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Privatisierung und Ökonomisierung des Gesundheitswesens Manfred Baberg Werner Schüßler Roland Heuwinkel Konferenz gerecht – global – gesund, Forum.

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Präsentation zum Thema: "Privatisierung und Ökonomisierung des Gesundheitswesens Manfred Baberg Werner Schüßler Roland Heuwinkel Konferenz gerecht – global – gesund, Forum."—  Präsentation transkript:

1 Privatisierung und Ökonomisierung des Gesundheitswesens Manfred Baberg Werner Schüßler Roland Heuwinkel Konferenz gerecht – global – gesund, Forum IV, Umverteilung, Berlin, 17./

2 Ökonomische und ideologische Hintergründe für den Privatisierungsdruck im Gesundheitswesen
Manfred Baberg

3 Gliederung Ökonomische Hintergründe
Umverteilung von unten nach oben in den letzten 30 Jahren Folge: überproportional hohes Wachstum des Finanzvermögens im Vergleich zum Wachstum der Realwirtschaft („strukturelle Überakkumulation“) Suche nach neuen Möglichkeiten der Kapitalverwertung: Globalisierung, Privatisierung und Intensivierung der Arbeit 2. Finanzmarktgetriebener Kapitalismus und seine Auswirkungen auf die Realwirtschaft Angelsächsischer Kapitalismus und „shareholder value“ Unterordnung von Arbeitnehmer- und Klienteninteressen („stakeholder“) unter die Verwertungsinteressen des Kapitals Beispiele aus dem Gesundheitsbereich Ideologische Hintergründe: Markt und Wettbewerb Markt als „Wissens- und Entwicklungsprozess" Negative Folgen des Wettbewerbs

4 Weltweites Sinken der Lohnquote seit Beginn der 80er Jahre:
Umverteilung von unten nach oben in den letzten 30 Jahren Weltweites Sinken der Lohnquote seit Beginn der 80er Jahre:

5 Strukturelle Überakkumulation
Anstieg des weltweiten Finanzvermögens von 1980 bis 2006 um das Vierzehnfache von 12 auf 167 Billionen Dollar Anstieg des Weltsozialprodukts in dieser Zeit nur um das 4,8-fache von 10,1 auf 48,3 Billionen Dollar (s. nächste Folie) Wenn die Ansprüche auf Gewinne schneller steigen als die Wertschöpfung, wird die Verwertung des angehäuften Kapitals schwieriger (strukturelle Überakkumulation)

6 Entwicklung Sozialprodukt und Finanzvermögen weltweit

7 Problemlösungsmöglichkeiten
Wertschöpfung durch Verlagerung des Kapitals in bislang nicht erschlossene Gebiete Internationale Expansion (Globalisierung) Sektorale Expansion durch Privatisierung (Gesundheit und Bildung) Intensivierung der Arbeit

8 Die Bedeutung von Steuersenkungen
Hans-Böckler-Stiftung: zwischen 1998 und 2010 sind die Steuern in Deutschland um 51 Milliarden Euro gesunken (u.a. durch die Senkung des Spitzensteuersatzes) Doppelte Funktion dieser Steuersenkungen: Umverteilung von unten nach oben Versiegende Einnahmen der öffentlichen Haushalte, die dadurch zu Privatisierungen (PPP etc.) gezwungen werden

9 2. Finanzmarktgetriebener Kapitalismus und seine Auswirkungen auf die Realwirtschaft
Angelsächsischer Kapitalismus vs. Rheinischer Kapitalismus Angelsächsisches Modell: Unternehmergesellschaft, individuelle Vertragsfreiheit auch für das Aushandeln von Löhnen und Gehältern, Arbeitszwang durch Reduzierung der Sozialhilfe Unternehmenspolitik orientiert sich am Gewinn der Anteilseigner (shareholder value), nicht an den Interessen der „stakeholder“ (Arbeitnehmer, Kunden)

10 Rheinisches (kontinentaleuropäisches) Modell:
gleichberechtigte Berücksichtigung von shareholder- und stakeholder-Interessen Zusammenbruch des osteuropäischen Sozialismus: Ende des Rheinischen Kapitalismus

11 Auswirkungen der Finanzmarkt- orientierung im Gesundheitsbereich
Konzentration der Pharmaindustrie auf Blockbuster (patentgeschützte Medikamente mit einem jährlichen Umsatz von einer Milliarde US-Dollar und mehr) Einstieg der Finanzinvestoren in die ambulante und stationäre Versorgung kann wegen der hohen Gewinnerwartung von 15 – 20 % zu einer Verschlechterung der Leistungen führen (Amerikanische Studie zu Veränderung in Pflegeheimen)

12 3. Ideologische Hintergründe: Markt und Wettbewerb
Dem Markt kommt im Neoliberalismus eine zentrale Bedeutung zu. Er wird als ein „Wissens- und Entwicklungsprozess" beschrieben, der große Ähnlichkeit mit einem Spiel hat, das teils Geschicklichkeits-, teils Glücksspiel ist. Wettbewerb und Selektion auf dem Markt gelten nicht nur für Waren und Dienstleistungen, sondern auch für Menschen.

