Gleichungen, Ungleichungen, Unbekannte, Variable – Auffassungen angehender Lehrkräfte Franz Embacher Fakultät für Mathematik der Universität Wien Vortrag.

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 Präsentation transkript:

Gleichungen, Ungleichungen, Unbekannte, Variable – Auffassungen angehender Lehrkräfte Franz Embacher Fakultät für Mathematik der Universität Wien Vortrag im Rahmen der 50. Jahrestagung der Gesellschaft der Didaktik der Mathematik Pädagogische Hochschule Heidelberg, 11. März 2016

Hintergrund Zwei Zugänge zu mathematischen Aufgabenstellungen: an den auftretenden Objekten, ihren Eigenschaften und Beziehungen und an der Fragestellung orientiert an Handlungen (Operationen, Lösungsverfahren) orientiert Die beiden Zugänge bedingen einander, aber: eine einseitige Betonung des operationalen Zugangs führt dazu, dass eine Aufgabenstellungen vorschnell eine (Lösung-)Handlung „triggert“, bevor verstanden wird, worum es geht.

Die Frage Ist das auch angehenden Lehrkräften bewusst?

Untersuchung Befragung von 58 Studierenden des Lehramts Mathematik an der Universität Wien zum Thema „Gleichungen und Ungleichungen“ in zwei Lehrveranstaltungen Vorlesung „Außermathematische Anwendungen im Mathematikunterricht“ (42 Studierende, Sem: 7 3) Seminar: „Seminar zur Unterrichtsplanung“ (16 Studierende, Sem: 8 1) im Jänner Fragen mit offenem Antwortformat 15 Minuten Zeit

Befragungstext 1. Sind Ihrer Meinung nach beim Lösen von (1) und (2) durch SchülerInnen grundsätzlich die gleichen kognitiven Anforderungen oder grundsätzlich unterschiedliche kognitive Anforderungen gefordert? Bitte schreiben Sie Ihre Gedanken dazu auf!

Befragungstext 2. Wie helfen Sie einem Schüler der Unterstufe, der die Aufgabenstellung „löse “ nicht verstanden hat? Sagen Sie ihm kurz und prägnant, worum es bei dieser Aufgabenstellung geht!

Befragungstext 2. Wie helfen Sie einem Schüler der Unterstufe, der die Aufgabenstellung „löse “ nicht verstanden hat? Sagen Sie ihm kurz und prägnant, worum es bei dieser Aufgabenstellung geht! Die Studierenden waren frei, die Bedeutung dieser Formulierungen selbst zu interpretieren und ihre Antwort in ihren eigenen Worten zu formulieren.

Befragungstext 3. Wie helfen Sie einer Schülerin der Unterstufe, die die Aufgabenstellung „löse “ nicht verstanden hat? Sagen Sie ihr kurz und prägnant, worum es bei dieser Aufgabenstellung geht!

Befragungstext 4. Wie helfen Sie einem Schüler der Oberstufe, der die Aufgabenstellung „löse “ nicht verstanden hat? Sagen Sie ihm kurz und prägnant, worum es bei dieser Aufgabenstellung geht!

Befragungstext 5. Wie helfen Sie einer Schülerin der Oberstufe, die die Aufgabenstellung „löse “ nicht verstanden hat? Sagen Sie ihr kurz und prägnant, worum es bei dieser Aufgabenstellung geht!

Auswertungsraster Binärer Auswertungsraster (Ja = 1, Nein = 0) Frage 1 a.Gibt der/die Befragte an, dass es einen wesentlichen Unterschied in den kognitiven Anforderungen gibt? b.Gibt der/die Befragte an, dass es keinen wesentlichen Unterschied in den kognitiven Anforderungen gibt? c.Wird lediglich auf operationale Unterschiede eingegangen? d.Wird der Unterschied lineare Gleichung: eine Zahl (Unbekannte) gesucht lineare Ungleichung: Menge von Zahlen gesucht zum Ausdruck gebracht? e.Werden Begriffe wie „Unbekannte“, „Platzhalter“ oder „Lösung(en)“ in korrekter Weise verwendet?

