Frauenrechte global: Auswirkungen der CEDAW Konvention Susanne Zwingel Associate Professor Department of Politics and International Relations, Florida.

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 Präsentation transkript:

Frauenrechte global: Auswirkungen der CEDAW Konvention Susanne Zwingel Associate Professor Department of Politics and International Relations, Florida International University Artwork by Fehmi Baumbach

Drei Leitfragen und theoretischer Rahmen Was ist die CEDAW Konvention? Was ist sie geworden? Wie weit reicht sie? Theoretischer Rahmen: Norm translation statt Norm diffusion Diskussion in Internationalen Beziehungen um norm diffusion: Fokus liegt auf der Entstehung globaler Normen und deren Ausbreitung in nationale Kontexte Norm translation: Normen entstehen prinzipiell überall und diffundieren in verschiedene Richtungen (keine von-global-zu-national Einbahnstraße) Normen werden kontinuierlich verhandelt und stehen nicht fest (Verhandlung kann Verstetigung oder Hinterfragung/ Veränderung erzeugen) Normen sind diskursiv, müssen aber auch in Praktiken übersetzt werden (prinzipiell nicht perfekt); dafür ist “Übersetzungsarbeit” nötig. Wer tut diese, und wie?

Visuell dargestellt: Keine Normkaskade; Norm-quilt making Bildquellen: making.html

Was ist die CEDAW Konvention? Internationaler Vertrag zu Frauenrechten (1979) Entstehungskontext: Stellung von Frauen zunehmend relevant für international Politik (Internationales Jahr der Frau 1975); Kritik am Menschenrechtsrahmen als androzentrisch Staaten verpflichten sich durch Ratifizierung des Vertrages Frauenrechte umzusetzen (189 von 197 bis 2016) Staaten haben periodische Berichtspflicht und treten in “konstruktiven Dialog” mit CEDAW Ausschuss bezüglich ihrer Verpflichtungen durch die Konvention; der Ausschuss beurteilt jeden Staat durch sogenannte “concluding observations” Seit 2000 existiert das Fakultativprotokoll mit zwei zusätzlichen Beschwerdeverfahren (105 Ratifizierungen)

CEDAW Inhalt in Kurzform: Beendigung aller Formen von Diskriminierung gegen Frauen mit dem Ziel der Gleichstellung von Männern und Frauen (formal, substantiell, transformativ); Staatsverantwortung Art. 1 Definition of discrimination against women (broad) Art. 2 State obligations (legal equality and equality of outcome) Art. 3 Guarantee of fundamental freedoms Art. 4 Temporary special measures/ protection of motherhood Art. 5 Modification of gender stereotypes Art. 6 Suppression of trafficking and exploitation of prostitution Art. 7, 8 Equality in public life and political participation Art. 9 Equality in nationality rights Art. 10 Equality in education Art. 11 Equality in employment Art. 12 Equality in access to health care and appropriate reproductive health services Art. 13 Equality in respect to family benefits, financial credit, sports and culture Art. 14 Elimination of discrimination against rural women Art. 15 Equality before the law Art. 16 Equality in marriage and family

Was ist CEDAW geworden? 30+ Jahre Ausschussarbeit Zunehmende internationale Anerkennung des Instruments Ausschuss hat Konvention kontinuierlich interpretiert 1)Höhere Ansprüche an Vertragsstaaten (Geschlechts-disaggregierte statistische Daten; Gesetzesänderungen als erster Schritt; Prinzip “due diligence”; follow up bzgl. Ausschussempfehlungen) 2)Inhaltliche interpretationen des Vertrages – oft Erweiterung und Vertiefung (z.B. Gewalt gegen Frauen; TSMs; reproduktive Rechte und Gesundheit) 3)Integration von Nicht-Regierungsorganisationen in den Dialog  Verbesserung der Bewertung; kritische Information; neue Themen

