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Soziale Sicherungssysteme Sommersemester 2011

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Präsentation zum Thema: "Soziale Sicherungssysteme Sommersemester 2011"—  Präsentation transkript:

1 Soziale Sicherungssysteme Sommersemester 2011
Prof. Dr. iur. Ekkehard Hofmann Professur für Öffentliches Recht, insbesondere Verwaltungsrecht, Sozialrecht

2 Soziale Sicherungssysteme
Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung Allgemeines Aufgaben Versicherter Personenkreis Versicherungsfälle Leistungen Haftungsbeschränkungen Finanzierung Organisation

3 Soziale Sicherungssysteme
Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung 1. Allgemeines Echte Unfallversicherung (§§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 7 Abs. 1 SGB IV; § 2 Abs. 1 Nr. 2 – 7 SGB VII; § 2 Abs. 2 SGB VII): steht im Zusammenhang mit Beschäftigung (nicht unbedingt abhängige Beschäftigung gegen Entgelt) Unechte Unfallversicherung (§ 2 Abs. 1 Nr. 8 – 17 SGB VII): Entwicklung der gUV: eigenständiger Sozialversicherungszweig mit Unfallversicherungsgesetz von 1884; in kraft seit: Anfangs nur Unternehmen mit besonders hohen Unfallrisiken. Sozialer Schutzgedanke Schrittweise Ausdehnung auf weitere Wirtschaftszweige löste der Gesetzgeber die Unternehmensversicherung durch die Personenversicherung ab und bezog alle Beschäftigten in den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung ein Ausdehnung auf Kindergartenkinder, Schüler und Studenten. Parallel schrittweise Einbeziehung weiterer Personengruppen, wie z.B.: Lebensretter, Blutspender, Entwicklungshelfer und ehrenamtlich Tätige.   Seit dem : SGB VII und Ablösung der Reichsversicherungsordnung (RVO) von 1911. Eine grundlegende inhaltliche Reform war wegen der kontinuierlichen Weiterentwicklung dieses Sozialversicherungszweiges nicht notwendig. Neben der rechtssystematischen Überarbeitung wurde das Unfallversicherungsrecht lediglich in einigen Punkten inhaltlich weiterentwickelt, insbesondere: im Bereich der Prävention wurde die gesetzliche Unfallversicherung für die Abwehr arbeitsbedingter Gefahren zuständig, der Versicherungsschutz für Kinder in Tageseinrichtungen und der ehrenamtlich Tätigen wurde erweitert, es gab Verbesserungen im Leistungs- und Organisationsrecht sowie bei der Haftung, die Freistellung des Arbeitnehmers gegenüber Schadensersatzansprüchen seines Unternehmers wurde erweitert. Versicherungsschutz unabhängig von der formalen Begründung eines Versicherungsverhältnisses, Aus: steht nicht im Zusammenhang mit abhängiger Beschäftigung

4 Soziale Sicherungssysteme
Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung 1. Allgemeines Ursprünglich: „Arbeitnehmerversicherung“ (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII) Gleicher Versicherungsschutz für Versicherungspflichtige und –berechtigte Eintritt des Versicherungsschutzes ipso iure, unabhängig von Antrag oder Beitragszahlung (Ausnahme: Versicherungsberechtigte, § 6 SGB VII) Soweit es um Krankenbehandlungskosten geht, sind die Leistungen von GKV und GUV der Sache nach dieselben! - GUV ist aber vorrangig (§ 11 Abs. 5 SGB V) Unterschied zur gesetzlichen Krankenversicherung: besseres und für den Versicherten günstigeres Leistungsangebot; es ist z.B. keine Zuzahlung zu den Leistungen vorgesehen; Beitragstragung: alleine durch den Arbeitgeber i.Ggs. gKV bei gKV besteht Wettbewerb zwischen den einzelnen Krankenkassen um Mitglieder Keine obere Versicherungspflichtgrenze: bei Überschreiten bestimmten Arbeitsentgeltes besteht keine Ausnahme von der Versicherungspflicht Keine Versicherungsfreiheit wegen „Geringfügigkeit“ der Beschäftigung Im Laufe der Zeit Ausdehnung des Versicherungskreises auch über Bereich abhängigen Beschäftigung hinaus →

5 Soziale Sicherungssysteme
Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung Unterschiede zur gesetzlichen Krankenversicherung: besseres und für den Versicherten günstigeres Leistungsangebot; z.B. keine Zuzahlung zu den Leistungen; Beitragstragung: alleine durch den Arbeitgeber bei gKV besteht Wettbewerb zwischen den einzelnen Krankenkassen um Mitglieder Keine obere Versicherungspflichtgrenze: bei Überschreiten bestimmten Arbeitsentgeltes besteht keine Ausnahme von der Versicherungspflicht Keine Versicherungsfreiheit wegen „Geringfügigkeit“ der Beschäftigung

6 Gesetzliche Unfallversicherung
Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII – Haftungsfreistellung für Personenschäden Arbeitgeber (der einen Arbeitsunfall verschuldet) Arbeitnehmer (der eine Verletzung an der Hand davonträgt) Gesetzliche Unfallversicherung Zivilrechtliche Schadensersatzansprüche (§§ 280 iVm 241 Abs. 2 BGB, § 823 Abs. 1, 2 BGB) Beschränkte Haftungsfreistellung (§§ 104 f. SGB VII) Leistungsansprüche, insb. §§ SGB VII

7 Soziale Sicherungssysteme
Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung 1. Allgemeines Unechte Unfallversicherung: rechtssystematisch eigentlich dem Bereich der sozialen Entschädigung zuzuordnen; keine Versicherung im eigentlichen Sinn Uneinheitliche, vom Gesetzgeber für schutzwürdig erachtete Gruppe Aus Steuermitteln finanziert Warum keine Versicherung im eigentlichen Sinn? – weil kein Versicherungsbeitrag geleistet wird

8 Soziale Sicherungssysteme
Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung 2. Aufgaben (§ 1 SGB VII) Prävention: Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren (§§ 14 – 25 SGB VII) Rehabilitation: Wiederherstellung der Gesundheit und der Leistungsfähigkeit des Versicherten (§§ 26 – 55a SGB VII) Entschädigung des Verletzten, seiner Angehörigen und Hinterbliebenen nach Eintritt eines Arbeitsunfalls (§§ 26, 56 – 80a SGB VII) Präventionsauftrag der Unfallversicherungsträger zur Verhütung von Arbeitsunfällen.

9 Soziale Sicherungssysteme
Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung 3. Versicherter Personenkreis Versicherungspflichtige (§§ 2, 3 SGB VII) Kraft Gesetzes Versicherte (§ 2 SGB VII) Versicherungspflicht gem. Satzung (§ 3 SGB VII) „Echte“ Unfallversicherung „Unechte“ Unfallversicherung

10 Soziale Sicherungssysteme
Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung 3. Versicherter Personenkreis Versicherte der „echten“ Unfallversicherung Beschäftigte (§§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII, 7Abs. 1 SGB IV) „Vergleichbar Schutzwürdige“ (§ 2 Abs. 1 Nrn. 2 – 7 SGB VII) „Wie-Beschäftigte“ (§ 2 Abs. 2 SGB VII)

11 Soziale Sicherungssysteme
Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung 3. Versicherter Personenkreis „Wie-Beschäftigte“ oder „arbeitnehmerähnliche“ Tätigkeit (§ 2 Abs. 2 SGB VII) Ernstliche, einem fremden Unternehmen dienende Tätigkeit Übereinstimmung mit dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers; „Handlungstendenz“ Tätigkeit kann der Art nach von Personen verrichtet werden, die in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, insb. Handeln auf Weisung des „Unternehmers“ Problematische Fälle: Personen, die wie ein Versicherter tätig werden, § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII (sog. „Wie- Beschäftigte“; Versicherungsschutz bei fremdnützigem Handeln Zweck: Einbeziehung von kurzfristigen, vorübergehenden oder einmaligen Verrichtungen, v.a. aus Gefälligkeit, in den Versicherungsschutz, die aber der Grundstruktur eines Beschäftigungsverhältnisses ähneln (BSG v – B 2 U 35/04 R, juris, Rn. 16; i.d.R. Ausschluss aber von Tätigkeiten auf vereinsrechtlicher, familiärer oder nachbarschaftlicher Basis; „Wie Beschäftigte“ Auch: „Ein-Euro-Jobber“ gem. SGB II Bsp.: Helfer beim Bau eines Einfamilienhauses (BSG, NJW 2004, 966 f.) oder Renovierung (LSG Rheinland-Pfalz, Breithaupt 1994, 386 ff.; Anschieben eines KfZ, dessen Motor nicht anspringt (BSGE 35, 140 ff.); (Renovierung der Wohnung bei Freunden); Hundeausführen Bauhelfer, Gefälligkeitshandlungen, familiäre Hilfe

12 Soziale Sicherungssysteme
Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung 3. Versicherter Personenkreis Versicherte der „unechten“ Unfallversicherung (§ 2 Abs. 1 Nr. 8 – 17 SGB VII), z.B.: Kinder (Nr. 8a) Schüler (Nr. 8b) Studierende (Nr. 8c) Ehrenamtlich Tätige (Nrn. 9, 10) Nothelfer (Nr. 13a) Meldepflichtige gem. SGB II, SGB III (Nr. 14) Personen auf Rehabilitation (Nr. 15a) Helfer im Wohnungsbau (Nr. 16) Pflegepersonen (Nr. 17)

13 Soziale Sicherungssysteme
Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung 3. Versicherter Personenkreis Versicherungspflicht gem. Satzung (§ 3 SGB VII), z.B.: Unternehmer und mitarbeitende Ehegatten/Lebenspartner (Nr. 1) Personen, die sich an Unternehmensstätten aufhalten (Nr. 2) Im Ausland bei staatlicher deutscher Einrichtung Beschäftigte (Nr. 3) Ehrenamtlich Tätige und bürgerschaftlich Engagierte (Nr. 4) Versicherungsschutz mit Aufnahme der Tätigkeit Unter dem Pfeil stand noch: „Eingeschränkte Befugnisse des Versicherungsträgers“ – was soll das heißen?

