Krisenintervention in der Palliativmedizin - Dr. phil. Gerlinde Geiss-Mayer

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In memoria Prof. Dr. med. Christian Scharfetter
 Präsentation transkript:

Krisenintervention in der Palliativmedizin DR. PHIL. DIPL.-PSYCH. GERLINDE GEISS-MAYER

Übersicht Teil 1: Begriff der Krise ◦Was sind Krisen? Definitionen, Taxonomien, Prävalenz, Diagnostik ◦Krisenverläufe Moderierende Faktoren, Krisenverlaufsmodelle ◦Krise und Suizidalität Fakten, Abgrenzung Teil 2: Krisenintervention ◦Was ist Krisenintervention? Definitionen, Ziele, Grundlagen ◦Ablauf von Krisenintervention Akutinterventionen, Interventionsmodelle ◦Krisenintervention bei Suizidalität Diagnostik, Vorgehen Fazit und Abschluss

Übersicht Teil 1: Begriff der Krise ◦Was sind Krisen? Definitionen, Taxonomien, Prävalenz, Diagnostik ◦Krisenverläufe Moderierende Faktoren, Krisenverlaufsmodelle ◦Krise und Suizidalität Fakten, Abgrenzung Teil 2: Krisenintervention ◦Was ist Krisenintervention? Definitionen, Ziele, Grundlagen ◦Ablauf von Krisenintervention Akutinterventionen, Interventionsmodelle ◦Krisenintervention bei Suizidalität Diagnostik, Vorgehen Fazit und Abschluss

Teil 1: Was sind Krisen?

Was ist eine psychische Krise?  schmerzhafter seelischer Zustand oder Konflikt (innerhalb einer Person oder zwischen mehreren Personen)  entsteht, wenn sich einer Person Hindernissen auf dem Weg zur Erreichung wichtiger Lebensziele oder bei der Alltagsbewältigung gegenübersieht und diese nicht mit den gewohnten Problemlösungsmethoden bewältigen kann  äußert sich als plötzliche oder fortschreitende Verengung der Wahrnehmung, der Wertesysteme sowie der Handlungs- und Problemlösefähigkeiten  stellt bisherige Erfahrungen, Normen, Werte und Ziele in Frage  hat für die betreffende Person einen bedrohlichen Charakter  ist zeitlich begrenzt

Verena Kast versteht unter Krise die Einengung bzw. Klemme, in der sich das ganze Leben auf ein Problem reduziert (Kast, 1989). Unter psychosozialen Krisen verstehen wir „den Verlust des seelischen Gleichgewichts; ausgelöst durch Ereignisse oder Lebensumstände, die der betroffene Mensch nicht bewältigen kann. Die Umstände überfordern die früher erworbenen und erprobten Hilfsmittel zur Erreichung wichtiger Lebensziele oder zur Bewältigung von belastenden Situationen.“ (Definition von Caplan und Cullberg, nach Sonneck 1995)

Wie empfindet jemand eine Krise? Das Ereignis scheint oft ü̈berraschend/hereinbrechend. Die Lage scheint unberechenbar oder nicht bewältigbar. Es sind viele oder subjektiv zu viele Emotionen vorhanden. Es kann wenig Informationen aufgenommen werden. Das Thema erfährt eine hohe Aufmerksamkeit im psychischen Geschehen.

Was wissen wir über psychische Krisen?

Taxonomie von Krisen - traumatischen Krisen plötzlich auftretende Ereignisse, deren schmerzliche Natur allgemein anerkannt ist (Tod oder Verlust einer nahestehenden Person, Ausbruch einer lebensbedrohlichen Erkrankung, Verlust des Arbeitsplatzes oder andere Schicksalsschläge) - Traumata schwere psychische und/oder körperliche Verletzungen durch Gewalttaten, Unfälle oder Katastrophen, die Menschen unter normalen Umständen nicht erleben müssen - Veränderungskrisen Ereignisse des üblichen Lebensverlaufs, die zu veränderten Lebensumständen führen (Verlassen des Elternhauses, Umzug, Heirat, beruflicher Aufstieg, Auszug der Kinder, Berentung, Umzug ins Altenheim, etc.) Schwere chronische Erkrankungen fallen per definitionem in den Grenzbereich zwischen kritischen Lebensereignissen und Traumata, da sie im individuellen Fall Charakteristika der einen oder anderen Gruppe aufweisen können.

