Krisen und Flucht - Rechte von Asylsuchenden in der EU und Deutschland, Theorie und Praxis Vortrag 11.06.2016 Jochen Schwarz / Lorita Facchini OASE.

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Krisen und Flucht - Rechte von Asylsuchenden in der EU und Deutschland, Theorie und Praxis Vortrag 11.06.2016 Jochen Schwarz / Lorita Facchini OASE BERLIN, Integrationsprojekte für Flüchtlinge und Migrant_innen 2016

Integrationslotsinnen und Integrationslotsen in Pankow Seit 2016 sind in Pankow acht Integrationslotsinnen und Integrationslotsen tätig (in Berlin fast 150) Aufgaben: Informationen im Vorfeld und im Laufe des Asylverfahrens und zur Härtefallkommission Unterstützung bei Beantragung von Leistungen nach AsylbLG Vermittlung zu fachspezifischen Beratungsstellen, Rechtsanwälten und Kriseninterventionsdiensten nach Bedarf Begleitung zu Ämtern und Behörden einschließlich Sprachmittlung Kooperation mit beteiligten Institutionen und Wohnheimen Info: http://www.oase-berlin.org/beratung/integrationslotsen

Zeitplan: Einstieg: Assotiationsspiel 1 Teil: Flüchtlingsrecht in Deutschland Vorstellung & Erwartungen der Teilnehmer Grundlegende Begriffe zum Flüchtlingsschutz Exkurs: Internationales Flüchtlingsrecht Kurz: Flüchtlingsrecht in Europa, die Dublin Regelung 2. Teil Einführung in das Aufenthaltsrecht, Leben mit Duldung & Aufenthaltsgestattung, Arbeits- und Sozialrecht 3. Teil : Was tun im konkreten Fall? Möglichkeiten konkreter Hilfe Anhörungsvorbereitung Interview: Infos und Tipps Kirchenasyl, Härtefallkommission, Petitionen Fälle & Muster Adressen, Netzwerke etc. Schluss: Feedback

Teil 1: Flüchtlings & Aufenthaltsrecht Grundlegende Definitionen und Begriffe des Flüchtlingsschutzes und des subsidiären Schutzes Das Konzept von „Non refoulement“ & die Definition von Verfolgung“ Mögliche Fluchtursachen und Routen Exkurs: Dublin Übersicht über die Aufenthaltstitel in Deutschland Tägliche Probleme von Asylbewerbern während des Asylverfahrens und mit einer Duldung

„Assoziationsspiel“ Liste von Wörtern und Begriffen der aktuellen Flüchtlingsdebatten Wie ist ihre spontane Assoziation ? Positiv / Negativ / Neutral

Grundlegende Begriffe und Definitionen des Flüchtlingsschutzes

Wer ist Migrant? Migration: jede Bewegung in einen Staat oder aus einem Staat heraus Unterscheide nach Migrationsgruppe: Binnenmigration in der EU / aus Drittstaaten Aussiedler mit Abstammung aus Deutschland Unterscheide nach Motivation / Zweck der Einreise Familiennachzug aus der EU / Drittstaaten Arbeit / Studium/ Ausbildung Medizinische Gründe Unterscheide: Freiwillige Migration / Erzwungene Migration: Flucht Unterscheide: „Illegale“ (irreguläre) Migration / Legale Migration (Visum/Aufenthaltserlaubnis) „Zirkuläre“ Migration (Pendelmigration) umstrittener politischer Begriff Migration: Zuwanderungsgesetz, 2005 zur “Begrenzung & Steuerung der Zuwanderung“, Paradigmenwechsel: Deutschland als Einwanderungsland auch wg. Demografischer Veränderungen Familiennachzug erschwert seit 2007: Sprachkenntnisse Deutsch B1 erforderlich vor Visumserteilung, nur bei Goetheinstitut abzulegen, In der Praxis oft sehr schwierig und teuer

Wer ist Flüchtling? Nach Genfer Flüchtlingskonvention (GFK, 1951) und Qualifikationsrichtlinie EU (2011) „Flüchtlinge sind Personen, die sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer „Rasse“, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung außerhalb des Landes befinden, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, oder „die sich als Staatenlose aus der begründeten Furcht vor solchen Ereignissen außerhalb ihres Heimatlandes befinden.“ GFK als Standardregelung für Flüchtlingsdefinition, übernommen in viele eur. und int. Gesetze, so z.B: § 60 Abs. 1 Aufenth.G oder QualifikationsRL von 2004: Definition Flüchtlingseigenschaft EU Q- RL Flüchtlingsschutz

Idee des Flüchtlingsschutzes „Asyl“ Begriff stammt aus dem Griechischen: („Asylos“)  „ Freistätte und Zufluchtsort für Verfolgte“ z.B.: Zuflucht in Tempel, heiliger Stätte als geschütztem,vor Verfolgung sicherem Ort schon früher, zu Zeiten vor a. D. und in der Frühzeit gab es das Prinzip des Asyls als einem geschützten Ort sowohl für schuldlos Verfolgte als auch für Menschen, die Verbrechen begangen haben.

Welche Fluchtursachen werden hier gezeigt? Film: Welche Ursachen werden aufgezeigt? Monitor Fluchtursachen Bekämpfen (Monitor, ARD, Nov 2015, 8 Min)

Mögliche Fluchtursachen Die Gründe, sein Heimatland zu verlassen und Asyl in einem Aufnahmestaat zu suchen sind vielfältig, hier einige Beispiele aus der Beratungspraxis: Armut Krieg Vertreibung Flucht vor einer Umweltkatastrophe (so z.B. Fukushima) Koloniales Erbe Rassismus und Diskriminierung Krankheit, medizinische Gründe Repression (Staat, nichtstaatliche Akteure) Menschenrechtsverletzungen, Folter Gewalt persönliche, familiäre oder religiöse Gründe Sonstige humanitäre Gründe Verschuldung, wirtschaftliche Gründe, fehlende Perspektive Oft: auch Konklomerat aus verschiedenen Gründen

Mögliche Ursachen II Waffenexporte > Deutschland Platz 4 Weltweit (2015) Kontrolle der Weitergabe der Waffen schwierig Mangelhafte Versorgung in den Flüchtlingslager in Jordanien, Libanon und and Irak beispielsweise Kürzung der Entwicklungshilfe in der EU: Vereinbarte 0,7 % Quote wird nicht erreicht Landgrabbing Fischereiquoten EU / Africa Sog: Pull Faktoren („Brain drain“?) „Fehlanreize“ Deutschland/Schweden? > die meisten Flüchtlinge wollen nur Sicherheit

Beispiel: Syrien Bis zum Februar 2016 sind 4,6 Millionen Syrer_innen aus Syrien geflohen. In Syrien leben weitere 6,6 Millionen Binnenvertriebene 13,5 Millionen Syrer_innen auf Humanitäre Hilfe angewiesen 250.000 Syrer_innen sind bereits im Syrienkonflikt umgekommen 1 Million Menschen wurden verletzt Die Quote der Kinder, die eine Schule besuchen, ist seit Beginn des Krieges um 50 Prozent gesunken.