13 Kritik: negative Folgen des Wettbewerbs
Wettbewerb schafft nicht nur Gewinner, sondern auch Verlierer: Die von den Verlierern erarbeiteten Werte werden vernichtet, obwohl die eine nützliche Funktion erfüllen könnten. Wenn z.B. mehrere Teams von gleichermaßen qualifizierten Forschern an der Entwicklung eines neuen Medikamentes arbeiten, wird in der Regel nur die Arbeit eines Teams mit der Erteilung eines Patents belohnt. Wenn diese Teams sich nicht gegeneinander abschotten, sondern durch regelmäßigen Austausch von Teilergebnissen miteinander kooperieren, könnte die Entwicklung der Produkte erheblich beschleunigt werden. Notwendig wäre hier eine Änderung des Patentrechtes, um eine Wissensallmende zu schaffen, in welcher alle relevanten Daten frei verfügbar sind.

14 Wettbewerb fördert Marketing
Wettbewerb schafft nicht nur Innovationen bei Produkten und Dienstleistungen, er fördert vor allem Marketingstrategien. Zwischen 1950 und 1996 haben sich weltweit die Werbeausgaben der gewerblichen Wirtschaft versiebenfacht und 2001 die stolze Summe von 494 Milliarden Dollar erreicht. Werbungskosten entstehen im Gesundheitsbereich nicht nur in der Pharmaindustrie, sondern auch durch den Wettbewerb der Krankenkassen um Versicherte, die sich Beitragszahler mit besonders günstigen Risiken abjagen und z.B. durch Wellnessangebote neue Mitglieder werben. All diese Werbemaßnahmen führen zu einer Erhöhung der „overheads“, d.h. der Kosten, die nicht bei den Patienten ankommen.. Diese „overheads“ sind in den USA sechsmal so hoch wie im staatlichen Versorgungssystem in Kanada. Sie werden in den USA auf mehr als ein Drittel der Gesamteinnahmen geschätzt

15 Wettbewerb fördert Kartelle und Korruption
In Managementseminaren wird gelehrt, wie man Wettbewerb umgehen kann. Die Methoden hierzu sind mehr oder weniger legal. Im Gesundheitsbereich zählen hierzu: Bestechung von Ärzten „Einkauf“ von Selbsthilfegruppen durch die Pharmaindustrie Zahlung von Prämien für die Einweisung von PatientInnen an niedergelassene Ärzte durch Krankenhäuser.

16 Wettbewerb führt zu einer Spreizung der Angebote
Wenn Krankenkassen miteinander konkurrieren, müssen sie neue Angebote entwickeln, um neue Versicherte zu gewinnen. In Chile z.B. können die Menschen zwischen mehreren hundert Policen wählen. Eine sinnvolle Wahl setzt Beratung voraus und führt zur Etablierung eines neuen Berufstandes: des Versicherungsberaters. Die Kosten für diese Beratung wären in einer Verbesserung der medizinischen Versorgung sicher besser investiert. Spreizung bedeutet aber auch eine Staffelung nach Preisklassen: von besonders billig bis zu sehr hochwertig. Billigangebote der Krankenversicherungen schränken die Leistungen für die PatientInnen ein – zum Nachteil derjenigen, die sich teure Policen nicht leisten können.

17 Wettbewerb der Kassen führt zu einer Selektion von Versicherten mit geringen Krankheitsrisiken
Selektion von jungen Versicherten mit geringem Krankheitsrisiko oder solchen, die im RSA höhere Beiträge bringen In den USA haben Versicherungen die Versorgungsqualität für Hoch-Risiko-PatientInnen gezielt verschlechtert, um sie abzuschrecken („perverse incentive“), Smith, 2009,58)

18 Ausgewählte Literatur
Huffschmid, Jörg: Fehlverhalten, Regulierungsmängel oder Systemdynamik? Zu den Hintergründen und Ursachen der Finanzkrise. In: Sauer/Ötsch/Wahl (Hrsg.): Das Casino schließen. Analysen und Alternativen zum Finanzkapitalismus. Hamburg, 2009, 33-46 Kädtler, Jürgen: Finanzmarktkapitalismus und Finanzmarktrationalität. In: Sauer/Ötsch/Wahl (Hrsg.): Das Casino schließen. Analysen und Alternativen zum Finanzkapitalismus. Hamburg, 2009, 47-60 Reinders, Hartmut: Der homo oeconomicus in Gesundheitwesen. Berlin 2006, WZB Veröffentlichungsreihe Smith, Peter C.: Market Mechanisms in the Use of Health Care Reources. In: OECD Health Policy Studies: Achieving Better Value for Money in Health Care. OECD, 2009, 53-77

