Armut und soziale Eingliederung 2016

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Armut und soziale Eingliederung 2016 Dr. Konrad Pesendorfer Generaldirektor Statistik Austria 2. Mai 2017 Ergebnisse aus EU-SILC 2016

Zentrale Ergebnisse 18,0% der Bevölkerung sind armuts- oder ausgrenzungsgefährdet (1.542.000 Personen). (2015: 18,3%) Armutsgefährdet: 14,1% (1.208.000 Personen) (2015: 13,9%) Geringe Erwerbsbeteiligung: 8,1% (528.000 Personen) (2015: 8,2%) Erheblich materiell depriviert: 3,0% (257.000 Personen) (2015: 3,6%) 4,3% der Bevölkerung (366.000 Personen) sind von mindestens zwei, knapp 1% (84.000) von allen drei Armuts- oder Ausgrenzungsmerkmalen betroffen. Seit 2008 sinkende Tendenz der Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung in Österreich Österreich deutlich unter EU-Durchschnitt (EU-28 2015: 23,7%) Nicht-Erwerbstätige tragen höheres Risiko sozialer Ausgrenzung: Langzeitarbeitslose (12+ Monate) 79% Working-Poor-Risiko (Einkommen des Haushalts unter der Armutsgefährdungsschwelle): 8,3% EU-SILC: „Community Statistics on Income and Living Conditions“ - Gemeinschaftsstatistiken über Einkommen und Lebensbedingungen Interpretation der Vergleichswerte 2015: Armutsgefährdung: 13,9% bzw. 1.178.000 Personen (leichte Steigerung 2016 ist nicht signifikant) Konfidenzintervalle (95% Schwankungsbreite): 2015: 12,7 / 15,1% od. +/- 106.000 Armutsgefährdete (zw. 1.073.000 und 1.284.000) 2016: 12,7 / 15,4% od. +/- 119.000 Armutsgefährdete (zw. 1.089.000 und 1.326.000) > Kurzfristig keine reale Veränderung ablesbar! Erhebliche materielle Deprivation: 2015: 3,6% bzw. 302.000 Personen 2015: 2,9 / 4,2% od. +/- 55.000 erheblich materiell Deprivierte (zw. 247.000 und 357.000) 2016: 2,3 / 3,7% od. +/- 57.000 erheblich materiell Deprivierte (zw. 199.000 und 314.000) Personen in HH mit keiner/sehr geringer Erwerbsintensität 2015: 8,2% bzw. 526.000 Personen 2015: 7,1 / 9,3% od. +/- 69.000 in Erwerbslosenhaushalten (zw. 457.000 und 595.000) 2016: 7,0 / 9,3% od. +/- 75.000 in Erwerbslosenhaushalten (zw. 453.000 und 603.000) www.statistik.at 02.05.2017

Europa-2020-Sozialzielgruppe 2016 Im Jahr 2016 umfasst die Europa 2020-Sozialzielgruppe 1,5 Millionen (1.542.000) Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdete in Österreich, das sind 18,0% der Bevölkerung. 14,1% der Bevölkerung waren armutsgefährdet, 3,0% erheblich materiell depriviert und 8,1% (der Personen unter 60 Jahren) lebten in Haushalten mit keiner oder sehr niedriger Erwerbsintensität (Definitionen im Folgenden). Da diese Merkmale in Kombination auftreten können, ist die Zahl der Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdeten geringer als die Summe der drei Einzelindikatoren. Ein gleichzeitiges Vorliegen mehrerer Indikatoren ist als höhere Intensität der Betroffenheit zu werten. 366.000 Personen sind in mindestens zwei der drei Bereiche benachteiligt – das entspricht 4,3% der österreichischen Gesamtbevölkerung oder knapp einem Viertel der Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdeten. Davon sind 84.000 Personen (knapp 1% insgesamt bzw. 5% der Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdeten) in allen drei Bereichen benachteiligt. www.statistik.at 02.05.2017

Armutsgefährdung Armutsgefährdung: < 60% des Medianeinkommens Die Armutsgefährdungsschwelle für einen Einpersonenhaushalt beträgt 2016 1.185 Euro pro Monat. Sie erhöht sich um… … 592 Euro für jeden weiteren Erwachsenen … 355 Euro für jedes Kind unter 14 Jahren. Armutsgefährdung ist ein relatives Maß der Einkommensungleichheit und wird anhand der Einkommensverteilung des Haushaltseinkommens ermittelt. Dieses wird (mit der EU-Skala gewichtet, s.u.) auf alle Personen im Haushalt aufgeteilt (=äquivalisiert). Für 2016 liegt das mittlere äquivalisierte Nettohaushaltseinkommen (Median) bei 23.694 Euro im Jahr. Die Armutsgefährdungsschwelle – das sind per europäischer Definition 60% davon - betrug 2016 somit 14.217 Euro für einen Einpersonenhaushalt, das entspricht 1.185 Euro pro Monat (12 Mal). Im Jahr 2016 gelten demnach 14,1% der Bevölkerung in Österreich bzw. 1.208.000 Personen als armutsgefährdet, da ihre Einkommen geringer als dieser Schwellenwert sind. Das verfügbare Einkommen der armutsgefährdeten Bevölkerung liegt um rund 20% unter der Schwelle (=Armutsgefährdungslücke, Abstand des Medianeinkommens der Armutsgefährdeten von der Schwelle in % der Schwelle). Um die Armutsgefährdungsschwelle zu überwinden, hätte damit ein armutsgefährdeter Einpersonenhaushalt im Durchschnitt mindestens 235 Euro pro Monat zusätzlich benötigt. Hintergrundinfo: (1) Netto-HHeinkommen / Konsumäquivalente im HH = Äquivalisiertes Netto-HHeinkommen Gewicht nach Äquivalenzskala (EU-Skala: 1. Pers=1, andere Erw.=0,5, Kinder unter 14=0,3), Annahme von economies of scale durch gemeinsame Haushaltsführung. (2) Vergleichswerte 2015: Median des äquivalisierten Haushaltseinkommens 2015: 23.260 Euro im Jahr (2016 :+ 434 Euro oder +1,9%), Armutsgefährdungsschwelle 2015: 13.956 Euro für einen Einpersonenhaushalt, 1.163 Euro pro Monat (12 Mal). Quote 13,9%. * Median des äquivalisierten Haushaltseinkommens Q: STATISTIK AUSTRIA, EU-SILC 2016. www.statistik.at 02.05.2017