Auswertungsraster Frage 2 a.Bringt der/die Befragte lediglich operationale Aspekte des Lösungsverfahrens zum Ausdruck, interpretiert also „worum es geht“ in dieser Weise? b.Gibt der/die Befragte ausdrücklich an, dass es gilt, eine (zunächst unbekannte) Zahl zu finden? Frage 3 a.wie Frage 2 b.analog zu Frage 2: …mehrere (viele) Zahlen (eine Menge von Zahlen) zu finden und anzugeben? Frage 4 analog … mehrere (maximal 2) Zahlen finden Frage 5 analog … mehrere (viele) Zahlen (eine Menge von Zahlen) finden

Gesamtscore score = 1a – 1b – 1c + 1d + 1e – 2a + 2b – 3a + 3b – 4a + 4b – 5a + 5b + 6 kann Werte zwischen 0 und 12 annehmen stellt einen Versuch dar, die Auffassungen der Studierenden auf einer Skala zwischen objekt- und verstehensorientiert (hoher Score) verfahrensorientiert (niedriger Score) anzusiedeln.

Ergebnisse Verteilung der Gesamtscores: Überhang des verfahrensorientierten Zugangs!

Ergebnisse Gesamtscores nach Lehrveranstaltung: Moderat höherer Score bei den älteren Studierenden.

Ergebnisse Gesamtscores nach Geschlecht: Moderat höherer Score bei männlichen Studierenden.

Ergebnisse Einzelergebnisse: 36% der Befragten bei Frage 1: kein wesentlicher Unterschied in den kognitiven Anforderungen beim Lösen von Gleichungen und Ungleichungen Nur 31% der Befragten erwähnen bei Frage 1 den entscheidenden Unterschied beim Lösen einer linearen Gleichung (Zahl gesucht) und einer linearen Ungleichung (Menge von Zahlen gesucht). 20% der Befragten gehen bei Frage 1 lediglich auf operationale Unterschiede beim Lösen von Gleichungen und Ungleichungen ein (vor allem auf dem Umgang mit dem Ungleichheitszeichen bei Äquivalenzumformungen). Nur 12% der Befragten verwenden bei Frage 1 Begriffe wie „Unbekannte“, „Platzhalter“ oder „Lösung“ in korrekter Weise.

Ergebnisse Einzelergebnisse: Fragen 2 – 5: viele Befragte geben lediglich eine auf ein Lösungsverfahren bezogene Antwort: Frage 2 (Gleichung Unterstufe): 41% Frage 3 (Ungleichung Unterstufe): 55% Frage 3 (Gleichung Oberstufe): 59% Frage 4 (Ungleichung Oberstufe): 50%. Fragen 2 – 5: nur ein Teil der Befragte gibt an, was eigentlich gesucht ist: Frage 2 (Gleichung Unterstufe): 52% Frage 3 (Ungleichung Unterstufe): 33% Frage 3 (Gleichung Oberstufe): 26% Frage 4 (Ungleichung Oberstufe): 29% Nur 7% geben bei beiden Oberstufenaufgaben (Fragen 4 und 5) einen Hinweis, was eigentlich gesucht ist.

Ergebnisse Korrelation 3a/3b (Ungleichung Unterstufe): 53% argumentieren nur operational, ohne Hinweis, was gesucht ist!

Ergebnisse Korrelation 4a/4b (Gleichung Oberstufe): Nur 12% geben an, was gesucht ist und argumentieren nicht rein operational.

Diskussion Fragen: Sind diese Ergebnisse alarmierend? Wird die zentrale Reifeprüfung (in Österreich) mittelfristig daran etwas ändern? Diplomarbeit von Valentin Parzer (2015): In den (vor dem ersten offiziellen Zentralmatura-Termin veröffentlichten) Beispielsaufgaben ist der objektorientierte Zugang stärker vertreten als in Schulbüchern. Besteht Handlungsbedarf in der Lehramts-Ausbildung?

Danke für Ihre Aufmerksamkeit! Diese Präsentation (und weitere Details) finden sie am Web unter