14 Versicherungsfreiheit
Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung 3. Versicherter Personenkreis Versicherungsfreiheit Kraft Gesetzes, § 4 SGB VII z.B. Beamte (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII) Bestimmte Selbständige (§ 4 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 SGB VII) Auf Antrag, § 5 SGB VII Landwirtschaftliche Kleinstunternehmer

15 Versicherungsberechtigte (§ 6 Abs. 1 SGB VII)
Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung 3. Versicherter Personenkreis Versicherungsberechtigte (§ 6 Abs. 1 SGB VII) Freiwillig Versicherte (Abs. 1) Unternehmer und vergleichbare Personen (Nrn. 1, 2) Gewisse ehrenamtlich Tätige (Nrn. 3, 4) schriftlicher Antrag nötig Beginn des Versicherungsschutzes: Tag nach Antragseingang

16 Soziale Sicherungssysteme
Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung 3. Versicherter Personenkreis Überschneidungen durch Doppelversicherungen möglich → Verhältnis der einzelnen Versicherungsarten untereinander regelt § 135 SGB VII → Probleme: zuständiger Versicherungsträger; vgl. a. § 43 Abs. 1 SGB I → vorläufige Leistungserbringung evtl. unterschiedliche Leistungen; Haftungsausschluss möglich Überschneidungen mit anderen Versicherungen als der GKV??? Handlungstendenz: z.B. Nothelfer oder „Wie-Beschäftigter“ s. a. Folie 11 und Notiz zu Folie 22 Abgrenzung nach „Handlungstendenz“ (s.a.o.)

17 Soziale Sicherungssysteme
Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung 4. Versicherungsfälle (§§ 7 – 13 SGB VII) ← § 7 Abs. 1 SGB VII → a. Arbeitsunfall (§ 8 SGB VII) b. Berufskrankheit (§ 9 SGB VII)

18 a. Arbeitsunfall Soziale Sicherungssysteme
Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung a. Arbeitsunfall „Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.“ (Legaldefinition: § 8 Abs. 1 SGB VII) Hilfsmittel: z.B. Brille „Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.“ (§ 8 Abs. 3 SGB VII).

19 Soziale Sicherungssysteme
Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung a. Arbeitsunfall Versicherte Tätigkeit (Vollbeweis) Unfallbringende Handlung Unfall Gesundheits(erst-)schaden/Tod Zurechnungszusammenhang, („infolge“; Wahrscheinlichkeit) Haftungsbegründende Kausalität (Wahrscheinlichkeit) Haftungsausfüllende Kausalität (Wahrscheinlichkeit) „infolge“: innerer Zusammenhang zwischen unfallbringender Handlung und versicherter Tätigkeit; bei wertender Betrachtung Bestandteil der versicherten Tätigkeit Im Gegensatz zur gKV gilt das „Kausalprinzip“, nicht das „Finalprinzip“ (Ursache egal, bis auf §§ 52f. SGB V) BSG v : 1. Zur Nichtanerkennung einer Hepatitis-C-Erkrankung eines Versicherten, der sich im Krankenhaus beim Abräumen eines Essenstabletts eines Patienten an der dort abgelegten und gebrauchten Spritzenkanüle verletzte, als Folge eines Arbeitsunfalls, wenn nicht festgestellt wurde, dass die Kanüle mit dem HCV infiziert gewesen ist oder einem HCV-infizierten Patienten appliziert worden war. 2. Eine Unfallfolge aus einem Arbeitsunfall liegt nur dann vor, wenn die beim Unfallereignis erfolgte Einwirkung auf den Körper nicht nur die Gefahr einer Infektion geschaffen, sondern die Infektionskrankheit wirklich verursacht hat. Die vom Verordnungsgeber geschaffenen Beweiserleichterungen für die Anerkennung von Infektionskrankheiten bei bestimmten versicherten Tätigkeiten mit besonders erhöhter Gefährdungslage als Berufskrankheit (BKV Anl Nr 3101) können mangels planwidriger Lücke nicht auf den Versicherungsfall des Arbeitsunfalls entsprechend angewandt werden. Um eine BK ging es vorliegend nicht. Bei AU Vollbeweis bezüglich der für die versicherte Tätigkeit entsprechenden Tatsachen erforderlich ↔ BK D.h. in BSG-Fall Anerkennung als BK möglich, nach entsprechender Antragstellung des Betroffenen

20 Soziale Sicherungssysteme
Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung a. Arbeitsunfall BSG v B 2 U 2/11 R Versicherte Tätigkeit (Vollbeweis) Unfallbringende Handlung Unfall Gesundheits(erst-)schaden/Tod Zurechnungszusammenhang, („infolge“; Wahrscheinlichkeit) Unfallkausalität (Wahrscheinlichkeit) Haftungsbegründende Kausalität (Wahrscheinlichkeit) „infolge“: innerer Zusammenhang zwischen unfallbringender Handlung und versicherter Tätigkeit; bei wertender Betrachtung Bestandteil der versicherten Tätigkeit Im Gegensatz zur gKV gilt das „Kausalprinzip“, nicht das „Finalprinzip“ (Ursache egal, bis auf §§ 52f. SGB V) BSG v : 1. Zur Nichtanerkennung einer Hepatitis-C-Erkrankung eines Versicherten, der sich im Krankenhaus beim Abräumen eines Essenstabletts eines Patienten an der dort abgelegten und gebrauchten Spritzenkanüle verletzte, als Folge eines Arbeitsunfalls, wenn nicht festgestellt wurde, dass die Kanüle mit dem HCV infiziert gewesen ist oder einem HCV-infizierten Patienten appliziert worden war. 2. Eine Unfallfolge aus einem Arbeitsunfall liegt nur dann vor, wenn die beim Unfallereignis erfolgte Einwirkung auf den Körper nicht nur die Gefahr einer Infektion geschaffen, sondern die Infektionskrankheit wirklich verursacht hat. Die vom Verordnungsgeber geschaffenen Beweiserleichterungen für die Anerkennung von Infektionskrankheiten bei bestimmten versicherten Tätigkeiten mit besonders erhöhter Gefährdungslage als Berufskrankheit (BKV Anl Nr 3101) können mangels planwidriger Lücke nicht auf den Versicherungsfall des Arbeitsunfalls entsprechend angewandt werden. Um eine BK ging es vorliegend nicht. Bei AU Vollbeweis bezüglich der für die versicherte Tätigkeit entsprechenden Tatsachen erforderlich ↔ BK D.h. in BSG-Fall Anerkennung als BK möglich, nach entsprechender Antragstellung des Betroffenen

21 Soziale Sicherungssysteme
Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung Arbeitsunfall (+), wenn die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang, “infolge“, Ausschluss von privatem Handeln, wertende Betrachtung), diese Verrichtung zu dem „zeitlich begrenzten“ (Abgrenzung zur Berufskrankheit) und „von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis“ (Abgrenzung innerer Ursachen) – dem Unfallereignis - geführt hat (= haftungsbegründende Kausalität) und „Infolge“: Beurteilung aus Sicht des Handelnden, sofern Tätigkeit dem mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht → Ausschluss von rein privatem Handeln. „Zeitlich begrenzt“: innerhalb einer Arbeitsschicht, BSGE 15, 112 f.; → Abgrenzung zur Berufskrankheit „Von aussen“: Ausschluss sog. „innerer Ursachen“ (Krankheiten, Konstitution des Versicherten); Bsp.: kein AU bei Bandscheibenvorfall während der Arbeit, wenn Versicherter an chronischen Rückenproblemen leidet und Bandscheibenvorfall überall in diesem Ausmaß hätte auftreten können Haftungsbegründende Kausalität/“Unfallkausalität“ (BSGE 96, 196 ff.): s.a. nächste Folie ZusammenhangsBeurteilung nach „Theorie der rechtlich wesentlichen Bedingung“: Nur diejenigen Bedingungen sind ursächlich, die wegen ihrer besonderen Bedeutung für den Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben. Rechtlich wesentlich ist eine Bedingung, die bei wertender Betrachtung gegenüber anderen Bedingungen die überragende oder zumindest gleichwertige Bedeutung für den Erfolgseintritt hat; es kommt auf die Umstände des Einzelfalles an → Einbeziehung von Unfällen, an denen Mitverschulden des Versicherten besteht und Ausschluss, wenn die Ausübung der versicherten Tätigkeit für die Entstehung des Unfalles unwesentlich ist (sog. „Gelegenheitsursachen“; das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (= haftungsausfüllende Kausalität).

22 „Theorie der rechtlich wesentlichen Bedingung“:
Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung Zur haftungsbegründenden Kausalität: Zusammenhangsbeurteilung nach „Theorie der rechtlich wesentlichen Bedingung“: Nur diejenigen Bedingungen sind ursächlich, die wegen ihrer besonderen Bedeutung für den Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben. Rechtlich wesentlich ist eine Bedingung, die bei wertender Betrachtung gegenüber anderen Bedingungen die überragende oder zumindest gleichwertige Bedeutung für den Erfolgseintritt hat; es kommt auf die Umstände des Einzelfalles an → Einbeziehung von Unfällen, an denen Mitverschulden des Versicherten besteht und Ausschluss, wenn die Ausübung der versicherten Tätigkeit für die Entstehung des Unfalles unwesentlich ist (sog. „Gelegenheitsursachen“) Zu Fall 2 kommende Folie: z.Bsp.: LSG Baden-Württemberg v : anlagebedingten Gelenkinstabilität zum Umknicken im Sprunggelenk beim betrieblich bedingten Gehen, erfüllt die normale Fortbewegung ohne Hinzutreten sonstiger äußerer Einflüsse nicht das Merkmal eines von außen einwirkenden Ereignisses LSG Stuttgart vom : Ein Arbeitsunfall nur, wenn das angeschuldigte Geschehen auch die Kriterien einer plötzlichen, ungewollten Einwirkung von außen erfüllt (hier: verneint beim Anheben einer 25 kg schweren Glasscheibe, bei dem distale Bizepssehne reisst Die bloße regelgerechte Verrichtung betrieblicher Tätigkeiten, bei denen eine Verletzung auftritt, kann nicht bereits als Unfall qualifiziert werden. Insbesondere kann ein vollständig vom Willen (mit Ausnahme des Eintritts der Verletzung) des Verletzten gesteuertes Geschehen nicht den Unfallbegriff erfüllen. 22

