"Brexit - Praktische Auswirkungen auf die (regionale) Wirtschaft" Quelle: DIHK 25.10.2016 Prof. Dr. Ralf Jahn, Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schweinfurt / Brexit - Auswirkungen auf die mainfränkische Wirtschaft
Rückblick 1975: Erstes britisches Europa-Referendum Erst 1973 hatten die Briten sich dem Vorläufer der EU angeschlossen. … Kurz danach wollten viele gleich wieder austreten. Der damalige Premier Edward Heath gilt bis heute als einziger überzeugter Europäer in diesem Amt. Doch 1974 wurde er abgewählt, Labour bildete die neue Regierung. In der Partei hatten sich im Verlauf der Jahre zwei Lager gebildet: Die pro-marketeers befürworteten Europa; die anti-marketeers lehnten einen gemeinsamen Markt ab und verfügten in der Partei über eine Zweidrittelmehrheit. Quelle Spiegel Online 25.10.2016 Prof. Dr. Ralf Jahn, Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schweinfurt / Brexit - Auswirkungen auf die mainfränkische Wirtschaft
Wichtigste Akteure des Brexit Ein EU-Austritt des Vereinigten Königreichs, war ein politisches Ziel verschiedener Personen, Gruppen und Parteien. Theresa May Nigel Farage Boris Johnson Conservative Party Ukip Conservative Party (war zunächst für EU-Verbleib) Theresa May: Sprach sie sich im Vorfeld des Referendums zwar für einen Verbleib in der EU aus, trat danach aber kaum noch in Erscheinung. Nach dem Leave-Votum schlug sich May schnell auf die Seite der Brexit-Befürworter (Quelle: www.zeit.de); Premierministerin May untermauerte in einer Ansprache, dass Brexit auch wirklich Brexit bedeuten wird und es keine Versuche geben wird, durch die Hintertür in der EU zu verbleiben. (Quelle: DIHK-Brexit-Newsletter, 09/2016) Premierministerin May: „…will nach dem Brexit auch die Einwanderung aus der EU kontrollieren.“ (Quelle: Süddeutsche Zeitung, 06.10.2016) Bundeskanzlerin Merkel stellte am 05.10.2016 in Berlin klar, dass GB nach dem Brexit nicht am gemeinsamen Binnenmarkt teilnehmen könne, wenn das Königreich die Einwanderung aus der EU begrenzt; Der volle Zugang zum Binnenmarkt ist auch gekoppelt und untrennbar verbunden mit de Akzeptanz der vier Grundfreiheiten, dazu gehören auch die Freizügigkeit für Personen.“(Quelle: Süddeutsche Zeitung, 06.10.2016) Nach seinem Triumph beim EU-Volksentscheid Ende Juni war Farage überraschend von Bord gegangen. Anti-EU-Partei Quelle: BBC Heutige „Macht der Populisten“ 25.10.2016 Prof. Dr. Ralf Jahn, Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schweinfurt / Brexit - Auswirkungen auf die mainfränkische Wirtschaft
Entscheidung zum Brexit So haben die britischen Wähler beim Brexit-Referendum am 23.06.2016 gestimmt: So haben die Wähler in den 382 Wahlkreisen mehrheitlich gestimmt: Spaltung GBs bei Alter, Bildungsstand, Geographie -> Spaltung GB geht durch die Mitte durch. Schottland: Für Verbleib; Jugend: Für Verbleib (allerdings zu schwache Wahlbeteiligung); 2/3 der gebildeten Schicht: Für Verbleib; 2/3 der Rentner: Gegen Verbleib; Alte und Arme: Gegen Verbleib (Werden bei Umsetzung des Brexits am meisten darunter leiden); Realeinkommen der einfachen Arbeiter in der Provinz sind in den letzten Jahren nicht gestiegen. In keinem großen Industrieland hat sich die Schere zwischen Gewinnern und Verlierern der Globalisierung in den vergangenen Jahrzehnten so stark geöffnet wie in GB. Quelle: BBC 25.10.2016 Prof. Dr. Ralf Jahn, Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schweinfurt / Brexit - Auswirkungen auf die mainfränkische Wirtschaft