Praxis: Krisen im Berufsalltag „Mit welchen Krisensituationen habe ich beruflich zu tun?" „Was ist in diesen Situationen mein professioneller Auftrag?“

Prävalenz kritischer Lebensereignisse EreignisPrävalenz Zeuge einer Traumatisierung8,5% Kriegsbezogenes Trauma6,7-8,2% Schwerer Unfall4,6% Lebensbedrohliche Erkrankung3,0% 24,0% der Deutschen durchlebt im Lebensverlauf mindestens ein Trauma (28,0% der Frauen, 20,9% der Männer). Lebenszeitprävalenz in den USA: 51,2% bei Frauen, 60,7% bei Männern (Kessler et al., 1995). (Maercker et al., 2008)

Schwere Erkrankung als kritisches Lebensereignis Quellen von Belastung im Lauf einer schweren (chronischen) Erkrankung: - Unheilbarkeit und Verschlechterung - Unkontrollierbarkeit des Krankheitsverlaufs - Reduzierung der körperlichen Leistungsfähigkeit - Begrenzung der Zukunftsperspektive - Bedrohung der körperlichen Integrität - Abhängigkeit vom Krankheitsversorgungssystem - Hospitalisierung - Notwendigkeit eines Behandlungsregimes - persönliche und soziale Verluste. (Beutel, 1988)

Machen Krisen krank? (Maercker et al., 2008)

Wo finden wir Krisen im ICD-10? Akute Belastungsreaktion (F43.0): vorübergehende Störung, die innerhalb von Stunden oder Tagen abklingt Posttraumatische Belastungsstörung (F43.1): Hält bis zu acht Wochen an; danach werden spezifische traumatherapeutische Maßnahmen erforderlich. Anpassungsstörung (F43.2): länderandauernde Zustände von subjektiver Bedrängnis und emotionaler Beeinträchtigung. Hervorstechendes Merkmal kann eine kurze oder längere depressive Reaktion oder eine Störung anderer Gefühle und des Sozialverhaltens sein. Therapeutische Begleitung ist indiziert. Andauernde Persönlichkeitsveränderung durch Extrembelastung (F62.0): Störung nimmt über Jahre hinweg einen chronischen Verlauf. Akute Suizidalität kann ggf. gesondert kodiert werden: Sonstige Symptome, die die Stimmung betreffen (R45.8): Suizidalität oder Suizidgedanken, wenn nicht im Rahmen einer anderen psychischen Störung

Was passiert in einer Krise?

Moderierende Faktoren für die Schwere eines Krisengeschehens 1. Vulnerabilität des psychischen Systems: (Diathese-Stress-Modell) Stichwort: „Resilienz“

Moderierende Faktoren für die Schwere eines Krisengeschehens 2. Bewertung des Stressors durch die Person: (Transaktionales Stressmodell nach Lazarus, 1974)

Moderierende Faktoren für die Schwere eines Krisengeschehens 3. die Vorgeschichte:

Krisenmodell nach Caplan (1964) 1. Konfrontation mit einer Veränderungssituation 2. Bekanntes Problemlösungsverhalten 3. Ineffektivität/subjektives Versagen 4. Reaktionsphase: Mobilisierung innerer und äußerer Ressourcen -> Bewältigung -> Rückzug/Resignation -> Chronifizierung 5. Psychische Dekompensation -> Vollbild der Krise