Erhebliche materielle Deprivation Der Haushalt kann sich nicht leisten… (mindestens 4 von 9 Merkmalen treffen zu) in % 2008: 29 2008: 28 seit 2008 deutlicher Rückgang 2008: 13 Im Jahr 2016 waren 3 % der Bevölkerung erheblich materiell depriviert (257.000 Pers.). Hier werden 9 verschiedene Güter und Verhaltensweisen, die als Merkmale eines Mindestlebensstandards in der EU gelten, betrachtet. Nur bei einer Kumulation von mindestens 4 Benachteiligungen wird eine soziale Gefährdungslage angenommen. Der Haushalt kann sich nicht leisten: ❶Unerwartete Ausgaben bis zu 1.160€ zu finanzieren (z.B. für Reparaturen; gerundete monatliche AGF-schwelle aus SILC 2015) ❷Einmal im Jahr auf Urlaub zu fahren ❸Jeden zweiten Tag Fleisch, Fisch (oder entsprechende vegetarische Speisen) zu essen ❹Regelmäßige Zahlungen in den letzten 12 Monaten rechtzeitig zu begleichen (Miete, Betriebskosten, Kreditrückzahlungen, Wohnnebenkosten, Gebühren für Wasser-, Müllabfuhr und Kanal, sonstige Rückzahlungsverpflichtungen) ❺Einen PKW ❻Die Wohnung angemessen warm zu halten ❼Ein Fernsehgerät ❽Ein Telefon oder Handy. ❾Eine Waschmaschine (auch in Gemeinschaftswaschküche) HINTERGRUNDINFO: Die Auswahl der Merkmale gilt als vorläufig und basiert auf den zurzeit verfügbaren Informationen für alle europäischen Länder. 2009, 13 und 14 wurden vertiefende Module über materielle Deprivation in EU-SILC durchgeführt, mit dem Ziel, weitere Merkmale zu testen. Angestrebt wird größtmögliche Vergleichbarkeit zwischen den EU-Mitgliedstaaten und zusätzlich kinderspezifische Merkmale für materielle Deprivation. Letzten 3 Items in Ö irrelevant, da vollständige Deckung, aber im europ. Vergleich tw. Mängel in einigen Ländern. Ab 2016: 7 neue Deprivationsitems in die jährliche Datenerhebung aufgenommen, jedoch noch kein Vorschlag für neuen Indikator (Grenze?). 1) replace worn-out clothes by some new ones; 2) have two pairs of properly fitting shoes; 3) spend a small amount of money each week on him/herself; 4) have regular leisure activities that cost money; 5) get together with friends/family for a drink/meal at least monthly. 6) replacing worn-out furniture; 7) both a computer and an internet connection (enforced lack). 3,0% der Bevölkerung (257.000 Personen) sind erheblich materiell depriviert. 2008: 5,9 VERÄNDERUNG SEIT 2008 wird bei Klick eingeblendet! Deutlicher Rückgang seit 2008 bei unerwarteten Ausgaben, Urlaub (zwei Items mit höchstem Beitrag zur erh. mat. Depriv.) und Ernährung (Fleisch…). Bei anderen Items tw. auch Rückgang aber mit Schwankungen zw. den Jahren bzw. geringem Beitrag zum Indikator erh. mat. Depriv. Q: STATISTIK AUSTRIA, EU-SILC 2016. Zustimmung je Item in % der Bevölkerung insgesamt. www.statistik.at 02.05.2017

