Aktuelle Aspekte des Europäischen Zivilprozessrechts

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Aktuelle Aspekte des Europäischen Zivilprozessrechts Bukarest Juni 2010

Inhaltsverzeichnis Einleitung Durchsetzung der Ansprüche Wo soll geklagt werden? 3.1. Klage im In- oder Ausland? 3.2. Einholung einer sog. „legal opinion“ 3.3. Was ist mit den Kosten? 3.4. Prozessführung im Ausland 3.5. Ist die im Vertrag vorhandene Gerichtsstandsvereinbarung wirksam?

3.6. Folgen für das Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren 3.7. Fehlen einer Gerichtsstandsver- einbarung und nach Erfüllungsort Europäische Zustellungsverordnung in Zivil- und Handelssachen (Nr. 1348/2000(EG) Europäische Beweisaufnahmeverordnung (Nr. 1206/2001/EG) 6. Europäisches Mahnverfahren/Bagatellverfahren

7. Verordnung zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen (Nr. 805/2004/EG) Was muss man beachten, wenn man ein ausländisches Urteil vollstrecken will? Diskussion

Einleitung: Europäischer Binnenmarkt steht für freien Verkehr von Personen-, Waren-, Dienstleistungen und Kapitalströmen, ohne Behinderung durch Staatsgrenzen (Art. 14 II EG) Voraussetzung hierfür sind justizielle Infrastrukturen für eine schnelle und effiziente Durchsetzung von Rechten

Hindernis für eine effektive Rechtsdurch- Hindernis für eine effektive Rechtsdurch- setzung sind die unterschiedlichen und (oft) unbekannten Zivilverfahrensrechte der Mit- gliedstaaten und Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren (kostenintensiv) seit Gründung der Europäischen Wirtschafts- gemeinschaft (1958) stand die Koordinierung der grenzüberschreitenden Prozessrechte auf der Rechtssetzungsagenda der EG- Kommissionen (Art. 220 EWGV)

Europäisches Gerichtsstands- und Vollstrek- kungsübereinkommen vom 27.09.1968 (EuGVÜ) Wettbewerbsverzerrungen führten u.a. zum Amsterdamer Vertrag (1998) eigenständiger Politikbereich der Gemein- schaft (ersetzte die frühere zwischenstaat- liche Kooperation)

seit 1999 Entwicklung einer eigenständi- seit 1999 Entwicklung einer eigenständi- gen, europäischen Justizpolitik des Gemein- schaftsgesetzgebers Fülle von Rechtsakten Harmonisierungskonzepte des Gemein-schaftsrechts wurden auf das Zivilver-fahrensrecht übertragen (Schlagwörter: wechselseitiges Vertrauen in die Gleich-wertigkeit der Justizsysteme, gegenseitige Anerkennung von Verfahrensakten) eigenständige Verfahren (z.B. Bagatell- verordnung (Erkenntnisverfahren)

Diese Entwicklung bewirkt eine deutliche Diese Entwicklung bewirkt eine deutliche Abkopplung des europäischen, grenzüber- schreitenden Zivilprozessrechts vom her- kömmlichen internationalen Verfahrensrechts und führt zu einer „Dreiteilung“ des Zivilverfahrens- rechts in Normen für „innerstaatliche Prozesse“ Regelungen für grenzüberschreitende Verfah- ren im Binnenmarkt und Europäischen Justiz- raum

grenzüberschreitende Verfahren mit und zwischen Drittstaaten

Durchsetzung der Ansprüche Zur Durchsetzung von Ansprüchen drei Rechts- quellen autonomes Recht Europäisches Gemeinschaftsrecht Staatsvertragsrecht Rangfragen: Vorrang von Europäischen Rechtsakten und Staatsverträgen

Das anwendbare Recht: - mit der Inanspruchnahme einer bestimmten nationalen Gerichtsbarkeit auch Anwendung des Verfahrensrechts dieser Gerichtsbarkeit („lex-fori-Prinzip“) - Ausnahmen – z.B. Verjährung

3. Wo soll geklagt werden? „Heimwärtsstreben“, wenn ein inländischer Gerichtsstand gegeben ist, obwohl ein Verfahren im Ausland u.U. günstiger ist.