19 Finanzierung der Gesundheitssysteme
zwischen neoliberaler Begehrlichkeit und gesellschaftlichem Solidaritätsprinzip Werner Schüßler Workshop: Konferenz global gerecht gesund, Berlin

20 Finanzierungsmodelle*
Ein charakteristisches Merkmal eines Gesundheitssystems ist die Art seiner Finanzierung. Es werden grundsätzlich drei Klassen unterschieden: • Nationaler Gesundheitsdienst: Finanzierung aus Steuermitteln (z.B. Großbritannien, Irland, Dänemark, Portugal) • Sozialversicherungsmodell: Finanzierung über gesetzliche Pflichtversicherung (z.B. Deutschland, Frankreich, Benelux) • Privatversicherungsmodell: Finanzierung über freiwillige private Krankenversicherung (z.B. USA). *Quelle: Wikipedia

21 Gesundheitspolitik der Staaten in der EU
Ziele der EU-Kommission für das Gesundheitswesen und die Altenpflege, 2001*: • Zugang für alle, • hohe Qualität und • langfristige Finanzierbarkeit. Die Gesundheitspolitik in der EU ist Angelegenheit der einzelnen Nationalstaaten. Sie ist traditionell und vom gesellschaftlichen Verständnis her überwiegend : am Prinzip öffentlicher Daseinsvorsorge orientiert solidarisch orientiert (Finanzstarke zahlen mehr als Finanzschwache; Gesunde zahlen für Kranke) überwiegend paritätisch ausgerichtet (z.B. aus allen Steuerquellen oder durch Beteiligung der Arbeitgeber) 4. DIE HERAUSBILDUNG EUROPÄISCHER GESUNDHEITSKONZERNE Die Privatisierung und Ökonomisierung der europäischen Gesundheitsversorgung hat gleichzeitig zur Herausbildung europäischer Gesundheitskonzerne geführt. In Deutschland war die Welle von Privatisierungen auch von einer regen Übernahmetätigkeit begleitet. Als Resultat haben sich drei große private Krankenhausketten herausgebildet. Dazu gehören Asklepios, Röhn-Klinikum, Fresenius und Sana Kliniken. Zusammen betreiben sie rund ein Drittel aller privaten Krankenhäuser in Deutschland (Schulten 2006:7-8). Die größte Übernahme der letzten Jahre fand statt, als der internationale Dialyse-Spezialist Fresenius für 1,5 Milliarden Euro die Helios Gruppe übernahm. Frensenius betreibt mehr als Dialyse-Zentren in nahezu allen Teilen der Welt. Zu Helios gehören 58 Spitäler mit Betten und Beschäftigten. Fresenius gehört darüber hinaus das Tochterunternehmen Vamed, das sich auf technischen Krankenhaus-Support spezialisiert hat und in dieser Funktion unter anderem auch das Allgemeine Krankenhaus in Wien unterstützt. In Deutschland haben die Übernahmen dazu geführt, dass das Bundeskartellamt gegen den Verkauf von Krankenhäusern bereits Einspruch erhoben hat (Schulten 2006:15-16). Seit kurzem bemühen sich auch internationale Gesundheitskonzerne, auf dem deutschen Markt Fuß zu fassen. 