23 Soziale Sicherungssysteme
Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung Lösungen zu den Übungsfällen: Arbeitsunfall – ja oder nein? AU (-), da zum Zeitpunkt der Tätigkeit (= Duschen, nachdem eine gewisse Zeit vergangen war) kein innerer Zusammenhang mit versicherter Tätigkeit; keine „Betriebsnützlichkeit“, sondern höchstpersönliches Eigeninteresse (BSG v – B 2 U 31/07 R) Abwandlung : AU (+), innerer Zusammenhang hier (+) Zwar betrieblich bedingtes Gehen, ABER: AU (-), da kein von außen einwirkendes Ereignis, sondern normale Fortbewegung; Umknicken aufgrund „Anlageleidens“ = Gelegenheitsursache (LSG Baden-Württemberg v – L 8 U 5043/09) Abwandlung 1: AU (+), von außen einwirkendes Ereignis (+) Zu 1): Typischerweise und i.d.R. unversichert: höchstpersönliche Verrichtungen, wie zB Essen, oder eigenwirtschaftliche, wie zB Einkaufen. Maßgebliches Kriterium: soll eine dem Beschäftigungsverhältnis dienende Verrichtung ausgeübt werden und wird diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände bestätigt (BSG vom 12. April B 2 U 11/04 R - BSGE 94, 262 = SozR § 8 Nr 14, jeweils RdNr 6-8 mwN; letztens: BSG vom B 2 U 2/07 R - vorgesehen für SozR, RdNr 18 ff). Hier: Zurechnung Klassenfahrt zum Beschäftigungsverhältnis gem. § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII (+), da genehmigte Klassenfahrt. StRspr BSG: auch bei Dienstreisen Unterscheidung zwischen Betätigungen, die mit dem Beschäftigungsverhältnis wesentlich zusammenhängen, und privatem Verhalten. Zur Abwandlung: "Verschmutzung" Versicherungsschutz (+), wenn durch die Art der Arbeit ein begründetes Bedürfnis für die Körperreinigung entstanden war und diese auf der Arbeitsstätte oder in deren Nähe und während der Arbeitszeit oder zumindest vor dem Heimweg erfolgte; z.B. auch Duschen in Krankenhaus oder Pflegeheimen, wenn mit Kot, Urin, Erbrochenem verschmutzt (+) Duschen als „Erfrischung“: (+), wenn so starke Hitzeeinwirkung, dass auf Erfrischung angewiesen, damit ohne erhebliche Schwächung der Arbeitskraft bis zum Ende der Schicht durchgehaltenwerden kann (BSGE 16, 236 = SozR Nr 50 zu § 542 RVO aF). Auch (+) bei Anreise am Vormittag und Halten Vortrags am Nachmittag (BSG v (2 RU 25/80). AU (-): Duschen im Hotel nach Ende der Arbeitsschicht (BSG v – B 2 U 21/01 R). Gemischte Tätigkeit? Ebenfalls (-); = Verrichtung dient nicht trennbar sowohl unversicherten privaten als auch versicherten Zwecken. Abgrenzungskriterium: wäre Tätigkeit auch dann vorgenommen worden, wenn der private Zweck entfallen wäre (stRspr: BSGE 3, 240, 245; BSG vom 12. April B 2 U 11/04 R - BSGE 94, 262 = SozR § 8 Nr 14, jeweils RdNr 10; Krasney in Brackmann, aaO, § 8 RdNr 47) . Zu 2): Krankheitsanlage unwesentlich, wenn AN vor Unfall betriebsüblicher Belastung stand halten kann; Gelegenheitsursache: alltägliche, ähnlich gelagerte Ereignisse hätten die Krankheit ebenfalls auslösen können wie der Unfall → keine wesentliche Ursache; weiteres Bsp: Bandscheibenvorfall: Aufheben von etwas Heruntergefallenem bei Wirbelsäulenvorbelastung = alltägliche Wirbelsäulenbelastung → Kein AU Tödlich verunglückter AN litt an unfallunabhängiger Erkrankung und wäre sowieso gestorben? Für Kausalitätsfrage unbeachtlich (BSG v /9b RU 28/87) Abwandlung 2: AU (-); keine plötzliche, ungewollte Einwirkung von außen, sondern bloße regelgerechte Verrichtung betrieblicher Tätigkeit und vollständig vom Willen des Verletzten gesteuert (LSG Baden-Württemberg v – L 1 U 3612/08) 23 23

24 Soziale Sicherungssysteme
Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung Lösungen zu den Übungsfällen: Arbeitsunfall – ja oder nein? AU (-), da Handlungstendenz ausschließlich eigenwirtschaftlichen Zwecken dient und nicht betrieblichen Interessen Abwandlung: „gemischte Tätigkeit“ (= Tätigkeit besteht aus unternehmensbezogenen und eigenwirtschaftlichen Anteilen); Frage: wäre Verrichtung auch dann vorgenommen worden, wenn private Motivation entfiele? (BSG v B 2 U 12/08 R) → Hier: AU (+), innerer Zusammenhang (+); Schwerpunkt der Handlungstendenz primär die betriebliche Tätigkeit 4a) AU (-); nur bei Gelegenheit am Arbeitsplatz ohne jegliche betrieblich veranlasste Handlungstendenz (BSG v – B 2 U 1/98 R) 4b) AU (+); innerer Zusammenhang mit Tätigkeit (+); wesentlich durch versicherte Tätigkeit hervorgerufen (BayLSG v – L 18 U 272/04) Weitere Bsp. Zur gemischten Tätigkeit: erhebliche Staubentwicklung am Arbpl. → regelmäßiges Trinken → Wespe in Glas AU (+) (BSG v – B 2 U 8/06 R) Nahrungsaufnahme ausnahmsweise versichert, wenn durch die Arbeit entscheidend mitgeprägt, z.B. besonders eilige Essensaufnahme aufgrund betrieblicher Zwänge, Essensaufnahme an bestimmten Ort aufgrund betrieblicher Umstände, z.B. Arbeitsessen auf Tagung und hierbei Erleiden eines anaphylaktischen Schocks wegen Lebensmittelallergie (BSG v – B 2 U 8/06 R) „Vorbereitungshandlungen“: versichert, wenn sie der eigentlichen versicherten Tätigkeit unmittelbar vorangehen und ihre Durchführung erleichtern oder überhaupt erst ermöglichen; besonders enger, sachlicher, örtlicher und zeitlicher Zusammenhang mit versicherter Tätigkeit, so dass sie als deren Bestandteil erscheint: z.B.: Holen des Arbeitszimmerschlüssels, Anziehen spezieller Arbeitsschutzkleidung; vgl. a. § 8 Abs. 2 SGB VII Weitere Bsp. zum Suizid: Wegen Mobbing → AU (+) Verursachung Tod eines Arbkoll → seel. Trauma → Freitod AU (+); 4c) AU (+); innerer Zusammenhang mit Tätigkeit (+); wesentlich durch versicherte Tätigkeit hervorgerufen (BSG v – Sa RKnU 3/82) 24 24 24

25 Soziale Sicherungssysteme
Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung Lösungen zu den Übungsfällen: Arbeitsunfall – ja oder nein? AU (+): AU (-): 5) Unternehmensinteresse Zweck: Förderung „Wir-Gefühls“ Teilnahme Unternehmensleitung Alle eingeladen Kostentragung 20 % der Niederlassung anwesend Werbewirkung nach aussen Von Unternehmen organisiert Persönliche Freizeitgestaltung Keine Eignung zur Förderung des Gemeinschaftsgedankens Missverhältnis der Beteiligung angesichts 3800 Mitarbeitern: Gemeinschaftscharakter fraglich Arbeitsfreier Tag Nicht alle, nur kleiner Kreis (Fußballfans) angesprochen → Ergebnis: (+/-); Betriebssport AU (+), wenn Gemeinsinn gefördert oder wenn Zusammengehörigkeitsgefühl aller (und nicht nur Einzelinteressen) dienlich; Unternehmen hat es nicht in der Hand, Schutz der gUV von sich aus auf sonst unversicherte Tätigkeiten auszudehnen (daher vorliegend offengelassen und zurückverwiesen in: BSG v – B 2 U 47/03 R) BSG v – B 2 U 47/03 R: von BSG offengelassen und zurückverwiesen: AU eher (-), v.a. wegen geringer Gesamtbeteiligungsquote und dass es Unternehmen nicht beliebig freisteht Freizeitbetätigungen in den Schutz der GUV einzubeziehen betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen: Versicherungsschutz (+), sachlicher Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit. St. Rspr BSG: Teilnahme von Beschäftigten etwa an Betriebsfesten, Betriebsausflügen oder ähnlichen Gemeinschaftsveranstaltungen (Tanzen beim Betriebsfest, Spazieren gehen, Baden beim Betriebsausflug, Spiele, Theateraufführungen, Chorgesang) dem Unternehmen zugerechnet und der versicherten Tätigkeit gleichgesetzt werden. Interesse des Unternehmens, Dienen betrieblicher Zwecke; Pflege Verbundenheit und Gemeinsinn zwischen Leitung und Mitarbeitern und Mitarbeiter un untereinander, allen offenstehen, aber kein Teilnahmezwang, aber Mindestbeteiligung (z.B.: Beteiligungsquote: 3 von 150: AU (-); 26,5 % bzw. 40 %: AU (+), keine Mindestbeteiligungsquote, alle Einzelfallumstände entscheidend), erforderlich, von Unternehmensleitung gebilligt und unterstützt ↔ Veranstaltungen zur Freizeitgestaltung, Sportliche Betätigungen, kulturelle Veranstaltungen auch dann nicht unter Versicherungsschutz, wenn sie im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Betriebstätigkeit erfolgen und von dem Unternehmen gebilligt oder unterstützt werden. Keine rein persönlich motivierten (Reit-)vorführungen; Form, Ort, Zeitpunkt der betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung irrelevant. Stehen Freizeit, Unterhaltung oder Erholung im Vordergrund, fehlt es an einem wesentlichen betrieblichen Zusammenhang (BSGE 17, 280, 282; BSG SozR 2200 § 548 Nr 21 mwN). Gesamtbetrachtung erforderlich für Beurteilung Wesentlichkeit. Finanzierung von Reisen AU: ( -): keine Ausweitung des gUV-Schutzes auf sonst unversicherte Tatbestände, auch wenn persönliche Verbundenheit einer Gruppe von Beschäftigten mit dem Unternehmen gestärkt würde (s BSG SozR 2200 § 548 Nr 21). „Nur“ Honorierung mit geldwertem Vorteil, keine betriebliche Tätigkeit. Reine Pflege persönlicher Beziehungen zur Unternehmensleitung unversichert 25

