaupt leisten, aus dem sich der gerichtliche Prüfungsumfang ergibt? Beweislast: Wer muss den Sachvortrag beweisen, wenn die geschilderten Umstände streitig sind? im Kündigungsschutzprozess grundsätzlich der Arbeitgeber
Darlegung: Strukturelle Darstellung des kündigungsrelevanten Sachverhalts Beweismittel nach ZPO: Zeugen Sachverständige Augenschein Urkunden Parteivernehmung
„Vorfeldarbeit“ des Arbeitgebers vor Ausspruch der Kündigung: Fristberechnung Zustimmungs- und Anhörungserfordernisse Schriftformerfordernis (§ 623 BGB) kein Begründungserfordernis Hinweispflichten im Kündigungsschreiben Zugangsnachweis Absicherung für Kündigungsschutzprozess
Absicherung für Kündigungsschutzprozess sorgfältiges rechtliches Durchdenken der beabsichtigten Kündigung Dokumentation von Entscheidungsgrundlagen schriftliche Niederlegung von unternehmerischen Entscheidungen Bitte an mögliche Zeugen, sich Notizen vom Vorgang zu machen
Struktur der betriebsbedingten Kündigung Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse, die den Beschäftigungsbedarf im Betrieb vermindert haben keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit fehlerfreie Sozialauswahl
Arbeitgeber Arbeitnehmer Arbeitnehmer Konzept der abgestuften Darlegungs- und Beweislast Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit fehlerfreie Sozialauswahl Arbeitgeber Arbeitnehmer Arbeitnehmer
Überhang an Arbeitskräften Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse Ausgangspunkt: nicht: Umsatzrückgang, Auftragswegfall, Gewinneinbruch, Lizenzentzug, Insolvenz o.ä. Arbeitgeber Überhang an Arbeitskräften
außerbetriebliche Gründe innerbetriebliche Gründe gestaltende unternehmerische Entscheidung Überhang an Arbeitskräften Kündigung
außerbetriebliche Gründe Die Darlegungs- und Beweislast für trägt der Arbeitgeber. außerbetriebliche Gründe innerbetriebliche Gründe gestaltende unternehmerische Entscheidung Überhang an Arbeitskräften
Darlegung dringender betrieblicher Erfordernisse Beweis dringender betrieblicher Erfordernisse falls Arbeitnehmer bestreitet
außerbetriebliche Gründe innerbetriebliche Gründe Auftragsrückgang Umsatzrückgang verschlechterte Ertragslage Kundenverlust Rohstoffmangel Wegfall von Fördergeldern Tarifentwicklung politische Ursachen Rationalisierung Betriebsstilllegung Betriebseinschränkung Outsourcing Strukturveränderung Änderung der Produktionsmethoden
außerbetriebliche Gründe innerbetriebliche Gründe Stützt sich der Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess auf bestimmte außer- und/oder innerbetriebliche Gründe, muss er das zugrunde liegende Zahlenmaterial bei Gericht vorlegen, z.B. Bilanzen Auftragsbestände Ertragsentwicklung Kundenkündigungen Fremdverträge
gestaltende unternehmerische Entscheidung Aufgrund der außer- und/oder innerbetrieblichen Ursachen wird eine „freie“ unternehmerische Entscheidung getroffen, infolge derer ein entsteht. Überhang an Arbeitskräften
gestaltende unternehmerische Entscheidung geschützt durch Art. 14 Abs. 1 GG gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar auf offenbare Unsachlichkeit, Unvernunft oder Willkür nicht überprüfbar auf Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit oder Sinnhaftigkeit tatsächliche Entscheidung voll überprüfbar oft entbehrlich bei bereits erfolgter Umsetzung
gestaltende unternehmerische Entscheidung Da bei Streit darüber voll überprüft wird, ob die Entscheidung überhaupt getroffen worden ist, sollte dokumentiert werden: Wann, wo in welcher Besetzung von wem getroffen? Was wurde konkret zu wann beschlossen? Warum wurde der Beschluss gefasst (Gründe)? Wie wirkt sich der Beschluss auf die Beschäftigungslage aus?