2006 übernahm die Schwedische Capio Gruppe die Deutschen Kliniken GmbH (ebenda:7-8). Capio wurde 1994 in Schweden gegründet. Von 2000 bis 2006 notierte sie an der Stockholmer Börse wurde das Unternehmen von der britischen Private Equity Gruppe Apax übernommen (ein kleinerer Teil gehört dem schwedischen Investmentfonds Nordic Capital). Wie bereits angemerkt, gehört Capio unter anderem das Sankt Görans Krankenhaus in Stockholm. Neben Schweden und Deutschland betreibt der Konzern Krankenhäuser und andere Gesundheitseinrichtungen in mindestens fünf weiteren EU-Ländern. In Spanien ist Capio der größte private Krankenhausbetreiber, in Frankreich ist Capio Santé die zweitgrößte private Krankenhausgruppe im Land. Auch in Großbritannien gehören dem Konzern 21 Spitäler. Daneben betreibt das Unternehmen in den nordischen Ländern Diagnostikzentren, psychiatrische Krankenhäuser und bis 2004 Altenwohnheime. Der neue Capio-Eigentümer Apax ist gleichzeitig auch am südafrikanischen Gesundheitskonzern Nedcare beteiligt. In Europa ist Nedcare vor allem in Großbritannien aktiv und besitzt dort den größten privaten Krankenhausbetreiber BMI Healthcare. BMI Healthcare gehören 49 Krankenhäuser. Die Europäische Kommission hat die Übernahme von Capio durch Apax deshalb nur unter der Bedingung bewilligt, dass Capio seine britischen Krankeneinrichtungen verkauft. Apax und Nordic Capital sind aber auch an der französischen Krankenhauskette Vedici beteiligt. Vedicis zwölf Einrichtungen mit zusammen Betten machen sich im Vergleich zum französischen Markführer allerdings bescheiden aus. Mit 173 Einrichtungen und Beschäftigten gehört der private französische Krankenhausbetreiber Générale de Santé zu den größten in Europa. Bisher hat sich Générale de Santé allerdings auf den französischen Markt konzentriert. Außerhalb Frankreichs besitzt das Die Privatisierung von Gesundheit in Europa Schriftenreihe 02/2007 __________________________________________________________________________1_8 Unternehmen lediglich neun Spitäler in Italien. Zuletzt hat das Unternehmen aber auch Interesse gezeigt, sich nach Deutschland auszubreiten. Daneben gibt es auch noch zwei westeuropäische Gesundheitskonzerne, die ihre Aktivitäten auf Zentral- und Mitteleuropa konzentrieren. Die schwedische Medicover bietet sowohl private Versicherungen als auch Gesundheitsdienstleistungen an. Das Unternehmen betreibt Einrichtungen in Polen, Rumänien, der Tschechischen Republik und Estland hat es angekündigt, ein neues Spital in Warschau zu bauen. Euromedic ist ein Unternehmen mit Sitz in den Niederlanden. Nach mehreren Verkäufen gehört es inzwischen den US-amerikanischen Private Equity Funds Warburg Pincus und GE Capital. Das Unternehmen hat sich auf Diagnostik- und Dialysedienstleistungen spezialisiert. Es betreibt 74 Zentren in zwölf Ländern, darunter Ungarn, Bosnien-Herzegowina, Rumänien, Tschechien, Kroatien und Russland. * EU-Presseerklärung IP/01/1747, 12/2001