Nachbarländer: Libanon, Jordanien Irak und Türkei Die Nachbarländer Syriens nehmen weltweit die meisten syrischen Flüchtlinge auf. Jordanien 640.000 (10% gemessen an der Einwohnerzahl) im Libanon 1,1 Million (25 %), im Irak 246.000 in der Türkei 2,7 Millionen syrische Geflüchtete. 10 Prozent der Geflüchteten in der Region lebt in Flüchtlingscamps. Ein Drittel ist in notdürftigen Behausungen (Garagen, überfüllter Wohnraum, provisorische Siedlungen) untergekommen. 2.4 Millionen benötigen Nahrungsmittelhilfe. 600.000 Kinder besuchen keine Schule. Quelle: UNHCR

Internationale Gesetze zum Asylrecht (Auswahl) Grundlage des Flüchtlingsrechtes: Schutz der Menschenrechte     UNO Erklärung der Menschenrechte, 1948 Europäische Menschenrechtskonvention, 1950 Spezielle Gesetze      Anti-Folterkonvention, 1984      Genfer Flüchtlingskonvention, 1951 Kinderrechtskonvention, 1990 Gewohnheitsrecht, bi-nationale Verträge, Seerechte Gewohnheitsrecht und Völkerrechtliche Verträge: Türkei / Griechenland Deal (2016) - New Deal: Libyen (Italien Route) andere arabische und afrikanische Staaten (6/2016)

Deutsche Gesetze zum Asylrecht Grundgesetz 1949 Art 1: Menschenwürde Art 2: Freiheit vor körperlicher Verletzung und Freiheit der Person Art 3: Gleichbehandlungsgrundsatz Art 16 a: Asylrecht   Spezielle Gesetze : Asylverfahrensgesetz: Asylverfahren Aufenthaltsgesetz: Aufenthalt, Visum, Familiennachzug etc. Staatsangehörigkeitsgesetz: Einbürgerung Asylbewerberleistungsgesetz: Sozialleistungen Verordnungen / Verwaltungsvorschriften: Beschäftigungsverordnung: Arbeit, Ausbildung, Studium

Asyl in Deutschland Art. 16 a GG Politisch Verfolgte genießen Asylrecht, d.h. eine Verfolgung vor der Flucht in das Aufnahmeland indiziert, dass eine Wiederholungsgefahr der Verfolgung bei einer Rückkehr anzunehmen ist. > selten (~1%) wegen Drittstaatenregelung § 60 Aufenthaltsgesetz, Abs. 1-7 : Asylgründe, die erst nach der Flucht entstanden: Eine Rückkehrgefährdung liegt vor - z.B. durch exilpolitische Betätigung im Aufnahmestaat oder zwischenzeitlichen Regimewechsel im Heimatstaat (Beispiel: Irak, Afghanistan) > ~ sog. GFK Flüchtlinge: häufiger) § 3,4 AsylG, § 25 Abs.3-5 Aufenthaltsgesetz: Subsidiärer Schutz Widerruf der Asylanerkennung: Der gewährte Status kann zu jeder Zeit widerrufen werden (nach 3 Jahren gibt es eine Prüfung jedes individuellen Falles) Gründe für Widerruf: Änderung der Verhältnisse im Heimatland, Wechsel des politischen Systems etc.   Heute nahezu rechtliche Gleichstellung kleines / großes Asyl wegen GFK Flüchtlingsanerkennung

Subsidiärer Schutz EU Qualifikationsrichtlinie 2011 umgesetzt 2014 Subsidiärer Schutz Art 15 QRL, §§ 3,4 Asylgesetz, § 3 EMRK „Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt“ 1. die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, 2. Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder 3. eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Rechtsfolge: §25 Abs. 2 S1. 2 Alt. Internationaler subsidiärer Schutz (Bundesamt Prüfung) > Dublin Verfahren Differenziere: § 25 Abs. 3 (national subsidiär Schutzberechtigte) Wenn nationale Abschiebungsverbote §60 Abs. 5-7 AufenthG. vorliegen (Prüfung durch Ausländerbehörde) z.B. Reiseunfähigkeit, med. Behandlungsmöglichkeit Humanitäre Schutznorm: § 25 III bis V bleiben bestehen > Kein Dublin Verfahren! Komplizierte Materie,

Das Gebot des „Non refoulement“ und die Definition von „Verfolgung“

Das Non-refoulement Prinzip als Grundlage des Flüchtlingsschutzes Art. 33 der Genfer Flüchtlingskonvention enthält das Verbot, einen Flüchtling „auf irgendeine Weise über die Grenzen von Gebieten auszuweisen oder zurückzuweisen, in denen sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht sein würde“ Dieses völkerrechtlich geregelte Ausweisungs- und Zurückweisungsverbot wird international als Prinzip des non-refoulement bezeichnet. Ausschlussklausel: Auf die Vergünstigung dieser Vorschrift kann sich jedoch ein Flüchtling nicht berufen, der aus schwer wiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit des Landes anzusehen ist, in dem er sich befindet, oder der eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Staates bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder eines besonders schweren Vergehens rechtskräftig verurteilt wurde.

Begriff der politischen Verfolgung - Übersicht Wenn bei einer Rückkehr die hohe Wahrscheinlichkeit der Gefährdung von Leib, Leben oder Freiheit droht, z.B: Todesgefahr, Folter, ungerechtfertigte Haft Begründete Angst vor Verfolgung Individuelle Verfolgungsgründe: Religiöse, politische, geschlechtsspezifische Gründe, ethnische Zugehörigkeit Zugehörigkeit zu sozialer Gruppe, die verfolgt wird z.B: Minderheiten, Organisationen, Gruppen wie Journalisten, Feministen, Homosexuelle etc Verfolgungsakteur: Staat oder vom Staat unterstützte nichtstaatliche Akteure Wenn der Staat nicht in der Lage oder nicht gewillt ist, seine Bürger zu schützen (Bürgerkriegssituationen) Ausschluss: Nichtvorliegen einer sog. „inländischen Fluchtalternative“ im Herkunftsland Allgemeine Notsituationen wie Armut, Bürgerkriege, Naturkatastrophen oder Arbeitslosigkeit sind damit für sich alleine als Gründe für eine Asylgewährung ausgeschlossen. Nunmehr gerichtlich anerkannt: auch geschlechtsspezifische Verfolgung (z.B. Zwangsverheiratung, Zwangsbeschneidung bei Frauen) und nichtsstaatliche Verfolgung (z.B. durch paramilitärische Gruppen oder mafiöse Strukturen)

Verfolgung - Schutzbereich und subjektive Perspektive Schutzbereich der Verfolgung: Wenn eine große Wahrscheinlichkeit besteht, dass bei einer Rückkehr Leben, Leib oder die Freiheit bedroht ist oder die Gefahr einer ungerechtfertigter Inhaftierung droht Subjektive Sicht: Begründete Angst vor Verfolgung Subjektiv - objektive Sichtweise: Wenn jemand in der Lage des Flüchtlings vernünftige Gründe hätte, eine Verfolgung zu befürchten Glaubhaftmachung (Beweise können oft nicht erbracht werden)

Massive Diskriminierung als Verfolgung? Wichtig: wenn dauerhafte, massive, sich wiederholende Diskriminierung wie „Nadelstiche“ vorliegen die Existenzbedrohend sich auswirken kann dies Verfolgungsqualität annehmen (herrschende Rechtsprechung und Literatur) > Diskriminierung bei Zugang zu Sozialeistungen, Arbeit, Bildung, Öffentliches Leben, Gerichtsverfahren, Gesundheitsversorgung etc. Insofern: Asylantrag ist nicht per se aussichtslos, so wie dies de Maziére bei Besuch im Kosovo 2015 sagte Insbesondere: Minderheiten aus Westbalkan z.B. Sinti und Roma Vgl: Frankreich und Schweiz bis zu 7% Anerkennungsquote für Roma aus Serbien Exkurs wenn gewünscht zum Antiziganismus und zu sichere Herkunftsstaatendiskussion

Begriff der politischen Verfolgung: Bürgerkriegs-/Kontingentsflüchtlinge Allgemeine Notsituationen wie Armut, Arbeitslosigkeit, Naturkatastrophen oder auch bürgerkriegsähnliche Zustände im Heimatland sind für sich alleine als Gründe für eine Asylgewährung ausgeschlossen (Es liegt keine individuelle Verfolgung vor) Bei Bürgerkriegen kann jedoch durch die Landesregierung eine vorrübergehende Schutzregelung getroffen und eine Aufnahme von Flüchtlingen in einem bestimmten Kontingent angeordnet werden. (§ 23 AufenthG. Bsp.: Jugoslawien & Kosovo Krieg, Irak, jetzt Syrien)