3.1 Klage im In- oder Ausland? - Sorgfältige Prüfung, ob Klage im In- oder Aus- land, es sei denn, ausschließliche interna- tionale Zuständigkeit (bei im Inland belegenen Grundstücken – s. Art. 22 EuGVO) - Notwendig ist somit eine Gegenüberstellung der mit den beiden möglichen Verfahren im In- und Ausland verbundenen Vorteile und Risiken - Erst danach Entscheidung, welcher Weg der sinnvollere ist

3.2. Einholung einer sog. „legal opinion“ Da ausländisches Recht viele Fragen auf- wirft, empfiehlt es sich, vor Klageerhe- bung eine sog. „legal opinion“ über die für den ausländischen Prozess relevanten Fragen, wie z.B. Zuständigkeit, Beweis- regeln etc. (s. EuBeweisVO) von einem kompetenten Anwalt oder sonstigen Juristen einzuholen.

3.3. Was ist mit den Kosten? - Kostenschätzung der Gerichts- und Anwaltskosten unbedingt erforderlich vor Klageerhebung - Viele Rechtsordnungen kennen nicht die Abrechnung auf Streitwertbasis - Vielfach keine Kostenerstattung durch die unterliegende Partei im Falle des Obsiegens - Honorarvereinbarungen (Stundenbasis, Pauschalhonorar, Erfolgshonorar)

3.4. Prozessführung im Ausland als Beklagter - drohende Prozessführung im Ausland - vorherige Klage im Inland (?) - Klageerhebung im Ausland - Widerklage/Aufrechnung(?) - schwebendes Verfahren im Ausland - Einlassung

3.5. Ist die im Vertrag vorhandene Gerichtsstands- vereinbarung wirksam? Sich berufen auf die Gerichtsstandsverein- barung mit der Zuständigkeit der hei- mischen Gerichte? Wenn ja, ist die im Vertrag aufgeführte Gerichtsstandsvereinbarung zulässig und wirksam zustande gekommen?

- Das Zustandekommen der Gerichtsstands- vereinbarung richtet sich teilweise nach dem Vertragsstatut, teils nach dem Recht am Gerichtsort (freie Rechtswahl ist üblich). - Die Zulässigkeit und Wirkungen der inter- nationalen Gerichtsstandsvereinbarung bestimmen sich immer nach dem Recht am Gerichtsort (Prorogation und Derogation). - Gerichtsstandsvereinbarung in AGB

Gerichtsstandsvereinbarungen nach Europäischem Recht (EuGVO Nr. 44/2001, EuGVÜ und LuGÜ) - Prüfungsschema nach EuGVO: - Anwendungsbereich: - Eingreifen spezieller Staatsverträge? - Wenn nein, - räumliche Anwendung der EuGVO? - persönliche? - zeitliche? - sachliche? - Wenn EuGVO nicht anwendbar, autonome Regeln beachten!

Wenn Anwendungsbereich der EuGVO eröffnet, dann folgendes prüfen: - ausschließlicher Gerichtsstand, Art. 22? - wenn Art. 22 nicht, Art. 24 (rügelose Einlas- sung)? - falls nein, Art. 23 (Vereinbarung)? - wenn weder Art. 22 noch 24 noch 23, dann Art. 2, es sei denn, Vorrang von - Art. 5 bis 7, es sei denn, - Versicherungssache, Art. 8 ff oder - Verbrauchersache, Art. 15 ff oder - indiv. Arbeitsvertrag, Art. 18 ff

- Vorauss.Gerichtsstandsvereinbarung, Art. 23 EuGVO : - Willenseinigung (div. Meinungen) - volle Schriftform - halbe Schriftform - Gepflogenheiten - Handelsbräuche - AGB - EuGVÜ (Art. 17) - LuGÜ (Art. 17) - Wirksamkeit nach autonomen Recht

Gerichtsstand am Erfüllungsort, Art. 5 EuGVO (Art. 5 EuGVÜ/LugÜ): - Anspruch aus Vertrag? - maßgebliche Verpflichtung? - Bestimmung des Erfüllungsortes - nach EuGVO: - autonom bei Kaufvertrag - autonom bei Dienstleistung - ansonsten „lex causae“ - nach EuGVÜ (LugÜ): - “lex causae“

3.6. Folgen für das Anerkennungs- und Voll- streckungsverfahren - Anerkennungsfähigkeit der Entscheidung - Formulierung der Gerichtsstands- vereinbarung: - „Gerichtsstand ist Dresden. Der Kläger ist jedoch auch berechtigt, die Gerichte im allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten anzurufen.“

3.7 Fehlen einer Gerichtsstandsvereinbarung und Erfüllungsort nach Art. 5: - Art. 2 ff der EuGVO, EuGVÜ (z.B. für Aruba (NL)) und des LugÜ (z.B. Schweiz) - Klage am Wohn-/Gesellschafts- sitz (Art. 60 EuGVO)

- Was ist, wenn kein Staatsvertrag eingreift? - Anwendung der autonomen Regeln des jeweils gültigen Anwendung der autonomen Regeln des jeweils gültigen nationalen Rechts (Grundregel z. B. im deutschen Recht ist: „die örtliche Zuständigkeit indiziert die internationale Zuständigkeit“).

