Bundeskinderschutz- gesetz Umsetzung des § 72a (4) SGB VIII – Tätigkeitsausschluss einschlägig vorbestrafter Personen Irene Schuchart, Landratsamt Karlsruhe,

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 Präsentation transkript:

Bundeskinderschutz- gesetz Umsetzung des § 72a (4) SGB VIII – Tätigkeitsausschluss einschlägig vorbestrafter Personen Irene Schuchart, Landratsamt Karlsruhe, Jugendamt 07. Juli 2016

Übersicht Daten und Fakten Ausgangslage Was ist neu am Gesetz? Gesetz und Auftrag nach § 72a Abs. 4 SGB VIII Konkrete Schritte zur Umsetzung Selbstverpflichtungserklärung Präventions- und Schutzkonzept Wo bekommen Sie Hilfe?

Daten und Fakten  jede/r Zehnte hat in ihrer/seiner Kindheit und Jugend sexuellen Missbrauch erlebt (Häuser et. al. 2011)  Andere Studien (Wetzels 1997, Bieneck et al. 2011) gehen von Häufigkeiten zwischen 6 und 16 Prozent aus Demnach wurden im Jahr 2013 täglich etwa 40 Kinder Opfer sexuellen Missbrauchs - insgesamt wurden Taten registriert.

Ausgangslage Gesetzgeber hat auf Fälle von Kindesmissbrauch mit Reihe gesetzlicher Regelungen reagiert:  Bundeskinderschutzgesetz (BKiSchG) – Ein Gesetzespaket (am in Kraft getreten) Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG) Änderung bzw. Neufassung des SGB VIII u.a. § 72a SGB VIII Änderung anderer Gesetze Ziel: Verbesserung eines umfassenden Schutzes von Kindern und Jugendlichen

Was ist neu am Gesetz? Neufassung des § 72a SGB VIII Tätigkeitsauschluss einschlägig vorbestrafter Personen: Ein eventueller Tätigkeitsausschluss ist durch die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses gem. § 30a BZRG festzustellen. Auch neben- und ehrenamtlich in der Kinder- und Jugendhilfe tätige Personen sind in den Anwendungsbereich einbezogen. § 72a SGB VIII erfasst alle Träger der freien Jugendhilfe sowie Vereine gem. § 54 SGB VIII.  Einschlägig vorbestrafte Personen von der Wahrnehmung von Aufgaben in der Kinder- und Jugendhilfe fernzuhalten bzw. auszuschließen und damit Kindeswohlgefährdungen vorzubeugen.

Gesetz und Auftrag nach § 72a Abs. 4 SGB VIII (4) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen durch Vereinbarungen mit den Trägern der freien Jugendhilfe sowie mit Vereinen im Sinne des § 54 sicherstellen, dass unter deren Verantwortung keine neben- oder ehrenamtlich tätige Person, die wegen einer Straftat nach Absatz 1 Satz 1 rechtskräftig verurteilt worden ist, in Wahrnehmung von Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe Kinder oder Jugendliche beaufsichtigt, betreut, erzieht oder ausbildet oder einen vergleichbaren Kontakt hat. Hierzu sollen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Trägern der freien Jugendhilfe Vereinbarungen über die Tätigkeiten schließen, die von den in Satz 1 genannten Personen auf Grund von Art, Intensität und Dauer des Kontakts dieser Personen mit Kindern und Jugendlichen nur nach Einsichtnahme in das Führungszeugnis nach Absatz 1 Satz 2 wahrgenommen werden dürfen.