Überhang an Arbeitskräften Aus der gestaltenden unternehmerischer Entscheidung muss sich ein Überhang an Arbeitskräften ergeben. Dieser ist nicht selbsterklärend und muss ggf. rechnerisch nachvollziehbar dargestellt werden.
Überhang an Arbeitskräften Einfach darzustellen bei Abteilungsschließung Outsourcing Betriebsschließung Wegfall einzelner Arbeitsplätze Schwieriger darzustellen bei Volumenentscheidungen
Überhang an Arbeitskräften Beispiel: Reduziertes Arbeitsvolumen 2005 120.000 Maschinenstunden 60 Arbeitnehmer 2006 80.000 Maschinenstunden 58 Arbeitnehmer 2007 (erwartet) 62.000 Maschinenstunden 35 Arbeitnehmer (nach Kündigungen)
Überhang an Arbeitskräften Beispiel: Strukturelle Verdichtung bisher 3 Arbeitnehmer für Abteilung Buchhaltung (Vollzeit) 1 AN Lohnbuchhaltung 1 AN Finanzbuchhaltung 1 AN Personalsachbearb. neu 2 Arbeitnehmer für Abteilung + 1 Minijob 400,-- EUR Personalsachbearb. wird aufgeteilt zw. Vollzeit Überhang durch Minijob
Überhang an Arbeitskräften muss dauerhaft bestehen kann sich auch aus geänderten Anforderungen an Qualifikationsprofil für Arbeitsplatz ergeben kann sich auch aus geänderter zeitlicher Anforderung an den Arbeitsplatz ergeben
Überhang an Arbeitskräften betriebsbezogene Sichtweise, aber ggf. unternehmensweite Weiterbeschäftigung bedenken muss sich nicht auf einen konkreten Arbeitsplatz oder Arbeitnehmer beziehen
außerbetriebliche Gründe innerbetriebliche Gründe gestaltende unternehmerische Entscheidung Überhang an Arbeitskräften Kündigung
Typische Fallgruppen: Auftrags- und Umsatzrückgang Betriebsstilllegung und Verlagerung Betriebseinschränkung Outsourcing sinkende Rentabilität, Gewinnverfall Leistungsverdichtung Rationalisierung
Auftrags- und Umsatzrückgang: verminderter Beschäftigungsbedarf erforderlich geringer wertige Tätigkeiten an höher qualifizierte AN übertragbar Selbstbindung des AG durch dynamische Anpassung an Arbeitsmenge möglich AN kann kein besseres Konzept zum Arbeitsplatzerhalt erzwingen
Betriebsstilllegung: problematisch nur bei alsbaldiger Wiedereröffnung Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit wird nicht überprüft falls erst anstehend, Beweis durch Mitteilungen ggü. Banken, Vermieter, Kunden, Lieferanten falls vollzogen, kaum Beweis mehr erforderlich
Verlagerung / Betriebseinschränkung: Prüfung wie Stilllegung problematisch allein Weiterbeschäftigungsmöglichkeit (an neuem Standort)
Outsourcing: bei Leiharbeit unzulässig (Austauschkündigung) unproblematisch bei Übertragung zur eigenständigen Erledigung Konzeptwechsel eigene AN freie Handelsvertreter zulässig unzulässig bei Umgehung von Kündigungsschutz problematisch bei Scheinselbständigkeit
Sinkende Rentabilität, Gewinnverfall: muss bei Bestreiten durch Zahlenmaterial dargelegt werden auch auf hohem Niveau Arbeitsplatzabbau möglich sonst zu prüfen wie Auftrags- und Umsatzrückgang
Leistungsverdichtung: Arbeit muss noch zu bewältigen sein Mehrbelastung aber hinzunehmen häufig begleitet von anderen Umständen (Verlagerung, Outsourcing) Einsparpotenzial muss dargelegt werden problematisch bei schwer messbarer Leistung
Rationalisierung: sehr vielschichtig möglich nur Kontrolle von Rechtsmissbrauch, darzulegen durch AN besonders hier ist sorgfältige Darlegung des (Gesamt-) Konzepts erforderlich
Arbeitnehmer Fehlen einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit Ausgangspunkt: Der Arbeitnehmer muss den freien Arbeitsplatz bezeichnen, auf dem er aus seiner Sicht weiterbeschäftigt werden kann.