Krisenmodell nach Cullberg (1978) 1. Schockphase: Konfrontation mit einer traumatischen Situation 2. Reaktionsphase: -> Mobilisierung innerer und äußerer Ressourcen zur Anpassung -> Alkohol-, Medikamenten-, Drogenmissbrauch -> Körperliche Krankheit/Chronifizierung -> suizidales Verhalten 3. Bearbeitungsphase: -> Betrauerung, gelingende Anpassung, Verarbeitung, neue Copingstrategien, psychische Wiederherstellung -> Neurotisierung -> Fixierung 4. Neuorientierung: Integration der Krisenerfahrung, Selbstwertgefühl wiederhergestellt, neue Beziehungen ("Objekte")

Krisenbewältigungsmodell nach Schuchardt (1985)

Krisenphasen nach Kübler-Ross: “Change curve“

Krise als schöpferischer Prozess nach Kast (1989)

Synthese von Krisenverlaufsmodellen Gewissheit Verleugnung Fixierung, Neurotisierung Aggression Interesse Schock Annahme Wendepunkt Depression, Suizidalität Trauer Strategien, Ressourcen Aktivität Stichwort: „posttraumatische Reifung“

Eine Krise ist beides... Krise: „gr.: krisis, lat.: crisis, Entscheidung, entscheidende Wendung, als Terminus der medizinischen Fachsprache zur Bezeichnung des Höhe- und Wendepunktes einer Krankheit... Im 18. Jh. beginnt Gebrauch des Wortes im Sinne von ‚entscheidende, schwierige Situation‘.“ (Duden)

Krisen und Suizidalität

Praxis: Suizidale Krisen im Berufsalltag „Habe ich in meinem beruflichen Feld bereits suizidale Krisen erlebt?“ „Wie habe ich in diesen Situationen reagiert, bzw. wie würde ich rückblickend in ihr handeln? Was würde ich empfehlen?“

Fakten zu Suizid Risikogruppen für Suizidalität: für Suizid: ältere, alleinstehende Männer; für Suizidversuch: jüngere Frauen in über 90%: Menschen mit psychiatrischen Erkrankungen (Depression, Suchterkrankungen, Schizophrenie) Menschen in akuten Krisen (z.B. bei sozialer Isolation, Arbeitslosigkeit, Schulden, Scheidung, Traumatisierung) Menschen mit Suiziden/ Suizidversuchen in der Familie Menschen mit Suizidversuchen in der Vorgeschichte Menschen nach Entlassung aus psychiatrischen Kliniken Stichwort: „präsuizidales Syndrom“ (E. Ringel)

Abgrenzung zwischen Krise und Suizidalität KriseSuizidgefährdung Schwere subjektive Notlage, entstanden aus einem Zusammenbruch der Hilfepotenziale und Bewältigungsstrategien, in der Folge von schweren belastenden lebensverändernden Ereignissen AnlassObjektiv medizinische Notfallsituation; Akute Verschlechterung des Krankheitszustandes bzw. Gefährdung durch eine psychiatrische Krankheit/chronisch psychischen Störung —> Vorlage von Selbst-/Fremdgefährdung —> nicht mehr bestehende Kommunikations- /Kooperations-/Beziehungsfähigkeit Intervention sollte innerhalb von 24 bis 48 Stunden erfolgen ZeitUnmittelbarer Handlungsbedarf zur Abwendung von Gefahr Multidisziplinäre Zusammenarbeit sinnvoll, aber nicht unbedingt notwendig Wer interveniertMedizinisch- psychiatrische Beurteilung oder Kooperation mit anderen Institutionen; Bedarf medizinisch-psychiatrische Hilfe Beziehungsaufnahme, Behandlung, PräventionZielrasche symptomatische Behebung des bedrohlichen Zustandes, Herstellen von Schutz und Sicherheit Lösungs-und Ressourcenorientiert Interventionhandelndes Eingreifen

Übersicht Teil 1: Begriff der Krise ◦Was sind Krisen? Definitionen, Taxonomien, Prävalenz, Diagnostik ◦Krisenverläufe Moderierende Faktoren, Krisenverlaufsmodelle ◦Krise und Suizidalität Fakten, Abgrenzung Teil 2: Krisenintervention ◦Was ist Krisenintervention? Definitionen, Ziele, Grundlagen ◦Ablauf von Krisenintervention Akutinterventionen, Interventionsmodelle ◦Krisenintervention bei Suizidalität Diagnostik, Vorgehen Fazit und Abschluss

Teil 2: Was ist Krisenintervention?

