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Einführung in die Psychoanalyse (PSA) nach Sigmund Freud

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Präsentation zum Thema: "Einführung in die Psychoanalyse (PSA) nach Sigmund Freud"—  Präsentation transkript:

1 Einführung in die Psychoanalyse (PSA) nach Sigmund Freud
Carsten Püttmann 04/2007 Einführung in die Psychoanalyse (PSA) nach Sigmund Freud Begriffsbestimmung Grundannahmen der Psychoanalyse Das topographische Modell Instanzenmodell Dynamik der Persönlichkeit Angst und Abwehr Abwehrmechanismen Die psychoanalytische Trieblehre Entstehung psychischer Störungen Freud und die Gehirnforschung Einführung in die Psychoanalyse nach Sigmund Freud Carsten Püttmann © 12/2006

2 Unter PSA verstehen wir sowohl eine Therapie als auch eine Theorie
Als Theorie umschreibt und erklärt sie sowohl Entwicklungs- als auch Persönlichkeitsprozesse. Als Behandlungstechnik (Therapie) versucht sie, Ursachen neurotischer Störungen mittels der „Freien Assoziation“, der „Traumdeutung“ bzw. der „Hypnose“ zu ergründen. Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 2 1. Begriffsbestimmung

3 Die PSA fußt auf vier Grundannahmen
Bestimmte seelische Vorgänge sind dem Bewusstsein verborgen (= unbewusst), wirken sich jedoch auf unser Erleben und Verhalten aus. Menschliches Verhalten wird durch Triebe erzeugt und gesteuert. Jedes Verhalten ist seelisch bedingt – festgelegt – und lässt sich nur aus der individuellen Lebensgeschichte eines Menschen erschließen. Die seelischen Kräfte und Motive, die das Verhalten einer Person steuern, sind dieser in der Regel nicht bewusst. Zwei grundlegende Hypothesen Prinzip der psychischen Determiniertheit Nicht alle Gründe für unser Handeln sind bewusst. Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 3 2. Grundannahmen der PSA

4 Das topographische Modell unterscheidet bewusste, vorbewusste und unbewusste Anteile der Persönlichkeit, die alle Auswirkungen auf das Verhalten haben können Das Unbewusste (UBW) Das Vorbewusste (VBW) Das Bewusste (BW) Mit unbewusst bezeichnen wir alle seelischen Vorgänge, die nicht bzw. nicht mehr in das Bewusstsein dringen, das Erleben und Verhalten aber maßgeblich beeinflussen. Unbewusst ist alles (Motive, Ängste), was nicht unmittelbar erinnert werden kann. Das UBW kann durch Psychoanalyse bewusst gemacht werden. Das VBW umfasst Erinnerungen und Wissensinhalte, die durch aktive Aufmerksamkeit in das Bewusstsein gebracht werden können. Vorbewusst bedeutet, dass die Inhalte und Vorgänge im Augenblick zwar nicht bewusst sind, aber jederzeit problemlos bewusst gemacht werden können. Vorbewusst ist alles, was aktiv erinnert werden kann. Das BW ist das im Moment bewusst erfasste Erleben, die augenblickliche Wahrnehmung und die aktuellen Gedanken. Bewusst ist alles, was gerade gedacht wird. Bewusstsein umfasst alle Zustände, die von einem Individuum erlebt werden, und tritt in einer Vielzahl unterschiedlicher Zustände auf. Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 4 3. Das topographische Modell

5 Bewusstsein umfasst alle Zustände, die von einem Individuum erlebt werden, und tritt in einer Vielzahl unterschiedlicher Zustände auf Sinneswahrnehmungen von Vorgängen in der Umwelt und im eigenen Körper; mentale Zustände und Tätigkeiten wie Denken, Vorstellen und Erinnern; Emotionen, Affekte, Bedürfniszustände; Erleben der eigenen Identität und Kontinuität; „Meinigkeit" des eigenen Körpers; Autorschaft und Kontrolle der eigenen Handlungen und mentalen Akte; Verortung des Selbst und des Körpers in Raum und Zeit; Realitätscharakter von Erlebtem und Unterscheidung zwischen Realität und Vorstellung. Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 5 3. Das topographische Modell

6 Das Unbewusste kennt (noch) keine Widersprüche, keine Logik, keinen Zeitbegriff
Wie im Traum können Gegensätze und logisch, also nach dem Prinzip der Wirklichkeit (Realitätsprinzip), sich Ausschließendes gleichzeitig nebeneinander bestehen. Das Unbewusste ist noch erhaben über die einengenden und zugleich differenzierenden Dimensionen der Vergangenheit und Zukunft. Anthropomorph gesprochen ist es daher zugleich infantil und zugleich uralt-weise, je nach Blickwinkel. Im Unbewussten sind Triebe und alle Erlebnisse der persönlichen Vergangenheit, die emotional bedeutsam waren, enthalten. Der psychopathologisch bedeutsamste Teil ist der Bereich des Verdrängt-Unbewussten, jene Inhalte, die in irgendeiner Lebensphase ins Bewusstsein vordringen wollen bzw. vordrangen, jedoch abgewehrt und ins Unbewusste verdrängt wurden. Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 6 3. Das topographische Modell

7 Das Instanzenmodell trennt das Triebhafte, das Moralische und das dazwischen vermittelnde Realitätsorientierte Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 7 4. Instanzenmodell