Hat der Arbeitnehmer einen Arbeitsplatz bezeichnet, wechselt die Darlegungs- und Beweislast auf den Dieser entgegnet häufig mit den Argumenten der bezeichnete Arbeitsplatz ist nicht frei der Arbeitnehmer ist fachlich für diesen nicht geeignet Arbeitgeber
Häufiger Arbeitnehmerfehler bei behaupteter Weiterbeschäftigungsmöglichkeit: der Arbeitnehmer verlangt höherwertige Beschäftigung der Arbeitnehmer verlangt Schaffung eines neuen Arbeitsplatzes
Weiterbeschäftigung ist grundsätzlich unternehmensweit geschuldet, aber Arbeitsvertrag muss Versetzung hergeben eine Änderungskündigung kann im Raum stehen auch zu verschlechternden Konditionen
Arbeitnehmer Richtigkeit der Sozialauswahl Ausgangspunkt: Der Arbeitnehmer muss den oder diejenigen Arbeitnehmer benennen, die sozial weniger schutzwürdig sind als er. Der Arbeitgeber muss allerdings zuvor zu den Maßgaben der Sozialauswahl vortragen, wenn der Arbeitnehmer dies verlangt. Arbeitnehmer
Verlangt der Arbeitnehmer die Offenlegung der Sozialdaten der anderen Arbeitnehmer, muss der Arbeitgeber diese Daten hergeben. Der Arbeitnehmer kann auch ins Blaue hinein einen anderen Arbeitnehmer als sozial weniger schutzwürdig bezeichnen. Die Darlegungs- und Beweislast wechselt dann auf den Arbeitgeber
keine abstrakte Rüge eines Auswahlfehlers möglich Einbeziehung nur der Arbeitnehmer, die der arbeitsvertraglichen Beschäftigung nach vergleichbar sind BAG hat sog. „Dominotheorie“ bei Listenauswahl aufgegeben
Bei der Sozialauswahl sind allein folgende Kriterien maßgeblich (§ 1 Abs. 3 KSchG): Dauer der Betriebszugehörigkeit Lebensalter Unterhaltsverpflichtungen Schwerbehinderung
Von der Sozialauswahl kann der Arbeitgeber Arbeitnehmer ausnehmen, deren Weiterbeschäftigung wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebs im berechtigten betrieblichen Interesse liegt (§ 1 Abs. 3 S. 2 KSchG).
Betriebsratsanhörung muss vor Ausspruch der Kündigung erfolgen hat substantiiert zu erfolgen Fehler in der Anhörung führen zur Unwirksamkeit der Kündigung, auf die sich der AN im Kündigungsschutzprozess berufen kann Arbeitgeber hat Darlegungs- und Beweislast Arbeitnehmer muss aber zunächst rügen
Mindestinhalt der Betriebsratsanhörung Name des zu Kündigenden Sozialdaten des Arbeitnehmers Angaben zum Arbeitsverhältnis (Beginn, Art, derzeitiger Arbeitsplatz) Kündigungszeitpunkt Kündigungsgründe
Kündigungsrecht Personenbedingte Kündigung
Kündigungsrecht Personenbedingte Kündigung Kündigung wegen Alkoholsucht BAG Urt. v. 20.12.2012 – 2 AZR 32/11 Kündigung wegen Alkoholsucht unterliegt identischen Maßgaben wie Kündigung wegen Krankheit; i.d.R. keine außerordentliche Kündigung möglich Prognose muss dauerhaften Ausschluss der Gewähr für die Erbringung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit ergeben Beeinträchtigung betrieblicher Belange liegt nicht notwendig in erwarteten hohen Fehlzeiten
Kündigungsrecht Verhaltensbedingte Kündigung
Kündigungsrecht Verhaltensbedingte Kündigung Verbotene Internetnutzung durch Leitenden BAG Urt. v. 14.04.2012 – 2 AZR 186/11 auch ein nach zeitlichem Umfang erheblicher Verstoß gegen ein ausdrückliches Verbot der privaten Nutzung des dienstlichen Internetanschlusses sowie das Herunterladen pornografischen Bildmaterials schafft keinen absoluten Kündigungsgrund alle relevanten Umstände des Einzelfalls zu beachten