Definition von Krisenintervention Krisenintervention ist allgemein eine kurzfristige Einflussnahme von außen, wenn sich eine Situation für ein Individuum oder ein soziales System akut bedrohlich zuspitzt. Das Ziel der Intervention ist, eine kritische Entwicklung zur möglichen Katastrophe aufzuhalten und zu bewältigen. Krisenintervention ist gekennzeichnet u. a. durch: - zeitliche Begrenztheit des Eingreifens, - therapeutischer Bezug zu einem konkreten krisenauslösenden Faktor, - Beschränkung der Behandlungsziele auf dessen Bewältigung unter Zentrierung auf vorhandene Ressourcen, - Realitätsorientiertheit. Krisentintervention umfasst 1-6 therapeutische Gespräche. Krisenintervention wird der supportiven Psychotherapie zugeordnet.

Krisenintervention versus Krisenreflexion Für BeraterInnen leitend ist die Unterscheidung zwischen aktueller Krisenintervention und Krisenbearbeitung nach der akuten Krise: In aktuellen Krisenphasen geht es darum, die „nächste Zeit“ zu strukturieren und zu überleben. Wer gerade von einer schlimmen Nachricht getroffen wurde, kann nicht darüber sprechen, welchen Sinn dieser Zustand für sein späteres Leben haben könnte. Erst nach der akuten Krisenphase ist es möglich, sich der äußeren und inneren Bedeutung der Krise und eventuell anstehenden Entscheidungen zuzuwenden.

Ziele von Krisenintervention (Smoliner, o.J.)

Professionelle Haltung Es geht darum, dass Sie der betroffenen Person helfen, die Kontrolle über ihre eigenen Gefühle wieder zu finden. Dazu braucht es Ihre einfühlsame Anteilnahme mehr als heftige emotionale Reaktionen. Sie als Helfer/in sollten in der Lage sein, extreme Gefühle von Betroffenen auszuhalten ohne vorschnell zu versuchen, diese einzudämmen. Wenn die Person von ihren Gefühlen überwältigt wird, müssen Sie ihr dabei helfen, damit zurecht zu kommen. Sie müssen der/diejenige sein, der/die „normal funktioniert“ und müssen der Person, die Sie betreuen, die nötige Ruhe und Struktur zur Verfügung stellen, die sie braucht, um zu irgendeiner Form des Alltags zurückzukehren. Helfer/innen sind in bestimmten Situationen alles andere als mächtig und müssen Ohnmacht aushalten können! Sie müssen zwar empathisch sein und sich einfühlen können, Sie dürfen sich aber auf keinen Fall mit der Person, die Sie betreuen, überidentifizieren. Sie müssen auch fähig sein, Distanz zu wahren!

Grundlegende Kommunikationstechniken Schweigenkann vermeiden aufdringlich zu wirken, kann Ausdruck von Respekt für den Betroffenen zeigen Auf nonverbale Signale achten um Kommunikation leichter aufrecht zu erhalten WiederholenWorte verwenden, die auch der Betroffene verwendet hat. Genauigkeit des Zuhörens kann überprüft werden, der Betroffene fühlt sich verstanden Paraphrasierenin eigenen Worten die wichtigsten Aussagen des Betroffenen zusammenfassen. Diese Technik ähnelt mehr einem Gespräch als das Wiederholen. Mehrdeutigkeiten können geklärt werden, der Betroffene hört, was er gerade gesagt hat und kann es somit überprüfen (abschwächen, verstärken) Spiegeln von Gefühlenwesentliche Gefühle werden dem Betroffenen gespiegelt: „Sie sehen wütend aus" oder „Sie wirken traurig". Hilft über Gefühle leichter zu sprechen, anerkennt und akzeptiert diese Gefühle Offene Fragenkönnen die Introspektion fordern. Fragen beginnen mit: „Was?", Wie?“, „Warum?", „Beschreiben Sie..." Geschlossene Fragenbeschränken die Antwortmöglichkeit, können Struktur bieten

Wie kann Krisenintervention ablaufen?