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Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung Lösungen zu den Übungsfällen: Arbeitsunfall – ja oder nein? Abwandlung zu 5): AU (-): AU (+): Selbstschädigendes Verhalten Ohne „Glas zuviel“ kein Sturz Weiteres alkoholtypisches Fehlverhalten? Kein Vollrausch Liegt im Interesse des Unternehmens Während Arbeitszeit Alle eingeladen Dient betrieblichen Zwecken: Förderung Gemeinschaftssinn Teilnahme des Chefs Pflege Betriebsverbundenheit und des Betriebsklimas Getrunken wegen Betriebsfeier Alkohol nur dann überragender Unfall- Verursacher, wenn neben hoher BAK weitere alkoholbedingte Ausfallerscheinungen auftreten → Gesamtbetrachtung; AU hier wohl: (+) Grds. Kein Ausschluss durch selbstgefährdendes Verhalten; ABER: AU (-), wenn Versicherte derart sorglos und unvernünftig sind, dass für den Eintritt des AU statt der versicherten Tätigkeit die selbst geschaffene Gefahr als die rechtlich allein wesentliche Ursache anzusehen ist; Maß der noch als vernünftig zu tolerierenden Handlungsweisen richtet sich nach der Motivation für das Handeln; Kausalzusammenhang (-), wenn aus betriebsfremden Gründen, mithin ohne inneren Zusammenhang zur Arbeit gehandelt wird. Beweislast für Vorliegen betriebsfremder Gründe: BG (BSG v – B 2 U 28/06 R: Stürzen von Kran aus ungeklärten Umständen: Suizid?) Weitere Bsp: Setzen auf Förderband; Sonnen auf LKW-Dach, 26 26 26 26

27 Soziale Sicherungssysteme
Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung Arbeitsunfall auch (+), wenn Arbeitsgeräteunfall (§ 8 Abs. 2 Nr. 5 SGB VII) mittelbare Folgen eines Versicherungsfalles (§ 11 SGB VII (z.B. Tod infolge späterer Operation, Gesundheitszweitschaden) Schädigung der Leibesfrucht durch einen Arbeitsunfall (§ 12 SGB VII) Arbeitsgeräteunfall: wenn im Zusammenhang mit versicherter Tätigkeit ein Arbeitsgerät oder Schutzausrüstung verwahrt, befördert, in Stand gehalten o.erneuert oder ein solches nach Aweisung beschafft wird; § 11 Mittelbare Folgen: Gesundheitsschäden oder der Tod infolge Durchführung einer Heilbehandlung, von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder einer Maßnahme nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung, der Wiederherstellung oder Erneuerung eines Hilfsmittels, der zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls angeordneten Untersuchung einschließlich der dazu notwendigen Wege. Bsp: Beinamputation wegen AU: Beinamputation: Jahre später zuhause deswegen Sturz auf Treppe und Verletzung am Kopf: AU (+) Sachschäden bei Hilfeleistungen (§ 13 SGB VII)

28 Soziale Sicherungssysteme
Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung Merke: Problematische Fälle Abgrenzung betriebliche ↔ eigenwirtschaftliche o. private Tätigkeiten („gemischte Tätigkeit“); Wo liegt Schwerpunkt? Stand Tätigkeit in innerem, zeitlichen, örtlichen Zusammenhang mit Arbeit? Selbstgeschaffene Gefahren Anlagebedingte innere Ursachen Trunkenheits-/Drogen(un)fälle Betriebliche Veranstaltungen (Betriebssport, -feiern, -ausflüge) Gemischte Tätigkeit: z.B. Nahrungsaufnahme:

29 Soziale Sicherungssysteme
Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung Versicherte Tätigkeit ist auch: Wegeunfall (§ 8 Abs. 2 SGB VII) Direkte Weg nach/von dem Tätigkeitsort (Grenze: Haustür des Versicherten; BSG v – B 2 U 39/06 R) Fahrgemeinschaften (auch mit Kindern von Versicherten) Auch Weg von nötiger zweiter Unterkunft zur ständigen Familienwohnung Art der Fortbewegung einerlei

30 Soziale Sicherungssysteme
Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung Versicherte Tätigkeit ist auch: Wegeunfall (§ 8 Abs. 2 SGB VII) Grundsatz: nur der direkte Weg ist versichert → Keine Umwege (nicht die kürzeste Verbindung) oder Abwege (entgegengesetzte Richtung), insbesondere für private Zwecke Antritt des Weges zur/von Arbeit zu/von einem „Dritten Ort“ aber möglich; Frage: Innerer Zusammenhang mit versicherten Tätigkeit und angemessenes Verhältnis zum üblichen Arbeitsweg? (BSG v – B 2 U 33/00 R) Unterbrechungen von maximal 2 Stunden zulässig; währenddessen kein Versicherungsschutz; Wiederaufleben nach Rückkehr auf ursprünglichen Weg (BSG v – B 2 U 40/97 R) Zum dritten Ort: BSG v – B 2 U 33/00 R: Leitsatz: Wege zum Ort der Tätigkeit, die nach einer rein eigenwirtschaftlichen Verrichtung vom "dritten Ort" angetreten werden, stehen unter Versicherungsschutz, wenn die Länge des Weges in einem angemessenen Verhältnis zu dem üblicherweise zur Arbeitsstätte zurückgelegten Weg steht. Orientierungssatz: 1. Das gilt auch für Wege vom Ort der Tätigkeit zu einem dritten Ort. 2. … alle Umstände des jeweiligen Einzelfalles stärker… berücksichtigen… insbesondere …, ob am dritten Ort Verrichtungen des täglichen Lebens erledigt …, die keinerlei Bezug zur versicherten Tätigkeit an sich haben, oder ob es sich um Verrichtungen handelt, die zumindest mittelbar auch dem Betrieb zugute kommen sollen, wie zB Arztbesuche zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit. 3. … Aufenthalt am dritten Ort betriebsdienliche Motive, … innere Zusammenhang … eher - anzunehmen, auch wenn dieser Weg nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zum regelmäßig zurückgelegten Weg steht. Das gleiche gilt auch, wenn nach einem rein eigenwirtschaftlichen Aufenthalt am dritten Ort der Weg zum Ort der Tätigkeit aus unvorhersehbaren betrieblichen Gründen angetreten wird (vgl BSG vom RU 6/69 = BSGE 32, 38 = SozR Nr 10 zu § 550 RVO). 4. … In der gesetzlichen Unfallversicherung ist im Rahmen des § 8 Abs 2 Nr 1 SGB 7 allein die Wohnsitznahme des Versicherten als Entscheidung hinzunehmen. Demgegenüber kommt der Entscheidung des Versicherten, seinen Weg zum Ort der Tätigkeit an einem bestimmten Tag nicht von der Wohnung, sondern von einem dritten Ort aus anzutreten, nicht die gleiche rechtliche Relevanz zu. Zwar ist auch diese Entscheidung im Rahmen seiner gemäß Art 2 Abs 1 GG geschützten allgemeinen Handlungsfreiheit zu respektieren. Das bedeutet jedoch nicht, daß der entsprechende Weg auch stets unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung zu stellen ist.

31 Soziale Sicherungssysteme
Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung Lösungen zu den Übungsfällen: Arbeitsunfall – ja oder nein? trotz Fahruntüchtigkeit Wegeunfall gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII; Unfall war überwiegend glatteisbedingt und nicht alkoholbedingt; daher Alkohol keine wesentliche Bedingung für Eintritt des Unfalls (vgl. a. BSG v – B 2 U 23/05 R) Abwandlung: „Vollrausch“, daher keine dem Unternehmen dienende Tätigkeit mehr möglich; „Lösung vom Betrieb“ erfolgt → AU (-) AU (+); längerer, nicht „unmittelbarer Weg“ unschädlich, da bei vernünftiger Betrachtungsweise wegen besserer Straßen- und Verkehrsverhältnisse angemessen (BSG v – B 2 U 20/03 R) BSG v – B 2 U 23/05 R: „Für die zur Beurteilung der Wesentlichkeit der versicherten Ursache erforderliche Abwägung zwischen der versicherten Ursache und der nichtversicherten Ursache ist zu beachten, dass "wesentlich" nicht gleichzusetzen ist mit "gleichwertig" oder "annähend gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere Ursache keine überragende Bedeutung hat und als rechtlich allein wesentliche Ursache anzusehen ist. Eine naturwissenschaftliche Ursache, die nicht als wesentlich anzusehen ist und damit keine Ursache iS der Theorie der wesentlichen Bedingung ist, kann als Gelegenheitsursache bezeichnet werden (vgl die zusammenfassende Darstellung der Theorie der wesentlichen Bedingung in BSG, Urteil vom 9. Mai 2006, aaO, RdNr 13 ff).“ „Bei Alkoholgenuss ist zunächst zu prüfen, ob dieser zu einem Vollrausch geführt hat, der die Ausübung einer dem Unternehmen dienenden Verrichtung ausschließt, sodass eine Lösung vom Betrieb vorliegt, die schon den sachlichen Zusammenhang zwischen der grundsätzlich versicherten Tätigkeit und der Verrichtung zur Zeit des Unfalls ausschließt (BSGE 12, 242, 245 = SozR Nr 27 zu § 542 RVO; BSGE 48, 224 = SozR 2200 § 548 Nr 45; zuletzt: BSG, Urteil vom 5. September B 2 U 24/05 R - vorgesehen für BSGE und SozR“ absolute Fahruntüchtigkeit (1,1 Promille): überragende Verursachung → Unfallkausalität (-); relativ Fahruntüchtig: alkoholtypische Ausfallerscheinungen? Alkohol dann nicht wesentliche Bedingung, wenn Unfall auch ohne Alk erfolgt wäre Geringfügige Unterbrechungen: Zigarettenziehen am Automaten, Einwerfen Brief in Briefkasten, Hilfeleistung beim Öffnen einer Straßenbahntür, Hilfe beim Hineinheben eines Kinderwagens in Bus (BSG v – B 2 U 23/03 R) Abwandlung 1: AU (+); nur geringfügige Unterbrechung gleichsam „im Vorübergehen“ (BSG v – B 2 U 23/03 R) 31 31 31 31