Keine oder geringe Erwerbsintensität 0% 5% 10% 15% 20% 25% Alleinlebende Männer Alleinlebende Frauen Mehrpersonenhaushalte ohne Kinder Haushalte ohne Pension Ein-Eltern-Haushalte Mehrpersonenhaushalte + 1 Kind Mehrpersonenhaushalte + 2 Kinder Mehrpersonenhaushalte + mind. 3 Kinder Haushalte mit Kindern Max. Pflichtschule Lehre/mittlere Schule Matura Universität Höchster Bildungs-abschluss Haushalte mit Behinderung Ø Österreich: 8,1% Niedrige Erwerbsintensität: Haushalt schöpft sein Erwerbspotenzial zu weniger als 20% aus. 8,1% bzw. 528.000 Personen (unter 60 Jahren) Als Haushalte mit keiner oder sehr niedriger Erwerbsintensität werden jene bezeichnet, in denen die Erwerbsintensität der Haushaltsmitglieder im Erwerbsalter (18-59 Jahre, ohne Studierende) weniger als 20% des gesamten Erwerbspotentials im Jahr beträgt. Dieser Indikator ist für Personen unter 60 Jahren ausgewiesen. 8,1% bzw. 528.000 Personen unter 60 Jahren lebten 2016 in Haushalten mit keiner oder sehr niedriger Erwerbsintensität. Eine Steigerung der Beschäftigung ist – u.a. neben dem Ziel zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung – ein Kernziel der Europa 2020-Strategie. Mit dem Indikator „Leben in Haushalten mit keiner oder sehr niedriger Erwerbsintensität“ fließt dieser wichtige Aspekt in den Indikator zu Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung ebenso ein. Nach Haushaltstyp betrachtet, sind Ein-Eltern-Haushalte als hauptsächliche Risikogruppe anzusehen. 21% der Personen in Ein-Eltern-Haushalten schöpfen weniger als 20% des Erwerbspotentials aus. Mangelnde Vereinbarkeit von Erwerbs- und Betreuungsarbeit äußern sich hier besonders stark. Bei Haushalten ohne Kinder fallen alleinlebende Personen oft in die Zielgruppe. In diesen Haushalten ist – im Gegensatz zu den Mehrpersonenhaushalten – kein Ausgleich von Phasen der Nicht-Erwerbstätigkeit durch andere Personen des Haushalts möglich. Die Chancen auf eine Einbindung in den Arbeitsmarkt sind auch mit der Bildung eng verknüpft: Der Abschluss einer Pflichtschule (15% gegenüber 8,1% insgesamt) geht mit einem erhöhten Risiko einher. Personen in Haushalten mit einer behinderten Person zählen mit einer Quote von 21% auch als Risikogruppe, hier treffen gleich zwei Einschränkungen aufeinander: Einerseits können Menschen mit Behinderung in der Regel nicht oder nur eingeschränkt am Erwerbsleben teilnehmen, andererseits sind andere Haushaltsmitglieder aufgrund von Pflege- und Betreuungsaufgaben zusätzlich in ihren Erwerbsmöglichkeiten eingeschränkt. HINTERGRUNDINFO: Berechnungsbeispiel für einen Haushalt mit 3 erw. Personen : Person 1 war das gesamte Jahr über Vollzeit erwerbstätig, Person 2 war 6 Monate Vollzeit erwerbstätig und Person 3 war ganzjährig Teilzeit erwerbstätig (25 Wochenstunden, 25/40*12=7,5 Monate). Das Erwerbspotenzial beträgt insgesamt 36 Monate (12*3), tatsächlich wurden insgesamt 25,5 Monate gearbeitet (12+6+7,5). Die Erwerbsintensität des Haushalts beträgt somit 71% (=25,5/36*100). Da dieser Indikator nur bei Personen unter 60 Jahren Anwendung findet, gibt es für Personen ab 60 Jahren mit den Indikatoren „Armutsgefährdung“ und „erhebliche materielle Deprivation“ lediglich zwei Bestimmungsmerkmale für Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung. Risikogruppe Q: STATISTIK AUSTRIA, EU-SILC 2016. www.statistik.at 02.05.2017

Entwicklung seit 2008 www.statistik.at 02.05.2017 Das Kernziel der Europa 2020-Strategie hinsichtlich der Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung sieht vor, innerhalb von zehn Jahren die Zahl der armuts- oder ausgrenzungsgefährdeten Menschen um 20 Millionen in der EU bzw. 235.000 in Österreich zu verringern. Basis für den Beobachtungszeitraum ist das Jahr 2008 – jenes Jahr, dessen Daten zum Zeitpunkt der Vereinbarung der Strategie im Jahr 2010 für alle Länder verfügbar waren. Blicken wir zunächst auf die zuvor erläuterten Einzelindikatoren: 1) Die Armutsgefährdungsquote ist in Österreich seit 2008 leicht im Sinken begriffen. Während sie 2008 bei 15,2% der Bevölkerung lag (1.252.000 Personen), sind im Jahr 2016 14,1% bzw. 1.208.000 Personen von Armutsgefährdung betroffen. Der Rückgang seit 2008 um 44.000 Personen liegt zwar innerhalb der Schwankungsbreite (+/- 119.000 Armutsgefährdete 2016), ist aufgrund des mehrjährigen Trends dennoch als relativ zuverlässig einzustufen. 2) Die höchste Quote der erheblichen materiellen Deprivation im Zeitverlauf ist mit 5,9% zu Beginn des Beobachtungsfensters 2008 festzustellen. Wahrscheinlich ist, dass die Ursache für die erhöhte Quote 2008 im Zusammenwirken von Einkommensentwicklung, Schuldenbelastung und Inflation lag. Danach ist ein Rückgang festzustellen. Der Prozentsatz der erheblich materiell Deprivierten hat sich in den Jahren 2011-2014 relativ stabil bei 4% eingependelt und ist bis 2016 sogar auf 3% gesunken. Dies ist ein signifikanter Rückgang 08-16. 3) Bei der Interpretation des Indikators zu Erwerbsintensität ist – wie auch bei Armutsgefährdung – darauf Rücksicht zu nehmen, dass er sich auf das jeweils vorangegangene Kalenderjahr bezieht und Arbeitsmarkteffekte erst mit einer zeitlichen Verzögerung wirksam werden. So schlägt sich die Rekordbeschäftigung von 2008 erst im Indikator von 2009 (7,0%) nieder. In den darauffolgenden Jahren geht die Quote der Personen in nicht/gering in den Arbeitsmarkt eingebundenen Haushalten – wohl in Folge der Wirtschafts- und Finanzkrise – nach oben. Nach einem Rückgang in den Jahren 2012 und 2013 erreicht sie im Jahr 2014 mit 9,1% ihren bisherigen Höchststand. Dies fällt mit einer im Jahr 2013 gestiegenen Arbeitslosenquote zusammen. 2015 fiel die Quote der Personen unter 60 in Erwerbslosenhaushalten wieder etwas geringer als 2014 aus - jedoch war das mit 8,2% der zweithöchste Wert seit 2008. 2016 (8,1%) hat sich der Wert ggü. dem Vorjahr stabil entwickelt. Zusammenfassend: Ein Sinken seit dem Startjahr 2008 ist für die Einzelindikatoren „erhebliche materielle Deprivation“ (2008: 5,9%; 2016: 3,0%) und Armutsgefährdung (2008: 15,2%; 2016: 14,1%) zu berichten. Dem gegenüber steht eine Steigerung im Ind. „keine oder sehr niedrige Erwerbsintensität“ (2008: 7,4%; 2014: 9,1% und zuletzt wieder etwas reduziert 8,1%). Q: STATISTIK AUSTRIA, EU-SILC 2008-2016. www.statistik.at 02.05.2017