Wer waren die Befürworter? Quelle: BBC 25.10.2016 Prof. Dr. Ralf Jahn, Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schweinfurt / Brexit - Auswirkungen auf die mainfränkische Wirtschaft
Status Quo in Bayern Für die deutsche Wirtschaft steht bei dem Brexit einiges auf dem Spiel: Mehr als 2.500 deutsche Unternehmen haben Niederlassungen in Großbritannien. Zugleich ist GB der drittgrößte Abnehmer deutscher Exporte. Die Ausfuhren nach GB von Deutschland aus sind von 2010 bis 2015 um mehr als die Hälfte gestiegen. Ein Drittel aller Exporte entfällt dabei auf die Autoindustrie. 25.10.2016 Prof. Dr. Ralf Jahn, Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schweinfurt / Brexit - Auswirkungen auf die mainfränkische Wirtschaft
Die wichtigsten EU-Ausfuhrhandelspartner Bayerns * für 2006 liegen keine Daten vor. GB überzeugte als Abnehmer bayerischer Waren mit positiver Dynamik 25.10.2016 Prof. Dr. Ralf Jahn, Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schweinfurt / Brexit - Auswirkungen auf die mainfränkische Wirtschaft
Die wichtigsten EU- Einfuhrhandelspartner Bayerns 25.10.2016 Prof. Dr. Ralf Jahn, Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schweinfurt / Brexit - Auswirkungen auf die mainfränkische Wirtschaft
Status Quo Mainfranken Aktuell haben ca. 300 Firmen aus Mainfranken Bezug zu GB; 10 % dieser Unternehmen haben in GB eine Niederlassung/Produktion (keine signifikante Häufung von Firmen aus einer bestimmten Branche) Nach einer kürzlich durchgeführten Umfrage (nicht repräsentativ) der IHK … exportieren 45,1 % der Befragten Produkte/Dienstleistungen nach GB und … importieren 21,6 % der befragten Unternehmen aus GB Mainfranken-Umfrage zum Brexit ist aufgrund der Zahl der Antworten nicht repräsentativ. 25.10.2016 Prof. Dr. Ralf Jahn, Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schweinfurt / Brexit - Auswirkungen auf die mainfränkische Wirtschaft
Ergebnisse der DIHK Blitzumfrage für Deutschland und insb. Mainfranken Eine DIHK-Umfrage unter mehr als 5.600 deutschen Unternehmen ergab ein besorgniserregendes Bild: Die gegenwärtigen politischen und rechtlichen Unsicherheiten führen schon vor dem offiziellen Austrittsgesuch bei in etwa jedem vierten Unternehmen zu weniger Exporten über den Ärmelkanal. (Befragung Auswirkungen des Brexit-Votums wurde von den einzelnen IHKs (im Auftrag des DIHK) vom 27. bis zum 29. Juni 2016 durchgeführt. Aus dieser Umfrage wurden die regionalen Zahlen generiert. 25.10.2016 Prof. Dr. Ralf Jahn, Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schweinfurt / Brexit - Auswirkungen auf die mainfränkische Wirtschaft
Auswirkungen in der Verhandlungsphase (2 Jahre lang) gleichbleibende Exporte: 60 %; geringere Exporte: 40 % gleichbleibende Importe: 78,3 %; geringere Importe: 13 % gleichbleibende Exporte: 69 %; geringere Exporte: 27 % Bezieht sich auf die Richtungen: Mainfranken – GB / GB – Mainfranken & DE – GB / GB – DE (Erklärung zur Grafik) „Während hinter den zukünftigen Handelsbeziehungen ein Fragezeichen steht, deuten neue Konjunkturdaten darauf hin, dass das Brexit-Votum der britischen Wirtschaft kurzfristig weniger schadet als befürchtet. Die Einkaufsmanagerindizes sowohl im Dienstleistungs- als auch im Industrie- und Bausektor erholten sich im August von Ihrem Rückschlag im Juli…. Das Risiko, dass Europas zweitgrößte Volkswirtschaft schon bald in eine Rezession abrutsche, sei damit gesunken…“ (Quelle. FAZ) gleichbleibende Importe: 67 %; geringere Importe: 28 % 25.10.2016 Prof. Dr. Ralf Jahn, Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schweinfurt / Brexit - Auswirkungen auf die mainfränkische Wirtschaft
