Prof. em. Dr. Dirk Olzen, Direktor IMR Die haftungsrechtliche Bedeutung von Richtlinien, Leitlinien und Empfehlungen.

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Prof. em. Dr. Dirk Olzen, Direktor IMR Die haftungsrechtliche Bedeutung von Richtlinien, Leitlinien und Empfehlungen

Anspruchsgrundlagen im Arzthaftungsprozess  Anspruchsgrundlagen für Schadensersatz bei Behandlungs- und/oder Aufklärungsfehlern: Vertraglicher Schadensersatzanspruch, §§ 280 I, 241 II BGB Deliktischer Schadensersatzanspruch, § 823 BGB  Beide Anspruchsgrundlagen betreffen verschuldensabhängige Haftung. Arzt haftet nur bei vorwerfbarem Verhalten. 2

Verschuldensmaßstab  Grundsatz: Haftung für vorsätzlich oder fahrlässig begangene Aufklärungs- und/oder Behandlungsfehler, vgl. § 276 I 1 BGB  Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt, § 276 II BGB  Sorgfaltsmaßstab im Arzthaftungsrecht: Der im Zeitpunkt der Behandlung allgemein anerkannte fachliche Standard, soweit nicht ausnahmsweise etwas anderes vereinbart ist, § 630a BGB (Facharztstandard) 3

Ermittlung des medizinischen Standards  Unbestimmter Rechtsbegriff  Konkreter Inhalt wird durch das Gericht regelmäßig mithilfe eines Sachverständigen ermittelt  Für das Gericht stellen sich folgende Fragen: Bestimmen Richtlinien, Leitlinien und/oder Empfehlungen den medizinischen Standard? Falls nein, sind sie bei der Konkretisierung des Standards beachtlich? 4

Richtlinien  Einzelne Richtlinien sind berufsrechtlich verbindlich (nicht haftungsrechtlich)  Haftungsrechtliches Problem: Richtlinienverstoß = Sorgfaltspflichtverstoß?  Gerichte sind an Recht und Gesetz gebunden, Art. 20 III GG  Stellt Richtlinie/Leitlinie Rechtsquelle iSd. Art. 20 III GG dar? 5

Richtlinien des GBA  GBA hat Kompetenz zum Richtlinienerlass, §§ 137, 92 I 1 SGB V  Richtlinien des GBA sind deshalb untergesetzliche Normen, an die Gerichte gebunden sind  Richtlinien des GBA sind nach der Rspr. mit dem medizinischen Standard gleichzusetzen  Ein Verstoß wurde von den Gerichten zum Teil sogar als grober Behandlungsfehler (Beweislastumkehr zulasten des Arztes) gewertet 6

Richtlinien der BÄK  Bundesärztekammer hat keine Rechtssetzungskompetenz  Gerichte sind daher an Richtlinien der BÄK nicht gebunden  Praktische Bedeutung im Haftungsprozess haben Richtlinien der BÄK, wenn und soweit der Sachverständige oder das Gericht sie als Hilfsmittel heranzieht 7

Leitlinien  Erlassende Institutionen, wie etwa die AWMF, besitzen keine Rechtssetzungskompetenz  Die §§ 630a ff. BGB, die den Behandlungsvertrag regeln, enthalten keine Aussage zum Einfluss von Leitlinien  Keine Verbindlichkeit der Leitlinien wegen Art. 20 III GG (Bindung des Gerichts an Recht und Gesetz)  Rspr. zieht Leitlinien als Quelle zur Ermittlung des medizinischen Standards heran 8

Thesen der Rechtsprechung zu Leitlinien  Leitlinien legen den Haftungsstandard nicht fest  Leitlinien ersetzen kein Sachverständigengutachten  Insbesondere zum Zeitpunkt der Behandlung aktuelle Leitlinien können den Standard wiedergeben  Sie sind deshalb „Wegweiser“ bei der Ermittlung des geschuldeten Sorgfaltsmaßstabs 9

Empfehlungen  Empfehlungen kommt keine Rechtsnormqualität zu  Die Gerichte sind nicht an sie gebunden  Empfehlungen sollen nach dem Willen der erlassenden Institutionen den Standard nicht wiedergeben  Ihnen kommt im Arzthaftungsprozess regelmäßig geringe Wirkung zu 10

Zusammenfassung  Ein Verstoß gegen eine Richtlinie des GBA begründet einen Sorgfaltspflichtverstoß  Richtlinien der BÄK sowie Leitlinien kommt indizielle Bedeutung bei der Bestimmung des konkret geschuldeten Standards zu  Empfehlungen haben regelmäßig keinen Einfluss auf den Arzthaftungsprozess 11

12 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Prof. Dr. Dirk Olzen Direktor IMR