3. Kausalitätsfragen bei psychischen Fehlentwicklungen im Unfallversicherungsrecht Die Rechtsprechung gemäss BGE 115 V 133 –Banale bzw. leichte Unfälle:

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3. Kausalitätsfragen bei psychischen Fehlentwicklungen im Unfallversicherungsrecht Die Rechtsprechung gemäss BGE 115 V 133 –Banale bzw. leichte Unfälle: Bei leichten Unfällen (z.B. gewöhnlicher Sturz, geringfügiges Anschlagen des Kopfes, Übertreten des Fusses etc.) kann die Adäquanz zwischen Unfall und psychischen Fehlentwicklungen in der Regel ohne Weiteres verneint werden. –Schwere Unfälle: Bei schweren Unfällen ist die Adäquanz zwischen Unfall und psychischer Fehlentwicklung in der Regel zu bejahen. –Unfälle des mittleren Bereichs: Das Vorliegen der Adäquanz kann nicht allein aufgrund des Unfallereignisses beantwortet werden. Es sind weitere objektiv erfassbare Umstände in eine Gesamtwürdigung einzubeziehen.

3. Kausalitätsfragen bei psychischen Fehlentwicklungen im Unfallversicherungsrecht Als Kriterien für die Gesamtwürdigung bei Unfällen im mittleren Bereich fallen in Betracht: »besonders dramatische Begleitumstände oder besondere Eindrücklichkeit des Unfalls »Schwere oder besondere Art der erlittenen Verletzungen »ungewöhnlich lange Dauer der ärztlichen Behandlung »körperliche Dauerbeschwerden »ärztliche Fehlbehandlung, welche die Unfallfolgen erheblich verschlimmert »schwieriger Heilungsverlauf und erhebliche Komplikationen »Grad und Dauer der (körperlich bedingten) Arbeitsunfähigkeit Die Einteilung innerhalb der Unfälle im mittleren Bereich: –Liegt ein Unfall vor, der zu den schwereren im mittleren Bereich zu zählen oder sogar als Grenzfall zu einem schweren Unfall zu qualifizieren ist, so kann ein einziges Kriterium genügen. –Im mittleren Bereich kann ein einziges Kriterium genügen, wenn es in besonders ausgeprägter Weise erfüllt ist. Kommt keinem Einzelkriterium besonderes Gewicht zu, so müssen mehrere Kriterien herangezogen werden. –Bei Unfällen im mittleren Bereich im Grenzbereich zu den leichten Unfällen müssen die weiteren Kriterien in gehäufter oder auffallender Weise erfüllt sein, damit die Adäquanz bejaht wird.

4. Kausalitätsfragen bei HWS-Schleudertrauma und Schädel-Hirntrauma im Unfallversicherungsrecht Die Rechtsprechung gemäss BGE 134 V 109 (frühere Rechtsprechung in BGE 117 V 359, 117 V 369) –Natürlicher Kausalzusammenhang Ist ein Schleudertrauma der Halswirbelsäule ohne organisch nachweisbare Funktionsausfälle diagnostiziert, so ist der natürliche Kausalzusammenhang in der Regel anzunehmen, wenn ein für diese Verletzung typisches Beschwerdebild mit einer Häufung von Beschwerden wie diffuse Kopfschmerzen, Schwindel, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Übelkeit, rasche Ermüdbarkeit, Visusstörungen, Reizbarkeit, Affektlabilität, Depression, Wesensveränderung usw. vorliegt (vgl. auch 119 V 335). –Adäquanz Es gilt die gleiche Dreiteilung in leichte, mittlere und schwere Unfälle wie bei den psychischen Fehlentwicklungen. Nach der neuesten Rechtsprechung gilt für die Unfälle im mittleren Bereich folgender Katalog: –besonders dramatische Begleitumstände oder besondere Eindrücklichkeit des Unfalls; –Schwere oder besondere Art der Verletzungen; –fortgesetzt spezifische, belastende ärztliche Behandlung; –erhebliche Beschwerden; –ärztliche Fehlbehandlung, welche die Unfallfolgen erheblich verschlimmert; –schwieriger Heilungsverlauf und erhebliche Komplikationen; –erhebliche Arbeitsunfähigkeit trotz ausgewiesener Anstrengung.