Auswirkungen mittelfristig (ab 2 Jahren) gleichbleibende Exporte: 41,4 %; geringere Exporte: 58,6 % gleichbleibende Importe: 54,6 %; geringere Importe: 31,8 % gleichbleibende Exporte: 45 %; geringere Exporte: 51 % Bezieht sich auf die Richtungen: Mainfranken – GB / GB – Mainfranken & DE – GB / GB – DE (Erklärung zur Grafik) gleichbleibende Importe: 46 %; geringere Importe: 49 % 25.10.2016 Prof. Dr. Ralf Jahn, Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schweinfurt / Brexit - Auswirkungen auf die mainfränkische Wirtschaft
Anpassung der Investitions- ausgaben gleichbleibende Ausgaben: in Mainfranken: 93 % in GB: 70 % * gleichbleibende Ausgaben: in D: 91 % in GB 58 % * Bezieht sich auf die Richtungen: Mainfranken – GB / GB – Mainfranken & DE – GB / GB – DE (Erklärung zur Grafik) * 35 % der deutschen Unternehmen werden Ihre Investitionsausgaben in GB auf Grund des Brexit verringern! In Mainfranken sind es 25 %. 25.10.2016 Prof. Dr. Ralf Jahn, Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schweinfurt / Brexit - Auswirkungen auf die mainfränkische Wirtschaft
Anpassung der Beschäftigung gleichbleibende Beschäftigungszahl in D: 96,6 % in GB: 75 % gleichbleibende Beschäftigungszahl in D: 95 % in GB: 72 % Bezieht sich auf die Richtungen: Mainfranken – GB / GB – Mainfranken & DE – GB / GB – DE (Erklärung zur Grafik) 25.10.2016 Prof. Dr. Ralf Jahn, Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schweinfurt / Brexit - Auswirkungen auf die mainfränkische Wirtschaft
Folgen des Brexits für den Export Exporte nach GB werden voraussichtlich: teurer (vermutliche Abwertung des Britischen Pfunds, Inflation in GB, Mehraufwand bedingt durch Zollabwicklung (gerade sehr riskant bei Einbindung in Wertschöpfungsketten), u. U. unterschiedliche Standards, kompliziertere Dienstleistungsexporte) mit Risiken verbunden sein (Volatilität des Wechselkurses, Zunahme nichttarifärer/tarifärer Handelshemmnisse, höheres Maß an Rechtsunsicherheit) sinken (befürchtete Inflation in GB, Abwertung des Britischen Pfunds, vermutliche schwächere Dynamik der Wirtschaft in GB) Folgen Für Großbritannien seien Wachstumseinbußen von bis zu zehn Prozent möglich. Laut einer Analyse von Ernst & Young werde besonders die deutsche Exportwirtschaft unter dem Austritt leiden. Eine Verlängerung der Verhandlungen über mehrere Jahre wäre demnach das worst-case-Szenario für deutsche Unternehmer. DE<->GB: Gesamter bilaterale Handel von Waren und Dienstleistungen in 2015: 183 Milliarden Euro (Anstieg +7 % im Vergleich zu 2014) Exporte DE -> GB für deutsche Wirtschaft wichtiger als anders herum: 2015 - Exporte DE -> GB 95 Mrd. EUR; Dienstleistungen 23 Mrd. EUR; Exporte GB -> DE 41 Mrd. Euro; Dienstleistungen 23 Milliarden EUR. GB: Seit Jahren Handelsdefizit mit EU; GB importiert mehr Waren aus EU, als es exportiert. 25.10.2016 Prof. Dr. Ralf Jahn, Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schweinfurt / Brexit - Auswirkungen auf die mainfränkische Wirtschaft