22 Veränderungen in der Finanzierung von Gesundheit in Europa*
Der Anteil der öffentlichen Ausgaben an den Gesamtausgaben ist in Europa in den letzten Jahren weiter zurückgegangen Der relative Rückgang der öffentlichen Gesundheitsausgaben geht einher mit einer Zunahme der Bedeutung privater Versicherungen und der Zunahme von persönlich zu leistenden Zuzahlungen an der Finanzierung der Gesundheitsausgaben Die Bedeutung von privaten Gesundheitsversicherungen ist in Ländern mit gesetzlichen Sozialversicherungen größer als in den steuerfinanzierten Systemen. Manche dieser Systeme schließen bestimmte Gruppen aus, die dann auf eine private Versicherung angewiesen sind, oder sie geben manchen Gruppen die Möglichkeit, zwischen öffentlicher und privater Versicherung zu wählen. In diesen Fällen funktioniert die private Versicherung als Ersatz für die öffentliche Versicherung (Mossalios/Thomson 2004). Die privaten Versicherungen sind allerdings öfter komplementär oder supplementär zu den öffentlichen Versicherungen, als dass sie diese ersetzen. Komplementäre Versicherungen decken Behandlungen ab, die im öffentlichen System nicht oder nur zum Teil bezahlt werden. Sie kommen u.a. auch für die Zuzahlungen auf. Im Gegensatz dazu begleichen supplementäre Versicherungen zusätzliche Kosten für mehr Auswahl oder eine bevorzugte Behandlung (ebenda). Die Verbreitung von substitutiven privaten Versicherungen ist noch begrenzt. Einen substanziellen Grad an Verbreitung erreichten sie 1999/2000 nur in den Niederlanden (24,7%), Deutschland (9%) und Belgien (7,1%). Auch supplementäre Versicherungen spielen bisher mit Ausnahme von Portugal (12%), Großbritannien (11,5%) und Griechenland (10%) nur eine marginale Rolle. Immer wichtiger werden in einer Reihe von Mitgliedsländern dagegen komplementäre Versicherungen. Dazu zählen Frankreich (85%), die Niederlande (mehr als 60%), Belgien (30-50%) und Irland (45%) (ebenda:34). Die wachsende Bedeutung von komplementären Gesundheitsversicherungen wird durch einen anderen wichtigen Trend angetrieben: Die Streichung von Behandlungen und Medikamenten aus dem Katalog der Dienstleistungen, die vom öffentlichen System bezahlt werden. Der klassische Fall ist die Zahnversorgung, die in vielen Ländern inzwischen zu einem großen Teil durch persönliche Zahlungen der PatientInnen finanziert wird. Tatsächlich ist die Reduktion des öffentlichen Anteils vor allem auf die Einführung und Erhöhung der Zuzahlungen zurückzuführen. Diese Entwicklung kann in praktisch allen europäischen Gesundheitssystemen beobachtet werden und inkludiert direkte Zahlungen (Zahlungen für Güter und Dienstleistungen, die nicht von der Versicherung getragen werden), Zuzahlungen im eigentlichen Sinn (die Versicherten sind gezwungen, einen Teil der Kosten selber zu tragen; dies wird auch als Benützergebühr bezeichnet) und informelle Zahlungen für eine bevorzugte Behandlung. Dabei gibt es allerdings große Unterschiede in den Mitgliedsländern. Österreich gehört zu den Ländern mit einem besonders hohen Anteil an Zuzahlungen % der Gesundheitsausgaben werden hierzulande aus persönlichen Mitteln beglichen (Hofmarcher/Rack 2006:76; Rümmele 2007:36). Auch in den neuen Mitgliedsländern in Mittel- und Osteuropa stellen Zuzahlungen eine wichtige Einnahmequelle zur Finanzierung der Gesundheitskosten dar. Zusätzlich werden von PatientInnen auch immer öfter inforDie melle Zahlungen erwartet, um einen schnellen Zugang zu einer qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung zu erlangen (Kozek 2006:1). Die Bedeutung von privaten Gesundheitsversicherungen ist in Ländern mit gesetzlichen Sozialversicherungen größer als in den steuerfinanzierten Systemen. *Quelle: Christoph Hermann: Die Privatisierung von Gesundheit in Europa FORBA-Schriftenreihe 2/2007