Krisenintervention sollte sein Einfach 2. Pragmatisch 3. Problemorientiert 4. Innovativ 5. Rasch beginnend 6. Kurz (nach Smoliner: Krisenberatung und Krisenbegleitung. O.J.)

Krisenintervention in Akutsituationen Stichwort: „Notfallpsychologie“

Krisenintervention in 8 Schritten Krisenintervention läuft in den folgenden acht aufeinander folgenden Schritten ab: - Vertrauensvoller Kontakt - Emotional entlasten - Krise analysieren - Krisenfokus definieren - Ressourcen analysieren - Ziele definieren - Probleme bearbeiten - Nachsorge einleiten (Künzli & Haberland, 2014)

SAFER-Modell nach Mitchell & Everly SStabilize Stimmulanzverminderung Entfernen der Person vom akuten Krisenherd; Reduktion der akuten Belastungssymptome AAcknowledge Akzeptieren der Krise Betroffenen beschreiben lassen; Möglichkeit geben Gefühle auszudrücken FFacilitate Fördern des Verstehens Belastungssymptome erklären; Symptome als normale Reaktion erkennen: "Normale Reaktion eines gesunden Menschen auf ein nicht normales Ereignis." EEncourage Entwicklung von Bewältigungsstrategien Informationen zur Stressbewältigung; Stabilisierung der Situation RRecovery Rückführung in Eigenständigkeit Eigenständigkeit wird als Möglichkeit gesehen; Wiederherstellung des Gleichgewichts; auf weitere Hilfsangebote verweisen

Zum SAFER-Modell... Mitchell & Everly sprechen von einem „Gegengift“ gegen das „Gift“ der Krise: – Ruhiges und sicheres Auftreten hilft gegen Angst. – Verlangsamung hilft gegen Übererregung oder Raserei – Struktur hilft gegen Chaos (Behandlungskonzepte hilfreich!) – Rationales Denken hilft gegen ü̈berschwemmende Gefühle – Emotionale Entlastung hilft gegen Frustration und Anspannung – Information hilft gegen Kontrollverlust – Akzeptanz und soziale Unterstützung helfen gegen Entfremdung und Rückzug – Handeln hilft gegen Hilflosigkeit

BELLA-Konzept nach Sonneck (1997)  den Betroffenen so nehmen, wie er ist  ihm anzeigen, dass ich mit ihm sprechen möchte  nicht argumentierend diskutieren  mir meiner eigenen Gefühle und ihre Ursachen klar sein/werden  die eigenen Wertmaßstäbe hintanstellen  objektivierende Distanz vermeiden

BELLA-Konzept nach Sonneck (1997) Fragen stellen über:  Ereignisse, Folgen, betroffene Personen  Physisches (Schlaf, Ernährung, Schmerzen …)  Psychisches (Gefühle, Selbstwert, Denkfähigkeit, Aktivität …)  frühere ähnliche Ereignisse und Befindlichkeiten  Fähigkeiten und Möglichkeiten des Klienten erkunden (Hinweise auf Aktivität, Autonomie, Selbstwert, soziale Integration)  Gefahren für Leben, Gesundheit, Existenz des Klienten erkunden

BELLA-Konzept nach Sonneck (1997)  Symptome als Warnsignale des Körpers realisieren helfen  den Betroffenen ermutigen, Gefühle zuzulassen  Probleme klar definieren  Ängste bei der Realisierung von Lösungswegen bearbeiten  Stresszustände mit passenden Methoden abbauen