Kündigungsrecht Verhaltensbedingte Kündigung Kündigung wegen Stalkings einer Kollegin BAG Urt. v. 19.04.2012 – 2 AZR 258/11 stellt ein Arbeitnehmer einer Kollegin im Betrieb oder im Zusammenhang mit der geschuldeten Tätigkeit beharrlich nach, ist dies an sich ein Grund für eine außerordentliche Kündigung maßgeblich ist die damit verbundene Störung des Betriebsfriedens
Kündigungsrecht Verhaltensbedingte Kündigung Kündigung wegen Verdachts einer Straftat BAG Urt. v. 25.10.2012 – 2 AZR 700/11 dringender Tatverdacht der Strafverfolgungsbehörden allein nicht ausreichend für eine Verdachtskündigung Verstoß gegen vertragliche Haupt- oder Nebenpflicht und damit verbundener Vertrauensbruch maßgeblich alleiniger Verweis auf strafrechtliche Ermittlungen ersetzen nicht den erforderlichen Parteivortrag
Kündigungsrecht Verhaltensbedingte Kündigung Videoüberwachung und Beweisverwertung BAG Urt. v. 21.06.2012 – 2 AZR 153/11 die Entwendung einer einzelnen Zigarettenschachtel aus dem Bestand des Arbeitgebers kann auch nach längerer Beschäftigungsdauer eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen kein Beweisverwertungsverbot wegen Verstoßes gegen §6 b BDSG allein (Kennzeichnungspflicht)
Kündigungsrecht Verhaltensbedingte Kündigung Kündigung wegen fehlerhafter Überweisung LAG Hessen Urt. v. 07.02.2013 – 9 Sa 1315/12 fälschliche Überweisung von 222 Mio. Euro durch Sekundenschlaf kein Kündigungsgrund
Kündigungsrecht Verhaltensbedingte Kündigung Fehlerhaftes Verhalten des Ehemanns LAG Berlin-B. Urt. v. 05.04.2013 – 10 Sa 2339/12 arbeitsvertragliches Fehlverhalten des Ehemanns rechtfertigt i.d.R. keine Kündigung der ebenfalls im Betrieb beschäftigten Ehefrau
Kündigungsrecht Verhaltensbedingte Kündigung Angekündigte Erkrankung LAG Berlin-B. Urt. v. 15.03.2013 – 10 Sa 2427/12 eine angekündigte AU ist bei objektivem Bestehen einer Erkrankung keine Pflichtverletzung behauptet der Arbeitnehmer eine Erkrankung, hat der Arbeitgeber darzulegen und zu beweisen, dass diese Behauptung falsch ist
Kündigungsrecht Verhaltensbedingte Kündigung Bewerbungsteilnahme während einer AU LAG Meck-Pom. Urt. v. 05.03.2013 – 5 Sa 106/12 die Teilnahme an einem Vorstellungsgespräch während einer AU rechtfertigt nicht in jedem Fall eine Kündigung i.d.R. liegt nur genesungswidriges Verhalten vor ein genereller Abkehrwille des Arbeitnehmers rechtfertigt keine Kündigung
Kündigungsrecht Verhaltensbedingte Kündigung Nichtvorlage AU wegen Unzumutbarkeit BAG Urt. 2 AZR 748/11 der aus krankheitsbedingten Gründen die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht oder verspätet vorlegende Arbeitnehmer handelt i.d.R. nicht schuldhaft Nichtvorlage ist i.d.R. reiner Ordnungsverstoß und erfordert eine Abmahnung
Kündigungsrecht Verhaltensbedingte Kündigung Vorlage der AU am ersten Krankheitstag BAG Urt. v. 14.11.2012 – 5 AZR 866/11 die Aufforderung zur Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bereits am ersten Krankheitstag verstößt selbst dann nicht gegen § 106 GewO, wenn die Aufforderung begründungslos gegenüber einer einzelnen Arbeitnehmerin erfolgt
Kündigungsrecht Verhaltensbedingte Kündigung Gesundheitliche Störungen nach Kündigung LAG Hessen Urt. v. 01.12.2012 – 7 Sa 186/12 im Einzelfall kann eine Kündigung auch zu einer Destabilisierung des kurz zuvor noch stabilen Gesundheitszustandes führen