23 Die Herausbildung europäischer Gesundheitskonzerne
Die Privatisierung und Ökonomisierung der europäischen Gesundheitssysteme hat gleichzeitig zur Verschiebung weg von öffentlicher Gesundheitsversorgung hin zur Versorgung durch europäische und internationale Gesundheitskonzerne geführt Konsequenz: Zunehmende Verschiebung der Finanzmittel im Gesundheitswesen von die Finanzierung der Gesundheitsausgaben hin zur Erwirtschaftung und Abschöpfung von Gewinnen und Renditen 4. DIE HERAUSBILDUNG EUROPÄISCHER GESUNDHEITSKONZERNE Die Privatisierung und Ökonomisierung der europäischen Gesundheitsversorgung hat gleichzeitig zur Herausbildung europäischer Gesundheitskonzerne geführt. In Deutschland war die Welle von Privatisierungen auch von einer regen Übernahmetätigkeit begleitet. Als Resultat haben sich drei große private Krankenhausketten herausgebildet. Dazu gehören Asklepios, Röhn-Klinikum, Fresenius und Sana Kliniken. Zusammen betreiben sie rund ein Drittel aller privaten Krankenhäuser in Deutschland (Schulten 2006:7-8). Die größte Übernahme der letzten Jahre fand statt, als der internationale Dialyse-Spezialist Fresenius für 1,5 Milliarden Euro die Helios Gruppe übernahm. Frensenius betreibt mehr als Dialyse-Zentren in nahezu allen Teilen der Welt. Zu Helios gehören 58 Spitäler mit Betten und Beschäftigten. Fresenius gehört darüber hinaus das Tochterunternehmen Vamed, das sich auf technischen Krankenhaus-Support spezialisiert hat und in dieser Funktion unter anderem auch das Allgemeine Krankenhaus in Wien unterstützt. In Deutschland haben die Übernahmen dazu geführt, dass das Bundeskartellamt gegen den Verkauf von Krankenhäusern bereits Einspruch erhoben hat (Schulten 2006:15-16). Seit kurzem bemühen sich auch internationale Gesundheitskonzerne, auf dem deutschen Markt Fuß zu fassen. 2006 übernahm die Schwedische Capio Gruppe die Deutschen Kliniken GmbH (ebenda:7-8). Capio wurde 1994 in Schweden gegründet. Von 2000 bis 2006 notierte sie an der Stockholmer Börse wurde das Unternehmen von der britischen Private Equity Gruppe Apax übernommen (ein kleinerer Teil gehört dem schwedischen Investmentfonds Nordic Capital). Wie bereits angemerkt, gehört Capio unter anderem das Sankt Görans Krankenhaus in Stockholm. Neben Schweden und Deutschland betreibt der Konzern Krankenhäuser und andere Gesundheitseinrichtungen in mindestens fünf weiteren EU-Ländern. In Spanien ist Capio der größte private Krankenhausbetreiber, in Frankreich ist Capio Santé die zweitgrößte private Krankenhausgruppe im Land. Auch in Großbritannien gehören dem Konzern 21 Spitäler. Daneben betreibt das Unternehmen in den nordischen Ländern Diagnostikzentren, psychiatrische Krankenhäuser und bis 2004 Altenwohnheime. Der neue Capio-Eigentümer Apax ist gleichzeitig auch am südafrikanischen Gesundheitskonzern Nedcare beteiligt. In Europa ist Nedcare vor allem in Großbritannien aktiv und besitzt dort den größten privaten Krankenhausbetreiber BMI Healthcare. BMI Healthcare gehören 49 Krankenhäuser. Die Europäische Kommission hat die Übernahme von Capio durch Apax deshalb nur unter der Bedingung bewilligt, dass Capio seine britischen Krankeneinrichtungen verkauft. Apax und Nordic Capital sind aber auch an der französischen Krankenhauskette Vedici beteiligt. Vedicis zwölf Einrichtungen mit zusammen Betten machen sich im Vergleich zum französischen Markführer allerdings bescheiden aus. Mit 173 Einrichtungen und Beschäftigten gehört der private französische Krankenhausbetreiber Générale de Santé zu den größten in Europa. Bisher hat sich Générale de Santé allerdings auf den französischen Markt konzentriert. Außerhalb Frankreichs besitzt das Die Privatisierung von Gesundheit in Europa Schriftenreihe 02/2007 __________________________________________________________________________1_8 Unternehmen lediglich neun Spitäler in Italien. Zuletzt hat das Unternehmen aber auch Interesse gezeigt, sich nach Deutschland auszubreiten. Daneben gibt es auch noch zwei westeuropäische Gesundheitskonzerne, die ihre Aktivitäten auf Zentral- und Mitteleuropa konzentrieren. Die schwedische Medicover bietet sowohl private Versicherungen als auch Gesundheitsdienstleistungen an. Das Unternehmen betreibt Einrichtungen in Polen, Rumänien, der Tschechischen Republik und Estland hat es angekündigt, ein neues Spital in Warschau zu bauen. Euromedic ist ein Unternehmen mit Sitz in den Niederlanden. Nach mehreren Verkäufen gehört es inzwischen den US-amerikanischen Private Equity Funds Warburg Pincus und GE Capital. Das Unternehmen hat sich auf Diagnostik- und Dialysedienstleistungen spezialisiert. Es betreibt 74 Zentren in zwölf Ländern, darunter Ungarn, Bosnien-Herzegowina, Rumänien, Tschechien, Kroatien und Russland.