Entwicklung im EU-Vergleich Untergrenze (95% KI) Obergrenze (95% KI) EU-Durchschnitt Armuts- oder Ausgrenzungs- gefährdung in Österreich Reduktionsziel Österreich „Europa 2020“- Ziel Österreich: Reduktion um 235.000 Personen > Auch wenn sich zwischen Einzeljahren Schwankungen in beide Richtungen für den Europa 2020-Indikator zeigen und sich die Entwicklungen in den Einzelindikatoren tw. unterschiedlich darstellen, kann man insgesamt vom Startwert 2008 aus betrachtet von einer Reduktion der Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung ausgehen. > Die untere durchgezogene Linie zeigt nochmals die Entwicklung in Ö (ergänzt durch Konfidenzintervall und Zielpfad): Die Frage ist, ob die bisherige Entwicklung im Indikator „Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung“ ein signifikantes Ergebnis ist. Was kann man dazu aus statistischer Sicht sagen: Jedenfalls ist eine Tendenz in die gewünschte Richtung festzustellen: der Anteil der armuts- oder ausgrenzungsgefährdeten Bevölkerung reduzierte sich von 20,6% im Jahr 2008 auf 18,0% im Jahr 2016, das entspricht etwa 157.000 Personen weniger. Die einzelnen Jahreswerte sind zwar mit einem statistischen Fehler behaftet, weshalb die Reduktion strenggenommen nicht genau beziffert werden kann, die Tendenz ist jedoch aufgrund der mehrjährigen Entwicklung relativ abgesichert. NB: Statistischen Schwankungsbreite 2016: 1.542.000 Personen +/- 124.000 Personen oder zw. 16,5% und 19,4%. > Im Gegensatz dazu die Entwicklung in der EU: Laut EU‑SILC 2008 umfasste die Sozialzielgruppe 23,7% (116 Mio) der Bevölkerung in der EU, und hat sich nach höheren Werten 2009-2014 erst 2015 wieder auf dieses Niveau (23,7%, 119 Mio) gesenkt (für EU-28 gibt es noch keinen 2016er Wert!). Die angestrebte Reduktion um 20 Mio Menschen konnte auf EU-Ebene damit – auch als Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise - bisher noch nicht erreicht werden, wenngleich sich – nach einem Anstieg bis ins Jahr 2012 – ein geringfügiges Sinken der Quote in den letzten Jahren zeigt. [Veröffentlichung von EU-28 Schnitt für 2016 im Herbst 2017 erwartet]. Q: STATISTIK AUSTRIA/EUROSTAT, EU-SILC 2008-2016. Abgerufen am 10.4.2017. Eigene Darstellung. www.statistik.at 02.05.2017

Europa-2020-Sozialzielgruppe im EU-Vergleich (2015) Achtung: Hier werden Daten 2015 gezeigt. Daten 2016 für die meisten EU-28-Länder vermutlich im Spätsommer/Herbst 2017 verfügbar! Armutsgefährdung = relativ zum nationalen Median definiert! Berücksichtigt man auch die Höhe der Armutsgefährdungsschwelle (gelbe Dreiecke), sieht man deutlich die Relativität dieses Armutsmaßes. zB Tschechien „am besten“ hinsichtlich Armutsgefährdungsquote (knapp 10%, AT 14%, EU-28 17%), jedoch sehr niedriges Wohlstandsniveau (Schwelle 4.454 Euro, in AT 2015 war es mehr als 3 Mal so viel.) Deprivation und Leben in Erwerbslosenhaushalten sind hingegen absolut definiert. Österreich ist seit Jahren im besten Drittel und deutlich unter dem EU-28 Durschnitt für Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung. Die Abstände zwischen den Ländern und das Ranking im Detail sind jedoch auf Grund der Schwankungsbreiten nicht überzubewerten. Q: EUROSTAT. EU-SILC 2015. Abgerufen am 10.4.2017. Eigene Darstellung. Daten von 2015 – noch keine EU-28 Daten für 2016 verfügbar! www.statistik.at 02.05.2017