4. Verordnung über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen (Nr. 1348/2000/EG) geändert durch Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 vom 13.11.2007 erstreckt sich auf alle gerichtlichen und außer-gerichtlichen Schriftstücke in Zivil- und Handels-sachen von einem Mitgliedstaat in den anderen (Ausnahme Empfänger-Adresse unbekannt) förmliche Übermittlung im Wege des Rechtshilfe-verkehrs (einheitliche Formulare - Verbesserung der zwischenstaatlichen Übermittlungswege)

EuZuStVO Zustellungsverfahren richtet sich nach nationalen Rechtsvorschriften postalische Direktzustellung von der EuZuStVO ausgenommen, aber: in Deutschland zulässig per Einschreiben mit Rückschein Zustellungszeitpunkt (Art. 9 Abs. 1 EuZuStVO) – Recht des Empfangstaats anwendbar, aber bei einzuleit. oder anhängigen Verfahren mit Fristen Recht des Übermittlungsstaates maßgebend (Art. 9 Abs. II EuZuStVO) Bei Nichteinlassung auf Verfahren (Art. 19 – Schutz des Empfängers

EuZuStVO Annahmeverweigerung möglich (Art. 8 EuZuStVO), wenn nicht Amtssprache des Empfängerstaates bzw. nur in Amtssprache des Übermittlungsstaates und Empfänger nicht dieser Sprache mächtig ist (Unwirksamkeit der Zustellung) aber: Form- und Zustellungsmangel heilbar, (EuGH NJW 2006, 491) wenn Heilung noch möglich (System des doppelten Datums) keine Rangordnung zwischen den einzelnen Zustellungsmöglichkeiten EuZuStVO von Amts wegen zu berücksichtigen (Vorrang vor den Bestimmungen des Haager Zustellungsübereinkommens)

EuZuStVO Spracherfordernisse für Anlagen (Art. 8 EuZuStVO) keine Verweigerung der Annahme, wenn Anlagen lediglich Beweisfunktion und für das Verständnis von Gegenstand und Grund nicht unerlässlich sind; gilt nur, wenn Empfänger seine Rechte geltend machen kann (nationale Gerichte überprüfen, ob Beklagter seine Rechte geltend machen kann) Vereinbarung einer Sprache im Vertrag gibt nur Anhaltspunkte, ob der Empfänger Sprache im Übermittlungsstaat versteht (Umgangs-/Geschäftssprache), aber: wenn Vereinbarung der Sprache im Vertrag und Schriftverkehr (+Anlagen) keine Annahmeverweigerung

EuZuStVO Schweiz, Norwegen, Island – HZÜ bei Zustellungen in Deutschland - §§ 1069 ff ZPO, von Deutschland - § 1069 I ZPO i.V.m. § 166 ZPO

5. Europäische Beweisaufnahmeverordnung (Nr.1206/2001/EG) Voraussetzungen für die Anwendung der EuBeweisVO sind (Art. 1 EuBeweisVO): Es muss sich um ein Ersuchen um Beweisaufnahme handeln. Die Beweise müssen zur Verwendung in einem bereits eingeleiteten oder eröffneten gerichtlichen Verfahren bestimmt sein. Es muss eine Zivil- oder Handelssache vorliegen. Das Ersuchen muss von einem Gericht eines Mitgliedstaates gestellt werden. „Beweis“ nicht definiert – umfasst die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen, Anhörung der Parteien, Prüfung von Schriftstücken etc.

