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Wirtschaftspolitik, am Beispiel Österreichs

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Präsentation zum Thema: "Wirtschaftspolitik, am Beispiel Österreichs"—  Präsentation transkript:

1 Wirtschaftspolitik, am Beispiel Österreichs
Vorlesung Wirtschaftspolitik (Grundzüge der Wirtschaftspolitik erläutert am Beispiel Österreichs) SS Teil 1 A.o.Univ.-Prof. Dr. W. Blaas Institut für Geographie und Regionalforschung Universität Wien Department für Raumentwicklung, Infrastruktur- und Umweltplanung Fachbereich Finanzwissenschaft und Infrastrukturpolitik Technische Universität Wien

2 Wirtschaftspolitik, am Beispiel Österreichs
Überblick über die Vorlesung Einführung Ziele, Zielindikatoren, Zielkonflikte Instrumente und Akteure der Wirtschaftspolitik Wachstums- und Technologiepolitik Stabilisierungspolitik Sozial- und Verteilungspolitik Regionalpolitik Europäische Wirtschaftspolitik Umsetzung der Wirtschaftspolitik wirtschaftspolitik_ vorlesung_ Teil1.ppt wirtschaftspolitik_ vorlesung_ Teil2.ppt Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

3 Wirtschaftspolitik, am Beispiel Österreichs
Kapitel 1: Einführung Aufgabe der Vorlesung: Grundzüge der Wirtschaftspolitik anhand des Beispiels der österreichischen Wirtschaftspolitik zu vermitteln. Zu diesem Zweck werden wir Ziele, Zielindikatoren und Zielkonflikte Instrumente und Akteure (Träger) der Wirtschaftspolitik zunächst allgemein diskutieren und dann spezifisch und konkret in ihrer österreichischen Ausprägung und ihren Wirkungen auf die österreichische Wirtschaft, wenn auch nur in ausgewählten Politikbereichen und nicht umfassend, behandeln. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

4 Ziele und Prioritäten setzen
Beurteilung der Lage (Indikatoren) Handlungsspielraum (politisch, gesellsch., finanziell etc) Werthaltung Ideologie Allgemeiner Teil Auswahl und Einsatz der Instrumente Beurteilung der Wirkungen; Zielerreichung (Indikatoren) scher Teil Spezifi- Darstellung ausgewählter Politikfelder in Österreich Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

5 Wirtschaftspolitik, am Beispiel Österreichs
Kapitel 2: Ziele, Zielindikatoren und Zielkonflikte der Wirtschaftspolitik Ziele: 1. Wirtschaftswachstum und Stabilisierung 2. Hohes Beschäftigungsniveau 3. Preisstabilität 4. Außenwirtschaftliches Gleichgewicht 5. Verteilungsgerechtigkeit 6. Umweltschutz/Nachhaltigkeit Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

6 Wirtschaftswachstum Wachstumsindikatoren: Veränderung des (realen) BIP bzw. des (realen) BSP (Inlandskonzept; Inländerkonzept). Beschränkte Aussagekraft des Indikators: (1) VGR erfaßt nicht alle wirtschaftlich relevanten Aktivitäten („Schattenwirtschaft“; „3. Sektor“); (2) nicht alle erfaßten Aktivitäten führen tatsächlich zu einer Wertsteigerung (sondern können auch partiell zu Wertminderungen führen; z.B. durch den Bau einer Verkehrsinfrastruktur/Emissionen). Argumente für Wachstum: (1) Das Beschäftigungs- bzw. Arbeitslosigkeitsargument Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

7 lnQ(t) = lnPR(t) + lnL(t)
Ableitung der fundamentalen "marktwirtschaftliche Gleichung" aus der Identität Q = (Q/L).L wobei Q Output, Q/L Arbeitsproduktivität (=PR), L Arbeitseinsatz (Erwerbstätige). Daraus folgt: lnQ(t) = lnPR(t) + lnL(t) und nach Ableitung nach der Zeit t: oder in Wachstums- (Veränderungs) raten: g = pr + l. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

8 In Worten: Das BIP-Wachstum ist die Summe aus Produktivitätswachstum und Wachstum des Arbeitseinsatzes Empirie: Langfristige Wachstumsraten der Produktion, der Arbeitsproduktivität und des Arbeitseinsatzes in der OECD (gewichteter Durchschnitt von 21 OECD-Ländern): Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

9 In der EU ist ein Wirtschaftswachstum von 1,75 Prozent notwendig, damit die Beschäftigung konstant bleibt und eines von 2,5 Prozent, damit die Arbeitslosigkeit nicht steigt. Wenn das Wirtschaftswachstum um einen Prozentpunkt über diesen Normalpfad steigt, dann sinkt die Arbeitslosenrate um etwa 0,5 Prozentpunkte und im darauf folgenden Jahr nochmals um 0,25 Prozentpunkte. In der EU ist im Jahre 2000 die durchschnittliche Wachstumsrate 3,4 Prozent, die Arbeitslosenrate sinkt um 0,7 Prozentpunkte. Zu diesem Schluss kommen die Wirtschaftsforscher Markus Marterbauer und Ewald Walterskirchen in einer Studie über "Einfluss des Wirtschaftswachstums auf die Arbeitslosigkeit" im Auftrag der Arbeiterkammer. Marterbauer und Walterskirchen haben einen Zeitabschnitt von 1988 bis 1998 untersucht und dabei im Einzelnen sechs Länder - Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Niederlande, Dänemark und Österreich, also drei große und drei kleine - näher analysiert. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

10 (2) Das Lebensstandard-Argument
Bei wachsender Bevölkerung würde sich der durchschnittliche Lebensstandard (BIP per capita) verringern, wenn das BIP gleich bliebe. Bei stagnierender Bevölkerung ist Wachstum dann erforderlich, wenn der Lebensstandard nicht nur gehalten, sondern angehoben werden soll. (3) Erleichterung von Strukturwandel und Umweltschutz-maßnahmen Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

11 Wirtschaftspolitik, am Beispiel Österreichs
Argumente gegen Wachstum Ressourcenverknappung bzw. -verbrauch (kontra Nachhaltigkeit, s.u.) Zielkonflikte (z.B. Geldwertstabilität, außenwirtschaftliches Gleichgewicht) und negative Effekte (z.B. zu Lasten der Umwelt) Grundsätzliche Sinnhaftigkeit einer immer umfangreicheren Verfügbarkeit von Gütern (Verdoppelung des BIP in 35 Jahren bei 2% Wachstum, in 24 Jahren bei 3% Wachstum). Nicht quantitatives, sondern qualitatives Wachstum ist gefragt. Qualitatives Wachstum Nicht die Vergrößerung der Gütermenge, sondern die Zusammensetzung des BIP tritt in den Vordergrund. Kriterien: Versorgung mit wichtigen Gütern (z.B. Wohnungen mit entsprechender Qualität), Nachhaltigkeit der Produktion. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

12 Vollbeschäftigung Grundsätzlich ist damit gemeint: hohe Beschäftigung (= gute Auslastung) der Produktionsfaktoren. Meist aber nur im Sinne der Vollbeschäftigung des Faktors Arbeit verwendet. Indikatoren: Beschäftigung, Arbeitslosenquote (österreichische Messung, EU-Messung). Vollbeschäftigung in diesem Sinne bedeutet die Verhinderung von Arbeitslosigkeit. Dies ist ein politisches, gesellschaftliches und ökonomisches Ziel. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

13 Ökonomisches Ziel: Arbeitslosigkeit bedeutet unausgelastete oder unterausgeslastete ökonomische Ressourcen; Verlust von Produktionswissen und –fähigkeiten; hohe öffentliche Ausgaben (in einem Sozialstaat mit ausgebauter Arbeitslosenunterstützung) bei gleichzeitig geringerem Steueraufkommen. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

14 Gesellschaftlich-politisches Ziel:
(länger andauernde) Arbeitslosigkeit in großem Umfang führt zur Verarmung breiter Schichten mit nachfolgenden sozialen Problemen (Kriminalität etc.); zur Entsolidarisierung in der Gesellschaft durch eine Zweiteilung in Arbeitende und Arbeitslose; zu gesellschaftlicher Frustration und politischer Radikalisierung.  Zur Kriminalität: Eine umfassende Studie des Zusammenhangs zwischen Arbeitslosigkeit und Kriminalität in den USA hat gezeigt, dass über 40% des Rückgangs der Eigentumsdelikte in den Jahren 1992 bis 1997 durch die Verringerung der Arbeitslosigkeit um 2,5%-Punkte in diesem Zeitraum erklärt werden kann (Raphael/Winter-Ebmer 2001) Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

15 Preisstabilität Begriff: Inflation
Indikator: Inflationsrate (z.B.: VPI, BIP-Deflator). Preisstabilität bedeutet Null-Inflation, aber auch eine geringe Inflation wird i.A. noch als Zustand der Preisstabilität akzeptiert (z.B.: Anstieg des harmonisierten VPI im Euro-Währungsgebiet von unter 2% wird vom Rat der EZB als „Preisstabilität“ definiert). Unterscheidung je nach Geschwindigkeit des Preisanstieges: schleichende, trabende, gallopierende Inflation und Hyperinflation. Numerische Abgrenzung nicht möglich, kann nur im Kontext der jeweiligen Volkswirtschaft gegeben werden. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

16 Wirkungen der Inflation:
(1) Verlust der Kaufkraft des Geldes sowie der Kaufkraft der Einkommen (falls die nominalen Einkommen langsamer steigen als die Güterpreise); im letzteren Fall: dadurch bedingter Nach-fragerückgang mit negativen Beschäftigungswirkungen; (2) bei Inflationsraten über jenen der internationalen Handelspartner: Ansteigen der Importe und Passivierung der Handelsbilanz; (3) Benachteiligung von Gläubigern und Begünstigung von Schuldnern; (4) Flucht in Sachwerte; (5) Tendenz zur Beschleunigung; (6) Verzerrung der Einkommens- und Vermögensverteilung; (7) Staatsverschuldung (ambivalent); (8) Kapitalflucht (bei hohen Inflationsraten) Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

17 Aussenwirtschaftliches Gleichgewicht
Indikator: Zahlungsbilanz Entsprechend den internationalen Konventionen gliedert sich die Zahlungsbilanz in folgende Teilbilanzen: (1) die Leistungsbilanz, (2) die Vermögensübertragungen (3) die Kapitalbilanz inkl. Veränderung der offiziellen Währunsgreserven (4) die Statistische Differenz. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

18 Definition des außenwirtschaftlichen Gleichgewichts:
Zerlegung der Zahlungsbilanz in zwei Teile, einen „unabhängigen“ Teil und einen „reagierenden“ Teil. Zerlegung kann nach verschiedenen Konzepten erfolgen. Die beiden wichtigsten: das Konzept der Devisenbilanz (als reaktiver Teil; früher üblich) und das heute übliche Konzept der Grundbilanz (Summe der Leistungsbilanz und der langfristigen Kapitalbilanz als unabhängiger Teil; Devisenbilanz und kurzfristige Kapitalbilanz bilden den reagierenden Teil.) Wenn diese Bilanzen ausgeglichen sind, (sprach) spricht man von außenwirtschaftlichem Gleichgewicht. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

19 Folgen von Leistungsbilanzungleichgewichten:
Überschüsse: durch Exportzunahme/Importrückgang Beschäftigungsvermehrung; Aufwertungsdruck Defizite: durch Importzunahme/Exportrückgang Beschäftigungsrückgang; Abwertungsdruck; externe Verschuldung; Abbau von Devisenreserven Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

20 Verteilungsgerechtigkeit
Ziel: eine gesellschaftlich akzeptable Situation bei der Einkommens- und Vermögensverteilung herzustellen Indikatoren: Einkommens- und Vermögensverteilung Einfache (numerische) Zielformulierung (z.B. mithilfe eines statistischen Indikators wie etwa die Lorenzkurve oder des Gini-Koeffizienten) nicht möglich. Verteilungsziele werden meistens an bestimmten Gruppen (z.B. Familien mit Kindern; Beziehern von Arbeitslosengeld, etc.) festgemacht oder auch an der Frage, ob und wenn ja, in welchem Maße, die Politik zu einer Umverteilung hin zu den ärmeren Schichten der Bevölkerung beiträgt (via Primär-, Sekundärverteilung; via Staatsausgaben). Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