Resettlement / Relocation Ein Resettlement erlaubt eine Aufnahme einer Gruppe von Flüchtlingen aus einer Krisenregion in einem Kontingent z.B. nach Deutschland, USA, der EU oder Kanada zu kommen Wird von den nationalen Regierungen beschlossen, § 23 AufenthG Beispiele: in der Vergangenheit und Gegenwart Irak / Kosovo/ Somalia, zurzeit Syrien Turkei / Griechenland „Deal“: Resettlement (2016), in Planung: Lybien ? Kritik: Relativ kleine Quoten (um die 20.000 Syrer in Deutschland bis 2015) Politische und religiöse Kriterien? („Christen aus dem Irak“) Bsp: Edward Snowden - warum kein Resettlement ? Relocation: Flüchtlinge werden innerhalb der EU verteilt z.B. 160.000 Flüchtlinge von Griechenland in andere EU Staaten 2015 Kritik: Aber: nur einige 100 Flüchtlinge sind bislang verteilt worden, Verwaltungsaufwand ist enorm - „Verschiebebahnhof EU“

Film: ARD Mittagsmagazin, 2015 Der Weg eines Neuankömmlings (2 min)

Schritte des Asylverfahrens Persönliche Antragstellung ZAA / LaGeSo (oder auch jede Polizeistelle) Aufnahme des Asylantrages Verteilentscheidung über Onlineverfahren Easy Vorsprache zur erkennungsdienstlichen Behandlung Erste Befragung zum Reiseweg („Dublin“) Ausstellung der Aufenthaltsgestattung Röntgenuntersuchung (Tbc) Anhörung zu den Fluchtgründen bei der Außenstelle vom BAMF Warten auf die Entscheidung

ZAA/ LaGeSo in Berlin Hauptadresse: Turmstr. 21, Haus A, 10559 Berlin (U 9 Turmstr.) Sprechzeiten : Montag bis Donnertag von 09.00 bis 12.30 sowie 13.00-15.00 Uhrs sowie Freitag von 09.00 bis 13.00 Uhr > Leistungen Weitere Adresse: Bundesallee 171, 10715 Berlin Tel: 030 90229-0 Hier gibt es nur zentral gesteuerte Sammeltermine; ohne Termin wird niemand registriert! Wenn die Registrierung in dieser Erstaufnahmestelle stattgefunden hat, wird der Asylantrag (i.d.R. noch am gleichen Tag) dort gestellt > Registrierungen (auch Rückkehrberatung) Zukünftig: LaGeSo völlige Neuumbau: ab Mai 2016: ICC - Gesundheitsversorgung, Ab August: Landesamt für Flüchtlingsfragen (LAF), Darwinstrasse Hotline: (Konflikt -/ Härtefälle….) 030 90229 - 4444

Asylentscheidung des Bundesamtes Anerkennung Asylberechtigung nach Art. 16 a GG oder § 25 Abs.1, 2, 3, § 60 AufenthaltsG in Form von unbeschränktem Aufenthaltserlaubnis Arbeitserlaubnis, volle Sozialrechte Familiennachzug (mit Ausnahme von subsidiär Schutzberechtigten ab März 2016) Ablehnung als „unzulässig“ - wegen Dublin III §27 AsylG als „unbeachtlich“ - Einreise über sicheren nicht EU- Drittstaat §29 AsylG als „offensichtlich unbegründet“ - z.B. im Falle „sicheren Herkunftsstaaten“ ansonsten: als „einfach“ unbegründet:

Rechtsschutz gegen Ablehnung Ablehnung als unbeachtlich/unzulässig („Dublin Bescheid“) - eine Woche Klagefrist gegen mögliche Überstellung „in EU Staat“ Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ - eine Woche Klagefrist + Eilantrag 80 V VwGO (Klage hat keine aufschiebende Wirkung) Ablehnung als „einfach unbegründet“ - zwei Wochen Klagefrist mit aufschiebender Wirkung bei weiterer Ablehnung: Beschwerde vor Oberverwaltungsgericht oder Asylfolgeantrag Die Fristen laufen ab Zustellung des Bescheides (Datum auf Umschlag). Innerhalb dieser Frist muss die formelle Klage eingereicht werden. Die ausführliche Begründung muss innerhalb 4 Wochen erfolgen. Sonderfall: Klage gegen Anerkennung des subsidiären Schutzes (Familiennachzug) > bei erneuter Ablehnung: nur noch Verfassungsbeschwerde vor Bundesverfassungsgericht oder am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte möglich

Abschiebung und Abschiebehaft Beendigung eines „unrechtmäßigen Aufenthalts“ (kein Pass, kein Visum etc.) Neu 2016 : Keine vorherige Androhung mehr erforderlich – in der Praxis : Polizei steht vor Tür Abschiebungsverbot Minderjähriger Abschiebeshaft dient der Durchsetzung und Sicherung der Abschiebung bei begründetem Verdacht, dass sich die Person der Abschiebung entziehen will Haft ist Verwaltungsmaßnahme und keine Strafe wegen einer Straftat Sog. Vorbereitungshaft - zur Vorbereitung der Ausweisung, höchstens 6 Wochen Sog. Sicherungshaft - bei begründetem Verdacht, die Person wolle sich der Abschiebung entziehen. Dauer: 3 Monate, Verlängerung auf 6 Monate bei unterlassener Mitwirkungspflicht bis längstens 12 Monate derzeit häufig angeordnet: Haft bei Dublin Fällen neues Gesetz zum Aufenthaltsrecht 11/ 2015 : Haft könnte in allen Fällen der irregulären Einreise angeordnet werden!

Asylrechtsentwicklung in der BRD und Europa Regelungen des so genannter „Asylkompromisses“ 1993, rechtsstaatlich sehr problematisch und umstritten nunmehr in Europa weitgehend durchgesetzt   Drittstaatenregelung Bei Einreise über einen sicheren Drittstaat wird der Asylantrag im automatisierten Verfahren abgelehnt, Deutschland ist von als sicher geltenden Drittstaaten umgeben Herkunftsstaatenregelung Bei Einreise aus einem als sicher geltenden Herkunftsland wird der Antrag abgelehnt, es gibt eine Liste als sicher geltender Herkunftsstaaten Flughafenverfahren Beschleunigtes und vereinfachtes Asylverfahren bei Einreise über sicherem Drittstaat oder aus sicherem Herkunftsstaat Faktische Konsequenz: Einreise nach Deutschland nur mit Flugzeug möglich oder Illegal über Landweg

Was ist ein „sicherer Drittstaat/ sicherer Herkunftsstaat“? „Sichere“ Drittstaaten Diese sind alle EU-Mitgliedstaaten, einschließlich Norwegen und die Schweiz. Die Eigenschaft „sicherer Staat“ ist für solche Länder gesetzlich festgelegt und kann nicht widerlegt werden. Wenn sie aus diesen Staaten kommen, werden Sie keinen Schutz bekommen. Sind Sie über einen dieser Staaten nach Deutschland gereist, dann wird höchstwahrscheinlich ein Dublin - Verfahren eingeleitet.

Was ist ein sicherer Herkunftsstaat“? „Sichere“ Herkunftsländer Asylpaket I und II: November 2015 / Februar 2016 Erweiterung der Liste „sicherer Herkunftsländer“ Kosovo, Serbien, Bosnien, Albanien, Mazedonien und Montenegro (seit Nov. 2015) Marokko, Algerien und Tunesien (ab Juni 2016 > noch nicht Gesetz: Bundesrat! ) Zuvor: Ghana, Senegal, alle Staaten der Europäischen Union Für Asylsuchende aus solchen Ländern wird gesetzlich „vermutet“, dass Ihre Herkunftsländer „sicher“ sind, d.h. die Voraussetzungen einer Asylberechtigung nicht vorliegen. Im Asylverfahren muss dann der Asylsuchende in besonderer Maße darlegen, dass ihm im Herkunftsland individuelle Verfolgung droht. Klagen gegen Bescheide des Bundesamts können Sie beim Verwaltungsgericht einreichen. Zu den Kriterien der Bestimmung von sicheren Herkunftsstatten: http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32013L0032 Art 36 / 37 Zu Marokko: https://www.ekd.de/download/2016-2-2-Gemeinsame_Stellungnahme_der_Kirchen.pdf