Zusammensetzung der Sozialzielgruppe Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung: 1.542.000 Personen bzw. 18,0% der Bevölkerung Derzeitige Haupttätigkeit (nur Personen ab 16 Jahren) Armuts- oder Ausgrenzungs- risiko, Quote in % 29% Kinder und Jugendliche unter 20 Jahren Männer ab 20 Jahren Frauen ab 20 Jahren 20% 36% Erwerbstätig Pension Arbeitslos Haushalt In Ausbildung 10% 19% Wer fällt in die Sozialzielgruppe bzw. wie setzt sich diese zusammen? Anteile („Von den Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdeten sind 42% Frauen“ etc.) in den Kreisen, Risiko („Frauen sind zu 19% armuts- oder ausgrenzungsgefährdet“) in den grünen Kästchen. Quoten werden bei Klick eingeblendet! linker Kreis: Kinder und Jugendliche unter 20 Jahren sind bei den Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdeten überrepräsentiert (Anteil an der Bevölkerung gesamt: 21%, an der Sozialzielgruppe: 23%) und tragen ein erhöhtes Risiko der Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung (20%). rechter Kreis = ÜBERLEITUNG zu WORKING POOR: Nicht-Erwerbstätige tragen generell ein höheres Risiko der sozialen Ausgrenzung: Personen in Ausbildung, im Haushalt Tätige wie auch Arbeitslose zeigen erhöhte Quoten. Langzeitarbeitslose sind am häufigsten mit Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung konfrontiert – hier kommt der der Dauer der Arbeitslosigkeit eine entscheidende Rolle zu: Das Risiko sozialer Ausgrenzung beträgt 55% bei 6-11 Monaten Dauer der Arbeitslosigkeit und bei 12+ Monaten Arbeitslosigkeit sind 79% der Personen armuts- oder ausgrenzungsgefährdet. Personen, die sich derzeit als hauptsächlich erwerbstätig bezeichnen, sind mit einen Armuts- und Ausgrenzungsrisiko von 10% in der Regel wesentlich besser sozial integriert als Nicht-Erwerbstätige. Dennoch sieht man: Ihr Anteil an den 1,5 Mio Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdeten ist nicht zu vernachlässigen, fast ein Drittel aller Betroffenen ab 16 Jahren (gesamt 1,27 Mio Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdete) ist erwerbstätig (bzw. ein Viertel aller 1,5 Mio Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdeten inkl. Kinder). Von den 30% oder absolut 380.000 Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdeten, die (aktuell) erwerbstätig sind, ist der Großteil – nämlich 326.000 – armutsgefährdet. (Geringe Überschneidung zw. aktueller Erwerbstätigkeit gibt es auch mit Erwerbslosigkeit im HH – Vorjahr! – und erheblicher materieller Deprivation (jeweils ca. 50.000 Pers.), 20.000 davon sind erwerbstätig und armutsgefährdet und depriviert gleichzeitig. [Achtung: konzeptionelle Unterschiede zu working poor auf der nächsten Folie: Hier „Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung“, dort nur Armutsgefährdung Hier alle ab 16-Jährigen nach derzeitiger Haupttätigkeit, dort nur 18-64-Jährige nach Aktivität im vergangenen Jahr (erwerbstätig = mehr als 6 Monate VZ oder TZ erwerbstätig)] 57% Nach Arbeitslosigkeitsdauer: Bis 5 Monate: 27% 6-11 Monate: 55% Ganzjährig: 79% 16% 16% Q: STATISTIK AUSTRIA, EU-SILC 2016. Differenz auf 100% ist rundungsbedingt. www.statistik.at 02.05.2017

Working Poor Working Poor nach europäischer Definition: Armutsgefährdete Personen im Erwerbsalter (18-64 Jahre), die im Verlauf des Referenzjahres mehr als sechs Monate (vollzeit- oder teilzeit-) erwerbstätig waren. Armutsgefährdung = Haushaltsmerkmal Erwerbstätigkeit = Personenmerkmal Österreich 2016: 8,3% (2015: 7,8%) EU-28 2015: 9,5% Working-Poor-Risiko Quote in % Nach der Haupttätigkeit zeigt sich die armutsvermeidende Wirkung von Erwerbsarbeit – dennoch nach europäischer Definition sind 8,3% bzw. 313.000 Personen working poor, davon 180.000 Männer (9%) und 133.000 Frauen (8%) (der Erwerbstätigen zw. 18-64). 95% KI für working poor Österreich 2016 zw. 6,9 und 9,6% (Punktschätzer 8,3%, n= 391). Wer ist working poor? Der Befund des gleichen working poor Risikos für Frauen und Männer erscheint paradox – gemeinhin werden working poor als schlecht entlohnte Erwerbstätige verstanden, also etwas mit dem eher Frauen konfrontiert sind. Er erklärt sich daraus, dass nach der europäischen Definition working poor eben nur mittelbar vom individuellen Einkommen abhängt. Das Zusammenspiel individueller Erwerbstätigkeit mit der Einkommenssituation des gesamten Haushalts heißt, dass auch tendenziell gut verdienende Personen working poor sein können, wenn etwa viele Personen im Haushalt von diesem Einkommen (ggf. in Kombination mit Sozialtransfers) leben. Umgekehrt müssen auch verhältnismäßig schlecht bezahlte Personen nicht als working poor gelten, wenn die Einkommenssituation ihres Haushalts sich in Summe entsprechend vorteilhaft gestaltet. Der Indikator working poor zielt nicht darauf ab, etwas über die benachteiligte Situation von Personen am Arbeitsmarkt auszusagen. Gründe working poor zu sein, können also sowohl individuell und erwerbsbedingt – geringe Qualifikation ,schlechte Entlohnung, prekäre Jobs, geringe Wochenarbeitszeit, Diskriminierung usw. – als auch auf der Haushaltsebene zu finden sein. Besonders häufig „arm trotz Arbeit“ sind Personen mit nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft (27%). Die Quote der armutsgefährdeten Erwerbstätigen mit maximal Pflichtschulabschluss (16%) oder in Hilfsarbeitsjobs (15%) ist deutlich höher als für Personen mit universitärer Bildung (6%). Seltener betroffen sind Personen mit hochqualifizierter Tätigkeit (4%). EU-Vergleich Die Länder mit den niedrigsten working poor Quoten 2015 (noch keine Daten 2016) sind Finnland, Tschechien, Belgien und Irland – hier leben unter 5% der Erwerbstätigen in armutsgefährdeten Haushalten. Die mit Abstand höchste working poor Quote hat mit fast 19% Rumänien (auch höchste Armutsgefährdungsquote gesamt mit 25%). Setzt man working poor in Zusammenhang mit der Arbeitslosigkeit zeigt sich ein uneinheitliches Bild: In Österreich sind die Arbeitslosigkeit (2015: 5,7%, EU-28: 9,4%) und die working poor Quote unterdurchschnittlich; in einigen Ländern mit geringeren working poor Quoten hingegen deutlich höher (Finnland, Irland, Kroatien, Slowakei, Slowenien, Frankreich, Bulgarien). Spanien und Griechenland zeigen sowohl sehr hohe Arbeitslosen- als auch überdurchschnittliche working poor Quoten. Auch die Frauenerwerbstätigkeit nimmt Einfluss darauf, welche Grundlage zur Ermittlung der working poor verwendet wird. Spitzenreiter in Punkto Frauenerwerbsquoten sind die skandinavischen Länder, aber auch Deutschland, UK, die baltischen Staaten sowie die Niederlande und Österreich. Diese Länder belegen im Ranking nach der working poor Quote unterschiedliche Positionen, die meisten erreichen jedoch niedrigere Werte als im EU Schnitt. Die Länder mit der niedrigsten Arbeitsmarktpartizipation von Frauen sind in Süd- und Südosteuropa zu finden (unter 60%): Italien, Spanien, Griechenland und Rumänien – hier in Kombination mit erhöhter working poor Betroffenheit; sowie Malta und Kroatien, mit niedriger working poor Quote. Q: STATISTIK AUSTRIA, EU-SILC 2016. www.statistik.at 02.05.2017 working poor in % 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Ö 8,5 8,2 7,5 7,6 7,9 7,2 7,8 8,3 EU 8,8 8,9 9 9,6 9,5  