21 Folgen eines hohen Maßes an Ungleichverteilung:
Entsolidarisierung und Segmentierung der Gesellschaft (The haves and the have-nots); daraus folgend soziale Spannungen und ein hohes Maß an Kriminalität; (in sozial durchlässigen Gesellschaften:) hohe Anreize zu sozialem Aufstieg (Leistungsanreize, aber auch Anreize, es „irgendwie zu schaffen“) Folgen eines hohen Maßes an Gleichverteilung: Hohes Maß an gesellschaftlicher Solidarität, geringe soziale Spannungen; geringe Anreize zu überdurchschnittlichen Leistungen Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

22 Umweltschutz und Nachhaltigkeit
Generelles Ziel: Nachhaltigkeit Nachhaltige Entwicklung bedeutet vereinfacht, die Reduzierung des Ressourcenverbrauchs auf ein Niveau, welches die Regenerationsfähigkeit der Ressourcenpotentiale nicht überschreitet. Hierbei sollen die drei Zieldimensionen Ökologie, Ökonomie und Soziales miteinander verknüpft werden.  Eine nachhaltige Entwicklung ist dann erreicht, wenn die heute lebenden Menschen ihre Bedürfnisse in einer Weise befriedigen, die auch künftigen Generationen die Chance läßt, ihrerseits ihre Bedürfnisse -zumindest auf dem heutigen Niveau- zu befriedigen (Zukunftssicherung für künftige Generationen). Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

23 Zielkonflikte und -zusammenhänge
Wachstum vs. Verteilungsgerechtigkeit Ungleiche Eink.vtg. rechtfertigt Wachstum zur Verbesserung der Situation der Benachteiligten; stärkere Egalität begünstigt die Steigerung des BIP (Konsumnachfrage); Wirtschaftswachstum ist Voraussetzung für Fortschritte in der Verteilungspolitik, weil es zur Verbesserung der Arbeitsmarktlage führt Wachstum vs. Nachhaltigkeit und Umweltziele Kurz- bis mittelfristig Konflikt; mittel- bis langfristig kann der Konflikt durchaus gelöst werden: durch technischen Fortschritt kann die Ressourcen- und Energieeffizienz verbessert werden, neue Energieformen und Produktionsverfahren können entwickelt werden, die umweltschonender und energiesparender sind Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

24 Vollbeschäftigung vs. Preisstabilität: die Phillips-Kurve
Unterscheide: (1) Bewegung entlang der Kurve (2) Verschiebung der Kurve Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

25 Zusammenfassung: Was soll erreicht werden?
Hohes, nachhaltiges und gleichmässiges Wirtschaftswachstum Vollbeschäftigung sozialer Ausgleich Preisstabilität ausgeglichene Zahlungsbilanz Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

26 Kapitel 3: Instrumente und Akteure der Wirtschaftspolitik
Wirtschaftspolitik, am Beispiel Österreichs Kapitel 3: Instrumente und Akteure der Wirtschaftspolitik Grundsätzliche Instrumente: 1. Recht (Gesetze, Verordnungen) 2. Geld (Staatsausgaben und –einnahmen) 3. Institutionen, Organisationen 4. Medien, Public Opinion Prozesspolitik - Ordnungspolitik Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

27 Instrumentenkatalog nach Eingriffsintensität
1. Moral Suasion (Aufklärung, Appelle, Empfehlungen, Mahnungen, Androhungen, die auch flankierend zur Wirksamkeitserhöhung anderer Eingriffe eingesetzt werden) 2. Setzen, Ändern, Ergänzen von institutionellen Rahmenbedingungen für die Wirtschaftstätigkeit privater und öffentlicher Entscheidungsträger (z.B. Gewerbeordnung, Betriebsanlagengenehmigung); Absprachen 3. Einnahmen und Ausgaben des Staates (Fiskalpolitik) mit dem Ziel, private Wirtschaftstätigkeit zu beeinflussen (Einnahmenseitig: Steuern, Gebühren, Beiträge; Ausgabenseitig: Transfers, Subventionen, Förderungen; Verschuldungspolitik) Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

28 Instrumentenkatalog nach Eingriffsintensität: Forts.
4. Einnahmen und Ausgaben des Staates im Rahmen der eigenen Wirtschaftstätigkeit des Staates (Beteiligung an Unternehmen, Bereitstellung öffentlicher bzw. meritorischer Güter; z.B. Schulen, Bildungsdienstleistungen, Spitäler, Gesundheitsdienstleistungen) 5. Geldpolitik (Zinspolitik, Offenmarktpolitik) 6. Einsatz staatlicher Hoheitsgewalt beim grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr (Wechselkurspolitik, Zollpolitik, Integration) 7. Regulierung des einzelwirtschaftlichen Verhaltens (staatliche Ge- und Verbote, quantitative Abstufungen; z.B. Flächenwidmung; Verbot bzw. Beschränkung des Importes/Exportes einer Währung) Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

29 Träger der Wirtschaftspolitik:
1. Nationale Akteure Staat, d.h. Parlament (Wähler), Regierung, Verwaltung auf den einzelnen gebietskörperschaftlichen Ebenen Notenbank Interessengruppen; Medien; Berater; NGOs 2. Ausländische, internationale, supranationale Akteure (a) EU-Institutionen: Kommission, EZB, ECOFIN (b) Globale Institutionen: WTO; IWF etc. (c ) Wirtschaftspolitik u. -entwicklung in anderen Ländern (d) internationale NGOs Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

30 Zusammen- und Gegenspiel der Akteure:
Beispiel: Liberalisierung der Ladenöffnungszeit: Staat: Bund (Wirtschaftsminister), Länder (Landeshauptmann) Interessengruppen: WK (Bundessektion Handel), AK, Gewerkschaft Beispiel: Aufhebung des Nachtarbeitsverbotes für Frauen Staat; supranationale Politik (EU-Richtlinie); Interessengruppen (Arbeitgeber, Arbeitnehmer branchenweise) Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

31 Kapitel 4: Wachstums- und Technologiepolitik
Überblick Ziel der Wachstumspolitik Wachstumstheorie Technologiepolitik und Innovationsprozess Technologiepolitischer Befund für Österreich Technologiepolitik in Österreich Instrumente der Technologie- und Forschungspolitik in Österreich Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

32 Ziel der Wachstumspolitik allgemein
Verbessern der langfristigen Entwicklung einer Volkswirtschaft. Die langfristige ökonomische Entwicklung wird bestimmt durch die Entwicklung des Produktionspotentials (Angebot) der Auslastung des Potentials (Nachfrage) Das Ziel der Wachstumspolitik (präziser) ist es also, das volkswirtschaftliche Produktionspotential quantitativ und qualitativ zu steigern und gleichzeitig zu einer bestmöglichen Auslastung des Potentials beizutragen. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

33 daher: Wachstumspolitik kann und muss sowohl auf der
Angebots- als auch auf der Nachfrageseite ansetzen Angebotsseite: 1. Erhöhung der Faktoreinsätze (Arbeitseinsatz, Sachkapitaleinsatz) 2. Effizienzsteigerung (technischer Fortschritt, Technologie) Nachfrageseite: Förderung der Endnachfrage (-komponenten) Investitionen, Konsum, Export Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

34 Wachtumstheorie vgl. Zagler/Ragacs 1999 Die traditionelle Wachstumstheorie betrachtete die Ausweitung der Produktionsfaktoren als zentrales Moment des Wachstums. Der technische Fortschritt wurde nur exogen verstanden. Außerdem wurde davon ausgegangen, daß die Nachfrage keinen dauerhaften Einfluß auf die langfristige Entwicklung hat. Zumindest für Österreich kann die letztere Annahme nicht bestätigt werden. Die Neue Wachstumstheorie (Romer 1986, 1990) sieht im technischen Fortschritt den bestimmenden Faktor des Wachstums. Deshalb: Betonung der Innovations- und Technologiepolitik. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

35 Definition: Technologiepolitik
ist jener Teil der Wirtschaftspolitik, der 1. private Unternehmen, 2. öffentliche Haushalte und Unternehmen und 3. private Haushalte in einer Weise beeinflusst, sodass sie neue Technologien (Innovationen) entwickeln, verbreiten und anwenden (= Förderung und Verstärkung von Marktprozessen). Technologiepolitik bezieht sich also auf a. Forschung und Entwicklung (neuer Technologien) b. Technologietransfer (Diffusion) c. Anwendung, Einsatz (Adoption) Wie sieht der Innovationsprozess aus volkswirtschaftlicher Sicht aus? Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

36 Der Innovationsprozess
Rückkoppelungseffekte, learning by doing Technologie- nachfrager Technologie- anbieter Imitation Grundlagen- angewandte Investitionen Entwicklung Adaptation forschung Forschung Lernen Investition technische/ Entdeckung Erfindung ökonomische Innovation Diffusion Information Ausrüstung Produktivität techn., ökon. wissensch. techn. Ideen Prozesse techn. Standard Wissen Wissen (Patente) Organisation ökon. Leistung (Prototypen) Produkte soziale Effekte Aktivitäten Ergebnis forgetting by not doing Quelle: Blaas/Jakoubek/Mayer 1998 Bestände (im Sinne leistender Systeme) Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

37 Ansatzpunkte für die Technologie/Innovationspolitik ergeben sich also
in der Forschungsförderung (Grundlagen- und angewandte Forschung) im Patentrecht in der Förderung der Entwicklung (von Prototypen) in der Investitionsförderung in der Ausbildungs-, Weiterbildungsförderung in der Förderung der Vermittlung, Weitergabe und Annahme von Technologie Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

38 Wo hat Österreich einen Bedarf an Technologiepolitik
Wo hat Österreich einen Bedarf an Technologiepolitik? Wie lautet der technologiepolitische Befund für die österreichischen Unternehmen? Lit.: Leo 1999 Eine international vergleichende Studie, bei der Unternehmen des produzierenden Sektors untersucht wurden, hat festgestellt, dass in Österreich rund 67% der (antwortenden) Unternehmen in den Jahren 1994 bis 1996 Produkt- und/oder Prozessinnovationen durchgeführt haben (siehe Abbildung nächste Folie). Diese Quote liegt nicht nur deutlich über jener des EU-Durchschnittes von 53%, auch über die Größenklassen der Unternehmen (siehe Abbildung) liegt die jeweilige Quote höher als im EU-Durchschnitt, wobei die Unterschiede allerdings mit zunehmender Größe geringer werden. Österreichs Unternehmen gehören also zu den innovationsfreudigsten in der EU. Die Innovatorenquote steigt von 60% bei den Unternehmen mit bis zu 49 Beschäftigten an bis auf 90% bei den ganz großen Unternehmen (Abbildung). Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

39 Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

40 Die Innovationsaufwendungen der (produzierenden) Unternehmen in Prozent des Umsatzes liegen jedoch unter dem EU-Durchschnitt: EU-Niveau 3,8%, Österreich 0,3%-Punkte darunter. Insbesondere Grossunternehmen (mehr als 250 Beschäftigte) investieren unterproportional (3,48% des Umsatzes), umgekehrt sind die Innovationsausgaben von KMUs sind deutlich höher als der EU-Durchschnitt. Der häufig zitierte technologische Rückstand entsteht daher vor allem in den forschungs- und entwicklungsintensiven Branchen und den dort tätigen Großbetrieben, vor allem weil die österreichischen Unternehmen vorsichtiger bei der Einführung neuer Technologien und Produkte sind. Vom Innovationsoutput her (Umsatzanteil mit neuen und verbesserten Produkten) liegt Österreich mit 31% gleichauf mit der EU (und Schweden, Irland), Deutschland liegt hier mit 43% deutlich höher. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

41 Technologiepolitik in Österreich
Quelle: Aktualisierung: 28. Feb. 2001 Ziele der österreichischen Forschungs- und Technologiepolitik Wie in fast allen Industriestaaten zielt die Forschungs- und Technologiepolitik auch in Österreich auf die Effizienzsteigerung des nationalen Innovationssystems und auf die Förderung der Humanressourcen und ihrer Entwicklung. Besonderes Augenmerk wird auf verstärkte Internationalisierung der Forschungseinrichtungen, vor allem der Universitäten, auf eine erhöhte Mobilität der Forscher und auf die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und der Wirtschaft gelegt. Der Beitritt zur Europäischen Union hat diese Entwicklungen erheblich beschleunigt. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