5. Europäische Beweisaufnahmeverordnung (Nr.1206/2001/EG) „Zivil- und Handelssache“ – s. EuGVVO (EuGH Slg 1976, 1541) „Gericht“ – alle Behörden der Mitgliedstaaten, die für Rechtssachen zuständig sind Vorrang vor bi- und multilateralen Übereinkommen, Abkommen oder sonstigen Staatsverträgen

EuBeweisVO Es gibt zwei Verfahren der Beweisaufnahme im Ausland nach der EuBeweisVO: Die Beweisaufnahme durch das ersuchte Gericht aufgrund eines von dem ersuchenden Gericht unmittelbar übermittelten Ersuchens. Die unmittelbare Beweisaufnahme durch das ersuchende Gericht. In beiden Fällen räumt die Verordnung die Möglichkeit ein, dass das Gericht, das nicht die Verantwortung für die Beweis-aufnahme trägt, gleichwohl daran teilnehmen kann (siehe Art. 12, 17 Abs. 4 EuBeweisVO). Das bedeutet, dass das Gericht, das zwar nicht für die Beweisaufnahme verantwortlich, aber daran beteiligt ist, einem Zeugen bei der Vernehmung Fragen stellen kann, sofern das für die Beweisaufnahme verantwortliche Gericht zustimmt.

EuBeweisVO Teilnahme des ersuchenden Gerichts möglich Ablehnung des Ersuchens auf unmittelbare Beweisaufnahme nur Die Zentralstelle oder die zuständige Behörde des ersuchten Mitgliedstaates kann die unmittelbare Beweisaufnahme nur ablehnen (Art. 17 V EuBeweis-VO), wenn das Ersuchen nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung (Art. 1 EuBeweisVO) fällt. wenn das Ersuchen nicht alle nach Art. 4 EuBeweisVO erforderlichen Angaben (Formblatt A) enthält.

EuBeweisVO wenn die beantragte unmittelbare Beweisaufnahme we-sentlichen Rechtsgrundsätzen ihres Mitgliedstaates zuwider läuft. Diese wesentlichen Rechtsgrundsätze werden in der Verordnung nicht definiert, sie sind deshalb nach dem nationalen Verfahrensrecht zu bestimmen. Die unmittelbare Beweisaufnahme ist nur statthaft, wenn sie auf freiwilliger Grundlage stattfindet (Art. 17 Abs. 2 EuBeweisVO), wenn also die Parteien und alle von der Beweisaufnahme direkt betroffenen Personen (z.B. Zeugen, Eigentümer des Augenscheinobjektes) einverstanden sind.

6. Europäisches Mahnverfahren (ab 12.12.2009) Das Europäische Mahnverfahren ersetzt das nationale Mahnverfahren: - einstufiges Verfahren ohne Beifügung von Beweismitteln im grenzüberschreit. Verkehr - bei Vorliegen der formalen Voraussetzungen und Anwendbarkeit des Verfahrens ist der sofortige Erlass des Europäischen Zahlungs- befehls vorgesehen.

Verfahrensablauf: - Beantragung des Europäischen Zahlungsbefehls auf Formular, Art. 7 VO - Prüfung durch Gericht, Art. 8-10 VO - Möglichkeit des Widerspruchs innerhalb von 30 Tagen - nach Widerspruch Überleitung des Ver- fahrens in den ordentlichen Zivilprozess.

Prüfungsschema der EuMahnVO:   Anwendungsbereich grenzüberschreitender Sachverhalt, Art. 3 EuMahnVO sachlicher Anwendungsbereich, Art. 2 EuMahnVO – Ausnahmen, Art. 2 Abs. 2d EuMahnVO; 2. internationale Zuständigkeit (Art. 6 Abs.1 EuMahnVO, Art. 2 - 25 EuGVVO); 3. Verfahren örtliche Zuständigkeit und Verbraucherschutz (Art. 6 EuMahnVO) Antragstellung Zulässigkeit und Begründetheit (Art. 8 EuMahnVO – Erlass oder Zurückweisung)

Zustellung (Art. 12 Abs. 5 EuMahnVO) Vollstreckbarkeit (Art. 18 Abs. 2 EuMahnVO i.V.m. nationalem Vollstreckungsrecht) Widerspruch (Art. 16 EuMahnVO). 4. Vollstreckung - autonome Regeln.