BELLA-Konzept nach Sonneck (1997) Aktivierung sozialer Ressourcen fördern

BELLA-Konzept nach Sonneck (1997)  Hilfestellung bei wichtigen Entscheidungen bieten  an bisherige Lösungsstrategien des Betroffenen anknüpfen  Problemdefinition sehr genau vornehmen und auf das Wesentliche fokussieren  Erste Veränderungen entscheiden lassen und mit konkretem Handlungsplan versehen

Synthese von Kriseninterventionsmodellen

Vorab klären: “In welche Situation begebe ich mich?“ Haltung einnehmen: einfühlsame Anteilnahme, Ruhe & Struktur/Halt geben, innere Distanz wahren

Synthese von Kriseninterventionsmodellen Vorab klären: “In welche Situation begebe ich mich?“ Haltung einnehmen: einfühlsame Anteilnahme, Ruhe & Struktur/Halt geben, innere Distanz wahren Evtl. Akutfall: Erstintervention Beruhigen Kontakt machen Realität herstellen Stabilisieren (zu Zeit, Person) Kontrolle herstellen Gedanken fördern

Synthese von Kriseninterventionsmodellen Vorab klären: “In welche Situation begebe ich mich?“ Haltung einnehmen: einfühlsame Anteilnahme, Ruhe & Struktur/Halt geben, innere Distanz wahren Evtl. Akutfall: Erstintervention Krise im Mittelpunkt Beruhigen Kontakt machen Realität herstellen Stabilisieren (zu Zeit, Person) Kontrolle herstellen Gedanken fördern gute, stabile Beziehung aufbauen Krise ansprechen und Gefühle halten Erklären und normalisieren Fokus der Krise definieren Überforderung reduzieren Pragmatische Ziele finden Ressourcen aktivieren

Synthese von Kriseninterventionsmodellen Vorab klären: “In welche Situation begebe ich mich?“ Haltung einnehmen: einfühlsame Anteilnahme, Ruhe & Struktur/Halt geben, innere Distanz wahren Evtl. Akutfall: Erstintervention Weiter HaltenKrise im Mittelpunkt Beruhigen Kontakt machen Realität herstellen Stabilisieren (zu Zeit, Person) Kontrolle herstellen Gedanken fördern gute, stabile Beziehung aufbauen Krise ansprechen und Gefühle halten Erklären und normalisieren Fokus der Krise definieren Überforderung reduzieren Pragmatische Ziele finden Ressourcen aktivieren Konkretes in die Hand geben Erneutes Gespräch anbieten Weiterverweisen Soz. Netze aktivieren Selbstwert & Eigen- ständigkeit stärken

Kasuistik: Junge Brustkrebspatientin mit BRCA1-Mutation und starkem Kinderwunsch Die 32-jährige Frau C. wurde konsiliarisch während ihres stationären Aufenthalts kurz nach der Diagnosestellung Mammakarzinom und geplanter Chemotherapie gesehen. Es war ihr kurz nach Diagnosestellung eine genetische Beratung empfohlen worden. Bereits der Gedanke, es könne sich um eine erbliche Brusterkrankung handeln, versetzte sie in große Angst, zum einen, da ihr Kinderwunsch nicht abgeschlossen war, zum anderen da sie bereits antizipierte, sich im Falle eines positiven Testergebnisses beide Brüste abnehmen zu lassen. In der Krise ging es zunächst darum, ihre starken Gefühle von Angst und Verzweiflung auszuhalten („Holding and Containing“), und im Verlauf der folgenden psychotherapeutischen konsiliarischen und dann auch ambulanten Behandlung mit ihr die sie belastenden Themen nacheinander durchzuarbeiten. In der Folge entschloss sie sich für eine genetische Testung, die eine Mutation im BRCA1-Gen ergab. Des Weiteren bewältigte sie die Chemotherapie und entschied sich zur beidseitigen Mastektomie mit Brustaufbau. Nachdem sie im Vorfeld die Möglichkeiten der Kryokonservie- rung gut abgewogen hatte, konnte sie wenige Jahre später akzeptieren, kein Kind zu bekommen.