Verordnung Dublin Ziel: Vermeidung von so genanntem „Asylumshopping“, dem „Herauspicken“ des gewünschten Asyllandes Verfahren: zuständig ist der erste Staat, den man in der EU erreicht hat, die Möglichkeit hatte, Asyl zu beantragen oder für den man ein Visum hat Asylbewerber werden in innerhalb von 6 Monten in diesen Staat „Zurücküberstellt“ Ausnahmen: Der Staat kann Ausnahmen aus familiären Gründen (Art. 7 Dublin II), humanitären Gründen (Art 15 ) zulassen und sich selbst als zuständig erklären („Selbsteintrittrsrecht“) Verordnung seit 2003, löste das Dubliner Übereinkommen von 1997 ab (Dublin I)

„Erosion von Dublin“? Gerichte schieben aus Deutschland nicht zurück nach: Griechenland seit 2010 (die aktuell gerade völlig überfordert und alleingelassen mit Ankunft von Flüchtlingen aus Syrien auf gr. Inseln sind Italien: Familien mit minderjährigen Kindern werden nur überstellt wenn Versorgung der Familie sichergestellt ist Urteil: Tarakhel / VG Schwerin : Ausweitung auch auf alleinstehende Erwachsene Ungarn / Bulgarien Bsp. Syrien > Türkei > Bulgarien: regelässig Inhaftierung, Misshandlungen und massive Menschenrechtsverletzungen, Korruption auf Kosten der Flüchtlinge (siehe Dokumentation Pro Asyl) > „systemische Mängel“ im EU Land im Asylverfahren? (oder „Einzelfälle“)

2.1. Italienabschiebungen Tarakhel 17.9.2014: Vier Beschlüsse des BVerfG zu Familien mit Kleinkindern aus Italien • Eine in Italien anerkannte Familie, drei Dublin-Familien • „Jedenfalls bei der Abschiebung von Familien mit Neugeborenen und Kleinstkindern bis zum Alter von drei Jahren hat das BAMF in Abstimmung mit den Behörden des Zielstaats sicherzustellen, dass die Familie bei der Übergabe an diese eine gesicherte Unterkunft erhält, um erhebliche konkrete Gesundheitsgefahren für diese in besonderem Maße auf ihre Eltern angewiesenen Kinder auszuschließen.“

Folgeantrag / Zweitantrag Folgeantrag nur: mit neuer Begründung (ausführlich schriftlich) oder bei veränderter Sachlage (§ 71 AsylG /§ 51 VwVfG) bei erneuter Ablehnung: nur noch Verfassungsbeschwerde vor Bundesverfassungsgericht oder am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte möglich Beweislastumkehr für Folgeantrag durch sichere Herkunftsstaatenregelung 2014 / 2015 /2016 (Bosnien, Serbien, Mazedonien und anderen) Zweitantrag: Schon vorheriger Antrag in anderem EU Staat gestellt, erneuter Antrag wird zumeist abgelehnt als unzulässig (es sei denn neue Gründe s.o.)

Familienzusammenführung für Flüchtlinge Während des Asylverfahrens gibt es kein Recht auf Familiennachzug (Ausnahme Dublin Regelung : Grundsatz der Familieneinheit) Erst nach Anerkennung als Flüchtling: §29 AufenthG Nur Kernfamilie: Partner / minderjährige Kinder Wichtig: Antrag innerhalb von 3 Monaten nach der Anerkennung stellen! Alle anderen Familienmitglieder: hohe finanzielle Hürden der Verpflichtungserklärung, Krankenversucherung, Unterhaltskosten Probleme: Wartezeiten in Botschaften der Anrainerstaaten um Visumsantrag zu stellen (Türkei /Libanon) Infos und Beratung : BBZ, Turmstrasse 72 - Projekt für Syrische Flüchtlinge (Beratungs und Begegnungszentrum für junge Flüchtlinge) http://www.bbzberlin.de/projekte/syrien.html Video: Syrien Neu 2016: Aussetzung des Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte für 2 Jahre (Asylpaket II)

2.Teil: Aufenthaltsrecht Übersicht über die Aufenthaltstitel in Deutschland

Aufenthaltstitel Aufenthaltserlaubnis (Zweckgebunden) Visum (Schengen/nationales Visum: Zweck Familiennachzug /Heirat/ Arbeit/medizinisches Visum / Touristenvisum Blaue Karte EU (§19a) Niederlassungserlaubnis, § 9 Daueraufenthalt EG EU Bürger (Freizügigkeits-RL EU)

Aufenthaltserlaubnis Nach Zweck des Aufenthalts (Auswahl) Studium, Ausbildung, Sprachkurs, §16, 17 Arbeit nach Studium, § 16 IV AufenthG Arbeit, Selbständigkeit, §§ 18, 19, 21 AufenthG. § 18a Hochqualifiziert - Beschäftigte § 20 Forschung

Kurzer Überblick: Aufenthaltsrechtlicher Status Keine Aufenthaltstitel im Sinne des Gesetzes sind: Papierlos / irregulär / abgelaufene Visa, Pässe etc. Grenzübertrittsbescheinigung (GÜB) „Bescheinigung“ nach der Schwangerenregelung Berlin Duldung / Aufenthaltsgestattung Fiktionsbescheinigung, § 81a (während der Prüfung eines Antrags, gilt immer zusammen mit dem nationalen Pass)

„Irreguläre“ in Deutschland „Irregulär“: alle Migranten, die ohne gültige Papiere nach Deutschland einreisen bzw. sich ohne gültige Papiere hier aufhalten (auch: „sans papier“, „Illegale“, „Illegalisierte“, „Papierlose“) sie müssen, wenn sie kontrolliert werden, mit einer sofortigen Abschiebung rechnen

Probleme von „Irregulären“ Lohn für tatsächlich geleistete Arbeit wird nicht gewährleistet Unmöglichkeit, Rechtschutz zu erlangen Erhalt von Leistungen des staatlichen Gesundheits- und Sozialsystems stark eingeschränkt medizinische und psychologische Betreuung mangelhaft Besuch öffentlicher Schulen von Minderjährigen ohne Aufenthaltsstatus erschwert Angst vor Denunziation und Erpressung. Entdeckung der Illegalität kann Bestrafung, Abschiebehaft und / oder sofortige Abschiebung zur Folge haben. Schutz- und Rechtlosigkeit gegenüber Behörden, Arbeitgebern und Vermietern im Falle von Krankheiten, Unfällen oder Übergriffen Angst vor sozialen Kontakten, Gefahr der sozialen Isolation

Aufenthaltserlaubnis (sonstige humanitäre Gründe), Bleiberecht Härtefallgründe § 23a >Einzelfall Bleiberecht § 23 >Anordnung durch Innenminister § 25 a > Bleiberecht für „gut integrierte“ Jugendliche (zw. 16-21J.), Ausbildung, 6 Jahre erfolgreicher Schulbesuch Neu 2015: § 25 b Bleiberecht für Erwachsene: 8 Jahre Voraufenthalt / 6 Jahre mit minderjährigem Kind sowie Lebensunterhaltssicherung oder Ausbildungsperspektive

Aufenthaltserlaubnis: Familiäre Gründe § 27 - 36 Aufenth.G Ehegatten- und Familiennachzug, §§ 28,30 (zu Deutschen) >Keine Sozialleistungsfreiheit erforderlich §§ 29, 30 (Nachzug zu Ausländern) > Sozialleistungsfreiheit erforderlich - Ausnahme: Nachzug zu Flüchtlingen: § 29 Abs.2 § 29 Abs.2 - Für Eltern eines minderjährigen deutschen Kindes § 31 Eigenständiges Aufenthaltsrecht des Ehegatten (nach 3 Jahren Ehe in Deutschland) Kindernachzug, §§ 32-34 Nachzug sonstiger Familienangehöriger (z.B. Eltern) § 36 nach Ermessen

Niederlassungserlaubnis Voraussetzungen: Allgemein: § 9: 5 Jahre Voraufenthalt Ehegatten von Deutschen: 3 Jahre § 28 Abs.2 Flüchtlinge: 3 Jahre wenn kein Widerruf! § 26 III § 35 für Kinder (16.-18J.) § 36 humanitäre Gründe (7 Jahre Voraufenthalt) + keine Sozialleistungen (> 1000 € netto) Integrationsgesetz (Entwurf: Auch Flüchtlinge 5 Jahre Voraufenthalt in Deutschland & Arbeitsverdienst)