4. Kausalitätsfragen bei HWS-Schleudertrauma und Schädel-Hirntrauma im Unfallversicherungsrecht Die Haftungsbegrenzende Funktion der Adäquanz erlaubt es nicht, von einer Prüfung der Adäquanz abzusehen, wenn der natürliche Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den anhaltenden Beschwerden mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ausgewiesen ist. (Vgl. BGE 122 V 415) An die Beurteilung des Adäquanz darf auch dann kein milderer Massstab gesetzt werden, wenn nur kurzfristige Leistungen (Heilbehandlung) zu gewähren sind. (Vgl. BGE 127 V 102)

5. Kausalitätsfragen bei psychischen Fehlentwicklungen im Haftpflichtrecht Die haftpflichtrechtliche Rechtsprechung ist bei Weitem nicht so ergiebig, wie die unfallversicherungsrechtliche. Auffällig ist, dass das Bundesgericht die Adäquanz in den allermeisten Fällen bejaht und alsdann eine Kürzung wegen konstitutioneller Prädisposition (krankheitsbedingter Vorzustand) des Verletzten vornimmt. Die haftpflichtrechtliche Rechtsprechung kennt keine Kriterienkataloge für die Beurteilung der Adäquanz. Aus den Urteilen sind die Beurteilungsmassstäbe kaum bis gar nicht ersichtlich. Auch singuläre Fälle werden noch als adäquat beurteilt, was in der Lehre zurecht kritisiert wird.

5. Kausalitätsfragen bei psychischen Fehlentwicklungen im Haftpflichtrecht Beispiele aus der haftpflichtrechtlichen Praxis: –Der natürliche und adäquate Kausalzusammenhang zwischen einem Verkehrsunfall (Auffahrkollision) und einer psychischen Störung, die sich zu einer Begehrensneurose entwickelt, ist erfüllt. (BGE 96 II 392) –Die Verkrallung einer Hand als psychoneurotische Folge ist adäquat zum Sturz mit Aufschlagen des Hinterkopfes auf dem Trottoir. Auf die Singularität der psychischen Auswirkungen im konkreten Fall kann es nicht ankommen. (BGE 80 II 338) –Die Abgrenzung adäquater Unfallfolgen kann im Haftpflicht- und im Sozialversicherungsrecht unterschiedlich ausfallen. Im konkreten Fall stand die Beurteilung der Adäquanz eines HWS-Schleudertraumas zur Diskussion. (BGE 123 III 110) –Ein Ausschluss der Adäquanz wegen Geringfügigkeit des Unfallereignisses (in casu Heckkollision eines mit einer Geschwindigkeit von 10 km/h fahrenden Autos mit einem stehenden Fahrzeug) ist im Haftpflichtrecht nicht zulässig. Im Haftpflichtrecht ist die Adäquanz - im Gegensatz zur Unfallversicherung - nicht nach der Schwere des Unfallereignisses zu beurteilen. (Urteil des BGer 4C.327/2004 vom ) –Das Appellationsgericht BS hat bei einer Person mit "prämorbider Persönlichkeitsstruktur" die Adäquanz zwischen einer durch den Unfall verursachten Strafuntersuchung mit der mit den Fehlurteilen verbundenen persönlichen Kränkung und einer psychischen Fehlentwicklung, die zur Erwerbsunfähigkeit geführt hat, bejaht. Allenfalls Berücksichtigung der konstitutionellen Prädisposition möglich. (BJM 5/2007, S. 228ff.)

6. Die konstitutionelle Prädisposition im Haftpflichtrecht Die konstitutionelle Prädisposition ist eine besondere Veranlagung eines Menschen im Sinne einer das Normalmass übersteigenden Schadensgeneigtheit. Grundsätzlich gilt: Einfache konstitutionelle Schwächen fallen mangels einer allgemeinen Eignung, einen Schaden herbeizuführen, als Herabsetzungsgründe ausser Betracht. Eigentliche Anomalien sowie akut oder latent vorbestehende Leiden können aber die Ansprüche des Verletzten schmälern; sie fallen unter den Begriff der konstitutionellen Prädisposition und gelten als mitwirkender Zufall, der die Berechnung des Schadens oder die Bemessung des Schadenersatzes beeinflussen kann und daher auch haftpflichtrechtlich zu beachten ist, gleichviel ob sie als Mitursache des Unfalles anzusehen sind oder bloss dessen Folgen verschlimmern. (BGE 113 II 86)