Bagatellverfahren Prüfungsschema der EU BagatellVO:   Anwendungsbereich (Art. 2 EuBagatellVO – entspricht EuGVVO, EuGVTVO und der EuMahnVO) Zivil- und Handelssache grenzüberschreitendes Verfahren Forderungen bis zu einem Wert von 2.000 EUR 2. Internationale Zuständigkeit (nach Art. 2 bis 25 EuGVVO) 3. Verfahren (Art. 4 EuBagatellVO) formularmäßiges Verfahren (Art. 5 EuBagatellVO) Sprachenregelung (Art. 6 EuBagatellVO) innerhalb von 30 Tagen nach der Antwort des Schuldners (Art. 7 EuBagatellVO):

entweder Urteil oder Anforderung weiterer Unterlagen oder Anberaumung einer Anhörung Danach: Entscheidung nach Lage der Akten oder Beweiserhebung (auch per Telefon oder Videokonferenz) 4. Zustellung auf dem Postwege (Art. 13 EuBagatellVO) 5. Kostentragung der unterliegenden Partei (Art. 16 BagatellVO), es sei denn Kosten nicht erforderlich oder außer Verhältnis 6. Rechtsmittel (Art. 17 EuBagatellVO) 7. Vollstreckung(Art. 20 ff. BagatellVO)

7. Verordnung zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen (Nr. 805/ 2004/EG) - ohne Kontrolle im Vollstreckungs- staat

8. Was muss man beachten, wenn man ein ausländisches Urteil vollstrecken will? - Zwangsvollstreckung im Ausland, wenn Vermögenswerte des Schuldners dort vor- handen sind - nur sinnvoll, wenn z.B. ein im Inland er- wirkter Titel im Ausland anerkannt und für vollstreckbar erklärt werden kann.

8.1. Allgemeines Gerichtsentscheidungen wirken nicht über die Grenzen des Urteilsstaates hinaus, d.h. ausländische Urteile entfalten z.B. in Deutschland nur Wirkung, wenn sie an- kannt und - soweit eine Zwangsvoll- streckung erfolgen soll - für vollstreckbar erklärt worden sind.

Während die Anerkennung einer. ausländischen Entscheidung nach Während die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung nach Vorliegen der hierfür im Gesetz vorgesehenen Regeln meistens automatisch erfolgt, wird die Vollstreckbarkeit erst durch einen besonderen Hoheitsakt mit Hilfe der inländischen Gerichte erreicht.

8.2 Vorrang von Staatsverträgen Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile aus einem anderen Staat richtet sich weitgehend nach multilateralen und bilateralen Staatsverträgen oder europäischem Recht (Verdrängung der autonomen Regeln). - Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Zivilurteile aufgrund Europäischen Rechts (EuGVO).

- Voraussetzungen: - Zivil- oder Handelssache - internationale Zuständigkeit des Erstgerichts wird nicht geprüft (Ausnahmen, s. Art. 35 EuGVO) - rechtzeitige Zustellung der prozesseinleitenden Ladung oder Verfügung an den Beklagten - kein Verstoß gegen den ordre public - kein Widerspruch zu einer Entscheidung in der gleichen Sache

- Verfahren: - Anerkennung erfolgt formlos. - Vollstreckbarerklärung (Art. 38 ff. EuGVO) - gerichtliches Verfahren, Klausel- erteilung - sachliche Nachprüfung der Ent- scheidung ist unzulässig

- Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Zivilurteile nach den Staatsverträgen - EuGVÜ im Verhältnis zu z.B. Aruba und LugÜ im Verhältnis zu Island, Norwegen und der Schweiz - bilaterale Anerkennungs- und Voll- streckungsverträge

8.3 Die Anerkennung und Vollstreckung, wenn kein Staatsvertrag eingreift. Anerkennung und Vollstreckung auslän- discher Zivilurteile aufgrund autonomen Rechts z.B. in Deutschland: - Voraussetzungen: - Urteil eines staatlichen Gerichts - Urteil in einer Zivil- oder Handels- sache - Rechtskraft der Entscheidung

- Internationale Zuständigkeit des Erstgerichts - ordnungsmäßige und rechtzeitige Zustellung der prozesseinleitenden Ladung oder Verfügung - keine Urteilskollision - kein Übergehen inländischer Rechtshängigkeit - ordre public-Klausel - Verbürgung der Gegenseitigkeit

- Verfahren: - Anerkennung erfolgt formlos - Vollstreckbarerklärung erfolgt in einem ordentlichen Zivilprozeß - „revision au fond“ ist nicht zulässig

9. Diskussion

Kontakt Prof. Dr. Bernd Reinmüller Neue Mainzer Straße 28 60311 Frankfurt am Main Tel. 0049 (0) 971097 - 100 Fax 0049 (0) 971097 - 200 e-Mail: reinmueller@buse.de http://www.buse.de; www.buseinternational.com

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