24 Auswirkung privater Kranken-versicherung am Beispiel der USA 1/3
Dem Gesundheitssystem wird Geld für die Finanzierung von Gesundheitsleistungen entzogen: - durch Gewinn- und Renditenerbringung für die Versicherungseigner - erhöhte Kosten durch Verwaltungs- und Werbekosten - Risikoselektion: Ausschluss hoher Kostenrisiken bei Erkrankung des Versicherungsnehmers oder höhere Risikozuzahlungen - Entstehung eines Mehrklassensystem - Gesundheit als Ware und in Abhängigkeit vom Geldbeutel! - Kapitalgedeckte Versicherungen sind Akteure und gfls. Opfer der Finanzmarktrisiken 4. DIE HERAUSBILDUNG EUROPÄISCHER GESUNDHEITSKONZERNE Die Privatisierung und Ökonomisierung der europäischen Gesundheitsversorgung hat gleichzeitig zur Herausbildung europäischer Gesundheitskonzerne geführt. In Deutschland war die Welle von Privatisierungen auch von einer regen Übernahmetätigkeit begleitet. Als Resultat haben sich drei große private Krankenhausketten herausgebildet. Dazu gehören Asklepios, Röhn-Klinikum, Fresenius und Sana Kliniken. Zusammen betreiben sie rund ein Drittel aller privaten Krankenhäuser in Deutschland (Schulten 2006:7-8). Die größte Übernahme der letzten Jahre fand statt, als der internationale Dialyse-Spezialist Fresenius für 1,5 Milliarden Euro die Helios Gruppe übernahm. Frensenius betreibt mehr als Dialyse-Zentren in nahezu allen Teilen der Welt. Zu Helios gehören 58 Spitäler mit Betten und Beschäftigten. Fresenius gehört darüber hinaus das Tochterunternehmen Vamed, das sich auf technischen Krankenhaus-Support spezialisiert hat und in dieser Funktion unter anderem auch das Allgemeine Krankenhaus in Wien unterstützt. In Deutschland haben die Übernahmen dazu geführt, dass das Bundeskartellamt gegen den Verkauf von Krankenhäusern bereits Einspruch erhoben hat (Schulten 2006:15-16). Seit kurzem bemühen sich auch internationale Gesundheitskonzerne, auf dem deutschen Markt Fuß zu fassen. 2006 übernahm die Schwedische Capio Gruppe die Deutschen Kliniken GmbH (ebenda:7-8). Capio wurde 1994 in Schweden gegründet. Von 2000 bis 2006 notierte sie an der Stockholmer Börse wurde das Unternehmen von der britischen Private Equity Gruppe Apax übernommen (ein kleinerer Teil gehört dem schwedischen Investmentfonds Nordic Capital). Wie bereits angemerkt, gehört Capio unter anderem das Sankt Görans Krankenhaus in Stockholm. Neben Schweden und Deutschland betreibt der Konzern Krankenhäuser und andere Gesundheitseinrichtungen in mindestens fünf weiteren EU-Ländern. In Spanien ist Capio der größte private Krankenhausbetreiber, in Frankreich ist Capio Santé die zweitgrößte private Krankenhausgruppe im Land. Auch in Großbritannien gehören dem Konzern 21 Spitäler. Daneben betreibt das Unternehmen in den nordischen Ländern Diagnostikzentren, psychiatrische Krankenhäuser und bis 2004 Altenwohnheime. Der neue Capio-Eigentümer Apax ist gleichzeitig auch am südafrikanischen Gesundheitskonzern Nedcare beteiligt. In Europa ist Nedcare vor allem in Großbritannien aktiv und besitzt dort den größten privaten Krankenhausbetreiber BMI Healthcare. BMI Healthcare gehören 49 Krankenhäuser. Die Europäische Kommission hat die Übernahme von Capio durch Apax deshalb nur unter der Bedingung bewilligt, dass Capio seine britischen Krankeneinrichtungen verkauft. Apax und Nordic Capital sind aber auch an der französischen Krankenhauskette Vedici beteiligt. Vedicis zwölf Einrichtungen mit zusammen Betten machen sich im Vergleich zum französischen Markführer allerdings bescheiden aus. Mit 173 Einrichtungen und Beschäftigten gehört der private französische Krankenhausbetreiber Générale de Santé zu den größten in Europa. Bisher hat sich Générale de Santé allerdings auf den französischen Markt konzentriert. Außerhalb Frankreichs besitzt das Die Privatisierung von Gesundheit in Europa Schriftenreihe 02/2007 __________________________________________________________________________1_8 Unternehmen lediglich neun Spitäler in Italien. Zuletzt hat das Unternehmen aber auch Interesse gezeigt, sich nach Deutschland auszubreiten. Daneben gibt es auch noch zwei westeuropäische Gesundheitskonzerne, die ihre Aktivitäten auf Zentral- und Mitteleuropa konzentrieren. Die schwedische Medicover bietet sowohl private Versicherungen als auch Gesundheitsdienstleistungen an. Das Unternehmen betreibt Einrichtungen in Polen, Rumänien, der Tschechischen Republik und Estland hat es angekündigt, ein neues Spital in Warschau zu bauen. Euromedic ist ein Unternehmen mit Sitz in den Niederlanden. Nach mehreren Verkäufen gehört es inzwischen den US-amerikanischen Private Equity Funds Warburg Pincus und GE Capital. Das Unternehmen hat sich auf Diagnostik- und Dialysedienstleistungen spezialisiert. Es betreibt 74 Zentren in zwölf Ländern, darunter Ungarn, Bosnien-Herzegowina, Rumänien, Tschechien, Kroatien und Russland.