6. Die konstitutionelle Prädisposition im Haftpflichtrecht Die konstitutionelle Prädisposition als mitwirkender Zufall kann entweder die Schadensberechnung (Art. 42 OR) oder die Schadenersatzbemessung (Art. 43 und 44 OR) beeinflussen. (Vgl. BGE 131 III 12) Schadensberechnung (Art. 42 OR) –Die Vermögensrechtlichen Folgen vorbestehender Schwächen, die sich mit Sicherheit oder doch mit hoher Wahrscheinlichkeit auch ohne das schädigende Ereignis ausgewirkt hätten (z.B. In einer verkürzten Lebens- oder Aktivitätsdauer), sind von der Schadensberechnung (Art. 42 OR) anteilsmässig auszuscheiden. Schadenersatzbemessung (Art. 44 OR) –Wäre der Schaden dagegen ohne den Unfall voraussichtlich überhaupt nicht eingetreten, so bleibt der Haftpflichtige dafür auch dann voll verantwortlich, wenn der krankhafte Vorzustand den Eintritt des Schadens begünstigt oder dessen Ausmass vergrössert hat. Dem Anteil der Prädisposition kann in diesem Fall im Rahmen der Schadenersatzbemessung (Art. 44 OR) Rechnung getragen werden. –Die Unterscheidung ist wichtig für die Beurteilung des Quotenvorrechts (Art. 73 Abs. 1 und 3 ATSG), wenn Haftpflicht- und Sozialversicherungsleistungen zusammenfallen.

7. Kausalitätsfragen in der Invalidenversicherung Die Invalidenversicherung erbringt Leistungen sowohl bei krankheits- als auch bei unfallbedingter Invalidität. Die Kausalitätsüberlegung der Haftungsbegründung stellen sich daher in der Invalidenversicherung nicht (im Gegensatz zur Unfallversicherung und dem Haftpflichtrecht). Die Invalidenversicherung ist jedoch insofern kausal ausgestaltet, als einzig gesundheitsbedingte Ursachen der Erwerbslosigkeit eine Leistungspflicht auslösen können. Nicht gesundheitsbedingt und daher nicht leistungsauslösend im Rahmen der Invalidenversicherung sind z.B. mangelnde Bildung, mangelnde Sprachkenntnisse, sozio-kulturelle Schwierigkeiten, familiäre Probleme, schlechter Arbeitsmarkt etc. Solche "invaliditätsfremde Ursachen" müssen bei der Bemessung des Invaliditätsgrades ausgeblendet werden.

7. Kausalitätsfragen in der Invalidenversicherung Sonderfall der nicht oder schwer objektivierbaren Gesundheitsschäden. Hierzu gehören: –Somatoforme Schmerzstörung (BGE 130 V 352) –Fibromyalgie (BGE 132 V 65) –Schleudertrauma ohne organisch nachweisbare Funktionsausfälle (BGE 136 V 279) Eine rechtserhebliche Auswirkung auf die Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit haben diese Gesundheitsschäden gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung nur, wenn zusätzliche Kriterien erfüllt sind, nämlich: –Chronische körperliche Begleiterkrankungen oder –ausgewiesener sozialer Rückzug in allen Belangen des Lebens, –verfestigter, therapeutisch nicht mehr angehbarer innerseelischer Verlauf einer an sich missglückten, psychisch aber entlastenden Konfliktbewältigung, –unbefriedigende Behandlungsergebnisse trotz konsequent durchgeführter ambulanter und/oder stationärer Behandlungsbemühungen und gescheiterte Rehabilitationsmassnahmen bei vorhandener Motivation und Eigenanstrengung der versicherten Person.

Fallbeispiel zur Kausalität A. ist bei der Bauunternehmung X. AG angestellt. Am 20. Juni gleitet er auf dem Baugerüst aus und stürzt ca. 15 Meter in die Tiefe. Er zieht sich dabei schwere Kopfverletzungen, diverse Prellungen, Frakturen der Unterarme und Oberschenkel sowie einen Schlüsselbeinbruch zu. Die Behandlung der körperlichen Leiden sowie die somatisch bedingte Arbeitsunfähigkeit dauern insgesamt ein Jahr an. Zwei Jahre nach dem Unfallereignis wird A. wegen einer psychischen Fehlentwicklung wiederum vollständig arbeitsunfähig. Ein psychiatrisches Gutachten legt dar, dass A. eine besondere Veranlagung hierzu hat, die sich jedoch ohne Hinzutreten des Unfalles höchstwahrscheinlich nicht auf die Erwerbsfähigkeit ausgewirkt hätte. Welche zentralen Überlegungen sind in Bezug auf die Kausalitätsbeurteilung anzustellen?