Von der Notwendigkeit einer konkreten sozialökologischen Utopie

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 Präsentation transkript:

Von der Notwendigkeit einer konkreten sozialökologischen Utopie Welt im Umbruch – Perspektiven für europäische Friedenspolitik 34. Sommerakademie Schlaining ao.Univ.Prof. Dr. Andreas Novy (Institute for Multi-Level Governance and Development)

Warum brauchen wir eine konkrete Utopie? Abwehrkämpfe ermüden: gegen Trump, Erdogan & Orban, gegen TTIP, die dritte Landepiste und Braunkohle … Nur eines ist heute fix: es wird nicht so bleiben wie es ist => Wandel ist das einzig Sichere Was gibt Orientierung für Experimente (Reformen) und wie können wir wissen, dass die Richtung stimmt, wenn wir Neues wagen?

Gutes Leben für alle Kongress, Februar 2017, Wirtschaftsuniversität Wien http://www.guteslebenfueralle.org/de/

5 Thesen zum Gutes Leben für alle Kongress, Februar 2017, WU These 1: Gesellschaften brauchen Utopien, die Orientierung geben und Potentiale nutzen These 2: Gutes Leben für alle ist die konkrete Utopie einer Zivilisation, die nicht auf Kosten anderer lebt These 3: Freiheit für alle braucht Grenzen, die demokratisch verhandelt werden These 4: Selektive wirtschaftliche Regionalisierung ermöglicht Eigenständigkeit und Weltoffenheit These 5: Auf dem Weg zum guten Leben für alle braucht es erweiterte Handlungsspielräume „von unten“ Quelle: http://www.guteslebenfueralle.org/de/

These 1: Gesellschaften brauchen Utopien, die Orientierung geben und Potentiale nutzen In den gegenwärtigen Zeiten grundlegender Veränderung, den Angriffen auf zivilisatorische Errungenschaften wie Rechtsstaat oder Menschen- und BürgerInnenrechte und zunehmender Unsicherheit braucht es mehr als nur jeweils das Schlimmste zu verhindern. Für emanzipatorische Entwicklungen braucht es positive Erzählungen, die Hoffnung geben und den Möglichkeitssinn stärken. Ein Blick in die Geschichte lehrt uns das: Menschenrechte, Frauenrechte, die Abschaffung der Sklaverei oder ArbeitnehmerInnenrechte und der Sozialstaat – am Anfang waren all diese Errungenschaften Utopien, die Orientierung gaben und Potenziale mobilisiert haben.

5. Zukunftsfähiges Wirtschaften: Wohlstand und Nachhaltigkeit Zukunftsfähig Wirtschaften – ein global verallgemeinerbarer Lebensstil (Menschliche Entwicklung innerhalb der planetarischen Grenzen) Global Footprint Network (2009). Data from Global Footprint Network National Footprint Accounts, 2009 Edition; UNDP Human Development Report, 2009 FOLIE 6

These 2: Gutes Leben für alle ist die konkrete Utopie einer Zivilisation, die nicht auf Kosten anderer lebt Das gute Leben für alle beschreibt eine Welt, in der das freie Zusammenleben friedlich und solidarisch organisiert wird. Es ist ein positiver Gegenentwurf, der Sinn stiftet und Phantasie anregt. Er stellt die Frage danach, wie Lebens- und Produktionsweisen zu verändern und zu gestalten sind, und zwar so – dass das eigene gute Leben nicht auf Kosten anderer erfolgt und Freiheit, Solidarität, Nachhaltigkeit und Demokratisierung für alle ermöglicht. Das gute Leben für alle ist ein Kompass, der konkrete Umsetzungsschritte ermöglicht und diese in den großen Horizont hin zu einer verallgemeinerbaren Lebens- und Produktionsweisen einbettet. Insofern ist die Utopie des guten Lebens für alle kein Wohlfühlkonzept, sondern eine Utopie, die zur Auseinandersetzung mit Widersprüche und Konflikten zwingt.