42 Ministerielle Aufgabenverteilung
Auf Ebene der staatlichen Verwaltung ist jedes Ministerium für die Forschung in seinem Kompetenzbereich zuständig. Derzeit sind die Agenden für Forschung und Technologie auf drei Bundesministerien verteilt: das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur BMBWK (Grundlagenforschung, Koordination EU Forschung und internationale Forschungskooperationen in Österreich), das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie BMVIT (angewandte Forschung, Forschungsfonds, Technologie und Innovation), sowie das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit BMWA (angewandte Forschung und Innovation für die Wirtschaft). Das BMBWK und das BMVIT sind für die Vergabe des Großteils der öffentlichen Mittel für die Forschung, darunter vor allem der Universitäten, zuständig und koordinieren zugleich den Gesamteinsatz der staatlichen Forschungsfinanzierung. Dieser umfasst den laufenden Forschungsbetrieb an den 18 Universitäten und Bundesforschungseinrichtungen, die Förderung selbständiger Forschungsinstitute und die Mittel der Auftragsforschung ebenso wie die Dotierung autonomer Forschungsförderungsfonds.   Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

43 Forschungsfinanzierung
Der Anteil der öffentlichen Forschungsfinanzierung befindet sich in Österreich seit langem etwa im Gleichgewicht mit jenem des Unternehmenssektors. Insgesamt erreichen die Forschungsausgaben in Österreich einen Anteil von rund 2,35 % des Bruttoinlandsprodukts (2005) (Schätzung Statistik Austria, Anfang 2005) Es ist hervorzuheben ist, dass im Gegensatz zu den meisten anderen OECD-Staaten aus öffentlichen Mitteln nur zivile Forschungsarbeiten gefördert, also praktisch keine militärische Forschungsprojekte finanziert werden. Rund 41% der Gesamtausgaben werden derzeit vom Staat, knapp 6% von den Bundesländern und anderen öffentlichen Stellen finanziert, 48,5% vom Unternehmenssektor. Der Rest entfällt auf den privaten gemeinnützigen Sektor und auf Finanzierungen aus dem Ausland. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

44 Träger der Innovations-, Forschungs- und Technologiepolitik
FFF (Forschungsförderungsfonds für die gewerbliche Wirtschaft) unterstützt F&E von Unternehmen, Forschungsinstituten und Einzel- personen mit Zuschüssen und Darlehen (Gesamtbudgets : 256,7; 227,2; 247,0; 245,0 Mio Euro) FWF (Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung) unter- stützt Grundlagenforschung durch Subventionen und Foschungs- projekte (Gesamtbudgets : 84,7; 93,9; 92,2; 76,0 Mio Euro) ITF (Innovations- und Technologiefonds) zinsbegünstigte Kredite und Zuschüsse im Rahmen von Schwerpunktprogrammen; z.B. computer- integrierte Produktion, Softwaretechnologie EU-Strukturfonds (Abwicklung über ERP, FFF, BÜRGES, etc., sodass diese Träger de facto mehr Mittel zur Verfügung haben) Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

45 Forschungsförderungsgesellschaft FFG
Rat für Forschung und Technologieentwicklung (FTE-Rat); im Jahr 2000 als zentrales strategisches Organ der Bundesregierung gegründet; Aufgabe: systematische, unabhängige und fundierte Beratung der österreichischen Bundesregierung in allen Fragen der Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik (siehe Diese Träger und Institutionen sind nunmehr zusammengefasst in der Forschungsförderungsgesellschaft FFG Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

46 Österreichische  Forschungsförderungsgesellschaft Austrian Research Promotion Agency
Die FFG hat mit 1. September 2004 ihre Arbeit aufgenommen. Bereich 1: Forschungsförderung Wirtschaft (ehemals FFF) Bereich 2: Kooperation Wissenschaft - Wirtschaft (ehemals TIG) Bereich 3: Luft- und Raumfahrt (ehemals ASA) Bereich 4: Internationale Forschungs- und Technologiekooperation (ehemals BIT) Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

47 Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007
Der Standard, 21./

48 Instrumente der Technologie- und Wachstumspolitik
Direkte Investitionsförderung Seit EU-Beitritt: staatliche Beihilfen an Unternehmen grundsätzlich verboten; aber: Ausnahmen für gezielte Direktförderung bis zu einer maximalen Förderintensität v.a. für (1) Inv. von Klein- und Mittelbetrieben; (2) Investitionen in Regionalfördergebieten; (3) Ausgaben für F&E; (4) Umweltschutzinvestitionen und (5) Ausbildung, Schulung, Beratung. De-minimis-Regel: € innerhalb von drei Jahren ok. Träger und Instrumente: ERP-Fonds (1962): zinsgünstige Darlehen BÜRGES (Bürgschaftsfonds-Gesellschaft, 1954): Bürgschaftsübernahmen, Zinsen- und Investitionszuschüsse FGG (Finanzierungsgarantie-Gesellschaft): Haftungsübernahmen ÖKB (Öst. Kontrollbank): Haftungsübernahmen Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

49 Sonderausgabe (vom Einkommen abzuziehen) bis öS 40.000.-
Indirekte Investitions- und Innovationsförderung (Steuerbegünstigung, Verbilligung von Betriebsmittel wie z.B. Energie) Investitionsfreibetrag (zusätzlich zur Abschreibung: im ersten Jahr 9%-12% einer Investition gewinnmindernd geltend machen) Sparförderung (indirekt via Prämien oder Abzüge von der Bemessungsgrundlage) Sonderausgabe (vom Einkommen abzuziehen) bis öS Bausparen (pro Person eine Prämie von 5% der Einzahlungs- summe bis öS für Bauspar/Ansparbeträge) Institutionelle Verbesserung der Kapitalmärkte (Wettbewerbserhöhung für Banken und Versicherungen) Zuwendungen an Forschungsinstitutionen sind steuerlich abzugsfähig; Forschungsfreibetrag: 12% der betrieblichen Forschungsaufwendungen Öffentliche Investitionstätigkeit (z.B. Infrastrukturinvestitionen) Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

50 Drei konkrete technologiepolitische Beispiele:
Beispiel 1: Vienna Science and Technology Park Tech Gate Tech Gate Vienna is a science and technology park which aims at stimulating the technological potential of Vienna. The major objectives are to raise the technology standard of Viennese enterprises and the creation of employment in hi-tech industries. Tech Gate Vienna is a joint-project by the City of Vienna, the Federal Ministry of Transport, Innovation and Technology and the Wiener Städtische Allgemeine Versicherung AG as a private investor. Finanzierung Approx. EUR 50 million, 20% of the total costs have been raised by the Republic of Austria, 20% by the City of Vienna and 60% by the private partner. Since the opening of Tech Gate Vienna in May 2001 the Science and Technology Park gains income from renting out office space to the target groups. Quelle: Aktualisierung: Oktober 2000 Siehe auch: Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

51 Beispiel 2: A plus B The name stands for Academia Business Spin-off Programme.1) Networks of regional partners (universities, research centers, regional support agencies, firms, qualification agencies etc.) compete for national support on the basis of their specific models of start up centers. The minimum number of partners is two, and one of them must have a university status. Finanzierung An amount of about EUR 1,45 to 2,54 million (ATS 20 to 35 million) federal funding for the pilot phase will be decided within the next months. For the first years, A plus B centres are financed as follows: 40% federal / 40% county / 20% own resources of the centres; co-financing is possible by the EFRE fund. Derzeit (2003) werden nur 5% der Forschungsresultate der Universitäten ökonomisch verwertet. (Skalicky, Rektor TU Wien) Quelle: Aktualisierung: Dezember 2000 Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

52 Beispiel einer Gründung im Rahmen von: A plus B: INITS
Im Rahmen des Programms A plus B haben die Universität Wien, die TU Wien und die Gemeinde Wien Inits gegründet. Inits ist eines von fünf Gründerzentren, die österreichweit gegründet wurden. Das Zentrum ist auf fünf Jahre mit 8,4 Millionen € dotiert und kann Projekte fördern oder Darlehen geben. 20% des Geldes kommt von den beiden Unis, 45% vom BMVIT und 35% von der Stadt Wien. Planung: binnen fünf Jahren sollen 70 ausgewählte Gründungsvorhaben auf die Beine gestellt werden. Eines davon ist z.B. GHB (Green Hill Biotechnology), ein Spin-off des Instituts für medizinische Biochemie und des Instituts für Dermatologie. Inits soll nach und nach finanziell unabhängig werden: in den ersten 5 Jahren müssen 20%, nach 5 Jahren 50% und nach 10 Jahren 100% der Aufwendungen selbst erwirtschaftet werden. Quelle: Der Standard, Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

53 ______________________________________________
Beispiel 3: Förderung der ausseruniversitären Forschung Quelle: Der Standard, Volumen 2001: 574,2 Mio € Geplant 2005: 1.264,8 Mio € Bereiche: Grundlagenorientierte und staatliche F&E*)-Einrichtungen 2. Anwendungsorientierte interdisziplinäre F&E Einrichtungen 3. Temporäre Kompetenzzentren und F&E&I**)-Programme 4. Fachhochschulorientierte F&E sowie Transferzentren und Netzwerke ______________________________________________ *) Forschung/Entwicklung **) Forschung/Entwicklung/Innovationsprogramm Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

54 Überblick über technologiepolitisch relevante Institutionen und Einrichtungen (inkl. Budgetpläne)
Grundlagenorientierte und staatliche F&E*)-Einrichtungen Akademie der Wissenschaften Ludwig Boltzmann Ges. Landeskrankenanstalten Bundesanstalten u.a.m. geplante Steigerung Stand 2001: 298 Mio € Geplant 2005: 378 Mio € Anwendungsorientierte interdisziplinäre F&E Einrichtungen Austrian Research Centers Joanneum Research Kooperative Forschung ACR IHS, WIFO Upper Austrian Research, Salzburg Research u. evtl andere Landesforschungs- gesellschaften Kleine, vorwiegend private F&E-Einrichtungen u.a.m. geplante Steigerung Stand 2001: 218 Mio € Geplant 2005: 422 Mio € Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

55 Überblick über technologiepolitisch relevante Institutionen und Einrichtungen (inkl. Budgetpläne); Fortsetzung Fachhochschulorientierte F&E sowie Transferzentren und Netzwerke Fachhochschulen wie FH-Technikum Kärnten u. Wien FH-Wr. Neustadt u. Vorarlberg Technologietransfer-Innovationszentren, Gründerparks wie TTZ Leoben RIZ NÖ Innovationazentrum Reutte Kärntner Technologie GesmbH u.a.m. spezialisierte F&E-Zentren wie ARGE LAS (Lasertechnik) IFA Tulln (Biotechnologie) MST Dornbirn IMNE (Integrated Micro- and Nano Engineering) Wr. Neustadt Medical Engineering Group Clusterbezogene F&E-Zentren geplante Steigerung Stand 2001: 29,1 Mio € Geplant 2005: 319,8 Mio € Temporäre Kompetenzzentren und F&E&I**)-Programme Spezialisierte Kompetenz-zentren wie K-plus K-ind K-net Christian Doppler Ges. Spezialisierte Programme wie AplusB-Zentren e-business Incubator Reg-Plus u.a.m. geplante Steigerung Stand 2001: 29,1 Mio € Geplant 2005: 145 Mio € Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

56 Kapitel 5: Stabilisierungspolitik
Überblick: 1. Ziel der Stabilisierungspolitik 2. Instrumente der Stabilisierungspolitik Fiskalpolitik Geldpolitik 3. Österreichische Beispiele Steuerreform 2004/05 Steuerreform 2000 4. Zusammenhang zwischen Konjunktur und Wachstum Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

57 Ziel der Stabilisierungspolitik
Dämpfen der Konjunkturschwankungen, Stabilisieren der Wirtschaftsentwicklung, Beleben bzw. Bremsen der Wirtschaftsentwicklung Generelle Politikentscheidung Expansive oder restriktive Konjunkturpolitik Indikatoren der Konkunktur: Beschäftigungsbezogene Indikatoren (Beschäftigung, Arbeitslosigkeit, Arbeitslosenrate), sozialproduktsbezogene Indikatoren (BIP, Kapazitäts-auslastung). Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

58 Abbildung 1: Konjunkturschwankungen Österreich 1967-1995 (Quartalswerte)
Quelle: WIFO, Mitteilung F.R. Hahn Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