DaueraufentG EU § 9a Aufenth.G 5 Jahre innerhalb der EU ununterbrochen lebend mit Aufenthaltserlaubnis (z.B. Spanien / Italien) Arbeitserlaubnis: §38 a AufenthG Beantragung der Arbeitserlaubnis bei Arbeitsagentur / Ausländerbehörde

Beispiele für Daueraufenthalt im EU Staat Engl: long-term resident -- EC résident de longue durée -- Communauté Européenne (Frankreich) italienisch:"soggiornante di lungo periodo -- CE" niederl.:"EG -- langdurig ingezetene" polnisch: "Pobyt rezydenta dugoterminowego -- UE" portugiesisch: "residênte CE de longa duração

Familienangehöriger eines EU Bürgers (§§ 2,5 FreizügigkeitsG. EU) Aufenthaltskarte EU Familienangehöriger eines EU Bürgers (§§ 2,5 FreizügigkeitsG. EU) Familienangehörige sind der Ehegatte, der Lebenspartner und die Verwandten in gerader absteigender Linie der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 und 7 genannten Personen oder ihrer Ehegatten oder Lebenspartner, die noch nicht 21 Jahre alt sind, die Verwandten in gerader aufsteigender und in gerader absteigender Linie der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 und 7 genannten Personen oder ihrer Ehegatten oder Lebenspartner, denen diese Personen oder ihre Ehegatten oder Lebenspartner Unterhalt gewähren. Arbeitsrecht: akzessorisch / abhängig vom Partner! (wenn er arbeiten darf, sie auch , z.B alle EU Bürger!)

Flüchtlinge 2.Klasse? - „geduldete“ Flüchtlinge Gründe für Ausstellung einer „Duldung“ : keine Asylanerkennung, Asylantrag abgelehnt, aber: humanitäre, familiäre, tatsächliche oder persönliche Gründe für einen Verbleib in Deutschland (temporärer Schutz) sogenannte „Abschiebehindernisse“: z.B: Krankheit, psychische Krankheiten, Traumatisierung, Flüchtling besitzt keinen Pass, z.B. staatenlose Palästinenser), § 60 a AufenthG. ca. 230.000 Menschen in Deutschland sind zwar registriert, besitzen aber kein Aufenthaltsrecht, sind also „geduldet“

Gründe für eine Duldung Anspruchsduldung Rechtliche oder tatsächliche Hindernisse stehen der Abschiebung entgegen z. B Reiseunfähigkeit bzw. Passlosigkeit Zeugenduldung Erforderliche Angaben beim Staatsanwalt oder vorm Strafgericht Ermessenduldung Wegen humanitären, persönlichen und familiären Gründen oder erheblichen öffentlichen Interessen erteilen (Ausbildung, Behandlung usw.).Wichtig: seit März 2016 werden hohe Anforderungen an ärztliche Atteste gestellt.   Ausbildungsduldung Vor Vollendung des 21 Lebensjahres eine angefangene Berufsausbildung; Nicht aus einem „sicheren Herkunftsland“ kommen; Duldung wird bis zu einem Jahr erteilt und ggf. verlängert

Typische Alltagsprobleme von Flüchtlingen während des Asylverfahrens bzw. Geduldeten Überschuldung Wohnungssuche (bei Aufenthaltsdauer von nur 6 Monaten, z.B. bei Duldung oder Gestattung ) Unmöglichkeit Verträge zu bekommen (z.B. Handy, sonstige Laufzeitverträge, Kredit, Bankkonto) Sonstige Vermittlungsschwierigkeiten wegen Sprache, z.B. Ämter, Justiz, Vermieter wegen Sprache Rassismen und Diskriminierungen wg. Herkunft, Hautfarbe, Sprache etc. auch im Alltag (Clubbesuche, Ämter, Vereine, etc.)

Typische Alltagsprobleme von Flüchtlingen während des Asylverfahrens bzw. Geduldeten Das Leben mit einer „Duldung“ – 2 „Residenzpflicht“: Beschränkung des Aufenthalts auf ein Bundesland bzw. einen Landkreis (gelockert seit 2012, Verschärfung 2016, für Flüchtlinge aus „sicheren Herkunftsstaaten“) Oft Leben in Sammelunterkünften Arbeitsverbote, Ausbildungsverbote kein Anspruch auf Sozialhilfe, stattdessen Mindestversorgung durch das Asylbewerberleistungsgesetz (noch immer etwas weniger als Sozialhilfe/ ALG II ) ständig von Abschiebung bedroht: 3- oder 6- monatige Verlängerung der Duldung mangelnde medizinische Versorgung (nur Grundleistungen) Zu den praktischen Folgen für den Asylbewerber dazu im Folgenden:

Soziale Gleichstellung ? Nur anerkannte Flüchtlinge oder Asylberechtigte haben das Recht auf volle Sozialleistungen. Im Asylverfahren gibt es keinen Anspruch auf Sozialhilfe oder Hartz IV, stattdessen Grundversorgung (Existenzminimum) durch das Asylbewerberleistungsgesetz (10 % weniger als Sozialhilfe).

Leistungssätze für Asylbewerber ab 01.03.2016 Grundleistungen nach AsylblG Bargeldbedarf in Erstaufnahme- einrichtung Bargeldbedarf bei sonstiger Unterbringung Alleinstehende 145 € 361 € Erwachsene in gemeinsamen Haushalt je 131 € je 325 € weitere Erwachsene ohne eigenen Haushalt je 114 € je 288 € Jugendliche zwischen 14 und 18 86 € 284 € Kinder zwischen 7 und 14 32 € 250 € Kinder unter 7 85 € 218 €

Sprachkurse Nur anerkannte Flüchtlinge nach Abschluss des Verfahrens Ausnahme: betriebsbezogene Sprachkurse! (VHS, Xenos, Bridge) Seit 2015: Syrien, Eritrea, Iran, Irak: Integrationskurse für diese Nationalitäten Warum diese? Quote ? „Bleibeperspektive“. Über 50% Anerkennungsquote z.B. : Afghanen haben 49% Quote? NGO´s bieten kostenlose Kurse an für alle Nationalitäten: http://www.netzwerkdeutschkurse-fuer-alle.de Seit 2016: 10 € / Monat Zuzahlung

Unterkunft für Flüchtlinge Sammelunterkünfte in Traglufthallen, Container, ehemalige Kasernen etc. Alleinig zuständig: LaGeSo und EJF Oft: Segregation in Industriegebiete oder im Wald Realität: Viele Flüchtlinge übernachten bei Freunden wenn dies möglich ist Forderungen: dezentrale Unterkünfte, max. 50 Personen Private Wohnungen oder in WG´s Modell: Grand Hotel Cosmopolis (Augsburg): Geteiltes Hotel zwischen Touristen und Flüchlinge, Arbeitsmöglichkeiten im Hotel, Zusammen kochen, sehr gute Partizipationsmöglicheiten Unterkünfte einrichten für Traumatisierte und Familien Teilweise gefängnisähnliche Atmosphäre, katastrophale hygienische Zustände, Wohnheime weit außerhalb der Stadt, umzäunt und gesichert Teilweise: Wohnheime als quasi - Ausreisezentrum missbraucht - d.h. Abschiebung direkt aus Wohnheim.

