Workshop, 23.6.2010 Rosa-Luxemburg-Stiftung, Berlin Stefan Meretz, keimform.de Commons und die Linke(n) No rights reserved. Do what you want.

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 Präsentation transkript:

Workshop, Rosa-Luxemburg-Stiftung, Berlin Stefan Meretz, keimform.de Commons und die Linke(n) No rights reserved. Do what you want.

Commons und die Linke(n) Übersicht: I.Voraussetzungen II.Begriffe der Commons III.Commons und das Öffentliche IV.Linke Commons-Politik?

I. Voraussetzungen Keine umfassende Einführung in den Commons- Diskurs Drei Elemente werden als bekannt vorausgesetzt: 1. Commons jenseits von Markt und Staat 2. Commons als soziale Form der Produktion 3. Commons in einer Güter-Systematik Ok, hier eine kurze Zusammenfassung...

1. Commons jenseits von Markt und Staat „What one can observe in the world,... is that neither the state nor the market is uniformly successful in enabling individuals to sustain longterm, productive use of natural resource systems. Further, communities of individuals have relied on institutions resembling neither the state nor the market to govern some resource systems with reasonable degrees of success over long periods of time“ Elinor Ostrom (1990), Governing the Commons, S.1

Erbe des Codex Justinianus res nullius res privatae res publicae res communes alle Eigentüme r Öffentlichkeit Gemeinschaft unregulier t markt-reguliert staats-reguliert peer-reguliert „Sache“Zugrif f Regulatio n

Gemeing üter als soziale Form der Produktion Gemeins chaft Regeln Ressource n Naturgüt er Produkt e Commo ns Commonin g

3.... in einer Güter-Systematik

Soziale Form Ware ● für den Tausch/Verkauf privat hergestelltes Gut ● Voraussetzungen sind Knappheit und Exklusion Subsistenz ● für sich selbst oder Bekannte hergestelltes Gut ● kein Tausch, sondern geben, nehmen, zirkulieren Commons ● für allgemeine Andere hergestelltes Gut ● kein Tausch, sondern Nutzung nach Regeln ● Träger und Pfleger sind Gemeinschaften

Rechtsform Privateigentum ● exklusive Verfügung ● unabhängig von Beschaffenheit und Besitz Kollektiveigentum ● Privateigentum für kollektive Zwecke ● Gemeineigentum, Staatseigentum, AG, VEB, etc. Freies Gut (Niemandsland) ● sozial ungeregelte Güter im freien Zugriff ● Tragik der Allmende ist Tragik des Niemandslands

II. Begriffe der Commons Schwierigkeiten beim Denken von Commons ● Denken jenseits der Dichotomie Markt – Staat ● Garrett Hardins „Tragödie der Commons“ ● Unangemessene Unterordnungen: – Niemandsland – Öffentliche Güter ● Widerspruch gegen herkömmliche Denkgebäude – Marktliberale Theorien – Staatsregulatorische Theorien

„Grüner Commons-Begriff“ Bausteine: Quelle: S. Helfrich et. al (2009), Gemeingüter – Wohlstand durch teilen isolierte Einzelne

Die Baustein-Formel Die Resultate bzw. Produkte fehlen! ● Gemeingüter ≠ Produkte – widerspricht Formel ● Ressourcen = Produkte – möglich, aber nicht immer ● Es gibt keine Gemeinschaften ohne „Regeln“

Sind irgendwie alles Gemeingüter? Quelle: P. Barnes (2008), Kapitalismus 3.0: ein Leitfaden zur Wiederaneignung der Gemeinschaftsgüter

Nicht alles ist Gemeingut, aber vieles kann Gemeingut werden Gemeingüter kennzeichnet... ● dass eine Ressource, gleich ob Wasser oder Wissen, dauerhaft gemeinsam genutzt wird, statt sie zu verbrauchen oder anderen vorzuenthalten ● dass sich eine identifizierbare Gruppe um die entsprechende Ressource kümmert und sie pflegt, statt die der Freibeuterei zu überlassen ● dass diese Gruppe sich auf angemessene und transparente Regeln verständigt, statt Regellosigkeit zu akzeptieren ● dass der Umgang mit den Ressourcen weitgehend selbstorganisiert ist, statt fremdbestimmt zu sein ● dass alle Nutzer mitgestalten und mitbestimmen können, statt sich immer nur vertreten zu lassen ● dass der Nutzen sich verteilt, statt sich zu konzentrieren Quelle: S. Helfrich et. al (2009), S. 20

„There is no commons without commoning“ – Peter Linebaugh Etwas modifizierte Bausteine: Menschen stellen ihre Lebensbedingungen gesellschaftlich her

Die neue Baustein-Formel Was passiert mit den Produkten? ● Produkte = Ressourcen → bleiben Commons ● Produkte können Commons verlassen: – Als Ressourcen für andere Commons – Als Waren für den Markt??