59 Abbildung 2: Konjunkturschwankungen Österreich 1976-2004 (Jahreswerte)
Outputlücke (BIP – Trendoutput) in % Q: WIFO 2005 (gap.xls) Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

60 Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

61 Instrumente der Stabilisierungspolitik: Fiskalpolitik, Geldpolitik
Definition: Die Fiskalpolitik ist die Einnahmen- und Ausgabenpoltitik des Staates. Träger der Fiskalpolitik ist also der Staat. Instrumente: Fiskalpolitische Entscheidungen werden entweder im Rahmen der Ablaufpolitik (diskretionäre Fiskalpolitik) oder im Rahmen der Ordnungspolitik (automatische Stabilisatoren) getroffen. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

62 1. Diskretionäre Fiskalpolitik
Der Staat betrachtet den Konjunkturverlauf, antizipiert zukünftige Entwicklungen und entscheidet explizit, von Fall zu Fall, welche fiskalpolitischen Maßnahmen er zur Konjunkturstabilisierung treffen sollte. Konjunktur(belebungs)programme: Öffentliche Investitionsprogramme Staatliche Beschäftigungsmassnahmen Staatliche Sozial- u. Subventionsprogramme Steuerreformen Begründung für die überproportionale (belebende) Wirkung von Staatsausgaben: der Multiplikator Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

63 Exkurs: Multiplikatorwirkungen in einer offenen Volkswirtschaft:
Q: Stiglitz 1999, S. 789 Gesamtwirtschaftliche Nachfrage A (Ausgaben) A = C + I + G + X – M Mit folgenden Bezeichnungen: C Konsum I Investitionen G Staatsausgaben (Government) X Exporte M Importe Y Einkommen m Importneigung c Konsumneigung t durchschnittlicher Steuersatz Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

64 A = a + cY(1-t) + I + G + X – m(1-t)Y
A = C + I + G + X – M Importe M M = m.Y(1-t) Daher A = a + cY(1-t) + I + G + X – m(1-t)Y Im Gleichgewicht entsprechen die aggregierten Ausgaben A dem Einkommen Y (d.h. A=Y), daher gilt dann Multiplikator Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

65 Multiplikator für Österreich und die EU
Einfache und ungefähre Schätzung des Multiplikators unter folgenden Annahmen für die volkswirtschaftlichen Parameter: c = 0,9 t = 0,4 m = 0,5 (Österreich) m = 0,1 (EU) Daraus ergibt sich ein Multiplikator für Österreich von 1,3 und für die EU von 1,9. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

66 Technologiemultiplikator
Nach Schätzungen des WIFO (2001) induziert jeder Euro, der in Österreich in die direkte Technologieförderung fließt, in der Privatwirtschaft zusätzliche Forschungsausgaben von 59 Cent (Förder-Multiplikator 1,6). Die indirekte Forschungsförderung (steuerliche Anreize) zeigt eine etwas höhere Hebelwirkung (Multiplikator bis 2). Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

67 2. Fiskalpolitik mittels automatischer Stabilisatoren (Ordnungspolitik)
Hier wirkt das gegebene Einnahmen- und Ausgabensystem des öffentlichen Sektors von alleine in einer bestimmten Weise auf die Volkswirtschaft ein, ohne dass sich staatliche Regierungsstellen in einer bestimmten Konjunktursituation um stabilisierende Maßnahmen bemühen müssten. Es wird ein automatischer Zusammenhang zwischen Staatsausgaben und Steuern auf der einen sowie der konjunkturellen Entwicklung des Bruttosozialprodukts auf der anderen Seite hergestellt, der immer und fortwährend wirkt. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

68 2.1. Progressives Einkommen-, Lohnsteuersystem
Ein progressives Steuersystem in einer Volkswirtschaft bedeutet, dass die Steuern stärker ansteigen als die Einkommenszuwächse. Welche Wirkungen treten hieraus für die Entwicklung des Bruttosozialprodukts auf? Wenn das Volkseinkommen fällt, reduzieren sich die Steuern überproportional, die verfügbaren Einkommen wachsen relativ an und damit auch die privaten Konsumausgaben. Bei gleichbleibenden Staatsausgaben tritt ein stabilisierender Ankurbelungseffekt auf. Die Tendenz zur Unterbeschäftigung wird aufgefangen. Der umgekehrte Wirkungszusammenhang stellt sich bei einer Ansteigen des Volkseinkommens ein. Hier kommt es ceteris paribus, zu einer Kaufkraftabschöpfung und damit zu einer entsprechenden Reduktion des Sozialprodukts im Gleichgewicht. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

69 2.2. Arbeitslosenversicherung (Sozialversicherungssystem)
Wenn jemand arbeitslos wird, erhält er im System der sozialen Sicherung Arbeitslosenunterstützung und fällt damit als Konsument nur zu einem geringen Teil aus. Die Zahlungen der Arbeitslosen-versicherung bringen also Kaufkraft in die Volkswirtschaft und stabilisieren diese bei Unterbeschäftigung. Konkretes Beispiel: Schließung des Semperit-Werkes in Traiskirchen/NÖ: das Arbeitsmarkt-Service (AMS) zahlt (im Rahmen der Semperit-Stiftung) während einer Schulung 55% des letzten Nettogehaltes (12 mal im Jahr) und Sozialversicherung für einen Zeitraum von maximal vier Jahren (Der Standard, ) Bei Vollbeschäftigung tritt ein Entzug an Kaufkraft durch die Zahlungen an die sozialen Versicherungsträger auf und verhindert auf diese Weise ein zu schnelles Übergleiten in die Überbeschäftigung. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

70 Geldpolitik Definition:
Die Geldpolitik ist jener Teil der Wirtschaftspolitik, der monetäre Größen, also Mengengrößen auf den Finanzmärkten (z.B. die Geldmenge, die Kreditmenge) oder Preisgrößen auf den Finanzmärkten (Zinssätze) bestimmen kann. Sie ist also eine Wirtschaftspolitik, die monetäre Mittel benützt. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

71 (2) der Wechselkurskanal (3) der Vermögenskanal
Die Geldpolitik wirkt sich über verschiedene Kanäle auf die Wirtschaft aus. Üblicherweise werden vier Transmissionskanäle unterschieden (Mishkin 1995): (1) der Zinskanal (2) der Wechselkurskanal (3) der Vermögenskanal (4) und der Kreditkanal. Höhere Zinsen führen (1) zu einem Rückgang der Kapitalbildung (sowohl der Unternehmen als auch der privaten Haushalte), was sich wiederum dämpfend auf die gesamtwirtschaftliche Produktion auswirkt. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

72 Es wird allgemein angenommen, dass
höhere Zinssätze ceteris paribus (2) eine Aufwertung der eigenen Währung bewirken, was sich negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit der im Inland produzierten Güter auswirkt und in der Folge einen Rückgang des Aussenbeitrags sowie weiters einen Rückgang der Gesamtproduktion nach sich zieht. Zinsänderungen können sich (3) auf die Preise verschiedener Vermögenswerte auswirken, was wiederum z. B. die Investitionsausgaben beeinflusst. Mit den Vermögenspreisen können sich auch das Vermögen der privaten Haushalte (z.B. Immobilien) und in der Folge deren Konsumentscheidungen ändern. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

73 Der Kreditkanal der Geldpolitik (4) wird über die Banken wirksam.
Im Fall einer restriktiven Geldpolitik (z.B. Erhöhung des Mindestreservesatzes) gehen erstens die Reserven der Banken zurück, woraufhin diese die Kreditvergabe einschränken. Zweitens sinkt bei steigenden Zinsen tendenziell der Nettowert der Unternehmen (Zins- und Aktienniveau sind gegenläufige Größen), sodass diese in der Folge ihren Gläubigern (Banken oder anderen Institutionen) weniger Sicherheiten bieten können. Dadurch schrumpft das Kreditvolumen, und eine verminderte Kreditaufnahme durch die Unternehmen geht Hand in Hand mit einer reduzierten Investitionstätigkeit. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

74 Träger der Geldpolitik: Notenbank (Zentralbank); EZB
Instrumente: Festlegung von monetären Preisen (Diskontsatz; Wechselkurs; aber: Euro-Kurs wird nicht von EZB, sondern von Ecofin festgelegt) Bestimmung von Rahmenbedingungen (Mindest- reservensatz; Kapitalverkehrskontrolle) Eigene Aktivitäten (Offenmarktkäufe, -verkäufe) Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

75 Zur Wechselkurspolitik
Wechselkurs Euro zu Dollar : 1€ = 1,28$ Nach Berechnungen des WIFO (2004) würde ein durchschnittlicher Wechselkurs von 1,30$ bis 1,35$ der österreichischen Wirtschaft rund Arbeitsplätze und 0,3%-Punkte Wachstum kosten. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

76 Österreichische Stabilisierungspolitik
Beispiel: Steuerreform 2004/05 und ihre Auswirkung Lit.: Breuss/Kaniovski/Schratzenstaller, Steuerreform 2004/05 – Maßnahmen und malroökonomische Effekte. WIFO Monatsberichte 8/2004 Die Steuerreform 2004/05 war die umfassendste Steuerentlastung seit der Steuerreform 2000 und wurde in 2 Etappen umgesetzt. In beiden Etappen zusammen wurde die Steuerbelastung um insgesamt 3 Mrd € gesenkt (d.h. rund 1,2% des österreichischen BIP). Die Abgabenquote wird damit von 43,2% im Jahre 2003 auf 41,9% im Jahre 2007 zurückgehen. Die Lohn- und Einkommensteuerbelastung sinkt um 2,2 Mrd € Die Körperschaftssteuer sinkt um 1,1 Mrd € Das Aufkommen der Verbrauchssteuern steigt um 230 Mio € Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

77 Steuerreform 2004/05: Auswirkungen
Die Simulationsrechnungen des WIFO ergeben (u.a.) folgende Auswirkungen im Vergleich zu einer Entwicklung ohne Steuerreform: Ein höheres reales Wachstum bis etwa zu einem halben Prozent (siehe Tabelle) Ein geringfügig schnellerer Anstieg der Beschäftigung Ein leichtes Zurückgehen der Arbeitslosenrate Durch wachstumsinduzierte Mehreinnahmen (des Staates) finanziert sich die Steuerreform in einem geschätzten Maße von 11% bis 15% selbst. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

78 Q: Breuss/Kaniovski/Schratzenstaller, Steuerreform 2004/05 – Maßnahmen und makroökonomische Effekte. WIFO Monatsberichte 8/2004

79 Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

80 Österreichische Stabilisierungspolitik (2)
Beispiel: Steuerreform 2000 und ihre Auswirkung auf den Konsum Lit.: Lehner 1999, Wüger 2000 Anpassung der Lohn- und Einkomensteuertarife durch eine Senkung der mittleren drei Grenzsteuersätze (von 22% auf 21%, 32% auf 31%, 42% auf 41%) und eine Anhebung des allgemeinen Absetzbetrages von 8.840S auf S. Steuerersparnis lässt sich in drei Einkommensbereiche gliedern: Im unteren Einkommensbereich (bis S, monatlich S) beträgt die jährliche Steuerersparnis rund 4.000S. Für höhere Einkommen steigt die jährliche Steuerentlastung bis 7.000S (bei einem Jahreseinkommen von rund S) Für Jahreseinkommen über S bleibt die jährliche Entlastung mit 7.000S konstant. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

81 Veränderung der Steuerbelastung
Steuerpflichtiges Jahreseinkommen Durchschnittssteuersatz Veränderung der S t euerschuld 2000 gegenüber 1999 i n S 1999 2000 I % 70 . 000 - 2,14 80.000 1,88 90.000 0,60 1,67 960 1,07 1,50 1.500 2,27 - 0,83 3.720 3,10 7,47 4,55 4 .093 2,92 9,91 7,38 4. 060 2,54 12,37 10,11 4.060 2,26 14,33 12,30 2,03 18,45 16,84 4.033 1,61 21,20 19,52 5.040 1,68 24,49 22,87 - 6 .047 1,73 27,14 25,38 7 .053 1,76 29,12 27,56 7.027 1,56 30,70 29,30 7.000 1,40 32,58 31,42 1,17 33,93 32,93 1,0 35,94 35,06 0,88 40,63 40,04 - 7.000 - 0,58 Quelle: Lehner 1999, S. 517 Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