Krisenintervention beim suizidalen Menschen

Ausgangssituation – Cave! Viele Laien (aber auch Profis) scheuen das Thema Suizid, um keine „schlafenden Hunde“ zu wecken. Das Thema ist so unangenehm und emotional, dass viele entweder: abweisend distanziert reagieren oder sich hilflos, aufgeregt identifizieren. Das Thema ist so unangenehm, dass viele es schnell beenden: indem sie dem Anderen die Suizidalität „ausreden“ wollen. oder indem sie vorschnelle Lösungsvorschläge machen, die dem Betroffenen nicht angemessen sind. Gefahr: Der Betroffene spürt unsere Überforderung und zieht sich zurück.

Im Umgang mit suizidalen Menschen... NICHT: - werten ("das ist ja schrecklich") - beschwichtigen ("das ist ja alles nicht so schlimm") - zu schnell nach positiven Änderungsmöglichkeiten suchen - als persönliche Provokation auffassen SONDERN: - ernst nehmen - genau nachfragen / konkret ("sich umbringen, Selbstmord") - nach konkretem Handlungsplan fragen (Risiko größer!) - fragen, was den Patienten noch am Leben hält. - Bagatellisierendes Verhalten des Patienten ist kein vermindertes Risiko. Kann sich Patient nicht deutlich vom Suizidgedanken distanzieren, Kollegen einschalten und ggf. Patient auch gegen seinen Willen stationär einweisen lassen (Selbstgefährdung) Stichwort: „Nocebo-Effekte“

Gesprächsangebote und Fragen für das diagnostische Gespräch Geht es Ihnen manchmal so schlecht, dass Sie auch daran denken, das Leben habe keinen Sinn mehr? Haben Sie sich jemals so niedergeschlagen gefühlt, dass Sie daran dachten, Selbstmord zu begehen? Oder hatten Sie über mehr als 2 Wochen den Wunsch zu sterben? Haben Sie jemals konkrete Pläne gemacht, wie Sie Selbstmord begehen könnten? Haben Sie jemals versucht, Selbstmord zu begehen? Halten Sie Ihre Situation für aussichtslos? Denken Sie ständig nur an Ihre Probleme? Haben Sie noch Interesse an Ihrem Beruf? Ihren Hobbies? Haben Sie Vorstellungen, wie Sie dies tun würden? Haben Sie Vorbereitungen getroffen? Haben Sie mit jemandem über Ihre Absicht gesprochen? Fühlen Sie sich einer religiösen/moralischen Gemeinschaft verpflichtet?

Spektrum möglicher Schritte bei akuter Suizidalität Kurzfristige Wiedereinbestellung Facharzt hinzuziehen Angehörige hinzuziehen Antisuizidpakt schließen Kontinuierliche Betreuung zu Hause sicherstellen medikamentöse Entlastung (Benzodiazepine; z.B. Tavor 2x1 mg) eventuell stationäre Einweisung (auch gegen Wunsch des Betroffenen möglich)

Exkurs: Zur stationären Einweisung bei akuter Suizidalität Ein Mensch ist intensivpflichtig, wenn man Suizidalität feststellt. In diesem Fall (und besonders bei Patienten mit psych. Erkrankung) muss man den Patienten auch gegen seinen Willen stationär unterbringen, sonst: unterlassene Hilfeleistung (Eigengefährdung; PsychKG). Er braucht: - Zeit zum Überdenken seiner Situation - Auflösung der Einengung - Klärung der Ambivalenz - Entwicklung positiver Zukunftsperspektiven

Fazit

1.„Krise“ ist oft pathologisch belegt. Sie ist aber zugleich „Zeit der Gefahr“ und „Zeit der Wende/Chance/Gelegenheit“. 2.Suizidale Krisen sind charakterisiert durch Selbst-/Fremdgefährdung und nicht mehr bestehendes Kommunikations-/Kooperations-/Beziehungsfähigkeit. In diesem Fall: Handelndes Eingreifen. 3.Krisenintervention erfordert vom Professionellen (a) einfühlsame Anteilnahme, (b) das Aushalten von Gefühlen, (c) Ruhe und Strukturierung und (d) professionelle Nähe & Distanz. 4.Grundbotschaft der Krisenintervention: „Krise ist die normale Reaktion eines gesunden Menschen auf ein nicht normales Ereignis.“ 5.Krisenintervention ist einfach, pragmatisch, problemorientiert, innovativ, rasch beginnend und kurz.