25 Auswirkung privater Kranken-versicherung am Beispiel der USA 2/3
- Das amerik. Gesundheitssystem ist das mit Abstand teuerste der Welt - Fast 50 Millionen US-Amerikaner sind nicht krankenversichert; für weitere 40 Millionen ist der Versicherungsschutz mangelhaft, da sie sich nur Versicherungspolicen mit unzureichendem Leistungskatalog leisten können! - Selbst bei „Vollversicherung“ droht Privatinsolvenz wg. fehlendem Krankengeldanspruch, sehr hohe Zuzahlungen oder hohe Selbstbehalte (fast 50% der Privatinsolvenzen in den USA aufgrund von Arztrechnungen!!)

26 Auswirkung privater Kranken-versicherung am Beispiel der USA 3/3
- Für alle „Nichtversicherten“ wird nur eine medizinische Notfallbehandlung kostenlos gewährt, alle anderen Behandlungen müssen privat bezahlt werden! (45 % der gesamten Gesundheitsaufwendung für medizinische Notfallbehandlung) - Primat des Ökonomischen führt zu teilweise unwürdigem und menschenverachtenden Umgang mit Kranken (siehe Michael Moore`s Film „SICKO“ )

27 Forderungen Öffentlichen Daseinsvorsorge statt Gesundheitskonzerne Keine Ökonomisierung und Profitlogik im Gesundheitswesen Für ein solidarisch und paritätisch finanziertes Gesundheitssystem

28 Privatisierung und Ökonomisierung der Finanzierung des Gesundheitssystems am Beispiel der Kopfpauschale (Zusatzbeiträge) und der Abschaffung des Sachleistungsprinzips Roland Heuwinkel

29 Agenda Entsolidarisierung der Arbeitgeber und Gutverdiener
Einführung von einkommensunabhängigen Pauschalen Schleichende Abschaffung des Sachleistungsprinzips und Einführung der Kostenerstattung Verlagern aller zukünftiger Ausgabensteigerungen auf die Arbeitnehmer

30 Arbeitgeber-Beitrag 7,3% Arbeitnehmer-Beitrag 7,3%
Entsolidarisierung der Arbeitgeber 0,00 EUR + Zuzahlungen auf Arznei- Heil- und Hilfsmittel 10% + Praxisgebühr 10 EUR / Q. + Zusatzbeitrag 2% (bis 75 EUR mtl.) + Arbeitnehmer-Zuschlag 0,9% Arbeitgeber-Beitrag 7,3% Arbeitnehmer-Beitrag 7,3% Die Last wird schon heute zum Großteil von den Arbeitnehmern getragen!!

31 Entsolidarisierung der Gutverdiener
Einfacherer Wechsel von der GKV in die PKV / nur noch ein Jahr Überschreiten der Versicherungspflichtgrenze z. Zt ,50 EUR monatlich nötig PKV umwirbt besonders junge und gesunde Versicherte, Folgen: Kranke und ältere Versicherte bleiben in der GKV Der GKV fehlen die Beiträge der Gesunden zur Finanzierung der Ausgaben für die Kranken Die Schieflage des Solidarsystem wird größer

32 Einkommensunabhängige Pauschalen ab 2011 in Deutschland Realität
Krankenkassen können ab 2011 beliebig hohe Zusatzbeiträge erheben Sozialausgleich soll ab 2% des Einkommens greifen, die Methode ist noch ungeklärt, die Zusatzbeiträge kommen aber sicher Folge: Je geringer das Einkommen, desto größer der prozentuale Beitrag zur Krankenversicherung = es trifft die Geringverdiener am härtesten

33 Einkommensunabhängige Pauschalen sind keine Lösung! Beispiel: Schweiz
Kopfpauschalen sind kein Erfolgsmodell! Beispiel Schweiz: Schweizer Gesundheitssystem ist nach den USA das zweitteuerste der Welt! durch hohe Selbstbeteiligungen viele Leistungen nur für Besserverdienende ca. 30% der Bevölkerung ist auf Transferleistungen angewiesen – mit steigender Tendenz mittlerweile wird nach 13 Jahren nach Alternativen gesucht

34 Abschaffung des Sachleistungsprinzips
jeder gesetzlich Versicherte bekommt ambulante und stationäre Leistungen „auf KV-Karte“, d. h. ohne eigene Vorleistung Ärzte, Apotheken und Kliniken rechnen direkt mit Krankenkassen ab Leistungskatalog soll reduziert werden, um die PKV zu fördern Ärzteverbände fordern Abschaffung des o. a. Sachleistungsprinzips und Einführung der Kostenerstattung Folgen: Krankenkassen werden nur noch einen einen Teil der Rechnungsbeträge erstatten Kostenerstattung setzt falsche Anreize zur Mengenausweitung

35 alle zukünftigen Ausgaben
Arbeitnehmer tragen alle zukünftigen Ausgaben Die Arbeitgeberbeiträge sind auf einem niedrigen Niveau eingefroren Arbeitnehmer zahlen neben den regulären Beiträgen, Zusatzbeiträge, Zuzahlungen zu Arznei-/Heil- und Hilfsmitteln etc. vor allem: Alle Preissteigerungen der Pharmaindustrie Alle Honorarsteigerungen der niedergelassenen Ärzte Den medizinischen Fortschritt an Kliniken Arbeitnehmer zahlen ALLE zukünftigen Ausgabensteigerungen im Gesundheitswesen


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