Notunterkünfte Beispiel NUK Karlshorst), Seit November 2015 (in Berlin ca 100 NUK´s in Pankow 11) 1 Raum Turnhalle 180 Flüchtlinge, Syria, Afghanistan, Irak, Iran, Eritrea Keine Privatsphäre, Lärm, Gerüche Bsp: Airport Tempelhof 2500 Menschen! Plan: Ab August sollen Turnhallen geräumt werden und Flüchtlinge verteilt in MUF (Modulare Unterkünfte für Flüchtlinge)

Wohnungssuche www.EJF.de > Offizielle Stelle LaGeSo Websiten / Projekte: www.Wosla.de > Hilfe von NGO(multitude) www.place4refugees.de Facebook: > Hostelsuche für Flüchtlinge http://www.fluechtlinge-willkommen.de/ > WG Suche

Arbeitsrecht

Arbeitsverbote Nur anerkannte Asylberechtigte haben unbeschränkten Arbeitsmarktzugang (= betriebliche Ausbildung) Geduldete und Asylbewerber im Asylverfahren haben lediglich sog. nachrangigen Arbeitsmarktzugang d.h: erst Arbeit für Deutsche, dann EU Bürger, dann für Flüchtlinge und Migranten > Zustimmung der Arbeitsagentur Nach 3 Monaten Beschäftigung mit Zustimmung der Auländerbehörde und Beteilingung der Arbeitsagentur erlaubt (Vorrangprüfung) Ab 15 Monaten: Nur noch Zustimmung der Ausländerbehörde notwendig Ab 48 Monaten : Keine Auflagen mehr Forderung: Abschaffung der Vorrangprüfung (selbst Chef der Agentur für Arbeit Weise fordert dies)

Ausbildung - Praktikum Ab dem 4 Monat des Aufenthalts bzw. keine Pflicht mehr in der Erstaufnahmeeinrichtung zu wohnen (max 6 Monate) Betriebliche Ausbildung, Praktikum, BufDi, FSJ Es muss einen Antrag bei der Ausländerbehörde gestellt werden Die Bundesagentur für Arbeit ist nicht an dem Verfahren beteiligt Kein Vorrangsprüfung Kein Beschäftigungsbedingungsprüfung Diese Regel gilt auch für Geduldete (für die Berechnung werden vorgegangene Zeiten berücksichtigt) Diese Regel gilt nicht für Menschen aus „sicheren Herkunftsländern“, welche nach dem 31. August 2015 eingereist sind. Leider lehnt die Ausländerbehörde de facto auch Anträge von Menschen ab, welche vor dem 31.August 2015 eingereist sind

Folgen des Arbeitsverbots In Gebieten mit hoher Arbeitslosigkeit bekommen die Flüchtlinge faktisch keine Arbeitserlaubnis Hochqualifizierte Flüchtlinge dürfen nur Hilfsarbeiten verrichten – Deutschland verzichtet auf ausgebildete Fachkräfte, die Qualifikationen werden über die Jahre wertlos. Familien mit Kindern können mit Hilfsarbeiterjobs nie genug verdienen, um wirtschaftlich unabhängig zu werden – für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ist die Unabhängigkeit von staatlichen Leistungen Voraussetzung Flucht in Schwarzarbeit, Ausbeutung und Rechtlosigkeit des Arbeitsverhältnisses, Abhängigkeit vom Arbeitgeber und Angst vor Polizei / Staat

Regelung zur Arbeitsaufnahme Westbalkanstaaten 2015/2016 http://www.nds-fluerat.org/17327/aktuelles/bundesinnenministerium-verweist-auf-moeglichkeiten-legaler-beschaeftigung-fuer-westbalkanangehoerige/#more-17327 § 26 Abs. 2 Beschäftigungsverordnung Beschäftigung bestimmter Staatsangehöriger 2) Für Staatsangehörige von Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Mazedonien, Montenegro und Serbien können in den Jahren 2016 bis einschließlich 2020 Zustimmungen zur Ausübung jeder Beschäftigung erteilt werden. Die Zustimmung darf nur erteilt werden, wenn der Antrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels bei der jeweils zuständigen deutschen Auslandsvertretung im Herkunftsstaat gestellt wurde. > In diese Regelung können auch bereits in Deutschland aufhältige Personen einbezogen werden, sofern sie zwischen dem 01.01. und dem 24.10.2015 einen Asylantrag gestellt haben sich am 24.10.2015 hier gestattet, geduldet oder als Ausreisepflichtige aufgehalten haben und unverzüglich ausreisen. Urteil: auch wenn nach 1.Nov 2015 eine Arbeit gefunden: VG Oldenburg http://www.asyl.net/fileadmin/user_upload/dokumente/23711.pdf

Studium Grundsätzlich dürfen alle Personen mit einer Aufenthaltgestattung oder eine Duldung für ein Studium an einer Hochschule aufgenommen werden. Dabei ergeben sich jedoch oft praktische Hindernisse: Anerkennung des im Ausland erworbenen Schulabschlusses Nachweis von Sprachkenntnissen. Meistens wird ein C1 Niveau vorausgesetzt Krankenversicherung: Studenten müssen gesetzlich versichert sein Finanzierung. Asylsuchende dürfen in der Regel kein BAföG bekommen.

Studium (II) Programme der Berliner Universitäten für Flüchtlinge und Gasthörerschaft FU: http://www.fu-berlin.de/sites/welcome HU: https://www.hu-berlin.de/de/pr/pressemitteilungen/pm1508/pm_150827_00 Online Studium Kiron University: https://kiron.university/about/challenge-solution

Ausreichende medizinische und psychologische Versorgung ? Flüchtlinge erhalten nach AsylbewerberLG nur eine Basisversorgung Es gibt kein Anspruch auf besondere Leistungen, Psychotherapie / Traumatherapie Probleme, Ärzte oder Psychologen zu finden oder bezahlen zu können, besonders bei Aufenthaltsstatus „Duldung“ oder „Illegalisierung“ Chipkarte: In Berlin ab Mai 2016 sukzessiv

Artikel 19 EU Aufnahmerichtline - Medizinische Versorgung Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass Antragsteller die erforderliche medizinische Versorgung erhalten, die zumindest die Notversorgung und die unbedingt erforderliche Behandlung von Krankheiten und schweren psychischen Störungen umfasst. Kritik von EU & UNO mehrfach an Versorgung der Flüchtlinge in Deutschland

Psychische Situation Traumatisierung, sogenannte posttraumatische Belastungsstörung: durch eigene Kriegserlebnisse, Folter, Gefangenschaft etc., schwer zu behandeln, oft dauerhafte Traumatisierung Schätzungen und Untersuchungen: 40% aller Flüchtlinge sind traumatisiert Gefahr der Verschlimmerung bei Rückkehr an den Ort der trauma-tischen Situation (Re-Traumatisierung) Traumatisierung kann zu Abschiebehindernis führen, Atteste werden aber oft durch Ausländerbehörde nicht anerkannt viele Flüchtlinge haben Angst, über Trauma zu sprechen oder wissen nicht, dass sie krank sind Beratungsstellen in Berlin: Xenion, Behandlungszentrum für Folteropfer Malteser Migrantenmedizin (MMM) in anderen Bundesländern kaum ausreichende Versorgung von Traumatisierten z.B. Psychologe der nicht anerkannt war und Gefälligkeitsgutachten ausstellte , besondere Liste der anerkannten Psychologen

3. Teil : Was tun im konkreten Fall? Möglichkeiten konkreter Hilfe

Härtefallkommission Für Ausländer, die gesetzlich ausreisepflichtig sind aber die Feststellung eines außergewöhnlichen Härtefalls möglich ist: (Seit 2005) humanitäre Gründe besondere Integration in BRD (z.B. seit 15 Jahren in BRD) familiäre Situation, Kinder Arbeit, soziales Engagement, ehrenamtliche Tätigkeiten Krankheit, psychische Ausnahmesituation Sonstige Gründe für Annahme eines Härtefalls Bei Bejahung (der Kommission & des Senators): „außergesetzliche“ Anordnung einer Aufenthaltserlaubnis durch die Landesbehörde (in Berlin: Innensenator), § 23 a AufenthG (kann aber mit Auflagen verbunden werden) Derzeit: 75 % Ablehnungen! > Nochmalige Prüfung durch Innensenator Körting

Mitglieder der HFK Berlin Vertreter von: Integrationbeauftragter Berlin der für Frauenpolitik zuständigen Senatsverwaltung der römisch-katholischen Kirche, der evangelischen Kirche der Liga der Wohlfahrtsverbände, des Flüchtlingsrats Berlin des Migrationsrat Berlin-Brandenburg e.V. Bei einer von diesen Stellen wird der Antrag eingereicht keine Abschiebung sofern noch keine Entscheidung gefällt ist, aber Vorsicht: Wenn Abschiebertermin schon festssteht keine Anmeldung möglich bei der HFK – frühzeitig reagieren sobald GÜB! Merblatt des Flüchtlingsrates mit Checkliste: http://www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/gesetzgebung/Info_HFK_Berlin.pdf

Petitionen Petitionsrecht von jedermann ist Grundrecht über Verfassung Land (Berlin, Abgeordnetenhaus, Petitionsausschuss) http://www.parlament-berlin.de/de/Petitionen Bundestag, Petitionsausschuss EU Parlament – Jeder Bürger der EU wegen Verletzung des EU Rechts z.B Dublin, aber eher aussichtslos Oft: Zeitgewinn, Absprache (Berliner Senat/ Ausländerbehörde): keine Abschiebung sofern noch keine Entscheidung gefällt ist Einfache Online Petition möglich (Muster: Petition Bosnien) Suchen Sie zuvor eine Beratungsstelle oder einen Anwalt auf.!