Weitere Folgen des Brexit - Firmen mit der Rechtsform Limited Company (Ltds.) oder Limited Liability Partnership“ (LLP) Aktuell: Viele Unternehmer nutzen die "Limited / Ltd." (Vorteil: Haftungs- beschränkung/Stammkapital/geringer Gründungsaufwand) aufgrund EU-Mitgliedschaft/ Niederlassungsfreiheit. (BGH anknüpfend an EuGH- Urteile „Überseering", „Inspire Art“, „Triologie Centros“). - Umsatzsteuer / innergemeinschaftliche Lieferung Aktuell: Regelungen zum Binnenmarkt gelten - Arbeitnehmerfreizügigkeit Aktuell: Arbeitnehmerfreizügigkeit als Grundidee der Römischen Verträge, aus denen die EU hervorging. - Ausländische Direktinvestitionen in GB Aktuell: 46 % der ausländischen Direktinvestitionen nach GB stammen aus der EU - Tourismus in Bayern/Würzburg Aktuell: Briten stellen 6 % der Touristen in Bayern. Aufenthalte in der Eurozone für Briten teurer würden. 25.10.2016 Prof. Dr. Ralf Jahn, Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schweinfurt / Brexit - Auswirkungen auf die mainfränkische Wirtschaft
Firmen mit der Rechtsform „Limited“ Auswirkungen in Mainfranken : 80 aktive Ltds. betroffen; ferner existieren rund 200 inaktive und rund 10 eingeschränkt-aktive Ltds. Handlungsbedarf für betroffene englische Gesellschaften, wenn keine Niederlassungsfreiheit vereinbart wird. (Umwandlung nach dem Vollzug des Brexit nicht unproblematisch - siehe NJW 33/2016, S. 2378 ff.) Das Thema fließt bereits heute in die Beratung im Bereich Existenzgründung ein. Die Auswirkungen des Umgangs mit der englischen Limited und anderen britischen Gesellschaften – wie etwa der „Limited Liability Partnership“ (LLP), bleiben abzuwarten. 25.10.2016 Prof. Dr. Ralf Jahn, Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schweinfurt / Brexit - Auswirkungen auf die mainfränkische Wirtschaft
Innergemeinschaftliche Lieferungen Nach dem Brexit wird GB zum Drittland. Ab dem Zeitpunkt des Austritts keine innergemeinschaftliche Lieferungen/ Verbringung, sondern Ausfuhrlieferungen in das Drittlandsgebiet (GB = Drittland). Sog. Gelangensbestätigung: Nicht mehr relevant (kein tauglicher Nachweis für die Steuerfreiheit der Lieferung bei zollrechtlichen Ausfuhranmeldungen im elektronischen Ausfuhrverfahren) ATLAS ist der sog. Ausgangsvermerk (Elektronischer Ausgangsvermerk der Zollstelle) als Nachweis aufzubewahren. Eine fehlerhafte Nachweisführung birgt das Risiko der Versagung der Umsatzsteuerfreiheit! 25.10.2016 Prof. Dr. Ralf Jahn, Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schweinfurt / Brexit - Auswirkungen auf die mainfränkische Wirtschaft
Umsatzsteuer / innergemeinschaftliche Lieferungen Keine Anwendung mehr des gemeinsamen Mehrwertsteuersystem der EU. Weiterhin umsatzsteuerfreie Lieferung, aber Rechtsgrundlage dann nicht mehr § 6a Abs.1 i.V.m § 4 Nr.1 Buchstabe b UStG, sondern § 6 Abs.1 i.V.m. § 4 Nr. 1 Buchstabe a UStG (relevant für die Angabe auf der Exportrechnung, §§14,14a UStG). Die Buch- und Belegnachweise sind nicht mehr anhand der §§ 17a bis 17c UStDV zu führen, sie richten sich künftig nach den §§ 9 bis 11 UStDV. 25.10.2016 Prof. Dr. Ralf Jahn, Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schweinfurt / Brexit - Auswirkungen auf die mainfränkische Wirtschaft