8 Die Psyche differenziert sich in den ersten Lebensjahren
ES (ab 0 Jahre) ICH (ca. 0,5-3 Jahre) ÜBER- ICH (3-6 Jahre) Das ES, ist bereits vom ersten Lebenstag an vorhanden und beinhaltet alle Triebe, Wünsche und Bedürfnisse eines Individuums. Die Triebwünsche des ES richten sich immer auf ein bestimmtes Ziel und auf ein bestimmtes Objekt, das auch eine Person bzw. Personengruppe sein kann. Im ES gelten keine Gesetze des logischen Denkens, es kennt keine Wertungen, kein Gut und Böse, keine Moral. Es hat nur ein Ziel: das blinde Streben nach Befriedigung der Triebe, Wünsche oder Bedürfnisse, die als lustvolle Entspannung erlebt wird. Das ES vertritt das Lustprinzip. Das ES hat nur durch das Ich einen Zugang zu Außenwelt. Das ES ist unbewusst. Das ICH ist die Instanz der bewussten Auseinandersetzung mit der Realität: bewusstes Leben und Wahrnehmen, Denken und Handeln, Planen, Wählen, Fühlen, Wollen, Urteilen und Werten. Es enthält alle zur Anpassung an die Umwelt kognitiven Fähigkeiten und Funktionen, die der Aufnahme, der Verarbeitung und der Speicherung von Informationen dienen. Hierzu gehören zum Beispiel die Intelligenz, die Kreativität, das Gedächtnis, die Sprach‑ und Lernfähigkeit, die Wahrnehmung, das Denken, das Urteilen, das Erkennen, das Vorstellen usw. Das ICH versucht einen „Kompromiss" zwischen den ungehemmten Ansprüchen des ES und den Anforderungen der Außenwelt herbeizuführen. Das ICH arbeitet nach dem Realitätsprinzip. Das ÜBER‑ICH ist diejenige Instanz, welche die Wert‑ und Normvorstellungen umfasst und das Verhalten und Handeln des ICHs im Sinne der geltenden Moral führt. Das ÜBER‑ICH vertritt das Moralitätsprinzip: Es bewertet die Triebwünsche, ob sie zugelassen werden oder nicht. Folglich liegt das ÜBER-ICH, als Repräsentant der Gesellschaft im Individuum, oft im Konflikt mit dem ES, dem Repräsentanten individuellen Überlebens. Das ÜBER-ICH hat nur durch das Ich einen Zugang zu Außenwelt. Das ÜBER-ICH enthält auch das ICH-IDEAL, das Bild einer Person von dem, was sie zu werden anstrebt. Wie das ICH teilweise bewusst. Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 8 4. Instanzenmodell

9 ÜBER-ICH (Moralitätsprinzip)
Das ICH steht im Mittelpunkt des Freudschen Persönlichkeitsmodells und hat eine zentrale Aufgabe: Es muss versuchen, den verschiedenen Ansprüchen und Forderungen des ES, des ÜBER-ICHs und der Realität gerecht werden. ÜBER-ICH (Moralitätsprinzip) bewertet die Wünsche des ES gibt Anweisungen, ob diese zugelassen werden oder nicht ICH (Realitätsprinzip) vermittelt zwischen ÜBER-ICH und ES überprüft die Realität verwirklicht zugelassene Wünsche wehrt nicht zugelassene Wünsche ab Realität Beschaffenheit und Forderung der Außenwelt Sigmund Freud hat das Verhältnis des ICHs zum ES mit dem des Reiters zu seinem Pferd verglichen: Das Pferd (= ES) liefert die Energie, der Reiter (= ICH) bestimmt die Richtung, wohin es gehen soll, und leitet auch die Bewegungen des Pferdes. Gelegentlich kann es jedoch vorkommen, dass der Reiter (= ICH) die Macht über das Pferd (= ES) verliert und dieses selbst bestimmt, wohin es galoppiert. Das ICH ist also nicht immer ‑ wie es wünschenswert wäre ‑ Herr über das ES. ES (Lustprinzip) kündigt bestimmte Wünsche und Bedürfnisse an Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 9 5. Dynamik der Persönlichkeit

10 Arbeitsauftrag Erarbeiten Sie arbeitsteilig den Text „Die frühkindlichen psychosexuellen Entwicklungsstadien“ in Ihrem Arbeitsbuch auf Seite 68ff. I: Zeile 23-70; II: Zeile ; III: Zeile A. Lesen Sie dazu zunächst allein die entsprechende Textgrundlage und halten Sie die wesentlichen Aussagen in eigenen Worten fest. (20 Minuten) B. Tauschen Sie sich über Ihre Ergebnisse aus. (10 Minuten) Erstellen Sie zur besseren Übersicht Ihrer Ergebnisse eine Tabelle, in der Sie die Merkmale der frühkindlichen Entwicklung des Kindes sowie entwicklungshemmende und –fördernde Maßnahmen festhalten. Was ist nach Freud eine gelungene Entwicklung? Welche möglichen Entwicklungsstörungen können in jeder Phase auftreten? Worauf können diese zurückgeführt werden? HA: Informieren Sie sich über (a) die psychoanalytische Trieblehre sowie (b) die Möglichkeiten der ICH-Schwäche. Bereiten Sie eine fünfminütige Präsentation vor. Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 10

11 Ist das ICH imstande, die Anforderungen des ES, des ÜBER-ICH und der Realität unter einen Hut zu bringen, und kann es sich gegenüber den beiden Instanzen und der Realität durchsetzen, so handelt es sich um eine ICH-Stärke Bei einer ICH-Stärke ist also immer ein Gleichgewicht zwischen den einzelnen Persönlichkeitsinstanzen und der Realität vorhanden. Ist das ICH einer der beiden Instanzen oder der Realität unterlegen, so liegt eine ICH‑Schwäche vor. Hier stehen also die einzelnen Persönlichkeitsinstanzen zusammen mit der Realität in einem Ungleichgewicht. Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 11 5. Dynamik der Persönlichkeit

12 Die PSA unterscheidet demnach drei Formen der ICH-Schwäche
Das ES siegt über das ICH Dies ist der Fall, wenn das ÜBER-ICH zu schwach ist und sich deshalb das ES mit seinen Ansprüchen, die das ÜBER-ICH „verbieten“ möchte, gegenüber dem ICH durchsetzen kann. Das ÜBER-ICH siegt über das ICH Ist das ÜBER‑ICH zu stark ausgebildet, so kann sich das ICH gegenüber dem ÜBER‑ICH nicht mehr behaupten; die Wünsche und Bedürfnisse des ES, die das ÜBER‑ICH „verbietet", müssen weitgehend unterdrückt werden. Diese Möglichkeiten der ICH-Schwäche können, je nachdem, um welchen Verhaltensbereich es sich handelt, bei einem Menschen gemischt vorkommen. Die Übergänge sind fließend und es gibt auch keine scharfen Abgrenzungen: Niemand hat nur ein schwaches bzw. nur ein starkes ICH; bei jeder dieser Unterscheidungen handelt es sich stets um ein Mehr oder Weniger. Die Realität siegt über das ICH In diesem Fall wird das ICH von den Forderungen der Realität beherrscht, es kann sich ihnen gegenüber nicht mehr durchsetzen. Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 12 5. Dynamik der Persönlichkeit