Wie weit reicht CEDAW? “Ungeplante” Übersetzungsaktivitäten von NGOs, UN-Institutionen und anderen Beispiele: “Global to Local Program” (IWRAW Asia Pacific) – Verknüpfung von NGOs mit der Konvention (Beitrag zum Dialog; unterstützt auch Arbeit mit der Konvention zu Hause) CEDAW South East Asia Program (UNIFEM und CIDA) – 4 Jahre, 7 Staaten (signifikante Veränderungen angestoßen) Viele Initiativen von NGOs zu CEDAW Umsetzung (z.B. Nepal, Erbschaftsrecht; Japan, Equal Employment Opportunities Law)

Wie weit reicht CEDAW? Reaktionen der Staaten Nähe zur Konvention 1) Prinzipiell/ rhetorisch (Ratifizierung, Vorbehalte, Ratifizierung Falultativprotokoll): Hohes Niveau Vorbehalte: 80% der Vertragsstaaten ohne Vorbehalte; 6% mit kompatiblen und 14% mit inkompatiblen Vorbehalten 2) Substantiell (zeitliche Einhaltung der Berichtspflicht): Niedriges Niveau Fast alle Vertragsstaaten berichten in längeren Abständen als vorgesehen; 72% verspäten sich mehr als 2 Jahre pro Report  Verlängert die Intervalle zwischen den konstruktiven Dialogen mit dem Ausschuss

Dialogue frequency of CEDAW States parties in years,

Auswirkungen in zwei Staaten mit guter Verknüpfung: Finland Chile Geschlechterregime: Gleichheit Ratifizierung: Substantieller Prozess Starke WPA – gut in Regierung vernetzt NGOs: Zusammenarbeit mit Regierung Innerstaatlich kein Widerstand zu CEDAW Drei Themen im konstruktiven Dialog: 1) Gleichstellung in Arbeitswelt, 2) Gewalt gegen Frauen, 3) Menschenhandel und Prostitution CEDAW Einfluss: partiell in 2, begleitend in 1 und 3 Geschlechterregime: Differenz Ratifizierung: Ende der Diktatur Schwache WPA – marginalisiert/ kooptiert NGOs: Opposition zu Regierung Innerstaatlich Widerstand zu CEDAW Drei Themen im konstruktiven Dialog: 1) Politische Partizipation, 2) Reproduktive Rechte, 3) Gewalt gegen Frauen CEDAW Einfluss: partiell; 1 und 3 besser mit Geschlechterregime vereinbar

Wie weit reicht CEDAW? Unsystematische Umsetzungsaktivitäten, aber viele “implementation events”: CEDAW wird oft benutzt, mit verschiedenen Zielen, von verschiedenen Akteuren, meistens gegen Widerstände Bereiche: Gesetzesänderungen; Anti-Diskriminierungs-/Gleichstellungsgesetze/- programme; Verfassungen Gewalt gegen Frauen Gesundheit und reproduktive Gesundheit Gleichstellung in Arbeitswelt und Erziehung Land- und Besitzrechte Bekämpfung von Geschlechterstereotypisierung Online-Bibliographie zu CEDAW Auswirkungen:

Zusammenfassend: Grundsätzlich resultieren “perfekte Normen” in “verwässerter Praxis”  Teil von Normübersetzung (kein Scheitern) Beeinndruckend viel Arbeit mit der Konvention – aber kaum systematische Umsetzung (Faktoren: Akteurskonstellationen; normativer Kontext; Gelegenheitsstrukturen)  Zentral: Kontinuierliche “agency” – transnational und national vernetzte Akteure CEDAW ist ein begrenzter normativer Rahmen (z.B. keine Behandlung von Privilegien; Intersektionalitätsfokus muss erweitert werden) Aber: Geeignet, um Frauenrechte als Prozess zu sehen und zu verändern; relativ offen für verschiedene Gleichstellungsvisionen

Gewidmet: Hanna-Beate Schöpp-Schilling, Shanthi Dairiam, und Savitri Goonesekere Vielen Dank für Ihre/ Eure Aufmerksamkeit!