Umsatzsteuer/ innergemeinschaftliche Erwerb Lieferung aus GB nach DE: kein innergemeinschaftlicher Erwerb (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG i. V. m. § 1a UStG) der Ware durch den Empfänger in DE. Es handelt sich vielmehr um eine Einfuhr, die der Einführer zu erklären und für die er Einfuhrumsatzsteuer zu entrichten hat (sofern keine Befreiungsvorschriften nach § 5 Abs. 1, § 25c UStG, § 5 Abs. 2 in Verbindung mit der EUStBV greifen. Wird die Einfuhr durch den in GB ansässigen Unternehmer erklärt, ist die Lieferung an den deutschen Unternehmer nach § 3 Abs. 8 UStG im Inland steuerbar und steuerpflichtig. 25.10.2016 Prof. Dr. Ralf Jahn, Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schweinfurt / Brexit - Auswirkungen auf die mainfränkische Wirtschaft
Innergemeinschaftliche Lieferungen Intrahandelsstatistik: Grenzüberschreitende Warenlieferungen mit GB sind künftig nicht mehr Gegenstand der Intrahandelsstatistik (Intrastat), entsprechende Erklärungspflichten entfallen - da nicht mehr EU. Zusammenfassende Meldung: Nach §18a UStG keine Erfassung von Lieferungen nach GB mit der Zusammenfassenden Meldung (ZM) - da nicht mehr EU. Intrastat-Meldungen dienen zur Erfassung des tatsächlichen Warenverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft. Unternehmen müssen Versendungen und Eingänge zentral melden, in Deutschland an das Statistische Bundesamt. Von der Meldepflicht sind in Deutschland umsatzsteuerpflichtige Unternehmen befreit, deren Versendungen in andere EU-Mitgliedstaaten bzw. Eingänge den Wert von 500.000 Euro (Versendung) und/oder 800.000 Euro (Eingang) im Vorjahr nicht überschritten haben. 25.10.2016 Prof. Dr. Ralf Jahn, Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schweinfurt / Brexit - Auswirkungen auf die mainfränkische Wirtschaft
Arbeitnehmerfreizügigkeit Niederlassungen deutscher Unternehmen in GB: 2.500 (Mainfranken: 27) Niederlassungen britischer Unternehmen in Deutschland: 3.000 (Mainfranken: Zahlen nicht verfügbar) Problem: Evtl. Wegfall der Arbeitnehmerfreizügigkeit bedingt durch Einschränkungen im grenzüberschreitenden Mitarbeitereinsatz. Folgen: Deutlich mehr bürokratischer Aufwand (u.U. Arbeitserlaubnis, Visumpflicht, Steuerpflicht) GB könnte strikte Arbeitsvisa für EU-Arbeitnehmer einführen „Der Münchner Siemens-Konzern, der in GB 14.000 Mitarbeiter beschäftigt, mahnte, dass wichtige Fragen wie Arbeitsvisa rasch geklärt werden müssten….Siemens betreibt 13 Fabriken auf der Insel.“ (Quelle FAZ vom 13.09.2016) Produktionen/Niederlassungen mainfränkischer Firmen u.a. Brose, ZF Friedrichshafen, Maincor, Elau, Carefusion, eibe, Fritsch, Hunger Maschinen GmbH, Elau… 25.10.2016 Prof. Dr. Ralf Jahn, Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schweinfurt / Brexit - Auswirkungen auf die mainfränkische Wirtschaft
Ausländische Direktinvestitionen in GB 460 Bayerische Unternehmen haben 20 Mrd. € in GB investiert, machten einen Umsatz von 36 Mrd. € und beschäftigen 61.000 Mitarbeiter in GB. DIHK-Umfrage: 35 % der in GB ansässigen deutschen Unternehmen wollen im Fall eines Brexit weniger investieren. Problem: Das Vertrauen in den britischen Wirtschaftsstandort muss aufrecht erhalten werden. -> Sämtliche Fragen rund um den Brexit müssen rasch geklärt werden. Verliert GB den Binnenmarktzugang, könnten jedoch die Direktinvestitionen in Bayern und Deutschland zunehmen, da außereuropäische Unternehmen, wie insbesondere amerikanische und arabische, sich einen Zugang zum Binnenmarkt sichern möchten. Innerhalb der EU könnten Deutschland und Bayern hiervon überdurchschnittlich stark profitieren, da sie als attraktive Standorte gelten. 25.10.2016 Prof. Dr. Ralf Jahn, Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schweinfurt / Brexit - Auswirkungen auf die mainfränkische Wirtschaft