13 Daraus ergeben sich fünf wesentliche Schlussfolgerungen für die Erziehung
Emotionale Zuwendung und Vermittlung von Reizen (z. B. liebevolle Zuwendung) sind Voraussetzung für die Entstehung eines starken ICH. Erzieherverhaltensweisen, die geeignet sind, ein zu starkes ÜBER‑ICH aufzubauen, wie dies beispielsweise beim autoritären und beim über­behütenden Erziehungsstil der Fall ist, sind zu vermeiden. Je mehr Gebote und Verbote, je mehr Lenkung in einer Erziehung vorhanden sind, desto stärker wird sich das ÜBER‑ICH ausbilden. Ein Laissez‑faire, ein indifferentes oder vernachlässigendes Erzieherverhalten führt zur Ausbildung eines zu schwachen ÜBER‑ICH, so dass die Ansprüche des ES maßlos werden können. Je weniger Führung in einer Erziehung vorhanden ist, desto schwächer wird sich das ÜBER‑ICH ausbilden. Ein starkes ICH ist zu erwarten, ‑ wenn die Wünsche des ES angemessen befriedigt werden, ‑ wenn das Kind Freiräume für eigene Aktivitäten erhält und Impulse eigenen kindlichen Wollens und Handelns beachtet und unterstützt werden. Andererseits bilden sich das ICH erst durch das Aufzeigen von Grenzen die bewusste Auseinandersetzung mit der Realität sowie die Urteilsfähigkeit des Kindes zwischen Anpassung und Durchsetzungsbereitschaft aus. Die Förderung des ICH erfolgt auch durch die Förderung der kognitiven Fähigkeiten wie Sprache, Intelligenz und Denken, Gedächtnis, motorische Möglichkeiten sowie Mut und Willenskraft. Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 13 5. Dynamik der Persönlichkeit

14 Stehen die einzelnen Persönlichkeitsinstanzen zueinander im Ungleichgewicht, dann treten Ängste auf
Grundformen der Angst Angst vor der Realität Das ICH fürchtet sich vor den Konsequenzen der Realität, die auf die Befriedigung von Wünschen folgen bzw. folgen würden (z. B. Angst vor Bestrafung, Verurteilung) Angst vor den Forderungen des ÜBER-ICH Das ICH fürchtet sich vor den Forderungen des ÜBER-ICH, was mit Schuldgefühlen und Gewissensbissen, Selbstvorwürfen verbunden ist. Angst vor den Ansprüchen des ES Das ICH fürchtet, von den Ansprüchen des ES überwältigt oder vernichtet zu werden. Peter, seit neun Jahren verheiratet und Inhaber einer Firma in Lippstadt, lernt auf einer Party eine junge Dame kennen, die ihm sehr gefällt und in die er sich etwas verliebt hat. Er glaubt, dass er sein Ansehen einbüßen würde, wenn er sich auf eine Affäre einlassen würde. Peter hat verinnerlicht, dass man in der Ehe treu ist und mit keiner anderen Frau Kontakt hat. Anderenfalls würde ihn ein schlechtes Gewissen und Schulgefühle plagen. Peter kann vor sich selbst erschrecken, wenn er merkt, dass der Wunsch nach dem Kontakt zu der jungen Dame so groß ist, dass ihm die Schulgefühle egal sind oder er erst gar keine verspürt. Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 14 6. Angst und Abwehr

15 Jede dieser Ängste hat die Funktion, das Individuum vor einer Bedrohung zu schützen.
Es ist die Aufgabe des ICHs, mit diesen Bedrohungen fertig zu werden und den Druck, der als Angst erlebt wird, abzubauen. Das ICH kann nun die Aufgabe so erledigen, dass es eine realistische Lösung in Betracht zieht, es kann aber auch, um Ängste zu vermeiden oder zu verringern, Schutzmaßnahmen einsetzen, die die bedrohlichen und angstauslösenden Erlebnisinhalte abwehren, unbewusst machen und somit drohende Konflikte vermeiden helfen. Solche Schutzmaßnahmen bezeichnet man in der Theorie der PSA als Abwehrmechanismen. Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 15 6. Angst und Abwehr

16 Der Einsatz von Abwehrmechanismen erfolgt meist unbewusst
ES ÜBER-ICH ICH Realität Konflikt Abwehr von nicht zugelassenen Erlebnisinhalten aus Angst vor … der Realität den Forderungen des ÜBER-ICH den Ansprüchen des ES Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 16 6. Angst und Abwehr

17 Die ICH-Verteidigung bzw
Die ICH-Verteidigung bzw. Angstabwehr kann auf sehr unterschiedliche Art und Weise erreicht werden. Wir unterscheiden … Bezeichnung Erläuterung Beispiel (Hobmair: Pädagogik. 2002) Verdrängung Triebwünsche, Gefühle, Bedürfnisse, Ereignisse oder Erinnerungen, die der Mensch nicht wahrhaben will oder kann und die Angst auslösen, werden in das Unbewusste abgeschoben. Unbewusstmachung bedeutet aber nicht Auslöschung, die verdrängten Inhalte bleiben im Unbewussten weiter bestehen und beeinflussen bzw. bestimmen das Erleben und Verhalten in einem nicht unerheblichen Maße. Herr Treuberg, der Angst vor dem Wunsch hat, mit der jungen Frau näheren Kontakt aufzunehmen, wird möglicherweise versuchen, diese Verlangen abzuwehren, unbewusst zu machen, den Wunsch zu verdrängen. Projektion Eigenschaften, die die eigene Person betreffen, die man aber an sich selbst nicht wahrhaben kann bzw. will, werden anderen Personen oder Gegenständen zugeschrieben und dort bekämpft. Ein Schüler, der in der Schule schlecht ist, kann dazu neigen, den Lehrer für schlecht zu halten. Reaktionsbildung Um Verdrängungen zu sichern, wird im Bewusstsein das Gegenteil des zu Verdrängten fixiert, die Abwehr der Angst geschieht also durch die Verkehrung ins Gegenteil. Unerwiderte Liebe und Zuneigung eines Menschen kann so in Hass umschlagen. Verschiebung Wünsche und Bedürfnisse, die sich nicht am Original befriedigen können, werden an einem Ersatzobjekt realisiert. Ein Angestellter, der auf seinen Chef wütend ist, tobt aus nichtigem Anlass zu Hause. Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 17 7. Abwehrmechanismen