Eine konkrete Utopie – Gutes Leben für alle Eine verallgemeinerbare Lebensweise, die die positiven Errungenschaften der westlichen Emanzipationsgeschichte bewahrt: Vom liberalen 19. Jh: Individualismus und Nonkonformismus Vom sozialdemokratischen 20. Jh: Demokratie und soziale Sicherheit Eine konkrete Utopie im 21. Jh. muss über die bestehende westliche Lebensweise hinausgehen: Diversität Partizipation/partizipative Demokratie Nachhaltigkeit/Resilienz

Das offizielle Spielfeld: Globalisierer gegen Nationalisten Globalisierungselite KosmopolitInnen, ManagerInnen & globale Zivilgesellschaft Offene Grenzen (Migration und neoliberalen Freihandel) Marktgesellschaft mit Diversität & Chancengleichheit (und universellen Menschenrechte) Europäische Wertegemeinschaft Liberaler Multikulturalismus Nationalistische Masse Ethno-NationalistInnen, RechtspopulistInnen Festung Europa Illiberale Demokratie ohne Gewaltenteilung Selektive nationale soziale Rechte (Ablehnung universeller Menschenrechte) Gewaltbereitschaft gegen Assimilationsverweigerer

Das tatsächliche Spielfeld: Gutes Leben „für wenige“ oder „für alle“? Historische Erfahrung: Klassengesellschaft und Ungleichheit als Voraussetzung für kulturellen und wirtschaftliche Fortschritt => Zivilisation braucht Hierarchie (SklavInnen, Dienstboten) Ethno-Nationalismus: Wettbewerb mit politischen Mitteln (z.B. Staatsbürgerschaft) Neoliberaler Standortwettbewerb: Kapital- und Vermögenskonzentration für alle Beschränkung wirtschaftlicher und politischer Machtkonzentration => weniger globale Regeln, dafür mit klarer sozialökologischer und friedensschaffender Zielsetzung Änderung der neoliberalen europäischen Wirtschaftsverfassung hin zu einer gemischten Wirtschaftsordnung Erweiterung von Handlungsspielräumen „von unten“ => Dezentralisierung & Subsidiarität

These 3: Freiheit für alle braucht Grenzen, die demokratisch verhandelt werden Die aktuelle Hyperglobalisierung basiert auf entgrenzten Märkten, die die Möglichkeiten sozialökologischer Veränderung massiv einschränken. Die Utopie einer grenzenlosen Globalisierung, die zu Frieden und Entwicklung führt, erweist sich zunehmend als Illusion. Die Starken setzen ihren Willen mit und ohne Regeln durch. Doch Freiheit für alle ist ohne Grenzen, Regeln und Ordnung nicht möglich. Doch was, wo und wie begrenzt wird, muss demokratisch verhandelt werden. Das gilt insbesondere für Geld und Waren. Es gilt, Vor- und Nachteile grenzenlosen Handelns abzuwägen und demokratisch zu regeln.

These 4: Selektive wirtschaftliche Regionalisierung ermöglicht Es geht darum, Globalisierung zu erden. Es braucht Strategien der emanzipatorischen Regionalisierung, um Handlungsspielräume „von unten“ zurückzugewinnen. Dies erfordert demokratisch verhandelte Grenzziehungen, insbesondere für Finanzmärkte, ebenso wie eine Zivilisierung des Welthandels, die Sozial- und Umweltdumping verunmöglichen. Freihandel und Abschottung sind keine emanzipatorischen Ansätze, vielmehr braucht es Spielregeln und Rahmen, die ein sinnvolles Zusammenspiel von lokal und global ermöglichen und die Widersprüchlichkeiten zwischen lokal und global, Vielfalt vor Ort und globaler Zusammenarbeit im Interesse eines guten Lebens für alle ausbalancieren. Für ein gutes Leben für alle braucht es beides: Eigenständigkeit und Weltoffenheit, so etwas wie einen heimatverbundenen Kosmopolitismus.

These 5: Auf dem Weg zum guten Leben für alle braucht es erweiterte Handlungsspielräume „von unten“ Viele meinen, die großen globalen Themen – wie Klima, Armut, Menschenrechte und Weltwirtschaftsordnung – erfordern globale Handlungsstrategien. Ohne die Notwendigkeit von Global Governance zu leugnen, zeigen die aktuellen Entwicklungen (von Putin bis Trump), dass gegenwärtig globale Handlungsfelder schrumpfen. Doch globale Probleme sind vielschichtig und nicht nur global bearbeitbar. Auf allen räumlichen Ebenen gibt es Handlungsspielräume für Klima- und Sozialpolitik. Auf allen Ebenen können Menschen tätig werden, um Freiheit, Solidarität, Nachhaltigkeit und Demokratisierung zu befördern. Es geht um Erfahrungen, etwas verändern zu können, wirksam zu werden in der Gestaltung der Welt. Daher ist es sinnvoll und notwendig, Handlungsfähigkeit auszuweiten, wo immer diese vorhanden ist, regional, national und europäisch.