Tourismus in Bayern/Mainfranken Briten stellen 6 Prozent der Touristen in Bayern. Der Tourismus in Bayern / Mainfranken könnte leiden Zukünftig müssen Briten vermutlich genauer aufs Geld schauen: - Aufenthalte in der Eurozone könnten sich für Briten verteuern. - Britischen Touristen drohen Einschränkungen bei Urlaubsreisen (womöglich würden laut der FAZ 60,- € Visa-Gebühren fällig) Statistischem Bundesamt : In 2015 wurden 2,56 Millionen Ankünfte und 5,54 Millionen Übernachtungen britischer Touristen in Deutschland registriert; GB 4. Platz im Ranking der Top-Quellmärkte.; die ersten drei Plätze gingen an die Niederlande, Schweiz und Amerika. Die meisten britischen Deutschlandtouristen zieht es aber nach Berlin, München, Frankfurt und Hamburg. 25.10.2016 Prof. Dr. Ralf Jahn, Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schweinfurt / Brexit - Auswirkungen auf die mainfränkische Wirtschaft
Wechselkurs Euro vs. Pfund von Jan. bis Okt. 2016 – Entwicklung Aufgrund der Brexit-Unsicherheit kam es zu einer Pfund-Abwertung. Das britische Pfund hat gegenüber dem Euro seit Jahresbeginn 7 % verloren. In den Tagen nach dem Referendum stürzte das Pfund um weitere 10 % und erreichte den Tiefstand von 1985. Meldung Handelsblatt: 04.10.2016: „…ist das „Pound Sterling“ bis auf 1,2738 Dollar durchgesackt… Der heutige Kurs ist damit der tiefste Stand seit mehr als 30 Jahren.“ Meldung Hamburger Abendblatt: 14.10.2016. „das Pfund erlebte einen historischen Kurssturz, denn immer mehr Anleger und Investoren denken, dass die britische Wirtschaft auf eine Brexit-Katastrophe zusteuern könnte. Wechselkursentwicklung EUR - GBP 01.01.2016: 1 EUR = 0,734 GBP 15.08.2016: 1 EUR = 0,868 GBP = 18,3 % 25.10.2016 Prof. Dr. Ralf Jahn, Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schweinfurt / Brexit - Auswirkungen auf die mainfränkische Wirtschaft
Wie reagierte die Presse? Unterfranken: IHK warnt vor Ausstieg der Briten aus der EU 25.10.2016 Prof. Dr. Ralf Jahn, Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schweinfurt / Brexit - Auswirkungen auf die mainfränkische Wirtschaft
Der Blick in die Glaskugel Die Auswirkungen des Brexits für die Unternehmen im In- und Ausland hängen wesentlich vom Inhalt und dem Ausgang der Verhandlungen ab. Lt. einer Meldung des Handelsblatts will Theresa May die EU-Austrittsverhandlungen noch bis spätestens März 2017 in Gang setzen. Große Belastung für Wirtschaft, Unternehmen & Gesellschaftl Quelle Thinkstock 25.10.2016 Prof. Dr. Ralf Jahn, Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schweinfurt / Brexit - Auswirkungen auf die mainfränkische Wirtschaft
Langfristiger Horizont Auswirkungen des Brexit: Abhängig von den zukünftigen Vereinbarungen der EU mit GB. Mögliche Zukunftsmodelle nach folgenden Vorbildern: Norwegen Mitglied Europäischer Wirtschaftsraum (EWR) Schweiz Über 100 bilaterale Verträge Türkei Mit der EU durch eine Zollunion verbunden Kanada Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada (CETA) WTO-Option GB wird Drittland GB muss möglicherweise einen neuen Beitrittsantrag zur WTO stellen; in der WTO müssen 2/3 der 164 Mitglieder dem zustimmen. Quelle: DIHK 25.10.2016 Prof. Dr. Ralf Jahn, Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schweinfurt / Brexit - Auswirkungen auf die mainfränkische Wirtschaft
