Partner im Dialog: Volksentscheide, Demokratie und Rechtsstaat. Das rheinland-pfälzische Reformprojekt mehr Bürgerbeteiligung wagen im Lichte schweizerischer.

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Dr. Handl - Politische Bildung
Advertisements

DEMOKRATIE IN ITALIEN Wir Schüler der Klasse 3B sind der Meinung, dass in Italien Demokratie herrscht. Wir können frei unsere Meinung äussern und unsere.
Öffentliche Verwaltung in der Demokratie
Neue Politische Ökonomie: Comparative Politics Vorlesung an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg SS 2008 Prof. Dr. Lars P. Feld Ruprecht-Karls-Universität.
KÜHNEL/FUCHS 1998: NICHTWÄHLEN ALS RATIONALES HANDELN
Wie entstehen neue Gesetze in Deutschland
nach dem Konzept „Netzwerke Offener Hilfen (NetOH)“
Dr. Valentin Aichele, LL.M.
Bürgerbeteiligung lokal - ein Überblick
28/03/2017 Wie lassen sich Unterscheide der Repräsentation erklären: Frauen und ethnische Gruppen Didier Ruedin Université de Neuchâtel 28. Oktober 2011.
Akteursanalyse im umweltpolitischen Kontext Dr
Mehrherrschaft (Republik)
Zukünftige Möglichkeiten der Direkten Demokratie und ihre Grenzen 1. Winterthur 2. Die Seele der DD 3. Zukünftige Möglichkeiten I: Die Demokratisierung.
Wir wollen mehr Mitspracherecht für Bürgerinnen und Bürger in der Politik - und schlagen einen 3- Stufenplan für die direkte Demokratie vor. Die reine.
Prof. em. Dr. Wolf Linder, Universität Bern
Einführungskurs 2006 für Gemeinderätinnen und Gemeinderäte Organisation der Gemeinden und die interkommunale Zusammenarbeit Mittwoch, 6. September 2006.
The Crisis of Democracy
Landkarte der betrieblichen Gesundheitsförderung: Schweiz
Der Mensch als Staatsbürger Staat
Parteien in der Bundesrepublik Deutschland
Politische Bildung in Österreich
Kanton Zürich Direktion der Justiz und des Innern Gemeinde XY Kick-off, 21. März 2035 KOMPAKT.
Demokratie braucht Dich! Der Vorarlberger Landtag.
Politisches System Schweiz
1 Rückblick Nationalratswahlen 2003 Referat im Lions Club Spiez 4. Dezember 2003 Kompetenzzentrum für Public Management, Universität Bern Andreas Ladner.
Wie wir als Schweizer für die Direkte Demokratie (DD) in Europa wirken können: Erfahrungen, Einsichten, Perspektiven 7 Thesen zur Diskussion von und mit.
Kommunikation als Seele der Direkten Demokratie (DD) - Verständlichkeit als deren notwendige Voraussetzung Von Andreas Gross, NR/VR, 8 Jahre Red’kom’präs.mit.
Die Schweiz im Spiegel der Anti-Minarett-Initiativdebatte Erfahrungen, Einsichten, Perspektiven 7 Thesen zur Diskussion von Andreas Gross (Zürich/St-Ursanne)
Kriterien der Staatsorga- nisation.
NEIN zur schädlichen AUNS-Initiative Staatsverträge vors Volk Volksabstimmung vom 17. Juni 2012.
Direkte Demokratie - Status Quo und Forderungen für die Zukunft -
Die Direkte Demokratie (DD) ermöglicht die gesellschaftliche Selbstverständigung: Kommunikation als die Seele der DD.
Demokratische Neuerungen und Bürgerbeteiligung in Lateinamerika
Kanton Bern Die Oberaufsicht des Parlaments über die Regierung von Grossrat Peter Bernasconi, Präsident der Kommission Parlamentsrechtsrevision des Kantons.
Jahrestagung der Schweizerischen Evaluationsgesellschaft 9
Aeh -partner Dr.h.c. Annemarie Huber-Hotz – Büro für gemeinnützige Projekte – Sandrainstrasse 50 – 3007 Ber n Politiknähe – das Lebenselixier für Schreiberinnen.
Bundesvorstandssprecher Mehr Demokratie e.V.
1 Perspektiven des Haushalts- und Finanzmanagements aus der Sicht des Landtags Rheinland-Pfalz Dr. Florian Edinger Wissenschaftlicher Dienst.
Demokratiedefizit in Europa