18 Auswahl weiterer Abwehrmechanismen I
Bezeichnung Erläuterung Beispiel Rationalisierung Verpönte Wünsche und Bedürfnisse sowie unangepasste Verhaltensweisen werden verstandesmäßig mit vernünftigen Gründen gerechtfertigt, um die wahren Gründe, die man nicht wahrhaben kann oder will, zu vertuschen. Fehler in der Erziehung werden mit der Anlage des Kindes begründet, die zudem vom Ehepartner herrührt. Identifikation Die Abwehr der Angst gelingt durch die Identifizierung mit einer anderen Person, zum Beispiel mit einer starken Persönlichkeit, einem aggressiven Menschen oder einem Sänger, Schauspieler. Ein Kind, das vor der Dunkelheit Angst hat, kann sich einbilden, dass es Supermann wäre, der sich vor nichts fürchtet. Sublimierung Nicht zugelassne Wünsche und Bedürfnisse werden umgesetzt in Leistungen, die sozial erwünscht sind oder sogar hoch bewertet werden. Aggressive Triebwünsche können zur Berufswahl Chirurg führen. Fixierung und Regression Auch bei dem Stehenbleiben (Fixierung) auf bestimmten frühkindlichen Entwicklungsphasen und dem Zurückfallen (Regression) auf eine bereits überwundene Phase der Entwicklung, kann es zu Abwehrmechanismen kommen. Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 18 7. Abwehrmechanismen

19 Auswahl weiterer Abwehrmechanismen II
Bezeichnung Erläuterung Beispiel Verleugnung Ein unangenehmes oder unerwünschtes Erlebnis der äußeren Wirklichkeit wird mit Hilfe von wunscherfüllter Phantasie verleugnet und überspielt. Die Fakten der Realität werden abgelehnt und durch Phantasie und ein Verhalten ersetzt, die die Wünsche befriedigen. Kompensation Verhüllen einer Schwäche durch Übertonung eines erwünschten Charakterzuges Introjektion Einverleibung äußere Werte und Standardbegriffe in die Ich-Struktur, so dass das Individuum sie nicht mehr als Drohung von außen erleben muss. Jeder Mensch setzt in seinem Leben mehr oder weniger Abwehrmechanismen ein, um mit seinen Problemen fertig zu werden. Bei übermäßigem Einsatz jedoch können seelische Störungen auftreten, weil entweder die Ansprüchen des ES oder der Realität zu sehr geleugnet werden müssen. Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 19 7. Abwehrmechanismen

20 Die Psychoanalyse geht von der Annahme aus, dass alles Verhalten durch Triebe erzeugt wird
Dabei unterscheiden wir … die Triebquelle, die den körperlichen Vorgang bzw. den Körperteil meint, von dem Reiz ausgeht, und die jeder Treib benötigt, das Triebziel, dass die Erreichung der „Aufhebung des Reizzustandes an der Triebquelle“ und damit die Befriedigung des Triebwunsches meint, und das Triebobjekt, an dem sich die Befriedigung des Triebwunsches vollzieht. Das können die eigene Person oder andere Menschen sein oder bestimmte Körperteile, aber auch Gegenstände. Triebziel Trieb Wunsch Bedürfnis Voraussetzung für gerichtet auf Triebquelle Triebobjekt Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 20 8. Die psychoanalytische Trieblehre

21 Die Psychoanalyse geht davon aus, dass zwei gegeneinander arbeitende Haupttriebe das gesamte menschliche Verhalten steuern Eros (Lebenstrieb) Thanatos (Todestrieb) Ziel: Selbst- und Arterhaltung, Überleben, Weiterleben, Fortpflanzung Energie bzw. Antriebskraft: Libido Sie ist auf Lustgewinn gerichtet und kann sowohl auf die eigene Person als auch auf ein äußeres Objekt bezogen sein. Die Ausrichtung der Libido auf andere Personen bzw. Objekte bezeichnet die Psychoanalyse als Objektbesetzung, im Gegensatz zur libidinösen Besetzung des eigenen Körpers oder des eigenen ICHs ( Narzissmus). Ziel: Auflösung bzw. Zurückführung des Lebens in den anorganischen Zustand und somit dessen Vernichtung (Destruktivität, Aggression, Lust am Zerstören und Vernichten) Energie bzw. Antriebskraft: Destrudo Sie ist entweder in Form von Selbsthass und Selbstvernichtung nach innen, also gegen die eigene Person gerichtet, oder sie wendet sich als Aggression, Hass, Zerstörungs- oder Vernichtungswelle nach außen, also gegen andere Personen, -gruppen und/oder deren Gegenstände. Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 21 8. Die psychoanalytische Trieblehre

22 Grundlage von Trieben ist eine psychische Energie, die sich beim Kind noch ungerichtet und völlig wahllos entlädt Im Laufe der Entwicklung jedoch wird diese Entladung der Energie in ganz bestimmte Bahnen gelenkt. In der Regel besteht zwischen beiden Trieben (Eros/ Thanatos) eine Verschränkung, ohne dass einer der beiden vorherrscht. Nur bei krankhaften Zuständen zerfällt diese Verschränkung ( Sadismus, Selbstbestrafungstendenzen bei depressiv Gestörten) Triebziel Trieb Wunsch Bedürfnis Voraussetzung für gerichtet auf Triebquelle Triebobjekt Eros (Lebenstrieb) gerichtet auf Selbst- und Arterhaltung, Überleben, Weiterleben und Fortpflanzung Thanatos (Todestrieb) gerichtet auf Auflösung und Zurückführung des Lebens in den anorganischen Zustand; Selbsthass und –vernichtung, Destruktivität, Aggression, Hass gegenüber der Umwelt Energie: Libido Energie: Destrudo Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 22 8. Die psychoanalytische Trieblehre

23 Arbeitsauftrag Suchen Sie nach Informationen und Erläuterungen über eine narzisstische Persönlichkeit. Zeigen Sie auf, wie eine solche nach Auffassung der Psychoanalyse entsteht. Die von Freud gewählte Bezeichnung Narzissmus geht auf die griechische Mythologie zurück. Hier findet sich die Geschichte des jungen Narziss. HA: Bereiten Sie eine fünfminütige Präsentation Ihrer Ergebnisse vor. Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 23

24 Die Entwicklung der Libido vollzieht sich nach einem genetisch festgelegten Verlauf
… doch die Art und Weise, wie ein Mensch diese Entwicklung durchläuft, ist von seiner Umwelt (Bezugspersonen) und seiner Erziehung abhängig. „Es wäre missverständlich zu glauben, dass diese Phasen einander glatt ablösen; die eine kommt zur anderen hinzu, sie überlagern einander, bestehen nebeneinander.“ (Sigmund Freud) Dennoch lassen sich in einem bestimmten Alter dominante Körperteile eruieren. Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 24 8. Die psychoanalytische Trieblehre