GB wird Mitglied im EWR: Variante 1 Gilt als unwahrscheinlich: GB wird Mitglied im Europäischen Wirtschaftsraum EWR. (dann: 27 EU-Mitgliedsstaaten + Island + Norwegen + Liechtenstein + GB) Vorteile: - Arbeitnehmerfreizügigkeit Nachteile: - GB müsste hohe Mitgliedsbeiträge - Zollfreiheit entrichten - Kapitaltransfer ohne - GB hat keinen Einfluss auf Hindernisse Entscheidungen in Brüssel 25.10.2016 Prof. Dr. Ralf Jahn, Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schweinfurt / Brexit - Auswirkungen auf die mainfränkische Wirtschaft
Ausarbeiten neuer Handelsverträge: Variante 2 Ausarbeiten neuer Handelsverträge (Bsp. Schweiz). Die Schweiz hat mehr als 100 bilaterale Verträge mit der EU. Beispielgebende Verträge zwischen der EU und der Schweiz? Freihandelsabkommen CH – EU Personenfreizügigkeit Zollerleichterungen und Zollsicherheit Freihandelsabkommen CH – EU: Die Schweiz hat mit verschiedenen Staaten Freihandelsabkommen abgeschlossen. Die Vorzugsbehandlung dieser Abkommen gilt jedoch nur für Waren, die die vorgesehenen Ursprungsbestimmungen erfüllen. Personenfreizügigkeit: Das Abkommen über die Personenfreizügigkeit (FZA) zwischen der Schweiz und den Staaten der Europäischen Union (EU) ist seit 2002 in Kraft. Mit diesem Abkommen erhalten Staatsangehörige der Schweiz und der EU-Mitgliedstaaten grundsätzlich das Recht, Arbeitsplatz bzw. Aufenthaltsort innerhalb der Staatsgebiete der Vertragsparteien frei zu wählen. Zollerleichterungen und Zollsicherheit: Vereinfachung Zollkontrollen für die mehr als 20.000 Lastwagen, die täglich die Schweizer Grenze passieren. 25.10.2016 Prof. Dr. Ralf Jahn, Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schweinfurt / Brexit - Auswirkungen auf die mainfränkische Wirtschaft
Zollunion: Variante 3 Eine Zollunion, wie sie zwischen der EU und der Türkei seit 1996 besteht. Was bedeutet eine Zollunion mit der Türkei? - freier Warenverkehr - Angleichung des türkischen Zolltarifs - Angleichung des Zollrechts - Angleichung anderer Rechtsvorschriften (geistiges Eigentum, Wettbewerb, Steuern) 1996 trat die Türkei der europäischen Zollunion bei. Seitdem können die EU und die Türkei ihre Industriegüter praktisch zollfrei handeln. 25.10.2016 Prof. Dr. Ralf Jahn, Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schweinfurt / Brexit - Auswirkungen auf die mainfränkische Wirtschaft
Freihandelsabkommen: Variante 4 Ein Freihandelsabkommen, wie es die EU mit Kanada plant (CETA). Ziele des Freihandelsabkommen CETA? - schafft den Großteil der Zölle ab - die Märkte für Dienstleistungen werden partiell geöffnet Durch CETA soll ein Großteil der Zölle zwischen Kanada und der EU wegfallen. CETA will aber nicht nur die Zölle verringern. Mit CETA ist eine Reihe von weiteren Vorteilen für die Wirtschaft verknüpft. Gerade für Deutschland bzw. Mainfranken ist der Handel mit ausländischen Märkten von entscheidender Bedeutung. Für den Erfolg der Region Mainfranken ist CETA durch den damit einhergehenden einfacheren Marktzugang essenziell. 25.10.2016 Prof. Dr. Ralf Jahn, Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schweinfurt / Brexit - Auswirkungen auf die mainfränkische Wirtschaft