82 Wirkungen der Steuerreform auf Konsum (und Sparen):
Im Jahr 2000 wurde die Entwicklung des Konsums neben den üblichen Trend-, Konjunktur- und Saisoneinflüssen von fiskalischen Massnahmen und der Rohölverteuerung beeinflusst. Es wurde geschätzt, dass die Steuerreform die privaten Haushalte um 17 Mrd öS entlastet, also ihre Liquidität in diesem Ausmass erhöht hat. Nach Modellrechnungen wären nicht ganz zwei Drittel dieses Einkommenszuwachses im Jahre 2000 nachfragewirksam geworden, d.h. etwa ein Drittel wäre den Ersparnissen zugeflossen. Im ersten Halbjahr 2000 stieg der private Konsum gegenüber dem Vergleichzeitraum des Vorjahres real um 5% an (1997: +2,9%, 1998: +3,4%, 1999: +3,0%). Volkswirtschaftliche Wirkungen? Umverteilung öffentlich-privat; Umverteilung zu unteren Einkommensschichten (Konjunktur- und Wachstumseffekte) Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

83 Zusammenhang zwischen Konjunktur und Wachstum
Konjunktur und Wachstum sind keineswegs isolierte, voneinander unabhängige makroökonomische Phänomene, sondern es besteht ein klarer, und zwar negativer Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Konjunkturschwankungen und der Höhe der Wirtschaftswachstums: In einer Stichprobe von 92 Ländern (aus Afrika, Nord- und Mittelamerika, Lateinamerika, Asien, Europa und dem Pazifikgebiet) sowie in einer Stichprobe von OECD-Ländern wurde festgestellt, daß Länder mit stärkeren Konjunkturschwankungen ein geringeres Wachstum aufweisen. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

84 Der negative Effekt der Konjunkturschwankungen auf das Wirtschaftswachstum hängt vorwiegend mit der damit verbundenen Unsicherheit zusammen: Unsicherheit über zukünftige Absatzmärkte steigert die Kosten von unternehmerischen Fehlentscheidungen, sodaß starke Konjunkturschwankungen zu mehr Vorsicht und Zurückhaltung bei zukunftsgericheteten Aktivitäten führen. Diese Ergebnisse ergänzen sehr gut andere Arbeiten, in denen gezeigt wurde, daß ein ebenso negatives Verhältnis zwischen politischer Instabilität und Wirtschaftswachstum besteht. Ramey and Ramey, AER, Vol. 85, No.5, 1995 Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

85 Kapitel 6: Sozial- und Verteilungspolitik Überblick 6. 1
Kapitel 6: Sozial- und Verteilungspolitik Überblick Allgemeiner Teil 6.2. Sozialpolitik in Österreich 6.3. Verteilungspolitik Q: Badelt/Österle 2001 Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

86 6.1. Allgemeiner Teil Gegenstand und Ziel der Sozialpolitik Sozialpolitik zielt darauf ab die wirtschaftliche und soziale Situation von benachteiligten Personengruppen zu verbessern oder den Eintritt einer systematischen Benachteiligung überhaupt zu verhindern. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

87 6.1.2. Zwei Konzeptionen der Sozialpolitik
Sozialpolitik als Verteilungspolitik primäre Funktion: Korrektur der Marktergebnisse, um diese mit gesellschaftlichen Zielvorstellungen in Einklang zu bringen Gesellschaftspolitik Idee der aktiven Gestaltung gesellschaftlicher Verhältnisse (neben ökon. Bedingungen z.B. auch gesundheitl., wohn- oder bildungsmässige u.a. ) Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

88 6.1.3. Leitbilder der Sozialpolitik
Sozialpolitik orientiert sich an den grundsätzlichen Leitbildern einer Gesellschaft: Gerechtigkeit Freiheit Sicherheit Friede Wohlstand Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

89 Gerechtigkeit ist das primäre Prinzip der Sozialpolitik, wobei es nicht nur um die Verteilung von Einkommen und Vermögen geht, sondern ganz allgemein um die Verteilung materieller, sozialer und kultureller Chancen und Risken. Das Gerechtigkeitsziel kann sehr unterschiedlich definiert werden. Eine wichtige Unterscheidung ist Leistungsgerechtigkeit (liberales Prinzip) Bedarfsgerechtigkeit (egalitäres Prinzip) Leistungsgerechtigkeit Die Verteilung der Ressourcen erfolgt nach den Beiträgen, die Individuen zur Herstellung des Leistungsergebnis geleistet haben. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

90 Probleme/Kritik des Prinzips der Leistungsgerechtigkeit:
Messung der Leistung (Beitrag des Einzelnen häufig nicht eindeutig identifizierbar) Nur Marktleistungen messbar (unbezahlte Arbeit, z.B. Arbeit im Haushalt nicht messbar) Bedarfsgerechtigkeit Die Verteilung orientiert sich an den Bedürfnissen der Individuen. Probleme/Kritik des Prinzips der Bedarfsgerechtigkeit: Knappheitsproblem wird nicht thematisiert Bedarfsfestlegung; Bedürfnismessung Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

91 Freiheit (individuelle)
Wohlstand Ziel: ein möglichst grosses Mass an Bedürfnisbefriedigung zu ermöglichen. Nachdem auch die Anliegen der Sozialpolitik Bedürfnisse darstellen (nach Gesundheit, materieller oder sozialer Sicherheit), ist dieses Ziel auch sozialpolitisch relevant. Aber: potentielle Konkurrenz durch Einkommensverringerung durch Beitragsleistungen. Freiheit (individuelle) Abwesenheit von Zwang („Freiheit von“); Verfügungsgewalt über Optionen („Freiheit zu“). Ausweitung der Freiheit durch materielle Sicherung, Einschränkung der Freiheit durch sozialpolitische Massnahmen zur Erreichung von Gerechtigkeitsvorstellungen Sicherheit gegenüber Lebensrisken, insbesondere solche, die von privatwirtschaftlichen Versicherungen nicht versichert werden (z.B. Arbeitslosigkeit) Sozialer Friede Verhinderung von Konflikten zwischen Gesellschaftsmitgliedern; stabilisierende Effekte der Sozialpolitik Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

92 6.1.4. Sozialpolitische Instrumente im Überblick
Unterscheide: individuelle Sicherungspolitik - öffentliche Sicherungspolitik Individuelle Sicherungspolitik zielt auf Risikovermeidung bzw. -verminderung (z.B. durch Prävention in Gesundheitsfragen), auf Risikoüberwälzung oder Selbstübernahme des Risikos (z.B. Übernahme von Betreuungsaufgaben innerhalb der Familie) oder auf Risikoausgleich (durch Versicherung). Öffentliche Sicherungspolitik wird durch Regulierung einerseits und Transfers andererseits umgesetzt. Regulierung Der Staat oder andere gesellschaftliche Instanzen (Parafisci) erlassen verbindliche Regeln für das Handeln von Menschen und Organisationen. Diese Regeln umfassen Verbote und Gebote ebenso wie Verfahrensvorschriften oder die Etablierung von Institutionen zur Übernahme bestimmter Aufgaben. Regulierung kann unmittelbar auf sozialpolitische Anliegen gerichtet sein (z.B. Arbeitsschutzbestimmungen, Festlegung von Mindestlöhnen oder Mindeststandards). Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

93 Transfers: Geldleistungen (monetäre Transfers)
Regulierungen können auch indirekte Wirkungen auf die Sozialpolitik haben (z.B. Schulpflicht). Transfers: Geldleistungen (monetäre Transfers) Gebundene Geldleistungen sind solche, bei denen der Transfer an bestimmte Nutzungen gebunden ist (z.B. Wohnbeihilfe im Falle der Miete einer Wohnung). Freie Transfers sind solche, bei denen es zwar einen sozialpolitischen Anknüpfungspunkt gibt, aber nicht weiter geprüft wird, in welchem Ausmass die gewährte Leistung auch tatsächlich der intendierten Nutzung zugute kommt (z.B. Familienbeihilfe) Transfers: Sachleistungen (Realtransfers) Im Falle von Sachleistungen werden dem Leistungsbezieher Naturalien überlassen bzw. zur Inanspruchnahme zur Verfügung gestellt (z.B. Leistungen des Gesundheitswesens). Keine reine Sachleistung, wenn die Leistungserstellung ausgegliedert ist (z.B. durch einen praktischen Arzt in der Privatordination) und nur die Finanzierung von der öffentlichen Hand (oder Parafiscus) übernommen wird (z.B. Krankenschein). Unterschied zur gebundenen Geldleistung: die Geldleistung erfolgt nicht an den Leistungsbeziehenden, sondern an den Leistungserstellenden. Mischformen zwischen der gebundenen Geldleistung und der Sachleistung: wenn keine unmittelbaren Transfers geleistet werden, sondern Leistungen subventioniert werden, damit sie kostengünstiger in Anspruch genommen werden können. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

94 Beurteilung der Instrumente
Im Hinblick auf die soziale Treffsicherheit sind Verbote, Gebote, Sachleistungen sowie gebundene Geldleistungen den freien Geldleistungen (wie auch den weicheren Regulierungsformen) meist überlegen. Umgekehrt verhält es sich im Hinblick auf die Umsetzung marktwirtschaftlicher Gestaltungsprinzipien, die bei freier Geldleistung stärker verwirklicht sind. Bestrebungen der Schaffung von Quasi-Märkten*) oder des Contracting-Out stellen einen Versuch dar, beide Vorteile zu kombinieren, indem die Kompetenzen der Finanzierung wie auch der inhaltlichen Gestaltung bei der öffentlichen Hand verbleiben, die konkrete Leistungserstellung aber ausgegliedert wird. *) Beispiel aus dem Bildungsbereich: Weiterbildungsabteilungen innerhalb grosser Unternehmen müssen sich die „Kunden“ für Kurse innerhalb des Unternehmens selbst suchen, sie für Kurse „gewinnen“ (d.h. von den jeweiligen Abteilungschefs die Zusage für die Finanzierung des Kursteilnehmers bekommen). Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

95 6.1.5. Sozialpolitische Handlungsprinzipien
Versicherung –Versorgung – Fürsorge Das Versicherungsprinzip geht von der grundsätzlichen Versicherbarkeit von sozialen oder wirtschaftlichen Risiken aus: Personen, die von bestimmten Risiken betroffen sind, schliessen sich zu einer Gefahrengemeinschaft zusammen. Die Höhe der Versicherungsprämie orientiert sich am Grundsatz der versicherungsmathematischen Äquivalenz (Wahrscheinlichkeit des Eintretens des Risikofalles mal durchschnittliche Kosten), es besteht in der marktwirtschaftlichen Form ein fester Zusammenhang zwischen der Prämienhöhe und der Versicherungsleistung. Eine Modifikation des privatwirtschaftlichen Versicherungsprinzpis stellt das Sozialversicherungsprinzip dar. Der Grundsatz der Äquivalenz von Beiträgen und Leistungen wird durch Sicherungs- und Solidarziele modifiziert. Weder sind die Beiträge in der Sozialversicherung vorwiegend an individuellen Risikowahrscheinlichkeiten orientiert noch sind die Versicherungsleistungen streng beitragsorientiert. Damit: Ausgleich zwischen Personen unterschiedlicher Leistungsfähigkeit in der Beitragszahlung oder zwischen Personen unterschiedlicher Bedürftigkeit. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

96 Universalität – Selektivität
Geld- oder Sachleistungen, die nicht an Beitragszahlungen, sondern an bestimmte „Charakteristika“ der Benachteiligung gebunden sind, werden als Versorgungsleistungen bezeichnet. Kriterien sind z.B. Schäden (Unwetter), oder das Vorliegen eines Pflegebedarfes, oder Kinder (Familienbeihilfe). Das Fürsorgeprinzip tritt erst nach Ausschöpfung aller anderen Quellen der Unterhaltssicherung in Kraft. Es sind in diesem Falle weder Beitragszahlungen noch andere „Vorleistungen“ erforderlich. Typische Beispiel: Sozialhilfe (Finanzierung aus allgemeinen Steuermitteln; Beschränkung auf Ausnahmenfälle oder versicherungsmässig schwer erfassbare Situationen). Universalität – Selektivität Eine Reihe von Sozialleistungen (z.B. Familienbeihilfe, Grundeinkommensmodelle, Steuerbegünstigungen) werden grundsätzlich unabhängig von der individuellen sozialen oder ökonomischen Situation gewährt - Universalität Das Prinzip der Selektivität hingegen berücksichtigt die individuelle Bedürftigkeit (z.B. Sachleistungen der Sozialhilfe in Notlagen, in der Behindertenhilfe) Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