25 Der erste Lustgewinn kann durch die Mundzone und durch alles, was mit ihr unmittelbar in Zusammenhang steht, gewonnen werden Orale Phase (1. Lebensjahr) Die Mundregion ist das primäre Bezugsorgan. Säuglinge und Kleinkinder verbringen viel Zeit damit, am Daumen oder Zehen zu lutschen. Saugen, Schlucken, Beißen, das Aufnehmen von Nahrung sowie das Lutschen sind die frühesten Äußerungsformen kindlichen Luststrebens. Durch den normalen Gebrauch (Essen, Trinken) oder künstliche Reizung kommt es zu einer Spannungsreduktion (Verminderung der libidinösen Triebspannung) und zu einem Auftreten von Lustgefühlen. In dieser Phase wird die Beziehung zur Umwelt aufgebaut: Positive Erfahrungen im ersten Lebensjahr führen zur Ausbildung einer optimistischen Lebensgrundeinstellung, die es mit sich bringt, dass das Kind aufgrund eines Vertrauens zu Mitmenschen, der Welt und zu sich selbst den Mut aufbringt, sich entdeckend und lernend mit unbekannten Personen und Gegenständen einzulassen. Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 25 8. Die psychoanalytische Trieblehre

26 Negative Erfahrungen lassen hingegen eine pessimistische Lebensgrundeinstellung entstehen
Orale Phase (1. Lebensjahr) Das Kind verschließt sich misstrauisch und furchtsam und ist nicht willens, Unbekanntes zu erforschen. Dadurch wird die Gewinnung neuer Erfahrungen behindert, was zu einer Hemmung des Kindes bei seinen weiteren Lernmöglichkeiten führen kann. Störungen in dieser Phase führen zu Persönlichkeitsmerkmalen, aufgrund derer viel von anderen gefordert wird. Auf die orale Phase fixierte Menschen zeichnen sich durch eine niedrige Frustrationstoleranz aus und geben schnell auf.  Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 26 8. Die psychoanalytische Trieblehre

27 Daraus ergeben sich für die Erziehung während der oralen Phase folgende Grundsätze
Säuglinge und Kleinkinder benötigen viel emotionale Zuwendung, eine feste und dauerhafte Bezugsperson, liebevolle Zärtlichkeit, eine geduldige und abreißende Umsorgung, intensiven Hautkontakt sowie Kontakte über alle Sinnesorgane. Eltern und Erzieher sollten für eine angemessen, realitätsangepasste Befriedigung der oralen Bedürfnisse sorgen. „Ich bin, was man mir gibt!“ (Erik H. Erikson, 1953) Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 27 8. Die psychoanalytische Trieblehre

28 Die Lust-Unlust-Erlebnisse des Kleinkindes in der analen Phase konzentrieren sich vornehmlich auf den Ausscheidungsvorgang, das Ausscheidungsorgan und das Produkt Anale Phase (2./3. Lebensjahr) Die Lust wird in dieser Phase durch den Vorgang der Defäkation erzielt. Anfangs nur durch das Ausscheiden, später auch durch das Zurückhalten der Exkremente. Es kommt zu einem spannungsvollen Zustand zwischen Hingabe und Zurückhalten. Das Kind übt in dieser Lebensphase Kontrollmechanismen ein und vollzieht die ersten Anpassungen an die Erfordernisse der Umwelt. Vorherrschend sind Wünsche des Spielens mit Ausscheidungsorganen und Ausscheidungsprodukten sowie des Gebens und Nehmens. Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 28 8. Die psychoanalytische Trieblehre

29 Psychoanalytisch orientierte Psychologen nehmen an, dass mit der Reinlichkeitserziehung die gesamt Thematik des Hergebens und Festhaltens im übertragenen Sinne erlernt wird Anale Phase (2./3. Lebensjahr) Macht das Kind die Erfahrung, dass das Hergeben des Stuhl Lust bereitet, so wird es auch im späteren Leben gerne etwas hergeben und Freude an Leistung entwickeln. Anderenfalls zeigt es im späteren Leben ein überstarkes Maß an Geiz und Verweigerungstendenzen, ein Zurückhalten von Leistung oder einen mit erheblichen Ängsten besetzten Leistungszwang. Ebenso können extreme Schuldgefühle, Reinlichkeitsfanatismus und Waschzwang Folgen einer falschen Sauberkeitsgewöhnung nach sich ziehen. Störungen in dieser Phase, insbesondere durch zwanghafte Sauberkeitserziehung, können zu „manischen" oder zwanghaften Persönlichkeitstypen führen. Diese zeichnen sich durch starke Unterdrückung von Aggressionen, Überkontrolliertheit, Geiz und extreme Reinlichkeit aus. Es kommt bei manischen Persönlichkeiten zu einer starken Trennung zwischen Vorstellungen und tatsächlichen Gefühlen. Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 29 8. Die psychoanalytische Trieblehre

30 Während der analen Phase wird vornehmlich das ICH in der Auseinadersetzung mit der Realität gebildet
Anale Phase (2./3. Lebensjahr) D.h. in dieser Phase wir die Beziehung zum ICH, zur eigenen Person aufgebaut. Je nach Erzieherverhalten bilden sich Selbstständigkeit, Eigenwillen, Durchsetzungsvermögen oder auch Unselbstständigkeit, Gefügigkeitshaltung, Konformismus und Opportunismus bzw. Herrschsucht, Aggressivität, Hartnäckigkeit, Dickköpfigkeit oder Dominanzstreben aus. Zusatzinformation Narzisstische Phase (2. Lebensjahr) Das Kind entdeckt den eigenen Körper und entwickelt dabei Lustgefühle (Autoerotismus). Dieses Verhalten ist die Urform der Selbstliebe (Narzissmus). Störungen in dieser Phase können im Erwachsenenalter zu Verminderung des Selbstvertrauens und der Selbstachtung führen. Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 30 8. Die psychoanalytische Trieblehre

31 Daraus ergeben sich für die Erziehung während der analen Phase folgende Grundsätze
Die Reinlichkeitserziehung soll nicht zu früh einsetzen und zu streng gehandhabt werden; Eltern und andere Erzieher sollten sie mit viel Geduld und positiven Erziehungsmaßnahmen, wie z. B. Lob, Anerkennung und Zuneigung durchführen, damit sie das Kind als lustvoll erlebt. Eine negative Bewertung der Ausscheidungsprodukte sollte vermieden werden. Spiele im Sandkasten, mit Fingerfarben oder Ton können eine angemessene Befriedigung darstellen. Impulse des eigenen Wollens und Planens sollen unterstützt werden; Lob und Anerkennung beschleunigen die Entwicklung der Selbststeuerung; ständiges, ungeduldiges Durchbrechen verzögert sie. Grenze müssen gesetzt und eingehalten werden. So lernt das Kind, sich mit der Realität auseinander zu setzen. „Ich bin, was ich will!“ (Erik H. Erikson, 1953) Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 31 8. Die psychoanalytische Trieblehre