Armutsgefährdung und Erwerbsbeteiligung von Frauen Die Erwerbstätigkeit von Personen in Haushalten mit Kindern ist oftmals beeinflusst von Betreuungs- und Versorgungspflichten. Dies trifft in Österreich nach wie vor hauptsächlich auf Frauen zu. Zwar hat in den letzten Jahren die Einbindung der Frauen ins Erwerbsleben zugenommen, jedoch stellt das am häufigsten gewählte Modell familiärer Arbeitsteilung die Vollzeit­erwerbstätigkeit des Mannes gekoppelt mit einer Teil­zeit­erwerbs­tätigkeit der Frau dar. Wie in Grafik (rechte Spalte) gezeigt, haben vor allem Anzahl und Alter der Kinder einen Einfluss auf die Erwerbstätigkeit der Frauen im Haushalt. In weiterer Folge ist die Auswirkung der Erwerbsbeteiligung von Frauen auf das gesamte Haushalts­einkommen relevant. Wie die linke Spalte der Grafik zeigt, hat die Erwerbsbeteiligung von Frauen für alle Mitglieder eines Haushalts eine Wirkung hinsichtlich des Risikos, von Armut betroffen zu sein. Für die hier betrachteten Haus­halts­formen bedeutet das beispielsweise: zwei Drittel der alleinerziehenden Mütter mit Kindern sind ohne Erwerbstätigkeit armutsgefährdet, bei einer aufrechten Erwerbstätigkeit ist das Risiko für Eineltern­haushalte zwar immer noch überproportional hoch (21%), jedoch gegenüber einer Erwerbslosigkeit deutlich reduziert. Auch in Mehrpersonen­haushalten verringert die Erwerbstätigkeit von Frauen die Armutsgefährdungsquote aller Haus­halts­mitglieder signifikant: Während z.B. 40% der Personen in Mehrpersonenhaushalten mit mindestens drei Kindern ohne Erwerbstätigkeit der Frau armutsgefährdet sind, reduziert sich die Quote durch Erwerbs­einbindung der Frauen auf 16%. Q: STATISTIK AUSTRIA, EU-SILC 2016. Nur Mehrpersonenhaushalte, in denen mind. eine Frau von 20 bis 64 Jahren lebt. Erwerbstätigkeit für 20- bis 64-jährige Frauen. www.statistik.at 02.05.2017

Armut und soziale Eingliederung 2016 Rückfragen bitte an: Mag. Nadja Lamei Tel: +43 (1) 71128-7336 Mag. Richard Heuberger Tel: +43 (1) 71128-8285 Kontakt: Guglgasse 13, 1110 Wien Fax: +43 (1) 71128-7445 nadja.lamei@statistik.gv.at richard.heuberger@statistik.gv.at Armut und soziale Eingliederung 2016 Ergebnisse aus EU-SILC 2016

Armutsgefährdungsschwellen Armutsgefährdungs- schwellen für Beispielhaushalte Armutsgefährdungsschwelle Monatswert 1.185 Euro für einen Einpersonenhaushalt Dieser Wert wird für Haushalte anderer Zusammensetzung entsprechend angepasst, das geschieht mit Gewichtungsfaktoren nach EU-Skala (einheitliche Definition): + Faktor 0,5 oder 592 Euro pro Monat für zusätzl. Erwachsenen + Faktor 0,3 oder 355 Euro pro Monat für Kinder unter 14 Jahren. Hintergrundinfo Zur Berechnung des Haushaltseinkommens wird die Summe aller Erwerbseinkommen im Haushalt zuzüglich Kapitalerträge und Pensionen sowie allfälliger Sozialtransfers gebildet. Nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen errechnet sich das Haushaltseinkommen. Das verfügbare Haushaltseinkommen ergibt sich dann nach Abzug und Hinzurechnung von Unterhaltsleistungen und sonstigen Privattransfers zwischen den Haushalten. Die Äquivalisierung des Haushaltseinkommens erfolgt anhand der international etablierten EU-Skala, welche die erste erwachsene Person im Haushalt mit einem Konsumäquivalent von 1, jeden weiteren Erwachsenen mit 0,5 und jedes Kind (bis 13 Jahre) mit 0,3 gewichtet. So können Haushalte unterschiedlicher Zusammen­setzung und Größe miteinander verglichen werden. Q: STATISTIK AUSTRIA, EU-SILC 2016. www.statistik.at 02.05.2017