Volksabstimmung vom 9. Juni
Das politische Quiz Personen und Ämter Aus der Geschichte Wahlen und
„Das bessere Gesetz zur direkten Demokratie“
Energiewende oder: Die Schwierigkeit, die Zukunft in der Gegenwart zu beginnen Städtebauliches Kolloquium KlimaKultur: Energiewende von unten Dortmund,
ZUKUNFTSTAG NIEDERÖSTERREICH Zukunft. Bürgerbeteiligung. Neue Wege in der Kommunikation mit den Bürgern BADEN, 7. NOVEMBER 2014 Dr. Serge Embacher, Berlin.
法學德文名著選讀(一) Lektion 3 Text 1
Politische Entscheide im Spannungsfeld von Überzeugung, Machbarkeit und Öffentlichkeit Christa Markwalder Nationalrätin FDP.Die LIberalen.
Parlamentarische Demokratie in der BRD
Anmerkungen des Bürgerrates zum Vorschlag der Stadtverwaltung Hinweise zur Beratung des Bürgerrates am
Integrierte Ländliche Entwicklung (ILE) Niger und Burkina Faso
Das Demokratiemodell des Grundgesetzes
Für einen starken Service public – Für ein demokratiegerechtes Mediensystem Edith Graf-Litscher, Nationalrätin SP (Thurgau) Anhörung der EMEK zum Thema.
Parteienlandschaft Deutschland
Politik in der Demokratie - Leben ist nicht Schicksal Einige Thesen zur Reflexion und Diskussion über Politische Bildung von Andi Gross Pädagogische Hochschule.
Neue Politische Ökonomie Vorlesung an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg SS 2008 Prof. Dr. Lars P. Feld Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg,
Die Krise der Demokratie Chancen und Auswege SPD Blumberg
Demokratiequalität Österreichs, unter Berücksichtigung des EU- Beitritts Gmeiner, Elik-Gülen, Süzgen.
7 Gründe für Zeitungen The content of this presentation is designed to promote print media’s power to communicate. You are welcome to use this as part.
Partizipation junger MigrantInnen gestalten
Dies ist ein Mustertitel Prof. Dr. Maria Mustermann 1 von 23 Unter Druck Wie Lokalredaktionen mit Kommunalpolitik beim Leser Glaubwürdigkeit gewinnen Rostock.
Menschenrechtskonflikte Konflikt zwischen Post- und Fernmeldegeheimnis und Staatssicherheit.
Öffentliches Wirtschaftsrecht I
„PEGIDA HINTERFRAGEN “ „PEGIDA HINTERFRAGEN “ D IREKTE D EMOKRATIE WAGEN ? Ü BER C HANCEN UND S CHWIERIGKEITEN 13. J ANUAR 2016, 16:45 U HR D REIKÖNIGSKIRCHE.
REPETITORIUM IM ÖFFENTLICHEN RECHT I 3. STUNDE RA Philipp Franke, wiss. Mit.
19. Stärkung d. Bürgerschaftl. Engagements/ Bürgerbeteiligung.
1 Einführung ins Gemeinderecht. 2 CH-Gemeinden in Zahlen 1990: 3021 Gemeinden 2000: : : : 2551.
Schweizer Frühling Liberec, den 27. März 2013 Die direktdemokratischen Instrumente und ihre Wirkungsweise in der Schweiz Dr. Corsin Bisaz c2d-center for.
Das politische System Österreichs Quelle: Bernauer T. et al.: Einführung in die Politikwissenschaft, Nomos, Baden-Baden,
Gemeindeversammlung oder Gemeindeparlament
Direkte Demokratie und Populismus Prof. Dr
 Präsentation transkript:

Partner im Dialog: Volksentscheide, Demokratie und Rechtsstaat. Das rheinland-pfälzische Reformprojekt mehr Bürgerbeteiligung wagen im Lichte schweizerischer und deutscher Erfahrungen 14. Juni 2011, Landtag Rheinland-Pfalz, Mainz Direkte Demokratie in der Schweiz: Erfahrungen und Entwicklungsmöglichkeiten Prof. em. Dr. Wolf Linder, Universität Bern

Die Reichweite der direktdemokratischen Mitbestimmung in der Schweiz - Auf allen Ebenen des föderalistischen Systems: Gemeinde, Kantonen und Bund - Kein Gegenstand a priori von direktdemokratischer Letztentscheidung ausgeschlossen - Jährlich für jede Bürgerin/jeden Bürger etwa 50 Sachfragen zu entscheiden Wolf Linder Direkte Demokratie in der Schweiz 2