32 Vornehmlich durch Betätigungen an den Genitalien gewinnt das Kleinkind Lust in der phallischen Phase
Phallische Phase (4./5. Lebensjahr) Die Genitalien werden in dieser Phase zu erogenen Zonen. Durch das Herzeigen der eigenen Geschlechtsteile und das Betrachten der anderen sowie durch das Spielen an ihnen kann das Kind lustvolle Befriedigung herbeiführen. Jungen stellen fest, dass bei Mädchen der Penis fehlt und führen dies auf eine Bestrafung zurück. Daraus entwickelt sich Kastrationsangst; bei Mädchen kommt es zum Penisneid, der Ursache für ein Gefühl der Unterlegenheit und Minderwertigkeit der Frau gegenüber dem Mann sein kann. Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 32 8. Die psychoanalytische Trieblehre

33 Die Triebwünsche äußern sich in der Regel im Begehren des gegen-geschlechtlichen Elternteils
Phallische Phase (4./5. Lebensjahr) Aus diesem Begehren kann sich ein Konflikt ergeben, den Freud nach der Tragödie des Sophokles Ödipus-Konflikt genannt hat. Es treten Rivalitätsgefühle mit dem gleichgeschlechtlichen Elternteil auf, der andersgeschlechtliche wird geliebt. Auf der anderen Seite fürchtet das Kind den Verlust der Liebe des gleichgeschlechtlichen Elternteils. Dieser Konflikt wird durch die Unterdrückung der sexuellen Wünsche beigelegt. Bei einem ungünstigen Verlauf der Entwicklung kann dieser Konflikt bestehen bleiben, was in der Literatur häufig Ödipus-Komplex genannt wird. Dies ist der Fall, wenn sich das Kind bzw. der erwachsene Mensch von dem geliebten Elternteil nicht lösen kann. Mögliche Folgen eines nicht überwundenen Ödipus-Konfliktes sind Nichtbejahung der eigenen Geschlechterrolle, Identifizierung mit dem anderen Geschlecht, Liebesunfähigkeit oder Impotenz. Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 33 8. Die psychoanalytische Trieblehre

34 In der phallischen Phase kommt es zur Übernahme geschlechtlicher Moralbegriffe und zur Entwicklung des ÜBER-ICH (Gewissen). Phallische Phase (4./5. Lebensjahr) Störungen in der phallischen Phase können zu einer „hysterischen" Persönlichkeitsstruktur führen. Diese ist durch ein auffälliges sexuelles Gebaren gekennzeichnet, das aber im Widerspruch zur ängstlichen, passiven Grundstruktur steht, die sexuelle Kontakte zu meiden versucht. Hysteriker sind meist selbstbewusst und energisch-impulsiv.  Charcot (1885) demonstriert einen Fall von Hysterie Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 34 8. Die psychoanalytische Trieblehre

35 Daraus ergeben sich für die Erziehung während der phallischen Phase folgende Grundsätze
Die Vorbildfunktion der Mutter bzw. des Vaters ist für die Identifizierung mit der jeweiligen Geschlechterrolle von entscheidender Bedeutung. Eine positive Beziehung zum Kind sowie ein entspanntes, angstfreies, emotional getragenes und harmonisches Familienklima können einen ungünstigen Verlauf des Ödipus-Konfliktes verhindern. Das Herzeigen der eigenen Geschlechtsteile und das Betrachten der von anderen sowie das Spielen mit ihnen sollte nicht überbewertet werden. Zusatzinformation Phallisch-ödipaler Typ (entsteht durch die Fixierung in dieser Phase) Ich bin ein Mann/ Ich bin eine Frau: Männer bestätigen hier ihre Männlichkeit durch so genanntes „Macho“-Verhalten. Frauen treten verführerisch-kokett und naiv auf, so zu sagen als „Weibchen“. Beide wollen ihr jeweiliges Vorbild: Vater oder Mutter übertreffen. Als Neurosen treten neben der Hysterie auch Exhibitionismus und Voyeurismus auf. Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 35 8. Die psychoanalytische Trieblehre

36 Im Alter von ca. sechs Jahren tritt eine scheinbare Unterbrechung der sexuellen Entwicklung ein
Latenzphase ( Lebensjahr/ Lebensjahr*) Gegen Ende der phallischen Phase beginnt die Dynamik der Persönlichkeit zu funktionieren und es bilden sich Abwehrmechanismen heraus: Das Kind wird fähig, auf Lustbefriedigung zu verzichten, sie auf einen anderen Zeitpunkt zu verschieben oder in andere Energie, wie zum Beispiel sachliches Interesse, umzusetzen. Sexuelle Regungen werden abgewehrt und verdrängt. Die Triebregungen treten in den Hintergrund, ihre Energie wird verlagert auf andere Bereiche und Gegenstände der Umwelt. Spielkameraden werden vor allem beim gleichen Geschlecht gesucht. Während dieser Zeit kommt es zu einer Verinnerlichung der Anforderungen der Umwelt. * ( : 20.51) „Wir finden, dass das Sexualleben des Menschen sich nicht wie das der meisten ihm nahe stehenden Tiere vom Anfang bis zur Reifung stetig weiterentwickelt, sondern dass es nach einer ersten Frühblüte bis zum fünften Jahr eine energische Unterbrechung erfährt, worauf es dann mit der Pubertät wieder anhebt und an die infantilen Ansätze anknüpft.“ (Sigmund Freud 1926) Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 36 8. Die psychoanalytische Trieblehre

37 Mit Beginn der Vorpubertät erwacht die Sexualität unter dem Einfluss der Geschlechtshormone zu neuer Macht Genitale Phase (etwa ab dem 12. Lebensjahr/ etwa ab dem 8. Lebensjahr bis zur Pubertät*) Es kommt zu einem Wiederaufleben der Sexualität und des Ödipuskomplexes, sowie zu einer Hinwendung zum anderen Geschlecht. D.h. die Sexualität tritt in eine weiter Funktion: Sie dient nicht mehr nur der Lustbefriedigung, sondern auch der Fortpflanzung bzw. der menschlichen Partnerschaft. Sie wird damit eine wichtige Form sozialer Interaktion und Kommunikation. Hinweis: Der beschleunigten körperlichen und intellektuellen Reifung steht eine verzögerte emotionale Reifung gegenüber. Die Pubertät ist eine stark konfliktgeladene Phase voller motorischer und innerer Unruhe.* * ( : 20.51) „Zweitens werden zu den sexuellen Regungen alle die bloß zärtlichen und freundschaftlichen gerechnet, für welche unser Sprachgebrauch das vieldeutige Wort ,Liebe‘ verwendet.“ .“ (Sigmund Freud) Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 37 8. Die psychoanalytische Trieblehre