97 Kausalprinzip – Finalprinzip
Nach dem Kausalprinzip wird eine Leistung gewährt, wenn eine bestimmte Ursache vorliegt (z.B. ein Berufsunfall) oder wenn der Anlassfall in einem Versicherungsvertrag als solcher anerkannt ist. Bei einer Leistungsgewährung nach dem Finalprinzip orientiert sich diese nach dem konkreten Bedarf der Person, unabhängig von der Ursache. Z.B. bei einer Verletzung bei einem Unfall wird nicht danach gefragt, ob es sich um einen Berufs- oder Freizeitunfall handelt. Prävention – Ausgleich Sozialleistungen können auch danach unterschieden werden, ob sie in ihren Wirkungen präventiven Charakter haben (z.B. Arbeitsschutzbestimmungen, Gratisimpfungen) oder ob sie bereits eingetretene Benachteiligungen ausgleichen oder mildern sollen (z.B. Geldleistungen im Falle der Pflegebedürftigkeit, Sachleistungen im Krankheitsfall). Subsidiarität – Solidarität - Selbstverantwortung Das Subsidiaritätsprinzip legt fest, dass Aufgaben, die eine kleine Gemeinschaft oder das Individuum selbst lösen kann, nicht von einer grösseren Gemeinschaft (Staat) übernommen werden sollen (Priorität für nicht-staatliche Lösungen sozialer Probleme und Präferenz für eher dezentrale staatliche Interventionen). Das Solidaritätsprinzip bezieht sich dagegen auf die Verantwortung der Individuen oder einzelner sozialer Gruppen füreinander. Selbstverantwortung: Verantwortung des Individuums, Probleme selbst zu lösen, soweit es dazu fähig ist. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

98 6.1.6. Träger der Sozialpolitik im Überblick
Einrichtungen oder Institutionen, die entweder in der Entscheidungsphase der Sozialpolitik oder in der Durchführungsphase (dann aber mit Ermessensspielräumen) tätig werden (nicht auf den öffentlichen Sektor beschränkt). Gebietskörperschaften, inkl. der supranationalen Ebene Parafisci Öffentliche, Non-profit und For-profit-Organisationen, NGOs Betriebe Formelle Ehrenamtlichkeit Informelle Ehrenamtlichkeit Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

99 Gebietskörperschaften
auf nationaler und regionaler Ebene sind meist für die regulierenden Elemente der Sozialpolitik verantwortlich: sie nehmen gesetzgeberische Kompetenzen wahr, z.B. im Sozial- und Arbeitsrecht sie stellen ausführende Organe (Exekutive) zur Verfügung, z.B. Bedarfsprüfung Die supranationale Ebene nimmt infolge der Globalisierung eine zunehmend wichtige Rolle ein. Weltweite Träge sind die UNO bzw. verschiedene Teilorganisationen wie ILO (Internationale Arbeitsorganisation), die WHO (Weltgesundheitsorganisation) oder UNICEF (Weltkinderhilfswerk). Auf europäischer Ebene: sozialpolitische Aktivitäten haben mit Ausnahme des Arbeitsrechtes nur empfehlenden Charakter. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

100 Öffentliche Unternehmen
Parafisci Sozialversicherung Sondervermögen der Gebietskörperschaften (in Österreich z.B. der Familienlastenausgleichsfonds) Öffentliche Unternehmen Wahrnehmung gesellschaftlicher Ziele (z.B. via Tarifpolitik bei Verkehrsunternehmen) neben erwerbswirtschaftlichen Zielen Private Unternehmen, insbes. Non-profit-Organisationen Private Wohlfahrtsverbände, NGOs im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit, der Flüchtlingshilfe, des Kinderschutzes, der Gesundheit Betriebe Leistungen, zu denen Unternehmen verpflichtet sind (z.B. präventive Massnahmen zur Unfallverhütung) und freiwillige Leistungen (z.B. Kinderbetreuung) Ehrenamtliche Tätigkeiten von Einzelpersonen Formell in Organisationen oder Selbsthilfegruppen (z.B. Kleidungspende- Organisationen); informell in privaten Netzwerken (Familie, Nachbarschaft) Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

101 6.2. Sozialpolitik in Österreich (Überblick)
Grundlagen Institutionen der Sozialpolitik in Österreich Hauptprinzipien der Sozialpolitik in Österreich Österreichische Sozialpolitik im internationalen Kontext Transnationale Träger der Sozialpolitik Sozialpolitik der EU Sozialausgaben im Überblick Sozialpolitische Bereiche Gesundheit Behinderung Alter, Pflegebedürftigkeit Familien Arbeitslosigkeit Armut, soziale Ausgrenzung Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

102 Institutionen der österreichischen Sozialpolitik
Gebietskörperschaften Bund, Länder und Gemeinden sind 1. Regulatoren der Sozialpolitik; 2. nehmen sie Finanzierungsfunktionen wahr (in bedeutenden Bereichen aber aus dem Budget ausgegliedert) und 3. treten sie als unmittelbare Leistungsersteller auf. Sozialpartner In den Kollektivverträgen werden nicht nur Lohnsätze, sondern auch andere Elemente der Arbeitsbedingungen vereinbart (z.B. Arbeitszeitregelungen). Mitwirkung der Sozialpartner auch bei Initiativen, Umsetzung und Einhaltung von arbeits- und sozialrechtlichen Angelegenheiten (z.B. ArbeitnehmerInnenschutz). Sozialversicherung Gemessen an der Höhe der Ausgaben ist die Sozialversicherung der bedeutendste Träger der Sozialpolitik in Österreich: soziale Sicherungsfunktion in den Bereichen Krankheit, Unfall und Alter. Ehrenamtliche Tätigkeiten Caritas, Rotes Kreuz, etc. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

103 Hauptprinzipien der österreichischen Sozialpolitik
Sozialversicherungsprinzip und Erwerbsorientierung Auf der Finanzierungsseite: Konnex der sozialen Sicherung mit der Erwerbsbeteiligung durch Beitragszahlungen gegeben (80% der Gesamteinnahmen aus Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträgen) Auf der Leistungsseite besteht ein starker Arbeitsmarktbezug, der aber in den letzten Jahrzehnten gelockert wurde (insbesondere für die Krankenversicherung, wo durch die Möglichkeit der Mitversicherung heute etwa 99% der öst. Bevölkerung abgesichert sind). Versorgungsprinzip und „zweites“ Sicherungsgesetz Nach dem Versorgungsprinzip sind traditionell öffentlich Bedienstete begünstigt worden (aber: schrittweise Abwendung von diesem Prinzip). Daneben: universelle, einkommensunabhängige Geldleistungen, insbes. Familienbeihilfe, Pflegegeld. Probleme für jene, die nicht durch dieses System erreicht werden und für Mitversicherte: das zweite Netz kommt in diesen Fällen zum Tragen, insbesondere die Sozialhilfe (auf individuelle Bedürftigkeit abgestellte Hilfe zur Möglichkeit der Erfüllung grundlegender Bedürfnisse) Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

104 Die österr. Sozialpolitik im internationalen Kontext
Transnationale Träger der Sozialpolitik UNO: ECOSOC (Economic and Social Council): Koordinationsstelle; WHO (Weltgesundheitsorganisation); UNESCO (Organisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur); UNDP (UN Entwicklungsprogramm); UNICEF (Weltkinderhilfswerk) Weltbank: erst in jüngerer Zeit Unterstützung von Bildung und Gesundheit ILO (International Labour Organisation): Etablierung von gültigen Standards für Arbeit und soziale Sicherung OECD (Organisation for Economic Cooperation and Development): sozialpolitische Belange in den Bereichen Beschäftigung, Bildung, Gesundheit und soziale Ausgrenzung Die Sozialpolitik der EU Seit dem Vertrag von Amsterdam (1997) ist das Sozialprotokoll auch Teil des Gemeinschaftsvertrages. Aktive Sozialpolitik in wirtschaftsnahen Bereichen, z.B. Arbeitsschutzmassnahmen, Gleichbehandlungsregelungen, Institutionalisierung des sozialen Dialogs. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

105 Sozialausgaben im Überblick
Reaktive Sozialpolitik: Sicherstellung der Arbeitskräftemobilität (inkl. Sicherstellung sozialer Ansprüche im Falle der Mobilität), Massnahmen zur Sicherstellung des freien Dienstleistungsverkehrs (z.B. soziale Dienste). Druck auf nationale Sozialsysteme durch den durch die EU forcierte Wettbewerb (Steuerquote, Sozialabgabenbelastung). Sozialausgaben im Überblick Grenzen der Aussagekraft von Sozialquoten (Abgrenzung; Verteilung; Entwicklung; internationaler Vergleich) Österreich: ca. 28% - 29% Sozialquote Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

106 Entwicklung der Sozialausgaben in Österreich
Q: Sozialbericht Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

107 Sozialausgaben in Österreich nach Sozialpolitikbereichen
Q: Sozialbericht Anm.: Die Summe der Sozialausgaben in der funktionellen Gliederung ist geringer als die der Gesamtsozialausgaben, weil in dieser Darstellung bestimmte Ausgaben (Verwaltung) nicht enthalten sind. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

108 Sozialquoten im Vergleich der EU-Mitgliedstaaten 2001
Q: Sozialbericht Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

109 Sozialpolitische Bereiche 1: Gesundheit
Begriffe „Gesundheit ist das vollständige soziale, körperliche und seelische Wohlbefinden“ (WHO); zu subjektiv für politische Arbeit „Krankheit ist ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand, der die Krankenbehandlung notwendig macht“ (§120 ASVG, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz) Bereiche des Gesundheitswesens: (a) Prävention, (b) Kuration und (c) Rehabilitation Relative Bedeutung des Gesundheitsbereiches Individuell (Meinungsumfragen) und gesellschaftlich (Ausgaben für Gesundheit in reichen Ländern zwischen 7% und 13% des BIP) wird der Gesundheit ein hohes Mass an Bedeutung zuerkannt. Bei der Erhaltung und Wiederherstellung von Gesundheit geht es aber nicht nur um das unmittelbare Wohlbefinden, sondern auch um die Verhinderung von Einschränkungen oder Benachteiligungen. Schwere und chronische Krankheiten verhindern die Möglichkeit, selbst für den Lebensunterhalt zu sorgen, auch soziale Benachteiligungen und Belastungen können eintreten. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

110 Gesundheitsausgaben Q: Badelt/Österle II, 36
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111 Gesundheitspolitik in Österreich
Die gesundheitspolitischen Aktivitäten erfolgen im wesentlichen über die Krankenversicherung und die von den Versicherungen finanzierten und dem Gesundheitssystem (Ärzte, Krankenhäuser, etc.) erbrachten Leistungen. Die Leistungen der sozialen Krankenversicherung sind grundsätzlich unabhängig von den geleisteten Beiträgen. Allerdings gibt es eine Reihe verschiedener Selbstbehalte, also Kostenbeteiligungen der Patienten. So gibt es derzeit (2001) z.B. eine Kostenbeteiligung für ärztliche Hilfe in der Höhe von 20% in der Krankenversicherung der Beamtinnen, der selbständig Erwerbstätigen und der Bediensteten der Eisenbahnen. Ein weiterer wichtiger Selbstbehalt ist die Rezeptgebühr. Diese beträgt im Jahre € 4,07. Seit Frühjahr 2001 ist für ambulante Behandlung in einer Krankenanstalt ein Selbstbehalt von € 18,17 zu bezahlen („Ambulanzgebühr“). Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

112 Arbeitssuchende/(selbst. u.unselbst. Erwerbstätige + Arbeitssuchende)
Sozialpolitische Bereiche 2: Arbeitslosigkeit Begriffe Welche Personen in der Statistik als „arbeitslos“ aufscheinen, hängt neben den Abgrenzungs- u. Definitionsproblemen auch von der Erhebungspraxis im jeweiligen Land ab. In Österreich erfolgt die Erfassung der Arbeitslosen durch die Registrierung beim Arbeitsmarktservice (AMS): „vorgemerkte Arbeitslose“. Die traditionelle Berechnung der Arbeitslosenquote: Arbeitslosenquote (AMS) = vorgemerkte Arbeitslose/(unselbst. Erwerbstätige + vorgemerkte Arbeitslose) Die nach internationalen Standards berechnete Arbeitslosenquote: Arbeitslosenquote (EUROSTAT) = Arbeitssuchende/(selbst. u.unselbst. Erwerbstätige + Arbeitssuchende) (Arbeitssuchende werden dabei durch Befragung erfasst.) Unterschied in Österreich z.B. für 2004: nach AMS 7,1%, nach EUROSTAT 4,5% Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