Kirchenasyl Gesetzlich nicht geregelt, Derzeit: 251 Fälle / 459 Personen (Quelle: Asyl in der Kirche) Offenes / „heimliches“ Kirchenasyl Faktischer Schutz vor Abschiebung oder Rücküberstellung, streitig, ob dadurch untertauchen im Sinne von Dublin (Gericht: Nein, wenn über Adresse erreichbar) Temporärer Schutz Kritik derzeit an Dublin Kirchenasyl Innenminister, „Rechtsbruch“ / „Ultima ratio“

Foto Alsike Kirke (J.Schwarz) Stockholm, Schweden, Kirchenasyl seit 30 Jahren

Neuerungen im Asylrecht 2015 & 2016

Asylrechtsverschärfungen 2015/2016 Albanien, Kosovo, Montenegro, Marokko, Algerien, Tunesien als sog. „sichere Herkunftsstaaten“ (März 2016) Mindestalter für alle Asylanträge ist nun 18 (nicht mehr 16) (Asylmündigkeit) > Unbegleitete Minderjährige können nicht mehr Anträge stellen benötigen Vormund Verpflichtung im Wohnheim zu wohnen bis zu maximal 6 Monaten Flüchtlinge aus sog. „sichere Herkunftsstaaten“ müssen immer während des Verfahrens dort leben (faktisch: dadurch auch keine Arbeitserlaubnis) „Flüchtlingsausweis“ nach jeder Registrierung

Kritik: Restriktive Gesetze, keine Angebote Segregation, Spaltung der Gruppen „second class refugees“,“third class refugees“ Verabschiedete Gesetze aufgrund bloßer Annahmen und Verdächtigungen (Marokko/Algerien etc. „Köln“) statt langfristigen nachhaltigen Maßnahmen Wer reformiert das Bundesamt? 2 - 3 Jahre Warten auf Asylentscheidung, Verlust von Pässen, Termine werden falsch zugestellt etc. > Verwaltungskrise

„Integrationsgesetz“ Vorschläge nach 3 Jahren keine Niederlassungserlaubnis für Geflüchtete mehr Wohnsitzauflage auch nach Anerkennung möglich , Verschärfung der Residenzpflicht Bei Zweitantrag keine AsylbLG mehr! Integrationsangebote? Abschaffung der Vorrangprüfung (nur in bestimmten Regionen der hohen Arbeitslosigkeit) Arbeitserlaubnis nach erfolgreicher Ausbildung

In Berlin: „Masterplan Integration“ Vorschläge Senat: https://www.berlin.de/rbmskzl/aktuelles/pressemitteilungen/2016/pressemitteilung.458945.php Kritik und Alternativvorschläge (Bündnis von 60 Organisationen) http://berlin-hilft.com/2016/04/ergebnisse-diskussion-masterplan-integration/

Beyond Dublin…Alternativvorschläge „Free choice“ (Pro Asyl u.A. - Verfahrensrichtlinie 2001 – Beziehungen, Verwandte, soziale Gruppe) Nach schneller Anerkennung : Europäisches Freizügigkeit auch für Flüchtlinge und die Möglichkeit weiterzuwandern? Problem der international anerkannten Flüchtlinge ohne Rechte (Pro Asyl und Anwälte (einheitlicher Europäichher Schutzstandart) Kontingent (EU Kommission) Quote ähnl. Königsteiner Schlüssel nach Größe und Wirtschaftkraft (Vereilung auf Länder in Deutschland) & finanzielle Strafen / Kompensationen für die Länder die mehr / weniger Flüchtlinge aufnehmen Reformen innerhalb Dublins ? Gemeinsames Asylverfahren (5.4.2016 EU Kommission Vorschlag) durch Mitarbeiter der EASO (European Asylum support office Malta) Auslagerung des Flüchtlingsschutzes in die Transitstaaten der EU nach Afrika ? „Outsourcing“ der Flüchtlingsschutzes an die Außengrenzen der EU ? (transit zones, hot spots“, Kontrolle durch Frontex)

Einige Zahlen und Statistik 60 Millionen Flüchtlinge (Größte Zahl seit dem zweiten Weltkrieg) Mehrzahl: Internally displaced persons (idp´s) : 75 % fliehen in den innerhalb des Landes oder in die Nachbarstaat / -region Selten: Flucht in anderen Kontinent (Faktische Möglichkeit/ Finanzen) Die meisten Flüchtlinge sind in Entwicklungsländer nicht in Europa Aber : 347 362 Flüchtlinge in Lesbos 2015 (Source: UNHCR)

Herkunftsländer/ Major source countries Worldwide in 2015 Herkunftsländer weltweit: Syrien Afghanistan Somalia Süd Sudan Sudan Dem. Rep. of Congo Zentralafrikanische Republik Myanmar Eritrea Irak (Source: UNHCR)

Zahlen 2015 (Deutschland) Total 476.649 Anträge Syrien 162.510 Albanien 54.762 Kosovo 37.095 Afghanistan 31.902 Irak 31.379 Serbien 26.945 Mazedonien 14.131 Unknown12.166 Eritrea 10.990 Pakistan 8.472 Anerkennung GFK 48,5 % // (subsidiärer Schutz 0,6 % // Abschiebestopp 0,7 Prozent > ca. 50 % Anerkennung (Quelle BAMF)

Vergleich: Entscheidungsquoten (2014) Insgesamt Asylanträge BRD: 202.000 Anerkennung als Asylberechtigte 1,8 % nach GFK 24,1,9 % Nach § 4 AsylVFG (subs.Schutz) 4,0% Abschiebeverbot 1,6 % Ablehnungen 23717 = 33,4 % (Quelle: BAMF)

Teil 3: Konkrete Möglichkeiten der Flüchtlingshilfe Härtefallkommission Petitionen Kirchenasyl Weitere juristische Hilfen Praktische Hilfen Anhörungsvorbereitung - Asylinterview Fälle und Muster Adressen / Links

Anhörungsvorbereitung, Muster & typische Fälle

Anhörungsvorbereitung Als Vorbereiter_in nehmen Sie sich Zeit! Erklären Sie der Person, dass sie ein Recht darauf hat: - Verschiebung der Anhörung im Falle einer Erkränkung. Dies muss aber dem BAMF mitgeteilt und nachgewiesen werden - Sich so viel Zeit zu nehmen, wie viel sie für die Erzählungen braucht (lassen Sie nicht von den Anhörern oder vom Dolmetscher unter Zeitdruck setzen!) - Unterbrechung der Anhörung, falls es ihr /ihm gesundheitlich nicht gut geht

Anhörung II Unterbrechung des Dolmetschers, wenn das Gefühl besteht, es wird nicht gut übersetzt - Nach einer Pause fragen - Eine weibliche Dolmetscherin zu verlangen - Schriftliche Beweise vorzulegen, bzw. in einer späteren Zeit dem BAMF nachzureichen. - Eine Vertrauensperson mitzunehmen. (Jedoch nicht als Dolmetscher) - Das Anhörungsprotokoll nicht zu unterschreiben, wenn Ungenauigkeiten oder falsche Angaben darin sind - Schriftliches Protokoll in der eigenen Muttersprache zu bekommen

