Warum brauchen wir ein geregeltes Angebot für eine medizinische Rehabilitation nach Sehverlust? Bedarf aus Sicht des behandelnden Augenarztes.

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 Präsentation transkript:

Warum brauchen wir ein geregeltes Angebot für eine medizinische Rehabilitation nach Sehverlust? Bedarf aus Sicht des behandelnden Augenarztes

Folgen des Sehverlustes massive Schwierigkeiten bei der Aufrechterhaltung der alltäglichen Lebensführung (Selbstversorgung, Organisation des Haushalts, Kommunikation, Informationsbeschaffung, Mobilität etc.) Autonomieverlust Abhängigkeit von fremder Hilfe Pflegebedürftigkeit oder zumindest drohende Pflegebedürftigkeit Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit drohender sozialer Abstieg einschließlich eines erhöhten Armutsrisikos, soziale Isolation eine besondere Belastungssituation für das gesamte familiäre Umfeld durch die Notwendigkeit der Unterstützung des Betroffenen deutliche Einbuße an Lebensqualität (Zusammenstellung Frau Möller, DBSV) Prof. Bernd Bertram

Höheres Risiko für weitere Gesundheitsprobleme Erhöhte Sturzgefahr mit typischen Folgeverletzungen Herz-Kreislauferkrankungen durch eingetretenen Mobilitätsverlust oder fehlende Möglichkeiten zu Sport- oder Bewegungsangeboten Fehlernährung durch den Verlust der Kompetenz zum selbstständigen Einkauf, der Zubereitung von Speisen und der adäquaten Nahrungsaufnahme Mittelbare oder unmittelbare psychische Erkrankungen, wie Schlafstörungen, Anpassungsstörungen, Depressionen bis hin zur Demenz Orthopädische Schäden durch visusbedingte Fehlhaltungen (Zusammenstellung Frau Möller, DBSV) Prof. Bernd Bertram

Sehminderung im Alter und allgemeine Gesundheit Risiko für Hüftfrakturen (Stürze): geringer innerhalb eines Jahres nach Kataraktoperation im Vergleich zu nicht operierten Katarakt-Patienten (Tseng et al., JAMA 308(2012): 493-501) höher bei trockener Makuladegeneration (AMD) im fortgeschrittenen Stadium (geographische Atrophie) als bei Patienten ohne AMD (Anastasopoulos et al., Am J. Ophthalmol. 142(2006): 1081-3)

Ophthalmologische Grundrehabilitation: Sehverlust Zentrales Sehen (Visus) Gesichtsfeld Doppelsehen, Motilitätseinschränkungen Andere Sehqualitäten (Kontrast, Farbe, Blendung …) Probleme der Sehverarbeitung im Gehirn Dauerhaft, intermittierend, passager Gleichbleibend, progredient, schwankend Prof. Bernd Bertram

Ophthalmologische Grundrehabilitation: Sehverlust Für wen soll die Grundrehabilitation sein? Patienten mit „bestkorrigierten“ Visus unterhalb einer gewissen Grenze und/oder vergleichbarem Gesichtsfeldausfall Prof. Bernd Bertram

ICD 10 GM: H54.- Blindheit und Sehbeeinträchtigung Stufen Sehschärfe mit bestmöglicher Korrektur (in Ferne) gleich oder geringer als: höher als: 0 - leichte oder keine Sehbeeinträchtigung 6/18, 3/10 (0,3), 20/70 1 - mittelschwere Sehbeeinträchtigung 6/60, 1/10 (0,1), 20/200 2 - schwere Sehbeeinträchtigung 3/60, 1/20 (0,05), 20/400 3 - hochgradige Sehbehinderung 1/60 (Fingerzählen bei 1 m), 1/50 (0,02), 5/300 (20/1200) 4 - Blindheit Lichtwahrnehmung 5 - Blindheit keine Lichtwahrnehmung Prof. Bernd Bertram

Definitionen von Blindheit und Sehbehinderung (aus DOG-Weißbuch 2008) Prof. Bernd Bertram

Ophthalmologische Grundrehabilitation: Sehverlust Für wen soll die Grundrehabilitation sein? Patienten mit „bestkorrigierten“ Visus unterhalb einer gewissen Grenze und/oder vergleichbarem Gesichtsfeldausfall (0,1?) Sehverlust muss dauerhaft (oder für lange Zeit) sein. Sehverlust soll „stabil“ sein oder langsam fortschreitend. Prof. Bernd Bertram

Wen betrifft der „schwere“ Sehverlust? Wesentlich sind die Daten zur Incidenz (nicht Prävalenz). In Deutschland nur Zahlen zu Visus ≤ 0,05; neuere Incidenz-Daten nur für Visus ≤ 0,02 Prof. Bernd Bertram

Württemberg: Incidenz Jahre 2008 und 2009; ca. 3,5 Mio. Einwohner Eur J Epidemiol 2012

Württemberg: Incidenz 2008/2009 für Altersgruppen Incidenz Blindheit pro 100.000 Einwohner und Jahr

Württemberg: Incidenz pro Jahr Vergleich1994-1998 und 2008-2009 Abnahme von 12,3 (1994-1998) auf 7,3 (2008-2009) pro 100.000 Einwohner und Jahr

Deutschland: Incidenz 2008/2009 auf Basis der Württembergzahlen

AMD-Blindheit Dänemark: Incidenz (Bloch et al. AJO 2012) >50 Jahre, Visus <=0,1, 37 pro 100.000 Einw. und Jahr

Incidenz pro 100.000 Einwohner und Jahr Visus ≤ 0,02 (Deutschland) Alle: 8,4 bis 59 J. 2,0, 60-79 J. 12,5, ab 80 J. 90,9 Visus ≤ 0,1 (Dänemark) Ab 50 Jahre: 37 -> 42 Mio. Deutsche ab 50 Jahre: 15.540 40 Mio. Deutsche bis 50 Jahre: 2.000 -> Grundreha Sehverlust ≤ 0,1: 17.540 pro Jahr Seite 16

Welche Krankheiten? Angeborene (Augen)krankheiten Augenkrankheiten bei Jugendlichen/jungen Erwachsenen Verletzungen Alterserkrankungen: AMD, Glaukom, Diabetes, Durchblutungsstörungen Prof. Bernd Bertram

Grundreha bei Sehverlust Für Kinder/Jugendliche gute Versorgung Für Berufstätige meist auch Versorgung Für die restlichen vielen Betroffenen große Defizite Prof. Bernd Bertram

Was gibt es bisher für Erwachsene? Versorgung mit Brillen und vergrößernden Sehhilfen oft eine Vielfalt vorhanden aber Einweisung oder Nachschulung fehlt, nicht an Bedürfnissen orientiert (im Laden) bessere Beleuchtung wäre nötig, Gestaltung der Wohnung Wichtiger wäre z.T. großer Fernseher, Tablet Prof. Bernd Bertram

Was gibt es bisher für Erwachsene? Versorgung mit Brillen und vergrößernden Sehhilfen Mobilitätstraining: nur bei Visus <=0,05 Nur bei Erstverordnung Blindenlangstock Berufsförderungswerke, Integrationsfachdienste LPF: Finanzierung ungeklärt Prof. Bernd Bertram

Prof. Bernd Bertram