Die Instrumente direkter Demokratie - Volksinitiative: Bund: Bürgerinnen und Bürger verlangen eine Änderung der Verfassung. Erfordert Mehrheit von Volk und Ständen, um gültig zu werden. Erfolgschancen gering. - Gesetzesreferendum: Volksabstimmung über ein parlamentarisches Gesetz, falls von BürgerInnen verlangt. Instrument der Opposition. Aber: 93 Prozent aller Gesetze treten ohne Referendum in Kraft. -Verfassungsreferendum: Jede Verfassungsänderung untersteht der Volksabstimmung. Doppelte Mehrheit von Volk und Kantonen. Herausragende Bedeutung für die gesamte Staatsentwicklung. Wolf Linder Direkte Demokratie in der Schweiz 3

Die Auswirkungen direkter Demokratie 1.Volksrechte als Instrument der Opposition Langsamerer Entscheidungsprozess, geringere Innovation. Jedoch: was beschlossen ist, kann auch umgesetzt werden. 2.Permanente Kontrolle der politischen Elite Bindung an die Präferenzen der Stimmbürgerschaft. Relevant auch in den öffentlichen Finanzen. Keine wachsende Verschuldung. 3. Hohe Legitimation selbst umstrittener Entscheide Glaubwürdigkeit durch Selbstbestimmung und Selbstbindung. Wolf Linder Direkte Demokratie in der Schweiz 4

Verstehen die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger, worüber sie abstimmen? -Bürgerinnen und Bürger: Fähig oder unfähig, in den Sachentscheiden der Politik direkt mitzuwirken? -Empirische Befunde aus der Analyse der schweizerischen Volksabstimmungen: 1. Die Überforderten. Interesse erlischt. Das Problem geringerer Beteiligung unterer sozialer Schichten. 2. Empfehlung Regierung, Parteiparolen, Medien, politische Propaganda: relevant in der Meinungsbildung für alle. 3. Sachkompetenz der Stimmbürger: nicht unterschätzen! 4. Verbindung eigenen Wissens mit Vertrauen in bewährte Quellen: Ein ähnliches Verhalten wie dasjenige von Parlamentsabgeordneten.... Wolf Linder Direkte Demokratie in der Schweiz 5

Warum folgt die Stimmbürgerschaft so oft den Entscheidungen von Regierung und Parlament? -Die Bedeutung vorparlamentarischer Konsultationen beim Bund -Wachsende Bedeutung der Planungs- und Vollzugsbeteiligung bei Gemeinden und Kantonen -Zwei Kontrastbeispiele -Gründe für die unterschiedliche Wirkung -Gibt es nach der konsultativen Mitwirkung einen bindenden Volksentscheid des betroffenen Bevölkerungskreises? -Falls nicht: welchen Grad politischer Verbindlichkeit gewährt die Behörde dem Ergebnis der Beteiligung? Wolf Linder Direkte Demokratie in der Schweiz 6

Thesen zur Diskussion gestellt I 1.Stimmbürgerinnen und Stimmbürger sind fähig zur direkten politischen Mitwirkung. 2.Experimente direktdemokratischer Mitwirkung beginnen am besten auf lokaler Ebene. Gründe. 3.Neue Formen der Mitwirkung knüpfen an vorhandenen Ansätzen an, beinhalten relevante Probleme und finden in ruhigen politischen Gewässern statt. 4.Bleibe einfach ist ein überaus wichtiger Grundsatz. Er gilt für das institutionelle Verfahren wie für die inhaltliche Problematik. Verhindert Mittelschichts- Bias und Ausklinken unterer sozialer Schichten. Wolf Linder Direkte Demokratie in der Schweiz 7

Thesen zur Diskussion gestellt II 5. Die Mitwirkung der Bürgerschaft in Planungs- wie in Vollzugsprozessen muss früh ansetzen. Keine Entscheidungsmacht, aber Definitionsmacht. 6.Politische Parteien haben eine grosse Verantwortung in der direkten Demokratie. Gründe. 7.Direkte Demokratie hat nicht nur Auswirkungen auf konkrete Einzelentscheide. Längerfristig erhöht sie die Legitimation des Politiksystems. Dies bildet einen Anreiz für weitsichtige politische Eliten, von ihrer Macht etwas abzugeben und mehr Bürger-beteiligung zu wagen. Wolf Linder Direkte Demokratie in der Schweiz 8