32 Soziale Sicherungssysteme
Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung Lösungen zu den Übungsfällen: Arbeitsunfall – ja oder nein? Abwandlung 2: AU (-); Umweg für privaten Zweck; während Überqueren der Straße nicht versichert; Zeitungskauf nicht „im Vorübergehen“ möglich Abwandlung 3: während Abweg für privaten Zweck und während Einkaufens nicht versichert; erst wieder bei Rückkehr auf unmittelbaren und eigentlichen Weg versichert, da Unterbrechung nur 1 Stunde Abwandlung 4: überhaupt kein Versicherungsschutz, da Abweg für private Zwecke und Unterbrechung länger als 2 Stunden Abwandlung 5: mit Verlassen des KfZ entfällt Versicherungsschutz, lebt aber wieder auf, wenn Unterbrechung nicht länger als 2 Stunden, da dann noch keine endgültige Lösung vom versicherten Arbeitsweg (BSG v – B 2 U 23/03 R sowie BSG v – B 2 U 26/06 R) Abzugrenzen vom Betriebsweg: immer versichert; z.B. Außentermin (BSG v B 2 U 28/05 R); Fahrt des LKW-Fahrers im Rahmen des Auftrags (BSG v – B 2 U 35/03 R); angeordnete, dringende ausserhalb der üblichen Arbeitszeit liegende zusätzliche Tätigkeit an anderem Ort als der Betriebsstätte (BSG v – B 2 U 39/99 R) 32 32 32 32 32

33 Soziale Sicherungssysteme
Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung b. Die Berufskrankheit, § 9 SGB VII Ursächlich mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängende Krankheit; Gesundheitsschäden nicht erforderlich Von BReg in Berufskrankheitenverordnung bestimmt Ergänzung und Anerkennung weiterer Bken durch UV-träger möglich Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-BK. “versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen", "Krankheit„ muss iS des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit. Bsp.: Asbestose, Allergien, Staublunge, Infektionen, Schwerhörigkeit, ...

34 Soziale Sicherungssysteme
Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung 5. Leistungen Vor Versicherungsfall (§§ SGB VII): Prävention Aufklärung Beratung Fortbildung Überwachung Wichtige Schritte im Leistungsrecht waren: die Einbeziehung von Wegeunfällen und Berufskrankheiten, die Dynamisierung der Entschädigungsleistungen, der Ausbau der Heilverfahren, der Prävention, der medizinischen und beruflichen Rehabilitation, die Neuordnung der Hinterbliebenenrenten. Unfallverhütungsvorschriften (z.B.: Sicherheitsbeauftragter bei mehr als 20 AN)

35 Soziale Sicherungssysteme
Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung 5. Leistungen b. Nach Versicherungsfall: Überblick, allgemeine Grundsätze: §§ 26, 95 ff. SGB VII Wichtigster Grundsatz: „Reha vor Rente“ (§ 26 Abs. 3 SGB VII) §§ 27 – 52 SGB VII: Heilbehandlung, Leistungen zur Teilhabe, Leistungen bei Pflegebedürftigkeit, Geldleistungen (Verletztengeld, Übergangsgeld) §§ 56 – 80 SGB VII: Renten (Vss.: Minderung der Erwerbsfähigkeit = MdE: mind. 20 länger als 26 Wochen), Leistungen an Hinterbliebene, Abfindungen Orientierung der Versicherungsleistungen am Schadenersatzprinzip, Beginn Verletztengeld: Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit oder vom Beginn der Heilbehandlungsmaßnahme; Anrechnung gezahlten Arbeitsentgeltes Beginn: nach Ablauf der Entgeltfortzahlung 6 Wochen AG; wie beim Krankengeld Übergangsgeld: bei Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben; Höhe: wie bei KG Heilbehandlung (ärztlich, zahnärztlich; Arznei-/Verbandmittel, Heilmittel, Hilfsmittel, Häusl. Krankenpflege, stationäre Behandlung, Rehas, (spezielle der BG) Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft und ergänzende Leistungen: Kfz-Hilfe, Wohnungshilfe, Fahrtkosten, Haushaltshilfe, Kinderbetreuungskosten Unfallrente: MdE = Minderung der Erwerbsfähigkeit: Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Höhe: Verlust der Erwerbsfähigkeit: Vollrente; 2/3 des Jahresarbeitsverdienstes. MdE: Teilrente geleistet; % der Vollrente, der dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht.

36 Soziale Sicherungssysteme
Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung 6. Haftungsbeschränkungen Stichwort: „Unternehmerhaftpflichtversicherung“ (§ 104 Abs. 1 SGB VII) Freistellung von der zivilrechtlichen Haftung von Unternehmern (§ 136 Abs. 3 SGB VII) gegenüber AN, deren Angehörigen und Hinterbliebenen; nur bei Personenschäden; kein Schmerzensgeldanspruch Ebenso: unter Arbeitskollegen, bei Beschäftigten verschiedener Unternehmen auf einer gemeinsamen Betriebsstätte (§ 105 SGB VII) Ablösung der Unternehmerhaftung durch verschuldensunabhängige, öffentlich-rechtliche Versicherungsansprüche, da alleinige Finanzierung durch die Unternehmer, Ausschluss von Haftungsansprüchen des Arbeitnehmers gegen den Unternehmer, später auch Haftungsausschluss unter den Arbeitnehmern desselben Betriebs, Durchführung durch eigene Körperschaften, im gewerblichen und im landwirtschaftlichen Bereich durch Berufsgenossenschaften, Selbstverwaltung, seit 1953 paritätisch durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber, Gliederung der Berufsgenossenschaften nach Branchen, die Unternehmen mit vergleichbaren Unfallrisiken zusammenfassen Keine Haftungsfreistellung: bei Vorsatz oder Wegeunfall (§ 104 Abs. 1 S. 1 SGB VII)

37 Soziale Sicherungssysteme
Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung 6. Haftungsbeschränkungen Vgl. a.: Haftungsprivilegierungen gem. § 106 SGB II; hier insbesondere von Bedeutung: Haftungsprivilegierung für Beschäftigte verschiedener Unternehmen auf einer gemeinsamen Betriebsstätte (§ 106 Abs. 3 SGB VII) Aussetzen des Verfahrens bis zur endgültigen Entscheidung, ob ein Versicherungsfall vorliegt, wenn über Ersatzansprüche der in den §§ 104 bis 107 SGB VII genannten Art zu entscheiden ist (§ 108 Bindung der (Zivil-)Gerichte)

38 Arbeitsunfall, Haftungsausschlüsse und Regress nach §§ 104 f. SGB VII
Vorsatz oder Wegeunfall (+) Ansprüche des Geschädigten gegen Schädiger bleiben erhalten (insb. vertragl. Ansprüche, §§ 280 Abs. 1 i.V.m. 241 Abs. 2 BGB (bei Arbeitsverhältnissen); §§ 823 ff. BGB (ggf. i.V.m. StVG) §§ 253, 254 BGB anwendbar Vor Zivilgerichten einzuklagen Vorsatz = bedingter Vorsatz; muss sich auf Verletzungshandlung und -erfolg beziehen Bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit: vor Zivilgerichten geltend zu machender Regress der Sozialversicherungsträger gem. § 110 SGB VII originärer Anspruch aus eigenem Recht; Geltendmachung nach billigem Ermessen: § 110 Abs. 2 SGB VII begrenzt auf Höhe des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruches; hier: Berücksichtigung eines Mitverschuldens gem. § 254 BGB (+); § 116 SGB X (cessio legis) gilt nicht (vgl. a. §§ 104 Abs. S. 2; 105 Abs. 1 S. 3; Abs. 2 S. 1; 106 SGB VII) Vorsatz oder Wegeunfall (-) Haftungsausschluss des Unternehmers (vgl. § 136 Abs. 3 SGB VII) für Personenschäden gem. § 104 Abs. 1 SGB VII; Haftungsausschluss von im Betrieb tätigen Personen (Arbeitskollegen; „Wie-Beschäftigte“ gem. § 2 Abs. 2 SGB VII) für Personenschäden gem. § 105 SGB VII Haftungsausschluss für die Sonderfälle des § 106 SGB VII; besonders relevant: § 106 Abs. 1 SGB VII: Kinder, Schüler, Studenten; § 106 Abs. 3, 3. Fall SGB VII (vorübergehende Verrichtung betrieblicher Tätigkeiten durch Versicherte mehrerer Unternehmen auf einer gemeinsamen Betriebsstätte, oft: „Baustelle“) „nur“ Leistungen der GUV, hier wichtig: Heilbehandlung gem. §§ 28 ff. SGB VII; Verletztengeld und Übergangsgeld gem. §§ 45 ff. SGB VII als Entgeltersatzleistung; Unfallrente gem. §§ 56 SGB VII; Leistungen bei Tod gem. §§ 63 ff. SGB VII Haftungsausschluss auch für Schmerzensgeldanspruch gem. § 253 BGB Mitverschulden irrelevant; Nicht nur bei „Unrechts-„ sondern auch bei „Unglücksfällen“; Einbeziehung „betriebsimmanenter Gefahren“ Kein Haftungsausschluss bei Sachschäden → durch Geschädigten vor Zivilgericht einklagbar Gründe für Haftungsfreistellung: Beitragstragung durch AG, „Haftungsfreikauf“, „soziale Haftpflichtversicherung“ Wahrung des Betriebsfriedens Gewährleistung eines liquiden Schuldners in Form der GUV Kein Prozessrisiko für Geschädigten

39 Soziale Sicherungssysteme
Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung Übungsfall Nr. 3: Lösungshinweise Schadensersatzansprüche gegen Bertram? Zivilrechtliche Anspruchsgrundlage: § 823 ff. BGB § 823 ff. BGB ausgeschlossen? Gem. § 105 Abs. 1 SGB VII ? Vorsatz? (-) → Ausschluss (+) Weitere privatrechtliche Ansprüche? Gegen Arbeitgeber gem. § 3 EntgFG Gegen Arbeitgeber bei Erwerbsunfähigkeit u.U. Zahlung einer Betriebsrente gem. BetrAVG (s.a.o.) 39

40 Soziale Sicherungssysteme
Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung Übungsfall Nr. 3: Lösungshinweise § 3 EntgFG Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (1) Wird ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne daß ihn ein Verschulden trifft, so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen. Wird der Arbeitnehmer infolge derselben Krankheit erneut arbeitsunfähig, so verliert er wegen der erneuten Arbeitsunfähigkeit den Anspruch nach Satz 1 für einen weiteren Zeitraum von höchstens sechs Wochen nicht, wenn 1. er vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens sechs Monate nicht infolge derselben Krankheit arbeitsunfähig war oder 2. seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit eine Frist von zwölf Monaten abgelaufen ist. 40