Kündigungsrecht Verhaltensbedingte Kündigung Gesundheitliche Störungen nach Kündigung LAG Köln Urt. v. 05.07.2012 – 6 Sa 71/12 die unmittelbare Anzeige des Arbeitgebers beim Jugendamt ohne innerbetrieblichen Klärungsversuch kann einen außerordentlichen Kündigungsgrund darstellen
Kündigungsrecht Verhaltensbedingte Kündigung Arbeitszeitbetrug bei Verfall von Überstunden LAG Berlin-B. Urt. v. 13.06.2012 – 15 Sa 407/12 bei einer Kündigung wegen vorgeworfenen Arbeitszeitbetrugs ist im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen, dass durch den Arbeitnehmer geleistete Überstunden durch unwirksame arbeitsvertragliche Regelung zu Unrecht verfallen sind
Kündigungsrecht Verhaltensbedingte Kündigung Löschung von Daten auf Firmenlaptop OLG Nürnberg Beschl. v. 23.01.2013 – 1 Ws 445/12 keine Datenlöschung nach § 303 a StGB bei bestehender Datenverfügungsbefugnis zugunsten des Arbeitnehmers und Speicherung durch diesen Straftat erst ab Aushändigung der Daten an Arbeitgeber
Kündigungsrecht Sonderkündigungsschutz
Kündigungsrecht Sonderkündigungsschutz Sonderkündigungsschutz für Mandatsträger BAG Urt. v. 21.06.2012 – 2 AZR 343/11 Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der fiktiven Kündigungsfrist erforderlich unwirksame außerordentliche Kündigung des Mandatsträgers kann nicht in eine außerordentliche Kündigung mit einer sozialen Auslauffrist oder ordentliche Kündigung umgedeutet werden
Kündigungsrecht Sonderkündigungsschutz Sonderkündigungsschutz für Vertrauensperson BAG Urt. v. 19.07.2012 – 2 AZR 989/11 die Kündigung einer Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen bedarf keiner Zustimmung der Schwerbehindertenvertretung Kündigungsablauf analog Betriebsratsmitglieder heimlicher Mitschnitt eines Personalgesprächs kann außerordentliche Kündigung rechtfertigen maßgeblich Vertrauensverstoß, nicht Straftatcharakter
Kündigungsrecht Sonderkündigungsschutz Unverzügliche Kündigung nach IAmt-Zustimmung BAG Urt. v. 19.04.2012 – 2 AZR 118/11 nach Ablauf der Frist des § 626 Abs. 2 BGB muss bei Zustimmung oder Zustimmungsfiktion der IAmt-Zustimmung unverzüglich gekündigt werden schuldhaftes Zögern dann, wenn Zuwarten objektiv nicht geboten ist Arbeitgeber trifft Obliegenheit, sich ggf. beim IAmt nach Entscheidung zu erkundigen
Kündigungsrecht Sonderkündigungsschutz Festhalten an Kündigung bei fehlender Kenntnis der Schwangerschaft BAG Urt. v. 17.10.2013 – 8 AZR 742/12 das Festhalten an einer Kündigung bei Bestehen einer Schwangerschaft, von der der Arbeitgeber keine Kenntnis hatte, stellt keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts dar
Kündigungsrecht Abmahnung
Kündigungsrecht Abmahnung Entfernung einer berechtigten Abmahnung BAG Urt. v. 19.07.2012 – 2 AZR 782/11 berechtigte Abmahnung muss nur entfernt werden, wenn das gerügte Verhalten in jeder Hinsicht bedeutungslos geworden ist Entfernung selbst nur dann, wenn die weitere Aufbewahrung des Vorgang zu unzumutbaren beruflichen Nachteilen führen kann
Kündigungsrecht Änderungskündigung
Kündigungsrecht Änderungskündigung Überflüssige Änderungskündigung BAG Urt. v. 19.07.2012 – 2 AZR 25/11 ergibt bereits das Direktionsrecht des Arbeitgebers aus § 106 GewO die Möglichkeit der Änderung der Arbeitsbedingungen, ist die Änderungskündigung überflüssig die Änderungsschutzklage ist unbegründet, weil der Vertragsinhalt nicht geändert wird (Kostenfolge!)