„Linker Commons-Begriff“...fokussiert auf: ● Produkte, Produktionsweise und Produktions- mittel (commons-basierte Peer-Produktion) ● Individuelle Entfaltung (Freiheit) in kollektiver Handlungsfähigkeit (Gleichheit) ● Zusammengehörigkeit weltweiter (Wieder-) Aneignungsprozesse der Commons ● Commons als grundsätzliche Alternative und nicht bloße Ergänzung zu Markt und Staat ● Commons als Kernelement einer neuen Vergesell- schaftungsform jenseits des Kapitalismus ► Commons als Transformationsperspektive

III. Commons und das Öffentliche ● Rainer Rilling: Wie konstituiert sich Allgemeines in Abhebung vom Privaten? ● Projekt des Öffentlichen nach diesen Kriterien: – Demokratisierung – Beförderung von Gleichheit – Gemeinwohlorientierung – Individualität durch Teilhabegerechtigkeit ► Commons entsprechen diesen Kriterien ► Was ist dann aber der Unterschied?

Staat und Öffentliches ● „Allgemeines“ als „das vom Staat repräsentierte und zugleich inkorporierte Öffentliche... im Gegensatz zum Besonderen der Privatförmigkeit der Ökonomie und des Marktes“ (S. 181) ● Gewährungs- statt Gestaltungsverhältnis ● Durchsetzung des Öffentlichen mit der Staatslogik (Standort, Wettbewerb, Finanzen etc.) ● Übergriffigkeit des Staatlichen auf das Individuelle (Kontrollwahn, Überwachung, Repression etc.) ► Allgemeines nur als Aushandlungsverhältnis unterschiedlicher Partialinteressen

Zitat »...eine Kommune ist der Idealzustand eines Commons. Doch genau dann, wenn glorreiche Stadträte anfangen, von "Investoren" zu schwatzen, denen man "Verlässlichkeit" demonstrieren müsse, genau dann ist der Commons wieder aufgebrochen, wird zum Abfischteich für einen großen Pott, dem der Zustand der Gemeinde und ihre Entwicklungs- bedingungen für die Bürger wurstegal sind, käseegal, schnapsegal. Hauptsache, die Kasse klingelt. Und genau dieser Ansatz fehlt im Entwurf der Linken noch immer. Vielleicht auch, weil ihre wichtigsten stadtpolitischen Sprecher noch gar nicht begriffen haben, worum es geht.« Ralf Julke, Umbau bis 2020: Leipzigs Linke diskutieren "Ökologische Leitlinien zur Klima- und Energiepolitik", Leipziger Internetzeitung, :

Probleme des Öffentlichen ● Öffentliches als rückwärtsgewandtes Projekt des Fordismus („Öffentlicher Dienst“, „Anstalt des öffentlichen Rechts“ etc.) ● Konkretion des Öffentlichen ist Staatliches ● Öffentlich-staatliches ist Fremdes („nicht meins“) ● Geringe Geltung des Individuellen („nicht ich“) ● Orientierung auf Stellvertretung ● Teilhabe nur als erlaubte Teilnahme ● Keine Selbstermächtigung und Selbstentfaltung ► Strukturelle Identität von Staat und Öffentlichem ► Fehlendes transformatorisches Potenzial

Chancen des Öffentlichen ● Positive Zusammenhänge: – öffentlich = offen – öffentlich = transparent – öffentlich = (kosten-)frei zugänglich – öffentlich = diskriminationsfrei – öffentlich = verhandelbar, interventionsfähig ● Öffentliches als Offengelegtes, nicht Geheimes – Negativbeispiel: Geheimverträge Wasser Berlin – Positivbeispiel: Freedom of Information Act (USA)

Staat und Commons ● Allgemeines als Gesellschaftliches ist das zur Geltung gebrachte Besondere der individuellen Entfaltung ● Staat setzt Rahmenbedingungen der Entfaltung des »Commonalen« (Recht, Infrastruktur etc.) ● Staat ist Förderer der Commons, weil die Commons ein Bestandteil der öffentlichen Infrastruktur sind ● Stete Gefahr: Instrumentalisierung der Commons für Verwertungszwecke oder Einsparziele ► Strukturelle Differenz von Staat und Commons

IV. Linke Commons-Politik? Ein paar Rahmenkriterien: ● Verbindung der positiven Momente einer Politik des Öffentlichen (Offenheit) und der Commons ● Entfaltung des Commons-Ansatzes als Kritik am dominanten neoliberalen Diskurs ● Überschreitung der bloßen Verteilungskritik zur Kritik der allgemeinen Verwertungsimperative ● Akzeptanz und Unterstützung der Commons als eigenen gesellschaftlichen Aktivitätsraum ● Herausheben der Interdependenz von globalen und lokalen Handlungsanforderungen

Probleme einer linken Commons-Politik Infragestellung zahlreicher „linker Gewohnheiten“: ● Staatsorientierung und Machtfokussierung ● Privilegierung der Gleichheit vor der Freiheit ● Stellvertretungsansatz ● Wissensmonopolisierung ● Entscheidungszentralisierung ● Hierarchische Organisationsformen (betrifft unterschiedliche Ansätze in unterschiedlichem Maße)

... noch ein Literaturtipp: An Architektur, „On the Commons: A Public Interview with Massimo De Angelis and Stavros Stavrides“, in: e-flux Journal #17, june-august 2010, online: Danke :-)