Ausgewählte Risikofaktoren (1) Armuts- oder Ausgrenzungs-gefährdung Quote in % Personen in Ein-Eltern-Haushalten – das sind vorwiegend Frauen und ihre Kinder – haben ein deutlich höheres Risiko der Armuts- und Ausgrenzungsgefährdung (38%) als die Bevölkerung insgesamt . Weitere Lebensformen, die mit einem erhöhtem Risiko der sozialen Ausgrenzung einhergehen sind das Leben als Single (vor allem ohne Pensionsbezug, 33% Männer und Frauen) und als kinderreiche Familie (mit 3 oder mehr Kindern, 31%). In diesen Haushaltskonstellationen wird eine überdurchschn. Quote der Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung ausgewiesen. In Familien mit 1 (12%) oder 2 Kindern (13%) und Mehrpersonenhaushalten ohne Kinder (13%) ist die Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung geringer. Neben dem Haushaltstyp zeigen sich beispielsweise auch nach der Bildung und Staatsbürgerschaft deutliche Zusammenhänge mit Armuts- und Ausgrenzungsgefährdung: - Personen mit EU-28 oder EFTA-Staatsbürgerschaft (Nicht-Ö) tragen ein Armuts- oder Ausgrenzungsrisiko von 36%. - Personen mit anderer ausländischer Staatsbürgerschaft mit 51% ein noch höheres Risiko. - Verfügt eine Person nur über einen Pflichtschulabschluss beträgt das Risiko der Armuts- und Ausgrenzungsgefährdung 28%. - Hingegen sind bereits Personen mit einem mittleren Schulabschluss bei Armuts- und Ausgrenzungsgefährdung geringer vertreten als im Durchschnitt und AbsolventInnen eines Studiums tragen mit 13% nur mehr etwa zwei Drittel des durchschnittlichen Ausgrenzungsrisikos. Q: STATISTIK AUSTRIA, EU-SILC 2016. www.statistik.at 02.05.2017

Ausgewählte Risikofaktoren (2) Armuts- oder Ausgrenzungs-gefährdung Quote in % Nach der Haupttätigkeit zeigt sich die armutsvermeidende Wirkung von Erwerbsarbeit: erwerbstätige Personen leben zu 10% in einem armuts- oder ausgrenzungsgefährdeten Haushalt. [das entspricht nicht working poor, die working poor Quote kombiniert nur Armutsgefährdung und Erwerbstätigkeit und liegt bei 8,3%, 313.000 Personen sind erwerbstätig und armutsgefährdet] Es kommt dabei auch auf die Qualifikation bzw. einen entsprechenden Job an: während Hilfsarbeit allein nicht reicht um das Ausgrenzungsrisiko zu senken (22%) sind bereits Facharbeiterinnen und Facharbeiter wesentlich weniger gefährdet (8%). Nicht-Erwerbstätige tragen generell ein höheres Risiko der sozialen Ausgrenzung: Personen in Ausbildung, im Haushalt Tätige wie auch Arbeitslose zeigen erhöhte Quoten. Langzeitarbeitslose sind am häufigsten mit Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung konfrontiert – hier kommt der der Dauer der Arbeitslosigkeit eine entscheidende Rolle zu: das Risiko sozialer Ausgrenzung beträgt 55% bei 6-11 Monaten Dauer der Arbeitslosigkeit und bei 12+ Monaten Arbeitslosigkeit sind gar 79% der Personen armuts- oder ausgrenzungsgefährdet. Q: STATISTIK AUSTRIA, EU-SILC 2016. www.statistik.at 02.05.2017