Anhörungsvorbereitung – Ablauf der Anhörung Es werden mind. Ca 25 Fragen gestellt über Herkunft, Familie, Arbeit, vorherige Wohnsitze in dem Heimatland Fragen über die Asylgründe: - Was sind Ihre Fluchtgründe? - Warum sind Sie schutzbedürftig? - Was befürchten Sie bei einer Rückkehr? Diese sind die wichtigsten Fragen. Sicherlich werden noch mehr Fragen gestellt, die in Zusammenhang mit diesen stehen. Es wird oft sehr detailliert gefragt und nach genauen Beschreibungen der erwähnten Ereignisse gefragt

Anhörungsvorbereitung - Tipps Die Anhörung ist die einzige Möglichkeit, Asylgründe zu schildern Erzählen Sie alles sehr ausführlich- Jedes Detail kann wichtig sein Die Entscheidung des BAMF erfolgt nach Glaubhaftigkeit der Person Sagen Sie die Wahrheit!!!!! Die Anhörer_innen sind über ihr Herkunftsland gut informiert Wenn Sie etwa nicht wissen oder vergessen haben, sagen Sie es einfach Vor der Anhörung versuchen Sie, ihre eigene Geschichte und Fluchtgeschichte zu rekonstruieren (chronologisch und faktisch) Alleine wirtschaftliche Gründe sind leider nicht ausreichend, um Asyl zu bekommen. Wenn medizinischen Gründen, den Aufenthalt in Deutschland rechtfertigen können, informieren Sie dem BAMF sofort (auch in der Anhörung) und reichen Sie Atteste ein.

Fall 1 S., weiblich 20 Jahre in Deutschland, zuvor Duldung 70 Jahre Schwer erkrankt Familie in D. mit Aufenthaltserlaubnis Keine Straftaten Hat Grenzübertrittsbescheinigung erhalten Was können Sie tun als Helfer/in?

Fall 2. (Familie O. Bosnien) Frau O: Analphabetin Wurde im Alter von 12 vergewaltigt Keine Arbeit Herr O: wurde als Flüchtling schon 1994 anerkannt, lebte von 1994 -1998 in Deutschland Wurde von Polizei geschlagen, danach bedroht worden Zudem: Bruder ist 2007 gestorben, auch er wurde bedroht zuvor Danach hat er vom Schrotthandel gelebt Kinder: Sohn wurde 2009 von Auto angefahren, er selbst fuhr Fahrrad, Fahrerflucht, Strafverfahren gegen Autofahrer nicht weiterverfolgt, hingegen wurde dem Vater Psychische Angst, Kriegsfolgen, Angst um Zukunft der Kinder wurde jedoch Sorgfaltspflichtverletzung vorgeworfen Familie: Sie wurden bedroht und gehasst Haben Angst weiter dort zu leben Vor Ausreise alles verkauft, keine Lebensgrundlage mehr Traumatisierung nach Kriegserlebnisse (Angst vor lauten Schüssen, Silvester etc)

Familie O. - Asylgewährung? Wie schätzt ihr / Sie den Fall ein ? Asylgewährung? Politische Verfolgung ? Rückkehrgefährdung ? Wurde Gruppenverfolgung geprüft? Wurde mehrfache massive Diskriminierung geprüft? Wurde Vergewaltigung als Fluchtgrund gewertet?

Fall 3. (Ukraine) R. männlich 25 Jahre aus der Ukraine Visum für Schengen, D. noch 2 Wochen gültig Seit einen Jahr als Student in D. Möchte zurück in Ostukraine, aber derzeit ist in der Region Kriegssituation, er kann nicht zurück Er möchte kein Asyl beantragen… > Was kann er tun ?

Fall 4: Arbeitserlaubnis: Mazedonien L. aus Mazedonien, 30 J. seit 2015 Asylantrag, kam im Februar arbeitet schon Vollzeit als Pfleger, würde Asylantrag zurücknehmen, wenn er reguläre Aufenthaltserlaubnis erhielte > Was kann er tun?

Fall 5. (Dublin) R. 62 Jahre, Nigeria, kam über Italien nach Deutschland, Asyl in Deutschland gestellt Fingerabdruck in Italien Möchte nicht nach Italien zurück War dort obdachlos und wurde geschlagen seit ca. 5 Monaten in Deutschland Rückübernahmeantrag läuft > Was kann man tun/ wie kann man argumentieren?

Muster Muster: Klage, einstweilige Anordnung, Asyl Antrag humanitärer Aufenthalt, Duldung (Ukraine) Petition (Bosnien) Arbeitserlaubnis, Auflage Umverteilungsantrag (Berlin) Dublin > Anwalt! (Akteineinsicht, Komplexität)

Weitere nicht juristische Hilfsmöglichkeiten Flüchtlingspaten, Mentoren Regionale Willkommensgruppen in Berlin, in den Wohnheimen, Pankow/Moabit hilft etc. oder Flüchtlingsrat Begleitung zu Behördengängen/ Dolmetschen Vermietung von Wohnungen, Vermittlung WG´s, Hilfe bei Wohnungssuche Hilfe bei CV, Anerkennung und Jobsuche Immer wichtig: „Augenhöhe“ Auflösung des Wir und des „Sie“ (wer definiert Augenhöhe?)

Zur Diskussion: Denken Sie darüber nach inwieweit diese Bedingungen für einen gelungenen Integrationsprozess relevant sein könnte Was wären Ihre Erwartungen wenn Sie fliehen müssten an das Asylrecht des Aufnahmestaates? Vergleich der Konferenzen in Evian (Aufnahme der Jüdischen Flüchtlinge) 1938 / EU Konferenz in Brüssel / Genf 2016: Was hat sich geändert ? Was ist der Unterschied in der Situation in Idomeni 2016 und in Ungarn 2015 > Flüchtlingskoordininator Altmeier „Humanitärer Imperativ 2015“)

Adressen und Infos GGUA > Qualifizierung der Flüchtlingsarbeit, Beratung www.ggua.de, http://www.einwanderer.net/UEbersichten-und-Arbeitshilfen.277.0.html www.Asyl.net > Infos und Entscheidungen, Anhörungsvorbereitung in verschiedenen Sprachen Parität Infos / regionale Flüchtlingsräte (siehe Broschüren) http://www.asyl.net/fileadmin/user_upload/redaktion/Dokumente/Arbeitshilfen/2014-12-paritaet_asylverfahren_AUFL-2_web.pdf Pro Asyl, Argumentationshilfen, Infos, aktuelle politische Entwicklungen www.proasyl.de Flyer: Erste Schritte für Flüchtlinge in Berlin (OASE) https://jochenschwarz.wordpress.com/2016/03/12/erste-schritte-fur-gefluchtete-in-berlin-aktualisiert/ Flüchtlingsrat Berlin: Linkliste Anwälte, Willkommensgruppen http://www.fluechtlingsrat-berlin.de/ Mittelmeer: Borderline Europe.: http://www.borderline-europe.de/ / http://bordermonitoring.eu/ http://www.w2eu.info/ welcome to europe http://thelandbetweenfilm.com/ > Film von David Fedele über Situation Melilla Literatur: Gabriele del Grande: „Mahmadous Fahrt in den Tod“ (Van Loeper, German and italian) Janne Teller: „Krieg, stell Dir vor, er wäre hier? / If Scandinavia were at war, where would you go? (Essay, Hanser) EU Information: European commission http://ec.europa.eu/home-affairs/policies/asylum/asylum_intro_en.htm www.Unhcr.ch (UN High Commissioner for refugees) > handbook for the criteria of the Geneva Convention www.ecoi.net European countries of origin information >Background Information about countries od origin Vorträge auch auf der Seite: www.jochenschwarz.wordpress.com

Jochen Schwarz, Lorita Facchini 2016 Danke ! Jochen Schwarz, Lorita Facchini 2016