41 Soziale Sicherungssysteme
Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung Übungsfall Nr. 3: Lösungshinweise Sozialrechtliche Ansprüche des Anton? Versicherungsfall gem. § 7 Abs. 1 SGB VII? Arbeitsunfall gem. § 8 Abs. 1 SGB VII? Versicherte Tätigkeit gem. §§ 7 Abs. 1 SGB IV i.V.m. 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII Verrichtung aufgrund versicherter Tätigkeit („infolge“; § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII) Unfall gem. § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII ? Versicherungsfälle (§ 7 Abs.1 SGB VII):  Arbeitsunfälle (§ 8 SGB VII) Berufskrankheiten (§ 9 SGB VII) Der Arbeitsunfall, Legaldefinition: § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII: Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). „Infolge“: Erfordernis eines „rechtlich wesentlichen inneren Zusammenhangs“ zwischen unfallbringender Handlung und der versicherten Tätigkeit, welche bei wertender Betrachtung als Bestandteil der versicherten Tätigkeit anzusehen ist (BSGE 61, 127 f.). Beurteilung aus Sicht des Handelnden, sofern Tätigkeit dem mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht → Ausschluss von rein privatem Handeln. „Unfall“, Legaldefinition: § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII: zeitlich begrenzte (s.u.), von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels (§ 8 Abs. 3 SGB VII). „Zeitlich begrenzt“: innerhalb einer Arbeitsschicht, BSGE 15, 112 f.; → Abgrenzung zur Berufskrankheit „Von aussen“: Ausschluss sog. „innerer Ursachen“ (Krankheiten, Konstitution des Versicherten); Bsp.: kein AU bei Bandscheibenvorfall während der Arbeit, wenn Versicherter an chronischen Rückenproblemen leidet und Bandscheibenvorfall überall in diesem Ausmaß hätte auftreten können Zeitlich begrenzt (+) Von aussen (+) 41

42 Soziale Sicherungssysteme
Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung Übungsfall Nr. 3: Lösungshinweise Sozialrechtliche Ansprüche des Anton? Haftungsbegründende Kausalität; „Theorie der rechtlich wesentlichen Bedingung“ (+) Haftungsausfüllende Kausalität (+) Potentielle Ansprüche gegen gesetzliche Unfallversicherung: Heilbehandlung (§§ 27 ff. SGB VII) Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und in der Gemeinschaft (§§ 35 ff. SGB VII) Leistungen bei Pflegebedürftigkeit (§ 44 SGB VII) Haftungsbegründende Kausalität/“Unfallkausalität“ (BSGE 96, 196 ff.): Zwischen versicherter Verhaltensweise (konkreter Verrichtung) und Unfallereignis muss ein Zusammenhang bestehen; Beurteilung nach „Theorie der rechtlich wesentlichen Bedingung“: Nur diejenigen Bedingungen sind ursächlich, die wegen ihrer besonderen Bedeutung für den Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben. Rechtlich wesentlich ist eine Bedingung, die bei wertender Betrachtung gegenüber anderen Bedingungen die überragende oder zumindest gleichwertige Bedeutung für den Erfolgseintritt hat; es kommt auf die Umstände des Einzelfalles an → Einbeziehung von Unfällen, an denen Mitverschulden des Versicherten besteht und Ausschluss, wenn die Ausübung der versicherten Tätigkeit für die Entstehung des Unfalles unwesentlich ist (sog. „Gelegenheitsursachen“; z.Bsp.: LSG Baden-Württemberg v – Az.: L 8 U 5043/09). Haftungsausfüllende Kausalität: Körperschaden ist Folge des kausal durch die versicherte Tätigkeit herbeigeführten Unfalles; Unfall ist wesentliche Ursache für Entstehung oder Verschlimmerung des Schadens „Potentielle Ansprüche“: Bei Vorliegen der besonderen Anspruchsvoraussetzungen Ausschluss des bürgerlich-rechtlichen Schadensersatzanspruches gem. §§ 104, 105 SGB VII bei einem Arbeitsunfall, der auf ein schuldhaftes Verhalten des Arbeitgebers oder Arbeitskollegen zurückzuführen ist. Stattdessen springt die gesetzliche Unfallversicherung ein (SGB VII). Evtl. Regress gem. § 110 SGB VII. Verletztengeld (§§ 45 ff. SGB VII) Zahlung von Renten (§§ 56 ff. SGB VII)

43 Soziale Sicherungssysteme
Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung 6. Haftungsbeschränkungen Haftung gegenüber Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung (§§ 110 ff. SGB VII) Bei grob fahrlässiger oder vorsätzlicher Herbeiführung eines Schadens durch Personen, deren Haftung gem. §§ 104 ff. SGB VII ausgeschlossen ist, haftet der Schädiger für die infolge des Versicherungsfalles entstandenen Aufwendungen bis zur Höhe des zivilrechtlichen Schadenersatzanspruchs (§ 110 Abs. 1 S. 1 SGB VII). Der Sozialversicherungsträger kann nach billigem Ermessen auf den Ersatzanspruch ganz oder teilweise verzichten (§ 110 Abs. 2 SGB VII).

44 Soziale Sicherungssysteme
Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung 6. Haftungsbeschränkungen Haftung gegenüber Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung (§§ 110 ff. SGB VII) zivilrechtlicher Anspruch → Geltendmachung vor den ordentlichen Gerichten Regressmöglichkeit, falls Unternehmer Schwarzarbeit nach § 1 des Schwarzarbeiterbekämpfungsgesetzes erbringen und keine oder zu geringe Beiträge in die gUV entrichten. Eine nicht ordnungsgemäße Beitragsentrichtung wird vermutet, wenn die Unternehmer die Personen, bei denen die Versicherungsfälle eingetreten sind, nicht nach § 28a SGB IV bei der Einzugsstelle angemeldet hatten (§ 110 Abs.1a SGB VII).

45 Soziale Sicherungssysteme
Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung 6. Haftungsbeschränkungen Haftung gegenüber Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung (§§ 110 ff. SGB VII) Gesetzlicher Forderungsübergang ( § 116 SGB X) Der UV-Träger kann gegenüber den nicht durch §§ SGB VII privilegierten Schädigern den zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch des Geschädigten geltend machen. 45

46 Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII - Die gesetzliche Unfallversicherung
7. Finanzierung Beitragspflicht: Allein durch Unternehmer (Stichwort: „Haftungsfreistellung“) → Pflichtmitgliedschaft (§ 150 SGB VII) Zur Vorlageberechtigung: Jede unabhängige, zur Streitentscheidung berufene Instanz Die durch oder aufgrund eines Gesetzes eingerichtet worden ist Eine obligatorische, durch Wahl der Parteien grundsätzlich nicht zugängliche Zuständigkeit begründet und Unter Anwendung von Rechtsnormen, d.h. nicht allein nach Billigkeitsgesichtspunkten, Verbindlich entscheidet. Zur Vorlagepflicht unterinstanzlicher Gerichte: - Bei Gültigkeitszweifeln keine Feststellung der Ungültigkeit des organgeschaffenen Rechts, sondern Vorlage an EuGH (Vorlageermessen reduziert sich auf Null bzw. Eins, nämlich Vorlage) und Bei Aussetzung der Vollziehung eines auf einem Gemeinschaftsrechtsakt (VO/RL) beruhenden msl. VA im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes – Aussetzung nur bei: Erheblichen Zweifeln an der Gültigkeit der Gemeinschaftsrechtshandlung Gleichzeitiger Vorlage dieser Handlung an den EuGH Dringlichkeit der Entscheidung Angemessener Berücksichtigung des Gemeinschaftsinteresses Gebührender Beachtung der Gemeinschatsrspr. Zu dem in Zweifel gezogenen Rechtsakt Ausnahme von Vorlagepflicht: bereits erfolgte Feststellung der Ungültigkeit eines Rechtsakts in einem anderen Verfahren oder Lehre vom acte clair (str.) 46

47 Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII - Die gesetzliche Unfallversicherung
7. Finanzierung Beitragshöhe abhängig von Finanzbedarf (Umlagesoll), Arbeitsentgelt der Versicherten, Grad der Unfallgefahr im Unternehmen (Einteilung in Gefahrenklassen; § 153 SGB VII) Lastenausgleich unter gewerblichen Berufsgenossenschaften (§§ 176 ff. SGB VII) Vereinbarung gemeinschaftlicher Tragung der Entschädigungslast zwischen gewerblichen und landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften (§§ 176 ff. SGB VII) Aktuell: Stufenweise Einführung eines neuen Lastenausgleichssystems bis zum Jahr 2013 47 47

48 Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII - Die gesetzliche Unfallversicherung
7. Finanzierung Lösungshinweise zu Fall Nr. 4; EuGH v – C -350 / 07: Artikel 267 AEUV (Auszug) (ex-Artikel 234 EGV) Der Gerichtshof der Europäischen Union entscheidet im Wege der Vorabentscheidung a) über die Auslegung der Verträge, b) über die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union, Wird eine derartige Frage einem Gericht eines Mitgliedstaats gestellt und hält dieses Gericht eine Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich, so kann es diese Frage dem Gerichts­ hof zur Entscheidung vorlegen. Wird eine derartige Frage in einem schwebenden Verfahren bei einem einzelstaatlichen Gericht gestellt, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, so ist dieses Gericht zur Anrufung des Gerichtshofs verpflichtet. Zur Vorlageberechtigung: Jede unabhängige, zur Streitentscheidung berufene Instanz Die durch oder aufgrund eines Gesetzes eingerichtet worden ist Eine obligatorische, durch Wahl der Parteien grundsätzlich nicht zugängliche Zuständigkeit begründet und Unter Anwendung von Rechtsnormen, d.h. nicht allein nach Billigkeitsgesichtspunkten, Verbindlich entscheidet. Zur Vorlagepflicht unterinstanzlicher Gerichte: - Bei Gültigkeitszweifeln keine Feststellung der Ungültigkeit des organgeschaffenen Rechts, sondern Vorlage an EuGH (Vorlageermessen reduziert sich auf Null bzw. Eins, nämlich Vorlage) und Bei Aussetzung der Vollziehung eines auf einem Gemeinschaftsrechtsakt (VO/RL) beruhenden msl. VA im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes – Aussetzung nur bei: Erheblichen Zweifeln an der Gültigkeit der Gemeinschaftsrechtshandlung Gleichzeitiger Vorlage dieser Handlung an den EuGH Dringlichkeit der Entscheidung Angemessener Berücksichtigung des Gemeinschaftsinteresses Gebührender Beachtung der Gemeinschatsrspr. Zu dem in Zweifel gezogenen Rechtsakt Ausnahme von Vorlagepflicht: bereits erfolgte Feststellung der Ungültigkeit eines Rechtsakts in einem anderen Verfahren oder Lehre vom acte clair (str.) 48