Gesetz und Auftrag nach § 72a Abs. 4 SGB VIII Partner der Vereinbarung anerkannte Träger der freien Jugendhilfe Jugendamt

Gesetz und Auftrag nach § 72a Abs. 4 SGB VIII Wer sind freie Träger der Jugendhilfe? Jugendverbände, Wohlfahrtsverbände, Kirchen, Vereine und sonstige Initiativen und Gruppen Freie Träger sind anerkannt nach § 75a SGB VIII Bedingung dieser Anerkennung ist u. a. die Tätigkeit in der Jugendhilfe, gemeinnützige Ziele… Die Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts sowie die auf Bundesebene geschlossenen Verbänden der freien Wohlfahrtspflege sind nach § 75 Abs. 3 SGB VIII „automatisch“ anerkannte Träger der freien Jugendhilfe.

Konkrete Schritte zur Umsetzung Schritt 1 Prüfen Sie, ob Sie ein anerkannter Träger der freien Jugendhilfe bzw. ein in der Jugendarbeit tätiger Verein/Verband, Kirche oder sonstige Initiative/Gruppierung sind, die unter die Regelung des § 72a SGB VIII fallen.

Konkrete Schritte zur Umsetzung Schritt 2 Prüfen Sie in Ihrem Verein, ob für Ihr Kinder- und Jugendangebot die Einsichtnahme in ein erweitertes Führungszeugnis der ehren- oder nebenamtlich tätigen Personen erforderlich ist.

Konkrete Schritte zur Umsetzung - zu Schritt 2: Art, Dauer und Intensität des Kontakts („qualifizierte Kontakte“) Art des Kontaktes Hierarchie- oder Machtverhältnis Vertrauensbildende und kontaktintensive Situationen, die ausgenutzt werden können Potentielles Näheverhältnis Intensive Beaufsichtigung, Betreuung, Erziehung Altersdifferenz

Konkrete Schritte zur Umsetzung - zu Schritt 2: Intensität des Kontaktes wenn die Tätigkeit von vorwiegend einer Person ausgeübt wird wenn die Tätigkeit in einem geschlossenen Raum bzw. nicht einsehbaren Ort stattfindet Dauer des Kontaktes Regelmäßigkeit, in der Tätigkeit stattfindet (wöchentliche Gruppenstunde, Training) Wochenendseminar, Workshops… Freizeit, Zeltlager, Jugendherberge…

Konkrete Schritte zur Umsetzung - Anlage zu Schritt 2

Konkrete Schritte zur Umsetzung Schritt 3 Nach Feststellung der Tätigkeiten, die die Einsichtnahme in ein erweitertes Führungszeugnis erfordern, bitten Sie die entsprechenden ehren- oder nebenamtlich tätigen Personen, dieses bei der zuständigen Meldebehörde (Rathaus) gebührenfrei zu beantragen.

Führungszeugnis, wie funktioniert es? Mindestens alle 5 Jahre nicht älter als 3 Monate Es darf nur Einsicht genommen werden (in der Regel durch den Vereinsvorstand) Unverzügliche Löschung spätestens 3 Monate nach Beendigung der Tätigkeit Betreuer muss das Führungszeugnis selbst bei der jeweiligen Kommune beantragen für Ehrenamtliche kostenfrei! Konkrete Schritte zur Umsetzung - zu Schritt 3:

Erweiterte Führungszeugnisse  Verurteilungen wegen Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht,  wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung,  wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen und  wegen Straftaten gegen die persönliche Freiheit Konkrete Schritte zur Umsetzung - zu Schritt 3:

Konkrete Schritte zur Umsetzung - Anlage zu Schritt 3

Relevante Straftaten (§ 72a (1) SGB VIII) Es dürfen keine Personen eingesetzt werden, die rechtskräftig wegen folgenden Straftaten verurteilt sind: § 171 Verletzung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht § 174 Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen § 174a Sexueller Missbrauch von Gefangenen, behördlich Verwahrten oder Kranken und Hilfsbedürftigen in Einrichtungen § 174b Sexueller Missbrauch unter Ausnutzung einer Amtsstellung § 174c Sexueller Missbrauch unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses §§ 176 bis 176b Tatbestände des sexuellen Missbrauchs von Kindern §§ 177 bis 179 Tatbestände der sexuellen Nötigung und des sexuellen Missbrauchs Konkrete Schritte zur Umsetzung - zu Schritt 3:

§ 180 Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger § 180a Ausbeutung von Prostituierten § 181a Zuhälterei § 182 Sexueller Missbrauch von Jugendlichen § 183 Exhibitionistische Handlungen § 183a Erregung öffentlichen Ärgernisses §§ 184 bis 184d Verbreitung pornografischer Schriften und Darbietungen §§ 184e bis 184f Ausübung verbotener und jugendgefährdender Prostitution § 225 Misshandlung von Schutzbefohlenen §§ 232 bis 233a Tatbestände des Menschenhandels § 234 Menschenraub § 235 Entziehung Minderjähriger § 236 Kinderhandel Konkrete Schritte zur Umsetzung - zu Schritt 3:

Schritt 4 Nachdem die ehren- oder nebenamtlich tätige Person das erweiterte Führungszeugnis erhalten hat, legt diese bei Ihnen das erweiterte Führungszeugnis zur Einsichtnahme vor. Die Einsichtnahme in das Führungszeugnis ist von Ihnen entsprechend zu dokumentieren. Es darf nicht einbehalten werden, sondern muss im Besitz der ehrenamtlichen Person bleiben. Konkrete Schritte zur Umsetzung

Konkrete Schritte zur Umsetzung - Anlage zu Schritt 4

Selbstverpflichtungserklärung Es ist möglich, dass sich Tätigkeiten in der Kinder- und Jugendarbeit spontan und kurzfristig ergeben. Spontanes Engagement Krankheitsvertretung Besuch von befreundeten Verbänden Betreuernotstand aufgrund vieler Teilnehmer bei offenen Angeboten etc. Selbstverpflichtungserklärung ersetzt nicht die Vorlage des erweiterten Führungszeugnisses.

Präventions- und Schutzkonzept Es gibt kein allgemeingültiges Schutzkonzept, vielmehr sollten Sie als Träger eigene Standards festlegen und diese auf Ihre Bedürfnisse vor Ort anpassen.  Selbstverpflichtung  Fortbildung  Verhaltensregeln  Beschwerdefreundlichkeit  Personalauswahl  Notfallplan Jedes Kind muss im Schnitt 7 Personen ansprechen, bis es Hilfe bekommt…

Klare Positionierung des Trägers gegen sexualisierte Gewalt auf allen Ebenen Verankerung des Themas (Schutz von Kindern und Jugendlichen) in der Satzung Erstellung und Bekanntgabe eines Krisenleitfadens für den Notfall Benennung möglichst einer weiblichen und männlichen Person, die als Ansprechpartner/in im Verein oder in der Einrichtung bekannt ist Einsichtnahme in erweiterte Führungszeugnisse von Ehrenamtlichen (§ 72a SGB VIII) und Abschluss einer Vereinbarung mit dem örtlichen Jugendamt Präventions- und Schutzkonzept

Wo bekommen Sie Hilfe? Psychologische Beratungsstellen im Landkreis Karlsruhe Karlsruhe, Ettlingen, Graben-Neudorf, Bruchsal, Bretten, Östringen Kontaktstelle für Beratung im konkreten Fall oder bei Verdachtsfällen Wildwasser & Frauennotruf Karlsruhe Kontaktstelle für Präventionsveranstaltungen Kreisjugendring e.V. Landkreis Karlsruhe Für Sportvereine Fachstelle kein Missbrauch Stadt Karlsruhe Telefonische Beratungsstellen Tel / Kinder- und Jugendtelefon „Nummer gegen Kummer“, Tel Telefonseelsorge, Tel / Beratung im Internet

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Kontaktstelle Kinderschutz im Ehrenamt - Umsetzung des § 72a SGB VIII Landratsamt Karlsruhe - Jugendamt Irene Schuchart Wolfartsweierer Straße 5 in Karlsruhe Tel /