38 Bei einem gesunden Menschen wirken die drei Persönlichkeitsinstanzen zusammen
Das ICH ist imstande, die Anforderungen des ES und des ÜBER-ICH unter einen Hut zu bringen und im Rahmen der realistischen Möglichkeiten zu erfüllen. Ein Gleichgewicht zwischen den einzelnen Persönlichkeitsinstanzen und der Realität ist vorhanden. Stehen jedoch die einzelnen Persönlichkeitsinstanzen in einem Ungleichgewicht, dann treten Ängste auf, die bewirken, dass das Individuum Abwehrmechanismen einsetzt, die die bedrohlichen und angstauslösenden Erlebnisinhalte abwehren, unbewusst machen sollen. Ein längeres starres und übertriebenes Einsetzen von Abwehrmechanismen kann nach Auffassung der PSA zu seelischen Störungen führen. Ein fortwährendes Einsetzen von Abwehrmechanismen führt zur Leugnung und Verfälschung der Realität, so dass es zu einem dieser Realität nicht angepassten Verhalten kommt. Das ist der Ausgangspunkt für seelische Fehlentwicklungen. Psychische Störungen entstehen aus psychoanalytischer Sicht einmal dadurch, dass das ICH, das ES, das ÜBER-ICH und die Realität nicht im Gleichgewicht zueinander stehen, und zum anderen durch Konflikte und Probleme, die im Zusammenhang mit der frühkindlichen Entwicklung der Libido stehen. Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 38 9. Entstehung psychischer Störungen

39 Fehlformen in der Erziehung
Fehlformen in der Erziehung, Konflikte und Probleme, die im Zusammenhang mit der frühkindlichen Entwicklung der Libido stehen (z.B. familiäre Probleme und individuelle Erlebnisse), können zu einer seelischen Fehlentwicklung führen Fehlformen in der Erziehung wie Ablehnung, Vernachlässigung, Laissez-faire, Überbehütung und Verwöhnung, mangelnde emotionale Zuwendung oder zu starke emotionale Bindung in der Beziehung Eltern(teil)-Kind, indifferente, inkonsequente oder widersprüchliche Erziehungseinstellungen und -maßnahmen eines oder beider Elternteile, Überforderung, Übertragung unbewusster Wünsche und Einstellungen der Eltern auf das Kind begünstigen ein Ungleichgewicht der einzelnen Persönlichkeitsinstanzen zusammen mit der Realität eine ICH-Schwäche bewirkt ein Auftreten von unangemessenen Ängsten und einen übertriebenen Einsatz von Abwehrmechanismen führt zu Leugnung, Verzerrung und Verfälschung der Realität, realitätsunangepasstem Verhalten Folge seelische Fehlentwicklung Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 39 9. Entstehung psychischer Störungen

40 Konflikte in der Libidoentwicklung können aber auch zu einer Fixierung oder Regression führen
Autoritäre, vernachlässigende Laissez-faire Erziehung Verwöhnende, überbehütete, verzärtelnde Erziehung führt zu führt zu unzureichender Befriedigung der Triebwünsche exzessiver Befriedigung der Triebwünsche führt zu führt zu Triebfrustration führt zu Fixierung = Steckenbleiben in einer Entwicklungsphase oder Regression = Zurückfallen auf eine bereits überwundene Entwicklungsphase Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 40 9. Entstehung psychischer Störungen

41 Kritische Würdigung – Stärken
Verglichen mit anderen (Persönlichkeits-) Theorien gilt die Theorie Freuds als besonders umfassend: Sie lenkt den Blick auf eine Vielzahl von Details im menschlichen Verhalten. Hervorzuheben ist die Vernetzung der unterschiedlichen Bereiche: Instanzen mit Triebtheorie, Angst und Abwehrmechanismen, psychosexuelle Entwicklung (Phasenmodell) mit Instanzen, Triebtheorie und Angst. Dabei sind die Erkenntnisse über frühkindliche Erfahrungen und unbewusste Wünsche bzw. Affekte von besonders praktischer Bedeutung in der Kinderpsychiatrie, in der Erziehungsberatung und im Alltag. Sie hat eine Reihe von Techniken entwickelt (freie Assoziation, Traumdeutung), die für Forschung und Theorie eine Vielzahl von Anregungen bieten. Freuds Vorgehen der Deutung und Interpretation von Zusammenhängen lässt der Kreativität viel Freiraum Die Behauptung, der Mensch sei ein geschlossenes Energiesystem ist kühn und interessant. Quelle: Heidenreich u. a.: Pädagogik Training. Grundwissen Pädagogik mit Aufgaben und Lösungen. Stark-Verlag, Freising 1996: 118 Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 41 10. Freud und die Gehirnforschung

42 Kritische Würdigung – Schwächen
Im Laufe seiner langen Forschungen (er schrieb über 30 Bände) änderte Freud seine Theorie bzw. seine Begriffsdefinitionen. Das schafft häufig Missverständnisse (das Instanzenmodell löst das topographische Modell ab, es gibt unterschiedliche Angsttheorien und verschiedene Triebmodelle, dabei bleibt der Aggressionstrieb unklar). Eine wissenschaftliche Überprüfung seiner Theorien gestaltet sich als schwierig: Zweifel an der Deutung eines Psychoanalytikers wird als psychischer Widerstand gegen die Psychoanalyse bloßgestellt. (Nach Freud können nur Psychoanalytiker die Deutung anderer Psychoanalytiker kritisieren!) Die psychoanalytischen Thesen werden aufgrund der Analyse neurotischer Patienten aufgestellt. Allerdings erheben diese Thesen den Anspruch auch für sog. „normale", nicht-neurotische Menschen zu gelten. Das Bild der Frau wird absolut unvollständig und einseitig dargestellt. Ihre Bedeutung wird reduziert auf Begriffe wie Penisneid und Angst vor tatsächlich erfolgter bzw. phantasierter "Kastration". (So sehr Freud seine Zeit in Bezug auf Sexualmoral auch kritisierte, so unreflektiert übernahm er doch ein gängiges Frauenklischee.) Freud interpretiert nur Vergangenes, er macht keine Vorhersagen, wie wir es heute von einer wissenschaftlichen Theorie erwarten. Er beschränkt sich auf die Methode der Beobachtung. Experimentelle Überprüfungen einige seiner Thesen, die es damals schon gab, interessierten ihn nicht. Die Behauptung, der Mensch sei ein geschlossenes Energiesystem, entstammt der Physiologie. Die Übertragung körperlicher Vorgänge auf psychische Qualitäten ist äußerst umstritten. Quelle: Heidenreich u. a.: Pädagogik Training. Grundwissen Pädagogik mit Aufgaben und Lösungen. Stark-Verlag, Freising 1996: 118f Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 42 10. Freud und die Gehirnforschung

