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Veröffentlicht von:Oskar Haupt Geändert vor über 7 Jahren
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Fachtag Philosophie: Was wissen wir von der Wirklichkeit? Martin Carrier (Universität Bielefeld)
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Die Geltung wissenschaftlicher Behauptungen stützt sich auf Erfahrung. 2. Die Erfahrungsgrundlage der Wissenschaft (2) Kohärenz: Die von verschiedenen Sinnesmoda- litäten gelieferten Befunde passen zusammen. Auszeichnung von Beobachtungen durch Verläss- lichkeit in dreifachem Sinn. (1) Stabilität: Beobachtungen vermitteln unverän derte Eindrücke der Sachverhalte, die nicht der persönlichen Willkür unterliegen (3) Intersubjektivität: Bestätig- barkeit durch andere Personen. => Beobachtungen sind nicht ins Belieben des Menschen gestellt. Legt nahe: Sie geben über die Phänomene Auskunft.
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Zwar werden Beobachtungen nur durch Beobachtungen überprüft, aber die Übereinstimmung verschiedenartiger Beobachtungen ist nicht selbstverständlich. 2. Theoriebeladenheit der Beobachtung: Kohärenz statt Korrespondenz Die Erfahrungsgrundlage wissenschaftlicher Theorien entsteht oftmals erst durch Anwen- dung wissenschaftlicher Theorien. Sachadäquatheit von Beobachtungen fraglich: Eingehen subjekt- seitiger Faktoren: Theoriebeladenheit der Beobachtung. Beobachtungstheorien (oder Messtheorien) verknüpfen theoretisch beschriebene Zustände mit empirischen Indikatoren. Mensurelle Theoriebeladenheit: Abhängigkeit der Daten von Beobachtungstheorien.
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Beobachtungstheorien beschreiben typischer- weise die Funktionsweise der eingesetzten Mess- instrumente. Beobachtungstheorien erklären, warum das ein gesetzte Messverfahrens Aufschluss über die zu messende Größe gibt. => Möglichkeit der empirischen Prüfung von Theorien zweifelhaft. Die zentralen Begriffe fortgeschrittener Theorien besitzen keine Gegenstücke in der unmittelbaren Erfahrung. => Keine direkte Prüfung theoretischer Annahmen durch den Augenschein. Stattdessen: Rückgriff auf Messgeräte, deren Arbeitsweise aber selbst auf Beobachtungs- theorien beruht.
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Prüfung einer Theorie an der Wirklichkeit als Prüfung der Kohärenz der herangezogenen Theorien. Wechselseitiges Bedingungsverhältnis zwischen Tatsache und Theorie: Tatsachen werden durch Theorien geformt, und Theorien werden durch Tatsachen beurteilt. Bedingung: Unabhängige Prüfbarkeit von Hypothese und Beobachtungstheorie. Prüfbarkeit der Beobachtungstheorien auch in solchen Zusammenhängen, in denen die be- treffende erklärende Hypothese keine Rolle spielt. Bei unabhängiger Prüfbarkeit sind trotz mensureller Theorie- beladenheit aussagekräftige Prüfungen möglich.
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3.Realismus als Erklärung für den Erfolg der Wissenschaft Geben aussagekräftige empirische Prüfungen Aufschluss über die Wirklichkeit hinter den Erscheinungen? „Instrumentalismus“: Theorien sind nichts anderes als intellektu- elle Werkzeuge für die systematische, „denkökonomische“ Dar- stellung der Erfahrungen und für den Eingriff in die Phänomene. Theorien sind menschliche Konstruktionen, die auch durch ihren Erfolg ihre Herkunft aus dem menschlichen Erfindungsreichtum nicht ver- leugnen können. „Wissenschaftlicher Realismus“: nicht-beobacht- bare, aber erfolgreich von der Wissenschaft angenommene Größen besitzen ein Gegenstück in der Wirklichkeit. Grund: Die erfolgreichen Theorien der reifen Wissenschaft sind zu gut, um nicht wahr zu sein.
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Wenn sich eine Theorie auf bloß fik- tive Objekte bezöge, dann wäre es rätselhaft, dass sie beobachtbare Phänomene korrekt vorherzusagen vermag. Wunderargument: Allein der Realismus liefert eine Erklärung für den Erfolg der Wissenschaft. Anhand der Erklärung des Vorhersageerfolgs der Wissenschaft würde der Realismus empirisch (nämlich wissenschaftshistoriogra- fisch) prüfbar: Eine realistische Erklärung des Erfolgs der Wissen- schaft verlangte, dass es keine erfolgreichen Theorien ohne Wirk- lichkeitsbezug gibt.
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– Phlogiston und elektrisches Fluidum – Wärmestoff – optischer und elektromagnetischer Äther => Wirklichkeitsbezug ist nicht notwendig für Vorhersageerfolg. Laudans Gegenbeispiele: Theorien, die in diesem Sinne empirisch erfolgreich waren, und deren zentralen Begriffen nach heutigem Verständnis Wirklichkeitbezug fehlt. Fortentwicklung des Wunderarguments durch Annahme eines anspruchsvollen Begriffs von empirischem Erfolg: Theoriegestützte Erweiterung des Anwendungsbereichs einer Theorie. => „Starker empirischer Erfolg“: Whewells „Einklang von Gesetzen“ (consilience of inductions) (1858) Duhems „theoretische Vorhersage von neuartigen Gesetzen“ (1906).
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Ungeplante theoretische Verein- heitlichung von Gesetzen: Erfolgreiche theoretische Vorher sage zuvor unbekannter empiri- scher Regularitäten. Wenn nicht allein Neues, sondern Neuartiges vorher- gesagt wird, dann wäre es ein „wunderbarer Zufall“, wenn nicht Wirklichkeits erkenntnis zugrunde läge. Lichtablenkung im Schwerefeld Gravitationswellen neutrale schwache Ströme und Higgs-Teilchen. Fortentwickeltes Wunder argument: Ohne die An- nahme der Wirklichkeits- erfassung bleibt der starke empirische Erfolg von Theorien ein unerklärliches Wunder. Duhem Whewell
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4.Schluss Das Wunderargument hängt in seiner Tragweite von der genauen Formulierung ab sowie von der Interpretation wissenschaftshistori- scher Befunde. Dem Urteil über Wirklichkeitsbezug liegt der gegenwärtige Stand der Forschung zugrunde. Die Wissenschaft ist zur Technowissenschaft geworden und erkennt weniger die Wirklichkeit, als dass sie diese formt. Der Mensch schafft die Natur nach seinem Bilde.
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