1.„Krise“ ist oft pathologisch belegt. Sie ist aber zugleich „Zeit der Gefahr“ und „Zeit der Wende/Chance/Gelegenheit“. 2.Suizidale Krisen sind charakterisiert durch Selbst-/Fremdgefährdung und nicht mehr bestehendes Kommunikations-/Kooperations-/Beziehungsfähigkeit. In diesem Fall: Handelndes Eingreifen. 3.Krisenintervention erfordert vom Professionellen (a) einfühlsame Anteilnahme, (b) das Aushalten von Gefühlen, (c) Ruhe und Strukturierung und (d) professionelle Nähe & Distanz. 4.Grundbotschaft der Krisenintervention: „Krise ist die normale Reaktion eines gesunden Menschen auf ein nicht normales Ereignis.“ 5.Krisenintervention ist einfach, pragmatisch, problemorientiert, innovativ, rasch beginnend und kurz.

1.„Krise“ ist oft pathologisch belegt. Sie ist aber zugleich „Zeit der Gefahr“ und „Zeit der Wende/Chance/Gelegenheit“. 2.Suizidale Krisen sind charakterisiert durch Selbst-/Fremdgefährdung und nicht mehr bestehendes Kommunikations-/Kooperations-/Beziehungsfähigkeit. In diesem Fall: Handelndes Eingreifen. 3.Krisenintervention erfordert vom Professionellen (a) einfühlsame Anteilnahme, (b) das Aushalten von Gefühlen, (c) Ruhe und Strukturierung und (d) professionelle Nähe & Distanz. 4.Grundbotschaft der Krisenintervention: „Krise ist die normale Reaktion eines gesunden Menschen auf ein nicht normales Ereignis.“ 5.Krisenintervention ist einfach, pragmatisch, problemorientiert, innovativ, rasch beginnend und kurz.

1.„Krise“ ist oft pathologisch belegt. Sie ist aber zugleich „Zeit der Gefahr“ und „Zeit der Wende/Chance/Gelegenheit“. 2.Suizidale Krisen sind charakterisiert durch Selbst-/Fremdgefährdung und nicht mehr bestehendes Kommunikations-/Kooperations-/Beziehungsfähigkeit. In diesem Fall: Handelndes Eingreifen. 3.Krisenintervention erfordert vom Professionellen (a) einfühlsame Anteilnahme, (b) das Aushalten von Gefühlen, (c) Ruhe und Strukturierung und (d) professionelle Nähe & Distanz. 4.Grundbotschaft der Krisenintervention: „Krise ist die normale Reaktion eines gesunden Menschen auf ein nicht normales Ereignis.“ 5.Krisenintervention ist einfach, pragmatisch, problemorientiert, innovativ, rasch beginnend und kurz.

1.„Krise“ ist oft pathologisch belegt. Sie ist aber zugleich „Zeit der Gefahr“ und „Zeit der Wende/Chance/Gelegenheit“. 2.Suizidale Krisen sind charakterisiert durch Selbst-/Fremdgefährdung und nicht mehr bestehendes Kommunikations-/Kooperations-/Beziehungsfähigkeit. In diesem Fall: Handelndes Eingreifen. 3.Krisenintervention erfordert vom Professionellen (a) einfühlsame Anteilnahme, (b) das Aushalten von Gefühlen, (c) Ruhe und Strukturierung und (d) professionelle Nähe & Distanz. 4.Grundbotschaft der Krisenintervention: „Krise ist die normale Reaktion eines gesunden Menschen auf ein nicht normales Ereignis.“ 5.Krisenintervention ist einfach, pragmatisch, problemorientiert, innovativ, rasch beginnend und kurz.

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