43 „Fast vergessen, nun wieder spannend“ (GEO 05/2006)
In der zweiten Hälfte des 20 Jahrhunderts hatte Freuds Modell der Psyche fast nur noch historischen Wert – jetzt wird es von Hirnforschern rehabilitiert. Der Neurobiologe Gerhard Roth entdeckte zahlreiche Ähnlichkeiten zwischen seinem Modell der Psyche und Freuds Skizze des seelischen Apparates. Roth sieht drei zentrale Annahmen Freuds bestätigt: Das Unbewusste hat bei weitem mehr Einfluss auf das Bewusstsein als umgekehrt. Das Unbewusste liegt zeitlich weit vor dem Bewusstsein. Das bewusste ICH hat wenig Einsicht in die Grundlagen seiner Wünsche und Handlungen Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 43 10. Freud und die Gehirnforschung

44 Roths Modell kennt vier Ebenen der Psyche
Grund- funktionen Vergleichbar mit Freuds ES ist die „Ebene der Grundfunktionen“, die sich überwiegend in der entwicklungsgeschichtlich ältesten Gehirnregion befindet. Sie sichert unsere biologische Überleben, indem sie Stoffwechsel, Kreislauf und Grundbedürfnisse wie Hunger, Durst und Schlaf kontrolliert. Sie steuert außerdem elementare Antriebe und Empfindungen wie Angriff und Verteidigung, Aggressivität und Sexualverhalten. Diese Funktionen laufen völlig unbewusst ab, sind weitgehend genetisch bedingt und bestimmen das „Temperament", mit dem ein Mensch auf die Welt kommt. 2. Ebene Emotionales Lernen Die „Ebene des emotionalen Lernens" hat keine genaue Parallele in Freuds Theorie. Auf ihr werden Erfahrungen mit Gefühlen wie Furcht, Freude, Ekel oder Hoffnung verknüpft. So lernt der Mensch von Geburt an, jene Erlebnisse zu wiederholen, die mit positiven Emotionen wie Befriedigung und Lust belohnt werden, und negative Erfahrungen zukünftig zu meiden - etwa das Anfassen einer heißen Herdplatte. In diesem Prozess bilden sich Vorlieben und Aversionen heraus, die in einer krankhaften Übersteigerung zu Suchtkrankheiten und Neurosen führen können. Durch frühkindliche Bindungserfahrungen entsteht auf dieser Ebene außerdem das grundlegende Verhältnis zu uns selbst und zu anderen Menschen. Zusammen mit der untersten Ebene bildet das emotionale Lernen den Kern der Persönlichkeit, den Charakter eines Menschen. 3. Ebene Bewusste Gefühle Die infantilen Antriebe und emotionalen Reaktionen der beiden unteren Ebenen werden durch die erst im Erwachsenenalter ausgereifte „Ebene der bewussten Gefühle" gezügelt. Auf ihr bilden sich auf der Basis von Kommunikation, Erziehung und Kultur die bewussten Anteile des Selbst heraus. Hier sind Ethik und Moral verankert, also Freuds Funktionen des ÜBER-ICH. Auch das Vorbewusste findet sich auf dieser Ebene wieder: In der Großhirnrinde ist das Langzeitgedächtnis lokalisiert, während der Hippocampus zwischen Bewusstwerdung und Absinken in das Unbewusste entscheidet. 4. Ebene Kognition & Sprache Roth vergleicht die rationale „Ebene der Kognition und Sprache" mit dem realitätsbezogenen ICH bei Freud. Hier rechtfertigen wir uns vor uns selbst und vor anderen; wir überdenken, beraten, fantasieren oder planen Prozesse, die nicht direkt mit unserer Handlungssteuerung verdrahtet sind, weshalb auch Appelle an die Vernunft nicht automatisch zu Verhaltensänderungen führen. Entscheidungen darüber, wie wir tatsächlich handeln, werden nur im Zusammenspiel mit den drei anderen emotionalen Ebenen getroffen. Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 44 10. Freud und die Gehirnforschung

45 Übersicht der Modelle Freuds und Roths
Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 45 10. Freud und die Gehirnforschung

46 Literatur- und Internethinweise
Freud, A.: Das Ich und die Abwehrmechanismen. München 1989 Freud, S.: Abriss der Psychoanalyse – Das Unbehagen in der Kultur. Frankfurt a. M. 1994 Freud, S.: Jenseits des Lustprinzips – Massenpsychologie und Ich-Analyse – Das Ich und das Es. Frankfurt a. M Freud, S.: Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse. Frankfurt a. M Freud, S.: Selbstdarstellung. Frankfurt a. M. 1995 Freud, S.: Zur Einführung des Narzissmus. Frankfurt a. M. 1914 Freud, S.: Zur Psychopathologie des Alltagslebens. Frankfurt a. M. 1996 Heidenreich u. a.: Pädagogik Training. Grundwissen Pädagogik mit Aufgaben und Lösungen. Stark-Verlag, Freising 1996 Hobmair, H.: Pädagogik. Bildungsverlag Eins, Troisdorf 2002: Lakota, B.: Die Natur der Seele. In: Der Spiegel. Nr. 16/ : 176ff Lindner, M.: Sigmund Freud: „Ich bin kein Denker, sondern Abenteurer. In: GEO 05/2006. Gruner und Jahr, Hamburg : 134ff Internetlinks ( : 20.44) ( : 20.51) ( : 21.17) Bildverzeichnis Die Bilder sind meist den obigen Quellen entnommen. Andere können leider dem Urheber nicht mehr zugeordnet werden. Carsten Püttmann ∙ Einführung in die Psychoanalyse · Seite 46 Anhang. Literatur- und Internethinweise


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