113 Kategorien arbeitsmarktpolitischer Instrumente
In der Praxis der Arbeitsmarktpolitik wurde eine Vielzahl von Instrumenten entwickelt, die sich nicht immer in das Schema von Geld- und Sachleistungen der Sozialpolitik einordnen lassen. Ein Teil der Instrumente wird ausserdem nicht nur zur Linderung existierender Arbeitslosigkeit, sondern auch zur Vorbeugung neu entstehender Arbeitslosigkeit verstanden. Drei Formen: passive Arbeitsmarktpolitik: Kompensation der Einkommensverluste im Falle der Arbeitslosigkeit aktive Arbeitsmarktpolitik: Verbesserung der Qualifikation und Schaffung von Beschäftigungschancen regulative Steuerung: Beschränkung oder Ausdehnung des Arbeitsangebotes Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

114 Regulative Steuerung Passive Arbeitsmarktpolitik Aktive
Gebote und Verbote z.B. Vorschriften zur Beschäftigung v. Ausländerinnen; Kündigungsschutz Unterstützung bei Suchprozessen von Arbeitssuchenden und Unternehmen Aus- und Weiterbildungs- maßnahmen z.B. EDV-Kurse, Ausbildung im Rahmen von Arbeitsstiftungen Verfahren u. Verhandlungs- systeme z.B. Kollektivverträge; sozialpartnerschaftl. Regelungen Beschäftigungs- maßnahmen z.B. Eingliederungsbeihilfe Einkommensersatz- leistungen z.B. Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Karenzgeld Maßnahmen der Information und Beratung z.B. Gründungsberatung Q: Badelt/Österle 2001; 201 Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

115 Ausgewählte Instrumente
Arbeitslosengeld Bedeutendste Maßnahme der passiven Arbeitsmarktpolitik: befristete und partielle Entgeltersatzleistung. Je nach Dauer der vorangegangenen Beschäftigung: 20 oder 30 Wochen, für ältere 39 Wochen (über 40) bzw. 52 Wochen (über 50), maximal 78 Wochen für Versicherte, die kurz vor dem Pensionsantritt arbeitslos werden. Grundsätzlich: 55% des Nettoerwerbseinkommens im Bemessungsjahr. Arbeitslosengeld besteht aus Grundbetrag und allfälligen Familienzuschlägen. Der Grundbetrag beträgt im Jahre 2000 je nach Lohnklasse zwischen € 4,25 pro Tag bzw. € 129,28 pro Monat und € 35,50 pro Tag und € 1.079,85 pro Monat. De Familienzuschlag beträgt (im Jahre 2000) € 1,61 pro Tag und anspruchsberechtigtem Angehörigen, das sind € 48,84 pro Monat. Notstandshilfe Nach Ende des Anspruchs auf Arbeitslosengeld kann die Notstandshilfe beantragt werden. Die Notstandshilfe kann maximal 95% des Arbeitslosengeldes und somit maximal 52,25% des vorherigen Nettoerwerbseinkommens erreichen. (Bedürftigkeit/Notlage als Kriterium, keine reine Versicherungsleistung mehr!) Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

116 Regulierung des Arbeitsangebotes
In Österreich insbesondere durch die Gestaltung des Überganges vom Erwerbs- in das Pensionsleben sowie durch Erleichterung bzw. Erschwerung der Beschäftigung von ausländischen Arbeitnehmerinnen. Zur Diskussion um das Grundeinkommen bzw. die Grundsicherung: KONTRASTE, Nummer 5, Mai/Juni 2002 Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

117 Sozialpolitische Bereiche 3: Altersvorsorge
Begriffe umlagefinanzierte versus kapitaldeckungsfinanzierte Altersvorsorge Grundlegender Zusammenhang beim Umlageverfahren: swL = pN s Beitragssatz w durchschnittlicher Reallohn L Zahl der Arbeitenden p durchschnittliche Realpension N Zahl der Pensionisten Q: Barr 2001; Matzner 2002 Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

118 L um 1% pro Jahr steigt oder alternativ w um 1% pro Jahr steigt,
Es gilt daher: Wenn also z.B. die Zahl der Pensionisten langfristig um 1% pro Jahr ansteigt, so genügt zur Erhaltung der realen Pensionen (= Lebensstandard), d.h. unverändertem p, dass entweder L um 1% pro Jahr steigt oder alternativ w um 1% pro Jahr steigt, wenn der Beitragssatz s nicht erhöht werden soll. Literaturhinweis: Kontraste, Nr. 7, 2003 (Schwerpunkt „Pensionen“) Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

119 Wirtschaftspolitik, am Beispiel Österreichs
6.3. Verteilungspolitik In der Marktwirtschaft - zunächst gedacht ohne Staat und Staatseingriffe - vollzieht sich die Verteilung von Einkommen zusammen mit dem Produktions- und Güterumsatzprozess. Die so zustandegekommene Verteilung heißt Primärverteilung. Die Einkommen werden dabei nach der Leistung verteilt, wie sie die Marktteilnehmer bewerten. Die Marktteilnehmer bewerten z.B. besonders hoch Leistungen, die aufgrund einer langen (z.B. akademischen) Ausbildung erst erbracht werden können, oder die aufgrund besonderer Talente (plus Ausbildung; Sängerin, Sportler) erbracht werden. Die Marktbewertung muss jedoch nicht notwendig die tatsächliche Leistung widerspiegeln: Abweichungen von der Marktform der vollkommenen Konkurrenz können aber zu einer Verzerrung zwischen Leistung und Einkommen führen. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

120 Das in der wirtschaftlichen Realität weit verbreitete und wichtige Phänomen der asymmetrischen Information (Stiglitz) etwa führt regelmäßig zu gravierenden Differenzen zwischen der Leistung von Managern und ihren Einkommen. So wurde in den letzten Jahren eine Reihe von Fällen bekannt, in denen Spitzenmanager wesentliche Gehaltserhöhungen lukrierten, während die von ihnen geführte Unternehmung in den Abgrund schlitterte oder zumindest gravierende Probleme bekam. Die Manager hatten (haben) einen systematischen Informationsvorsprung gegenüber den Eigentümern (Aktionären) des Unternehmens, die der Gestaltung ihrer Entlohnung zustimmen müssen (vgl. dazu auch das ENRON-Beispiel; Kapitel 10). Eine andere Abweichung von der (theoretischen) Idealform des Marktes ist z.B. das Monopol, in dem sich Manager und Arbeitnehmer weitgehend unabhängig von der Marktbewertung ihre Faktorleistungen entgelten lassen können (Beispiel: ÖNB). Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

121 Daher ist auch schon Wettbewerbspolitik (Einflussnahme auf den rechtlichen Rahmen zur Intensivierung des Wettbewerbes) oder allgemeiner, die Beseitigung von Marktunvollkommenheiten, ein Ansatz der Verteilungspolitik bei der Primärverteilung. Also: die wichtigste indirekte (weil ordnungspolitische) Beeinflussung der primären Einkommensverteilung geschieht über die Wettbewerbspolitik (z.B. Abbau überhöhter Gewinne). Die sekundäre Einkommensverteilung ergibt sich aus der primären Einkommensverteilung durch die staatliche Einnahmen- und Ausgabentätigkeit. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

122 Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

123 Verteilungspolitik kann also bei der Primärverteilung oder bei der Sekundärverteilung ansetzen.
Darüberhinaus ist festzuhalten, dass grundsätzlich jede wirtschafts-politische Massnahme Verteilungswirkungen hat, seien diese beabsichtigt oder nicht (wirtschaftspolitische Massnahmen stellen i.A. bestimmte Gruppen der Bevölkerung besser und andere schlechter, daher: Verteilungseffekt). Unterschieden wird häufig auch zwischen der sogenannten funktionellen (funktionalen) und der personellen (personalen) Einkommensverteilung. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

124 Funktionelle (funktionale) Einkommensverteilung
Wie der Name schon sagt, betrachtet die funktionelle Einkommensverteilung, wie sich das Volkseinkommen gemäß der Funktion, die ein Produktionsfaktor im volkswirtschaftlichen Produktionsprozess wahrnimmt, auf diese Faktoren aufteilt. Dazu werden zwei große Aggregate gebildet: die Einkommen aus unselbständiger Arbeit einerseits und die aus Unternehmertätigkeit und Vermögen andererseits. Den Anteil der Einkommen aus unselbständiger Arbeit am Volkseinkommen misst man dann mit Hilfe der Lohnquote. Den Anteil aus Unternehmertätigkeit und Vermögen drückt die Gewinnquote aus. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

125 Man beachte hierbei, dass sich Lohnquote und Gewinnquote allein schon dadurch verändern können, dass sich die Struktur der Erwerbspersonen in einer Volkswirtschaft verändert. So kann sich die Lohnquote einfach schon dadurch erhöhen, dass die Zahl der Arbeitnehmer zu- und die der Selbständigen abnimmt. An der materiellen Position der einzelnen Einkommensempfänger muss sich dabei nichts geändert haben. Teile des Volkseinkommens, die bisher als Gewinn ausgeschüttet wurden, werden nun als Lohneinkommen gezahlt. Um solche Einflüsse auszuschalten, berechnet man eine "bereinigte" Lohn- und Gewinnquote, bei der die Erwerbstätigenstruktur eines Basisjahres konstant gehalten wird. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

126 Q: Guger, Marterbauer 2004 Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

127 Personelle Einkommensverteilung
Von der funktionellen Einkommensverteilung kann im allgemeinen nicht auf die Verteilung der Einkommen auf einzelne Personen oder Personengruppen, also auf die personale (auch: personelle) Verteilung geschlossen werden. Zum einen gibt es durchaus Personen, die neben ihrem Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit auch Einkünfte aus Unternehmertätigkeit und Vermögen (Mieten, Dividenden, Sparzinsen) beziehen. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass in der Lohnquote auch überaus hohe Einkommen, etwa von angestellten Spitzenmanagern, enthalten sind. Genauso können Einkommen von Selbständigen nur äußerst gering ausfallen. Zur Darstellung der personellen Verteilung des Volkseinkommens verwendet die Volkswirtschaftslehre gerne das statistische Instrument der Lorenzkurve. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

128 Lorenzkurve und Gini-Koeffizient
Betrachtet man die relativen Anteile von Merkmalsträger, z.B. von Einkommensbezieher, in Bezug auf ein bestimmtes Merkmal, z.B. Einkommen, so besteht eine vollständige Gleichverteilung (egalitäre Verteilung) dann, wenn (z.B. bei der Einkommensverteilung) 10% der Einkommensbezieher genau 10% des Gesamteinkommens beziehen, 20% der Einkommensbezieher genau 20% des Einkommens, usw. 50% der Einkommensbezieher genau 50% des Einkommens usw. Dieser Sachverhalt kann in einem quadratischen Diagramm als Hauptdiagonale dargestellt werden, bei dem auf der Abszissenachse die Anteile der Merkmalsträger und auf der Ordinatenachse die Anteile der Merkmalsausprägung aufgetragen werden. Vollständige Konzentration ist dagegen durch einen Streckenzug entlang der Abszissenachse und dann entlang der rechten Seite des Quadrates repräsentiert. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

129 Gini-Koeffizient als Verhältnis der Flächen A und B
Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

130 Lorenzkurven für das persönliche Einkommen in Österreich 1994
(Gesamteinkommen vs. Nettoeinkommen) Quelle: Mitteilung des ÖSTAT (1994), eigene Berechnungen Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

131 Lorenzkurve der Einkommens- und (Netto-) Vermögensverteilung
in Deutschland Q: Kontraste, Dezember 2001 Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

132 Empirisches Beispiel:
Der GINI-Koeffizient ist ein Konzentrationsmass zwischen 0 und 1 und ist definiert durch den Quotienten der Flächen A und B (siehe oben): GINI = A/B (0 bedeutet vollkommene Gleichverteilung, 1 bedeutet vollkommene Ungleichverteilung bzw. Konzentration) Empirisches Beispiel: Gini-Koeffizient für öst. Einkommensverteilungen 1994 des Gesamteinkommens (Bruttoeinkommen minus SV-Beiträge plus Transfereinkomen): 0,438 des verfügbaren Nettoeinkommens: 0,391 Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