49 Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII - Die gesetzliche Unfallversicherung
7. Finanzierung Lösungshinweise zu Fall Nr. 4; EuGH v – C -350 / 07: Zulässigkeit eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV Zuständigkeit des Gerichtshofs → (+), nach Art. 267 AEUV Vorlageberechtigung/Vorlagepflicht → (+), LSG ist mitgliedstaatliches Gericht i.S.d. Art. 267 AEUV Zur Vorlageberechtigung: Jede unabhängige, zur Streitentscheidung berufene Instanz Die durch oder aufgrund eines Gesetzes eingerichtet worden ist Eine obligatorische, durch Wahl der Parteien grundsätzlich nicht zugängliche Zuständigkeit begründet und Unter Anwendung von Rechtsnormen, d.h. nicht allein nach Billigkeitsgesichtspunkten, Verbindlich entscheidet. Zur Vorlagepflicht unterinstanzlicher Gerichte: - Bei Gültigkeitszweifeln keine Feststellung der Ungültigkeit des organgeschaffenen Rechts, sondern Vorlage an EuGH (Vorlageermessen reduziert sich auf Null bzw. Eins, nämlich Vorlage) und Bei Aussetzung der Vollziehung eines auf einem Gemeinschaftsrechtsakt (VO/RL) beruhenden msl. VA im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes – Aussetzung nur bei: Erheblichen Zweifeln an der Gültigkeit der Gemeinschaftsrechtshandlung Gleichzeitiger Vorlage dieser Handlung an den EuGH Dringlichkeit der Entscheidung Angemessener Berücksichtigung des Gemeinschaftsinteresses Gebührender Beachtung der Gemeinschatsrspr. Zu dem in Zweifel gezogenen Rechtsakt Ausnahme von Vorlagepflicht: bereits erfolgte Feststellung der Ungültigkeit eines Rechtsakts in einem anderen Verfahren oder Lehre vom acte clair (str.) 49

50 Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII - Die gesetzliche Unfallversicherung
7. Finanzierung Lösungshinweise zu Fall Nr. 4; EuGH v – C -350 / 07: Vorlagegegenstand: Auslegung der Verträge Hier: Vereinbarkeit des deutschen Systems der gUV mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht (Art. 267 Abs. 1 lit. a) AEUV) Vorlagefrage: Abstrakt formulierte Fragen nach Auslegung und/oder Gültigkeit von Unionsrecht nach Aufklärung des Sachverhalts und Prüfung der Entscheidungserheblichkeit? (+) Zu Punkt IV: Vorlagefrage: Problem 1 zu Vorlagefrage 1: Anwendung auf Einzelfall? Gerichtshof im Verfahren nach Art. 234 EG nicht befugt, die Normen des Gemeinschaftsrechts auf einen Einzelfall anzuwenden, und somit auch nicht dafür zuständig, Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts unter eine solche Norm einzuordnen. Er kann aber dem innerstaatlichen Gericht alle Hinweise zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts geben, die diesem bei der Beurteilung der Wirkungen dieser Bestimmungen dienlich sein können (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 24. September 1987, Coenen, 37/86, Slg. 1987, 3589, Randnr. 8, und vom 5. Juli 2007, Fendt Italiana, C-145/06 und C-146/06, Slg. 2007, I-5869, Randnr. 30). Hierzu hat der Gerichtshof die ihm vorgelegten Fragen gegebenenfalls umzuformulieren (vgl. u. a. Urteile vom 8. März 2007, Campina, C-45/06, Slg. 2007, I-2089, Randnr. 30, und vom 11. März 2008, Jager, C-420/06, Slg. 2008, I-1315, Randnr. 46). Das vorlegende Gericht ersucht mit erster Frage, die Art. 81 f. EG (101f. AEUV) auf den Ausgangsrechtsstreit anzuwenden und selbst zu entscheiden, ob die M ein Unternehmen im Sinne dieser Vorschriften darstellt, und dass es die für eine solche Qualifizierung erheblichen Umstände nicht genau bezeichnet, doch hindert nichts die Umformulierung dieser Frage, um dem genannten Gericht eine Auslegung der entsprechenden Vorschriften zu geben, die ihm für die Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits dienlich ist. Problem 2 zu Vorlagefrage 2: Nicht-Nennung der betreffenden Vorschriften des Gemeinschaftsrechts? Gerichtshof hat i.d.F. au dem gesamten von dem vorlegenden Gericht übermittelten Material, insbesondere aus der Begründung der Vorlageentscheidung, diejenigen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts herauszuarbeiten hat, die unter Berücksichtigung des Gegenstands des Rechtsstreits einer Auslegung bedürfen (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteil vom 20. April 1988, Bekaert, 204/87, Slg. 1988, 2029, Randnrn. 6 und 7). Vorliegend zwar keine dezidierte Bezeichnung der Normen, doch geht aus der Vorlageentscheidung klar hervor, dass mit dieser Frage geklärt werden soll, ob die Pflichtmitgliedschaft bei einer Berufsgenossenschaft wie der M entsprechend dem Vorbringen von K im Ausgangsrechtsstreit eine nach den Art. 49 EG und 50 EG verbotene Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs oder ein nach Art. 82 EG, gegebenenfalls in Verbindung mit Art. 86 EG, untersagter Missbrauch sein kann, so dass sich die Frage in diesem Sinne umformulieren lässt. Im übrigen: im Rahmen der durch Art. 234 EG geschaffenen Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten ist es allein Sache des mit dem Rechtsstreit befassten nationalen Gerichts, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung zum Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof von ihm vorgelegten Fragen zu beurteilen. Betreffen also die vorgelegten Fragen die Auslegung des Gemeinschaftsrechts, so ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, darüber zu befinden (vgl. u. a. Urteil vom 23. November 2006, Asnef-Equifax und Administración del Estado, C-238/05, Slg. 2006, I-11125, Randnr. 15 und die dort angeführte Rechtsprechung). Ausnahmsweise hat der Gerichtshof allerdings zur Prüfung seiner eigenen Zuständigkeit die Umstände zu untersuchen, unter denen er von dem innerstaatlichen Gericht angerufen wird. Denn der Geist der Zusammenarbeit, in dem das Vorabentscheidungsverfahren durchzuführen ist, verlangt auch, dass das nationale Gericht auf die dem Gerichtshof übertragene Aufgabe Rücksicht nimmt, zur Rechtspflege in den Mitgliedstaaten beizutragen, nicht aber Gutachten zu allgemeinen oder hypothetischen Fragen abzugeben. Die Zurückweisung des Vorabentscheidungsersuchens eines nationalen Gerichts ist allerdings nur möglich, wenn offensichtlich ist, dass die erbetene Auslegung des Gemeinschaftsrechts in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (Urteil Asnef-Equifax und Administración del Estado, Randnrn. 16 und 17 und die dort angeführte Rechtsprechung). 50 50

51 Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII - Die gesetzliche Unfallversicherung
7. Finanzierung Lösungshinweise zu Fall Nr. 4; EuGH v – C -350 / 07: Zwischenergebnis: Vorlage ist zulässig B. Begründetheit (Antwort auf die Vorlagefragen): Pflichtmitgliedschaft für Unternehmen in einer Berufsgenossenschaft könnte gegen das EG-Wettbewerbsrecht (Artt. 81f. EG; nunmehr: Artt. 101f. AEUV) und gegen die Dienstleistungsfreiheit (Artt. 49 ff. EG; nunmehr: Artt. 56 ff. AEUV) verstossen. Zur Begründetheit: (+), wenn Vorlagefrage nach dem Vorbringen des Gerichts Auslegungs- und/oder Gültigkeitszweifel hinsichtlich des Vorlagegegenstands erweckt, zu welchem der EuGH dann eine entsprechende Auslegung vornimmt und /oder entsprehcende Feststellungen trifft (materielle Rmgkeitsprüfung allenfalls im Rahmen der gültigkeitsprüfung soweit etwas das ordnungsgemäße Zustandekommen untersucht wird oder Grundrechtsverletzungen in Rede stehen. (Vorrang grundrechtskonformer Auslegung) 51 51 51

52 Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII - Die gesetzliche Unfallversicherung
7. Finanzierung Lösungshinweise zu Fall Nr. 4; EuGH v – C -350 / 07: Zur Vorlagefrage 1 – Verstoß gegen die Wettbewerbsfreiheit Berufsgenossenschaft M Unternehmen i.S.d. Artt. 101f. AEUV (fr. Art. 81f. EG)? Unternehmen im Rahmen des Wettbewerbsrechts ist jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung (vgl. u. a. Urteile vom 23. April 1991, Höfner und Elser, C-41/90, Slg. 1991, I-1979, Randnr. 21, und vom 11. Dezember 2007, ETI u. a., C-280/06, Slg. 2007, I-10893, Randnr. 38). . 52 52 52 52