Kündigungsrecht Sonstiges
Kündigungsrecht Sonstiges Rückkehrrecht in einer Betriebsvereinbarung BAG Urt. v. 14.03.2012 – 7 AZR 147/11 eine BV anlässlich eines Betriebsübergangs kann als zulässigen Regelungsinhalt ein Rückkehrrecht der – zunächst – übergegangenen Arbeitnehmer enthalten die Vollstreckungsregel des § 894 S. 1 ZPO erfordert hierzu eine Regelung mit Festlegung des vertraglichen Mindestinhalts
Kündigungsrecht Sonstiges Wiedereinstellung bei Rückkehrzusage BAG Urt. v. 15.10.2013 – 9 AZR 564/12 ein unbefristetes Rückkehrrecht begründet den Anspruch auf Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages bei Eintritt der an das Rückkehrrecht geknüpften Bedingungen die Auslegung des Rückkehrrechts kann auch die Rückkehr von einem Rechtsnachfolger des ursprünglichen Arbeitgebers ergeben, auf den das Arbeitsverhältnis zunächst übergegangen war
Befristungsrecht
Befristungsrecht Wirksamkeit einer Zweckbefristung BAG Urt. v. 15.05.2012 – 7 AZR 35/11 Befristungskontrollklage erst nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber nach § 15 Abs. 2 TzBfG über den Zeitpunkt der Zweckerreichung möglich Zeitpunkt der Zweckerreichung muss vertraglich zweifelsfrei feststellbar sein bereits bei Vertragsschluss muss deutlich werden, dass Zweck zu irgendeinem Zeitpunkt erreicht werden kann; je weiter in die Zukunft, je höher die Prognoseanforderungen
Befristungsrecht Prognose bei Befristungsvereinbarung BAG Urt. v. 11.09.2013 – 7 AZR 107/12 bloße Möglichkeit des Entfalls einer Aufgabe reicht nicht für Befristungsprognose aus die zunächst bestehende Ungewissheit über das Fortbestehen einer Aufgabe rechtfertigt keine Befristung des Arbeitsvertrags
Befristungsrecht Versetzung nach fehlerhafter Befristung BAG Urt. v. 10.07.2013 – 10 AZR 915/12 Versetzung entspricht nicht billigem Ermessen, wenn in die Auswahl nur Arbeitnehmer einbezogen werden, deren Arbeitsverhältnis zuvor befristet war
Befristungsrecht Missbrauchskontrolle BAG Urt. v. 13.02.2013 – 7 AZR 225/11 Gerichte dürfen sich nicht auf die Prüfung des geltend gemachten Sachgrundes beschränken, sondern müssen die Gesamtumstände betrachten missbräuchlicher Rückgriff auf befristete Arbeitsverträge ist auszuschließen
Befristungsrecht Anfechtung eines befristeten Arbeitsvertrags LAG Meck.-Pom. Urt. v. 17.04.2013 – 2 Sa 237/12 die versehentliche Überschreitung der Höchstbefristungsdauer nach § 14 Abs. 2 TzBfG rechtfertigt keine Irrtumsanfechtung es liegt ein bloßer Kalkulationsirrtum vor
Befristungsrecht Vorbeschäftigungsverbot LAG Baden-Würt. Urt. v. 26.09.2013 – 6 Sa 28/13 das Vorbeschäftigungsverbot des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG besteht uneingeschränkt die Norm ist nicht auslegbar
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Olaf Möllenkamp Richter am Arbeitsgericht Lübeck