133 Q: Guger, Marterbauer 2004 Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

134 Weitere statistische Darstellungen der personellen Einkommensverteilung:
Quintile Q: Guger, Marterbauer 2004 Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

135 Begriffe: Primärverteilung - Sekundärverteilung
ohne/mit öffentliche(n) Ausgaben und Einnahmen Personelle Verteilung Funktionelle Verteilung Vertikale und horizontale (Um-) Verteilung progressive Wirkung - regressive Wirkung Überproportionale Belastung der höheren/niedrigeren Einkommen Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

136 Beispiel 1: Umverteilung durch Budgetpolitik 2000
Im Folgenden soll anhand empirischer Beispiele dargestellt werden, welche Umverteilungswirkungen die Einnahmen-/Ausgabenaktivitäten der öffentlichen Hand in Österreich haben. Beispiel 1: Umverteilung durch Budgetpolitik 2000 Q: Kramer 2001 In einer Studie des WIFO wurden die verteilungspolitischen Wirkungen der Budgetpolitik der Koalitionsregierung Schüssel/Riess-Passer aus der Situation des Jahres 2000 heraus untersucht. Die folgenden Ausführungen sind eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse dieser Studie. Seit dem Amtsantritt 1999 sah sich die Bundesregierung mit der Notwendigkeit konfrontiert, die Staatsfinanzen ins Gleichgewicht zu bringen. Sie formulierte ihre Vorstellungen über die Realisierung dieses Zieles im Laufe des Jahres 2000 in einer Reihe von Schritten zur Budgetkonsolidierung, die in insgesamt vier Maßnahmenpaketen umgesetzt wurden (I bis IV, siehe Handout Kramer, S. 32). Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

137 Die Beurteilung der Maßnahmen im Einzelnen
(Auswahl der Maßnahmen, siehe Übersichtstabelle bzw. Handout) Erhöhung der indirekten Steuern und Abgaben „Pensionsreform 2000“ Maßnahmen im Bereich der Einkommensteuer und Unternehmensbesteuerung Maßnahmen im öffentlichen Dienst Maßnahmen zur Erhöhung der sozialen Treffsicherheit Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

138 Zusammenfassung Die von der Regierung 1999 beschlossenen familien- und steuerpolitischen Maßnahmen, die im wesentlichen Anfang 2000 in Kraft traten, hätten die Einkommensverteilung deutlich zugunsten der niedrigen und mittleren Einkommen verschoben, aber das Konsolidierungsziel in Frage gestellt. Die massive Kursänderung in Richtung Budgetkonsolidierung verschob die Einkommensverteilung neuerlich. Das Gesamtbild dieser Kursänderung (soweit ein solches aus der Sicht Ende des Jahres 2000 zu zeichnen möglich ist) zeigt, dass die Begünstigung der breiten Mehrheit der Bevölkerung, die Anfang 2000 eingetreten ist und im Prinzip auf Dauer angelegt war, schon nach kurzer Zeit zulasten eben dieser großen Teile der Bevölkerung wieder teilweise zurückgenommen werden musste. Die Konsolidierungsmaßnahmen trafen und treffen ab Anfang 2001 besonders die Bezieher niedriger (nicht unbedingt der niedrigsten) und mittleren Einkommen. Eine gewisse soziale Ausgewogenheit ist dadurch gegeben, dass einerseits einzelne Härten entschärft wurden und andererseits auch durch die Einbeziehung höherer und höchster Einkommen in die Maßnahmen. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

139 Beispiel 2: Umverteilung durch öffentliche Haushalte
In einer Studie (Guger 1996) Anfang der Neunzigerjahre (1991) wurde untersucht: (1) in welchem Ausmaß verteilt der Staat durch seine Aktivitäten um; (2) wie haben sich Art und Ausmaß der Umverteilung gegenüber dem Beginn der Achtzigerjahre verändert? Definition von Umverteilung in dieser Studie: Fluss von unmittelbaren Leistungsströmen zwischen privaten und öffentlichen Haushalten Unterscheide: progressive Wirkung (z.B. Einkommensteuer) und regressive Wirkung (z.B. Mehrwertsteuer) Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

140 Hauptergebnisse der Studie: Staatseinnahmen:
Die Lohnsteuer (Einkommensteuer allgemein) hat eindeutig progressive Umverteilungswirkung (d.h. durchschnittliche Steuerleistung in Prozent des Einkommens steigt mit zunehmendem Einkommen) Die Sozialversicherungsbeiträge wirken durch die Höchstbeitragsgrundlage regressiv, belasten also die Spitzenverdiener weniger als solche mit durchschnittlichem oder niedrigem Einkommen. Vermögensteuer hatte aufgrund der starken Konzentration des Vermögens einen hohen Progressionsgrad, die Vermögensteuer wurde aber 1994 abgeschafft. Das indirekte Steueraufkommen wirkt regressiv auf die Einkommensverteilung: für alle nichtselbständigen Haushalte liegt die indirekte Steuerbelastung im Durchschnitt bei 12,6%; im untersten Drittel bei 15,8%, im mittleren bei 13,6% und im oberen 11,4% der Bruttoeinkommen. (Sozialbericht 2005: das unterste Einkommensdrittel wird durch Massensteuer doppelt so hoch belastet wie das oberste) Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

141 Staatsausgaben: Familienförderung (FLAF (Familienbeihilfe, Geburtenbeihilfe, Schulfahrtbeihilfe, Schülerfreifahrten, Schulbücher, Beitrag zum Karenzurlaubsgeld, Mutter-Kind-Pass etc), steuerliche Förderung etc.): inkl. Indirekter Förderungen 10% des Volkseinkommens; horizontale Umverteilung (unabh. vom Einkommen) von den kinderlosen zu den kinderbetreuenden Haushalten wirkt insgesamt progressiv: das gewichtete Pro-Kopf-Einkommen stieg 1991 durch die Familienförderung im 1. Dezil um S (von auf ), im 10. Dezil um S (von auf ). Arbeitslosenversicherung Beurteilung der Umverteilungswirkungen durch die Rückflussrate nach Einkommensklassen. Rückflussrate = Auszahlungen (Arbeitslosengeld, Notstandshilfe)/Einzahlungen in Form von Versicherungsbeiträgen Begünstigt werden Personen mit bis zu S Einkommen, sie erhalten überdurchschnittlich (= 56%) hohe Rückflüsse. D.h. vertikale Umverteilung, aber auch horizontale Umverteilung von Frauen zu Männern und von Ausländern zu Inländern von jeweils 20%. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

142 Rückflussrate, Arbeitslosenrate, Betroffenheit 1994 auf Personenebene
Lohnklasse Rückflussrate Arbeitslosenrate Betroffenheit (inkl. Sonderzahlg.) (Bezug/Beiträge) in % in % in % Bis ,7 4,2 10,5 ,7 6,6 17,3 ,1 13,0 35,1 ,5 11,3 34,4 ,8 8,7 29,9 ,6 4,7 16,7 ,9 5,1 15,9 Über ,2 2,1 6,5 Gesamt 55,9 6,7 20,5 Q: Guger 1996, Übersicht Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

143 Rückflussrate, Arbeitslosenrate, Betroffenheit 1994 auf Haushaltsebene
Lohnklasse Rückflussrate Arbeitslosenrate Betroffenheit (inkl. Sonderzahlg.) (Bezug/Beträge) in % in % in % Bis ,8 6,2 16,2 ,6 12,6 31,2 ,3 14,7 41,4 ,5 13,6 42,1 ,7 6,7 22,8 ,8 7,0 23,3 Über ,8 4,1 14,4 Gesamt 47,9 8,0 23,8 Q: Guger 1996, Übersicht Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

144 Weitere Ausgabenbereiche, die in der Studie untersucht wurden: Gesundheitsausgaben, Bildungsausgaben, Wohnbauförderung RESUMEE: Unter Berücksichtigung sowohl der Einnahmen- als auch der Ausgabenseite des Staates ergibt sich folgender Befund: Die Aktivitäten des Staates korrigieren die primäre Einkommens-verteilung in beträchtlichem Umfang. Nach Berücksichtigung sowohl der staatlichen Einnahmen als auch der öffentlichen Leistungen sind die Einkommen deutlich gleichmäßiger verteilt als vorher. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

145 Allerdings gehen vom österreichischen Steuersystem, also von der Einnahmenseite des Staates, kaum umverteilende Wirkungen aus. (Dieser Befund wird durch aktuelle Untersuchungen, z.B. Gall 2005, bestätigt). Die vertikale Umverteilung durch den Staat kommt in Österreich also nicht vom Steuer- und Abgabensystem, sondern ganz überwiegend von der Ausgabenseite her. Die oberen Einkommen profitieren zwar von den Transferleistungen des Staates pro Kopf im allgemeinen ebenso viel wie die unteren Einkommenschichten. Gemessen an ihren Abgabenleistungen erhalten sie jedoch weniger als sie zahlen. Die ärmeren Haushalte beanspruchen umgekehrt deutlich mehr Transfers und staatliche Dienstleistungen als ihrer Abgabenleistung entspricht. Das macht den Umverteilungseffekt aus. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

146 Beispiel für einen verteilungspolitischen Akteur ausserhalb der staatlichen Wirtschaftspolitik in Österreich: Die Armutskonferenz Forderungen und Maßnahmenvorschläge der Armutskonferenz Armutskonferenz ist eine NGO auf dem Gebiet der Armutspolitik und Verteilungsgerechtigkeit, die 1996 gegründet wurde. Es handelt sich um einen Zusammenschluss von bundesweit tätigen Organisationen. Dazu zählen Wohlfahrtsverbände, Dachverbände von Sozialinitiativen, gewerkschaftliche und kirchliche Organisationen, Einrichtungen der Sozialforschung sowie Zusammenschlüsse von Armutsgefährdeten wie Alleinerziehende und Arbeitslose. (Näheres siehe DIE ARMUTSKONFERENZ ist österreichisches Mitglied im Europäischen Netzwerk gegen Armut (EAPN). Die Armutskonferenz ist zwar eine NGO, ihre Tätigkeit kann aber nicht losgelöst von jener der Regierung gesehen werden. So hat die Armutskonferenz z.B. im Februar 2001 Vorstellungen zu einem Aktionsprogramm gegen Armut und soziale Ausgrenzung präsentiert, zu dem sich die Regierungen der EU-Länder in Nizza (Dezember 2000) gemeinsam verpflichtet haben. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

147 Gemäß Sozialbericht 2003-2004 ist die Armutsgefährdung in Österreich (2003) wie folgt:
Rund 13% der Bevölkerung sind nach der EU-Definition (Einkommen unterhalb von 60% des Medians des verfügbaren Nettoeinkommens) armutsgefährdet. Gruppen mit erhöhtem Armutsrisiko sind Langzeitarbeitslose, Migrantinnen, Personen in Haushalten mit mind. 3 Kindern, Personen in Haushalten von Alleinerziehenden, Personen in Haushalten mit Behinderten. * Wenn man als Einpersonenhaushalt weniger als 785 € monatlich (12 mal) zur Verfügung hat, ist Armutsgefährdung gegeben Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

148 Die Forderungen der Armutskonferenz beziehen sich u.a. auf
Massnahmen zur Armutsvermeidung (z.B. Rücknahme der Kürzungen bei der Notstandshilfe und im Arbeitslosengeld; Qualifizierungsmassnahmen, Verbesserung des Zuganges zu Lern- und Bildungsangeboten, etc.) Massnahmen zur Armutsbekämpfung (z.B. Ausbau der Betreuung von Flüchtlingen (medizin. Versorgung, Wohnraum); Stärkung und Erhaltung guter öffentlicher Infrastrukturen, um die sozialen Folgen materieller Unterversorgung und Vererbung von Armut zu verhindern (Schulsystem, Kinderbetreuung)) Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

149 Zusammenhang zwischen Verteilung und Wirtschaftswachstum These:
Eine Umverteilung von „oben“ nach „unten“ führt zu mehr Nachfrage und Konsum. Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007

150 Sparquoten in Deutschland 2003 (Nettoeinkommen in € pro Monat)
Vorlesung Wirtschaftspolitik © Blaas 2007 Q: isw wirtschaftsinfo Nr. 36


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