GB wird WTO-Mitglied: Variante 5 Als Mitglied der Welthandelsorganisation (164 Staaten), würde GB von bereits bestehenden Handelserleichterungen gegenüber der EU und damit mit Deutschland profitieren. GB wäre damit dann auf einer Stufe mit Bangladesch und Botsuana! Was bedeutet das? GB wird wie ein Drittland behandelt und der Waren- und Dienstleistungsaustausch wird erschwert. Dies betrifft auch den Kapitaltransfer. Diese Option wäre die schlechteste. WTO: Beschäftigt sich mit Regelung von Handels- und Wirtschaftsbeziehungen. 25.10.2016 Prof. Dr. Ralf Jahn, Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schweinfurt / Brexit - Auswirkungen auf die mainfränkische Wirtschaft
Brexit-Risikoeinschätzung Brexit - rechtliche Auswirkungen: Rechtliche Auswirkungen treten nicht sofort in Kraft. Brexit - Risikoeinschätzung: Betroffene Unternehmen müssen vor Bekanntwerden des Verhandlungsergebnisses zwischen der EU und GB und des konkreten Austrittsmodells das Risiko richtig einschätzen und entsprechende Entscheidungen treffen. (insb. langfristige Investitionen, Datenschutz, Arbeitsrecht (Freizügigkeit), Beschränkungen im Handel, Schutz geistigen Eigentums) Quelle Thinkstock 25.10.2016 Prof. Dr. Ralf Jahn, Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schweinfurt / Brexit - Auswirkungen auf die mainfränkische Wirtschaft
Sichtweise GB Vorstellung erster Eckpunkte für einen EU-Austritt GBs im britischen Parlament durch den Brexit-Minister David Davis. David Davis leitet das neu geschaffene Ressort für den Brexit. Er will den EU-Binnenmarkt verlassen und warnt davor, die Folgen des Brexits zu locker zu nehmen. Er hält es für unwahrscheinlich, dass GB nach einem EU-Austritt Teil des Europäischen Binnenmarktes bleibt. GB wolle die Arbeitnehmerfreizügigkeit für EU-Bürger künftig einschränken. Natürlich wolle man Zugang zum Binnenmarkt, sagte Davis, dafür müsse man aber nicht Teil davon sein. Quelle: 05.09.2016 / Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, Reuters, mfh Analyse des Handelsblatt: „Die einzige Chance für GB, aus einem Brexit als Gewinner hervorzugehen, wäre ein einsetzender Verfall der EU. Dann könnte GB als sicherer Hafen á la CH fungieren, von dem aus sich er europ. Markt bedienen lässt. Solch ein wirtsch. Niedergang der EU insgesamt kann aber auch nicht im Interesse von GB sein…“ David Davis 25.10.2016 Prof. Dr. Ralf Jahn, Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schweinfurt / Brexit - Auswirkungen auf die mainfränkische Wirtschaft
Sichtweise DIHK „Schwerwiegende Folgen eines Brexit“ für GB und DE Dr. Martin Wansleben DIHK-Hauptgeschäftsführer: Betroffen durch Brexit sind 750.000 Arbeitsplätze in DE 2.500 deutsche Firmen in GB mit rund 400.000 Beschäftigten europäische Wertschöpfungsketten. „Enge wirtschaftliche Zusammenarbeit mit GB ist essenziell. Für die deutschen Unternehmen ist die derzeitige Unsicherheit ein großes Problem. Die Firmen wissen nicht, ob sie weiter auf der Insel investieren sollen.“ Quelle: DIHK Courier (Ausgabe 37/2016 , 16. September 2016) Dr. Martin Wansleben, DIHK 25.10.2016 Prof. Dr. Ralf Jahn, Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schweinfurt / Brexit - Auswirkungen auf die mainfränkische Wirtschaft
Kontakt Prof. Dr. Ralf Jahn IHK Würzburg-Schweinfurt Mainaustraße 33-35 97082 Würzburg Tel. 0931 4191-0 25.10.2016 Prof. Dr. Ralf Jahn, Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schweinfurt / Brexit - Auswirkungen auf die mainfränkische Wirtschaft
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 25.10.2016 Prof. Dr. Ralf Jahn, Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schweinfurt / Brexit - Auswirkungen auf die mainfränkische Wirtschaft