Hintergrund (1) konzeptionelle Fragen der Armutsmessung „Absolute“ Armut: orientiert sich i.d.R. an einem bestimmten Warenkorb – Subsistenzgrenze (auch z. B. Referenzbudgets), das „offensichtliche Elend“, „1-Dollar“-Schwelle,… vs. „Relative“ Armut: Einkommensarmut (=Ungleichheit), soziale Ausgrenzung Äquivalenzskala: EU-Skala für Äquivalenzeinkommen (bedarfsgewichtetes Pro-Kopf- Einkommen), 1 – 0,5 – 0,3 (Kinder unter 14). Europäische Vergleichbarkeit: einheitliche Definitionen vs. unterschiedliche Wohlstands- und Leistungsniveaus In EU-SILC nicht erfasste Gruppen: Personen in Anstaltshaushalten, Wohnungslose, illegale Migrantinnen/Migranten, etc. In EU-SILC nicht erfasste Themen: Sich arm fühlen, Scham, Stigmatisierung, soziale Distanz, Netzwerke, Verwahrlosung, mangelnde Tagesstruktur, Mangel an Ausdrucks-/Durchsetzungs- fähigkeit, Wahlmöglichkeiten, Chancengleichheit etc. Absolut vs. Relativ: Deprivation irgendwo dazwischen… Das äquivalisierte Nettohaushaltseinkommen ist das verfügbare Haushaltseinkommen dividiert durch die Summe der Konsumäquivalente des Haushalts. Unterstellt wird, dass mit zunehmender Haushaltsgröße und abhängig vom Alter der Kinder eine Kostenersparnis im Haushalt durch gemeinsames Wirtschaften erzielt wird. Demzufolge wird das Haushaltseinkommen mit der so genannten EU-Skala (modifizierte OECD-Skala) gewichtet: Pro HH wird ein Grundbedarf angenommen von 1. Für jede weitere erwachsene Person wird ein Gewicht von 0,5 und für Kinder unter 14 Jahren ein Gewicht von 0,3 angenommen. Ein Haushalt mit Vater, Mutter und Kind hätte somit ein errechnetes Konsumäquivalent von 1,8 gegenüber einem Einpersonenhaushalt. > Zu bedenken bleibt: Die Methode der Aufteilung des Haushaltseinkommens beeinflusst die Wahrnehmung bestimmter Armutsrisikolagen entscheidend. Zum Beispiel hängt das ausgewiesene Armutsrisiko von Familien sehr stark von der Gewichtung der Kinder ab. Nach der alten OECD-Skala (Oxford scale) geht der Hauptbezieher des Einkommens mit dem Faktor 1,0 in die Gewichtung ein, alle anderen Mitglieder des Haushaltes im Alter von 15 und mehr Jahren mit 0,7 und alle anderen mit 0,5, also mit 70 % und 50 %. Kritik: Änderungen der Skala führen immer auch zu Änderungen der Armutshöhe und v.a. der Betroffenheit einzelner Personengruppen. Umstritten ist insbesondere, ob die niedrige Gewichtung von Kindern (Faktor 0,3) realistisch ist. Unterstellt wird dabei, dass Familien mit Kindern nicht nur von den Einspareffekten von Mehrpersonenhaushalten profitieren (wie auch Paare gegenüber Singles), sondern auch gegenüber einem vergleichbaren Erwachsenen weitere 40 Prozent günstiger sind. Nach der alten OECD-Skala waren nicht nur die Einspareffekte von Mehrpersonenhaushalten geringer kalkuliert, sondern auch die von Kindern gegenüber vergleichbaren Erwachsenen (71,4 Prozent statt 60 Prozent). Diese normative Festlegung der Äquivalenzgewichte ist nicht die einzig mögliche. Till und Tentschert (2000) vergleichen eine aus den Daten des ECHP 1997 empirisch abgeleitete subjektive Äquivalenzskala für verschiedene Haushaltstypen mit der EU-Skala und können eine relativ gute Übereinstimmung für Österreich berichten (S. 10 f ). Bei Ländervergleichen hinsichtlich der Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung ist zu beachten, dass in diesem Indikator Maßzahlen, die im Absolutniveau zwischen Ländern tatsächlich vergleichbar sind (erhebliche materielle Deprivation und Quote der Personen in Haushalten mit geringer Erwerbsbeteiligung) mit einem Maß zusammentreffen, das relativ zur jeweiligen Gesellschaft definiert ist (Armutsgefährdung). Berücksichtigt man auch die Höhe der Armutsgefährdungsschwelle, sieht man noch deutlicher die Relativität dieses Armutsmaßes. > Ein Ländervergleich auf Basis des monetären Einkommens kann daher irreführend sein, da die Wohlstandsniveaus der einzelnen EU-Staaten – und folglich ihre Armutsgefährdungsschwellen – besonders nach den Erweiterungen 2004 und 2007 sehr unterschiedlich ausfallen. > Beim internationalen Vergleich spielt auch die Versorgung mit öffentlichen Gütern und Dienstleistungen eine große Rolle. Wer für Gesundheitsdienste, Bildung oder Kinderbetreuung extra bezahlen muss, hat höhere Ausgaben als jemand, dem diese Leistungen kostenfrei zugänglich sind. Ein direkter Vergleich des Lebensstandards ist auch nach Kaufkraftbereinigung nicht zulässig. www.statistik.at 02.05.2017

Hintergrundinfo (2) Armutsmessung in Österreich „Amtliche“ Armutsberichterstattung seit den 1990er-Jahren: 1995: EU-Beitritt, Europäisches Haushaltspanel (ECHP), Sozialberichte BMASK Seit 2003: neues Erhebungsinstrument EU-SILC, Durchführung Statistik Austria Seit 2004: Integrierte Quer- und Längsschnitterhebung in 18 Ländern Mittlerweile nehmen alle 28 EU-Mitgliedstaaten sowie Norwegen, Island, Türkei, die Schweiz, Mazedonien, Serbien und Montenegro an EU-SILC teil. Erhebungseinheit: private Haushalte 1x jährlich über vier Jahre hinweg, Viertel-Rotationsdesign Erhebungsmethode: telefonische und persönliche Befragungen, Nutzung von Verwaltungsdaten Freiwillige Teilnahme Grundgesamtheit: Personen in Privathaushalten in Österreich Stichprobe: rund 6.000 Haushalte pro Jahr netto Zeitreihen: SILC ab 2008, davor Bruch durch Umstieg auf Verwaltungsdaten (Qualitätsverbesserung!) – keine Interpretation der Veränderungen vor 2008. NutzerInnen: Rund 40 Institutionen zählen zu den regelmäßigen NutzerInnen der nationalen EU-SILC-Daten. Mikrodaten sind kostenfrei für Forschung verfügbar. Anfragen: Pro Jahr werden allein von den MitarbeiterInnen des EU-SILC Teams an die 150 telefonische und schriftliche Anfragen zu EU-SILC beantwortet. Anfragen, die über den allgemeinen Auskunftsdienst oder die Pressestelle abgewickelt werden, sowie Anfragen von teilnehmenden Haushalten, sind nicht eingerechnet. Immer schnellere Ergebnisse: Lieferung an Eurostat Anfang 2016, dann intensive Prüfung und Veröffentlichung der endgültigen und vollständigen Indikatorenliste zeitglich mit für die meisten Länder noch vorläufigen (bzw. auf materielle Deprivation eingeschränkten) Ergebnissen – kaum mehr weitere Beschleunigung möglich, da Abhängigkeit von VWD (Lieferung für Vorjahr im Herbst des Erhebungsjahres). www.statistik.at 02.05.2017

Hintergrundinfo (3) Berechnung des Haushaltseinkommens ~ 86% des gesamten verfügbaren Haushaltseinkommens stammen 2016 aus VWD www.statistik.at 02.05.2017