53 Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII - Die gesetzliche Unfallversicherung
7. Finanzierung Lösungshinweise zu Fall Nr. 4; EuGH v – C -350 / 07: Zur Vorlagefrage 1 – Verstoß gegen die Wettbewerbsfreiheit? Hier: M ist öffentlich-rechtliche Körperschaft, welche an der Verwaltung des deutschen Systems der sozialen Sicherheit mitwirkt und insoweit eine soziale Aufgabe wahrnimmt, die ohne Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. März 2004, AOK Bundesverband u. a., C-264/01, C-306/01, C-354/01 und C-355/01, Slg. 2004, I-2493, Randnr. 51).  Vgl. a. (Urteil Cisal, Randnr. 32) in Bezug auf das italienische gesetzliche System der Versicherung gegen Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten: sozialer Schutz, den die Mitgliedstaaten ihrer gesamten Bevölkerung oder einem Teil derselben gewähren Stdg. Rspr: Gemeinschaftsrecht lässt Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Ausgestaltung ihrer Systeme der sozialen Sicherheit unberührt (vgl. u. a. Urteile vom 28. April 1998, Kohll, C-158/96, Slg. 1998, I-1931, Randnr. 17, vom 12. Juli 2001, Smits und Peerbooms, C-157/99, Slg. 2001, I-5473, Randnr. 44, und vom 16. Mai 2006, Watts, C-372/04, Slg. 2006, I-4325, Randnr. 92). gesetzliches System der Versicherung gegen Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten verfolgt obligatorische soziale Sicherung für alle Arbeitnehmer und daher einen sozialen Zweck. Hinweis auf § 1 SGB VII: Aufgabe, Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren und Wiederherstellung der Gesundheit und Leistungsfähigkeit sowie Entschädigung. Außerdem: Alle geschützten Personen erhalten Schutz gegen die Risiken eines Arbeitsunfalls und Berufskrankheiten, unabhängig von Pflichtverletzung des Geschädigten oder des Arbeitgebers und damit ohne dass derjenige zivilrechtlich haftbar gemacht werden müsste, der die Vorteile aus der gefahrgeneigten Tätigkeit zieht (vgl. entsprechend Urteil Cisal, Randnr. 35). soziale Zweck eines solchen Systems zeigt sich überdies daran, dass die Leistungen, auch dann gewährt werden, wenn die fälligen Beiträge nicht entrichtet wurden; dies trägt offensichtlich zum Schutz aller Versicherten gegen die wirtschaftlichen Folgen von Arbeitsunfällen bei (vgl. entsprechend Urteil Cisal, Randnr. 36). Allerdings genügt der soziale Zweck eines Versicherungssystems als solcher nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht, um eine Einstufung der betreffenden Tätigkeit als wirtschaftliche Tätigkeit auszuschließen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. September 1999, Albany, C-67/96, Slg. 1999, I-5751, Randnr. 86, vom 12. September 2000, Pavlov u. a., C-180/98 bis C-184/98, Slg. 2000, I-6451, Randnr. 118, und Cisal, Randnr. 37). 53 53 53 53 53

54 Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII - Die gesetzliche Unfallversicherung
7. Finanzierung Lösungshinweise zu Fall Nr. 4; EuGH v – C -350 / 07: Zur Vorlagefrage 1 – Verstoß gegen die Wettbewerbsfreiheit Grundsatz der Solidarität gewahrt? Gesamtbetrachtung: Finanzierung durch Beiträge, deren Höhe abhängig ist von Gefahrenklassen, vom Arbeitsentgelt des Versicherten, vom Finanzbedarf, der sich aus den erbrachten Leistungen des Vorjahres ergibt (§§ 153, 157 SGB VII) → hierdurch Schaffung von „Gefahrengemeinschaften“; Ausgleich gem. § 176 SGB VII der BG´s untereinander; Wert der Leistungen nicht von Beitragshöhe abhängig → Grundsatz der Solidarität gewahrt (+)

55 Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII - Die gesetzliche Unfallversicherung
7. Finanzierung Lösungshinweise zu Fall Nr. 4; EuGH v – C -350 / 07: Zur Vorlagefrage 1 – Verstoß gegen die Wettbewerbsfreiheit Staatliche Aufsicht gewährleistet? M kann im Rahmen des Selbstverwaltungssystems Faktoren festsetzen, die für die Höhe der Beiträge und der Leistungen ausschlaggebend sind; jedoch: Handlungsspielraum der M betreffend die Faktoren zur Beitragsberechnung durch das Gesetz vorgesehen und strikt begrenzt; Bundesrepublik ist nach Vorschriften des SGB VII Aufsichtsbehörde → (+) ZE: M ist kein Unternehmen i.S.d. Artt. 101f. AEUV, daher kein Verstoss hiergegen 55

56 Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII - Die gesetzliche Unfallversicherung
7. Finanzierung Lösungshinweise zu Fall Nr. 4; EuGH v – C -350 / 07: Zur Vorlagefrage 2 – Verstoß gegen die Dienstleistungssfreiheit? Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs durch Einrichtung einer Pflichtmitgliedschaft? Vorliegend kein Ausschluss der Artt. 56 ff. AEUV (vormals: Artt. 49ff. EG), obwohl System der sozialen Sicherheit in die alleinige Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten fällt Weiter: System der GUV sieht lediglich Mindestabdeckung vor; K steht es frei, sich jederzeit zusätzlich betreffend die Risiken AU/BK privat abzusichern, auch in anderen Mitgliedstaaten . Zur Beschränkung: werden in anderen Mitgliedstaaten niedergelassene Versicherungsgesellschaften beschränkt, auf dem Markt in Deutschland ihre Dienste anzubieten, und Werden die in Deutschland niedergelassenen Unternehmen als Dienstleistungsempfänger davon abgehalten werden, sich bei solchen Gesellschaften zu versichern? freie Dienstleistungsverkehr nach Rspr. nicht nur die Beseitigung jeder Diskriminierung des in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Dienstleistenden aufgrund seiner Staatsangehörigkeit, sondern auch die Aufhebung aller Beschränkungen – selbst wenn sie unterschiedslos für inländische Dienstleistende wie für solche aus anderen Mitgliedstaaten gelten – verlangt, sofern sie geeignet sind, die Tätigkeiten des Dienstleistenden, der in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist und dort rechtmäßig ähnliche Dienstleistungen erbringt, zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile vom 20. Februar 2001, Analir u. a., C-205/99, Slg. 2001, I-1271, Randnr. 21, vom 5. Dezember 2006, Cipolla u. a., C-202/04 und C-94/04, Slg. 2006, I-11421, Randnr. 56, und vom 11. Januar 2007, ITC, C-208/05, Slg. 2007, I-181, Randnr. 55). Außerdem steht Art. 49 EG nach st. Rspr. der Anwendung jeder nationalen Regelung entgegen, die die Leistung von Diensten zwischen Mitgliedstaaten im Ergebnis gegenüber der Leistung von Diensten im Inneren eines Mitgliedstaats erschwert (Urteile Kohll, Randnr. 33, und Smits und Peerbooms, Randnr. 61). 56 56 56 56 56 56 56

57 Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII - Die gesetzliche Unfallversicherung
7. Finanzierung Lösungshinweise zu Fall Nr. 4; EuGH v – C -350 / 07: Zur Vorlagefrage 2 – Verstoß gegen die Dienstleistungssfreiheit? Geeignetheit, Unternehmen von Inanspruchnahme privater Versicherung abzuhalten, zwar nicht abzustreiten, jedoch zwingende Gründe des Allgemeinwohls vorhanden? → hier: erhebliche Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit, daher Beschränkung der Artt. 56 ff. AEUV (vormals: Artt. 49ff. EG) gerechtfertigt Das im Ausgangsverfahren streitige Versicherungssystem kann aber, da es, wie der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens zeigt, offenbar auch Risiken abdecken soll, die sich bei nicht nach dem Grundsatz der Solidarität arbeitenden Versicherungsunternehmen versichern lassen, ein Hindernis für die freie Erbringung von Dienstleistungen durch in anderen Mitgliedstaaten niedergelassene Versicherungsgesellschaften, die Versicherungsverträge für derartige Risiken in dem betreffenden Mitgliedstaat anbieten möchten, insoweit darstellen, als es die Ausübung dieser Freiheit behindert oder weniger attraktiv macht, ja sogar unmittelbar oder mittelbar verhindert (vgl. in diesem Sinne Urteil Freskot, Randnr. 63). 83   Außerdem kann ein solches System auch die ihm unterliegenden Unternehmen davon abschrecken oder sogar daran hindern, sich an solche in anderen Mitgliedstaaten als dem ihrer Mitgliedschaft niedergelassene Versicherungsdienstleister zu wenden, und stellt auch für diese Unternehmen ein Hemmnis für den freien Dienstleistungsverkehr dar (vgl. entsprechend Urteile vom 31. Januar 1984, Luisi und Carbone, 286/82 und 26/83, Slg. 1984, 377, Randnr. 16, Kohll, Randnr. 35, sowie Smits und Peerbooms, Randnr. 69). 84   Eine solche Beschränkung kann allerdings gerechtfertigt sein, wenn sie zwingenden Gründen des Allgemeinwohls entspricht, geeignet ist, die Erreichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten, und nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (vgl. u. a. Urteile vom 5. Juni 1997, SETTG, C-398/95, Slg. 1997, I-3091, Randnr. 21, Cipolla u. a., Randnr. 61, und vom 13. Dezember 2007, United Pan-Europe Communications Belgium u. a., C-250/06, Slg. 2007, I-11135, Randnr. 39). 57 57 57

58 Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII - Die gesetzliche Unfallversicherung
7. Finanzierung Lösungshinweise zu Fall Nr. 4; EuGH v – C -350 / 07: Endergebnis: Die Pflichtmitgliedschaft für Unternehmen in einer Berufsgenossenschaft verstößt nicht gegen die Artt. 101f. AEUV (fr.: Art. 81f. EG) sowie die Dienstleistungsfreiheit gem. Artt. 56ff. AEUV (fr.: Artt. 49 ff. EG). Berufsgenossenschaften sind keine Unternehmen im Sinne des Europarechts. Somit verstößt Pflichtmitgliedschaft auch nicht gegen die Rechtsnormen des Binnenmarktes und gegen Wettbewerbsbestimmungen.

59 Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII - Die gesetzliche Unfallversicherung
8. Organisation Geregelt in: §§ 114 – 149a SGB VII i.V.m. 22 Abs. 2 SGB I Durchführung durch eigene Körperschaften, im gewerblichen und im landwirtschaftlichen Bereich durch Berufsgenossenschaften Selbstverwaltung, seit 1953 paritätisch durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber Gliederung der Berufsgenossenschaften nach Branchen, die Unternehmen mit vergleichbaren Unfallrisiken zusammenfassen

60 Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII - Die gesetzliche Unfallversicherung
8. Organisation Gewerbliche Berufsgenossenschaften (§ 114 Abs. 1 Nr.1 SGB VII i.V.m. Anl. 1) Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaften (§ 114 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Anl. 2) Gemeindeunfallversicherungsverbände und Unfallkassen der Gemeinden (§ 114 Abs. 1 Nr. 7 SGB VII) Unfallkassen der Eisenbahn und Post/Telekom (§ 114 Abs. 1 Nrn. 4, 5 SGB VII) Feuerwehr-Unfallkassen (114 Abs. 1 Nr. 8 SGB VII) Unfallkassen des Bundes, der Länder und Kommunen (§ 114 Abs. 1 Nrn. 3, 6, 9 SGB VII) 60


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