Präsentation herunterladen
Die Präsentation wird geladen. Bitte warten
1
Jörg Huffschmid, Sudwalde Zürich 20.1.2009
Die Krise verstehen Hintergründe, Funktionsweise und Krise des Finanzmarktkapitalismus Jörg Huffschmid, Sudwalde Zürich
2
Die aktuelle Finanzkrise
Im September 2008: Die fünf größten Investmentbanken sind entweder bankrott (Lehmann Brothers) oder aufgekauft (Bear Stearns, Merrill Lynch) oder haben ihren Status in normale Banken geändert (J.P. Stanley, Goldman Sachs) Drei der größten Finanzinstitute der Welt verstaatlicht: Fannie Mae, Freddie Mac, AIG Hilfspaket von 700 Mrd. $ in den USA Verstaatlichungen und Hilfspakete für die Banken auch in Europa (Northern Rock, Fortis, Dexia, Bradford and Biggely...) ... und Deutschland: Sachsen LB, IKB, Hypo Real Estate, Commerzbank, Deutsche Bank (über Postbank) Größte Finanzkrise seit 1930 IWFim Sommer: 1 Billion $ Verluste, mittlerweile weit mehr. Keiner weiß, wie es weiter geht
3
Struktur des weiteren Vortrags
Was sind und wie funktionieren Finanzmärkte ? Geschichtliches 1: Wachstum und Internationalisierung als Megatrends, und ihre Hintergründe Geschichtliches 2: Der Aufstieg des finanzmarktgetriebenen Kapitalismus Rolle und Strategien der Finanzinvestoren Krise und Druck: Folgen dieser Strategien Gegensteuerung
4
Funktionen der Finanzsysteme
Gewährleistung eines reibungslosen Zahlungsverkehrs: Geschäfts- und Zentralbanken Verwaltung und Sicherung der Ersparnisse von Haushalten und Unternehmen: Banken und Finanzaufsicht Finanzierung von Unternehmen: Banken und Kapitalmärkte
5
Die Grundfunktion der Kapitalmärkte: Finanzierung von Investitionen
Kreditschöpfung Investieren Sparen Vermögensaufbau
6
Traditionelle Form: Einlage und Kredit (Intermediation)
Sparer Einlage Bank Kredit Investor Zentralbank
7
Alternative Form: Wertpapierfinanzierung (Disintermediation)
Aktien Sparer Investor Anleihen
8
Wertpapierfinanzierung (Disintermediation)
Bank Börse Aktien Sparer Investor Anleihen
9
Der entscheidende Unterschied – und wie er allmählich verschwindet
Wertpapiere sind handelbar, werden an Börsen oder frei (over the counter – OTC) gehandelt. Kredite sind im Prinzip feste Beziehungen zwischen Banken und Kreditnehmern. Mittlerweile werden allerdings auch Kredite in Wertpapiere umgewandelt (verbrieft) und gehandelt.
10
Was wird gehandelt? Aktien Anleihen (Staats- und Unternehmensanleihen)
Währungen Derivate Und neuerdings auch Kredite
11
Megatrends und ihre Hintergründe
Enormes Wachstum der Finanzvermögen Internationalisierung der Finanzvermögen Hintergründe: Umverteilung Privatisierung der Alterssicherung Liberalisierung des Kapitalverkahrs
13
Die Internationalisierung der Finanzmärkte
Industrieländer Verhältnis zwischen internationalen Finanzanlagen (Forderungen und Verbindlichkeiten) und Bruttoinlandsprodukt, Schwellen- und Entwicklungsländer Quelle: International Monetary Fund: Working Paper WP/06/69, S. 35
16
Liberalisierung des Kapitalverkehrs in den Mitgliedsländern der OECD
Jahr Land Bemerkungen 1958 Deutschland Liberalisierung des Zahlungsverkehrs in allen west-europäischen Ländern, in D auch des Kapitalverkehrs 1964 (Japan) (Liberalisierung des Zahlungsverkehrs) 1974 USA Schweiz Abschaffung aller seit 1963 eingeführten KVK; vor 1963 gab es keine KVK Vollständige Abschaffung 1979 Großbritannien vollständige Abschaffung 1980 Japan Teilliberalisierung (Liberalisierung wenn nicht anders bestimmt) 1981 Abschaffung aller zwischenzeitlich eingeführter KVK 1983 Australien weitgehende Abschaffung aller KVK 1984 Neuseeland weitgehende Abschaffung 1986 Niederlande 1988 Dänemark 1989 Frankreich 1990 Italien Belgien/Luxemburg 1992 Spanien Portugal 1994 Griechenland Quelle: Age F.P. Bakker: , Shafer:
17
Der Industriekapitalismus
Banken Unternehmen = Investoren Haushalte = Sparer Engpass Finanzierung Die Finanzmärkte werden getrieben durch Unternehmen, die Geld brauchen, um ihre Investitionen zu finanzieren
18
Der „reife“ Kapitalismus
Sparer: Reiche Unternehmen Pensionsfonds Banken Produktive Investoren Engpass: Anlagemöglichkeiten Die Finanzmärkte werden getrieben durch Unternehmen, Haushalte und Banken, die viel Geld haben und rentable Anlagemöglichkeiten suchen, die aber immer knapper werden
19
Der Finanzmarktkapitalismus
Sparer: Reiche Unternehmen Pensionsfonds Banken Produktive Investoren Engpass Anlagemöglichkeiten Finanzanleger Dies ist die Stunde der Finanzinvestoren, die das Geld der Vermögensbesitzer einsammeln ...
20
Der Finanzmarktkapitalismus
Produktive Investition Sparer: Reiche Unternehmen Banken Spekulation Übernahmen Finanzanleger ADI Privatisierung ...und auf vielfache Weise zu vermehren versuchen
21
Wer sind und was tun die Finanzinvestoren ?
Traditionelle institutionelle Investoren: Große Vermögen, Geringe Aktivität, (passives Management) Innovative Investoren Private equity und Hedgefonds: Relativ geringe Vermögen, aber sehr aktives Management
22
Source:IFSL October 2008
23
Institutionelle Investoren
Drei Hauptgruppen (Vermögen 2006) Pensionsfonds: Billionen $ Versicherungen: Billionen $ Investmentfonds Billionen $ Insgesamt Billionen $
24
Finanzinnovationen Private equity: Neue Anlagefelder:
Nicht-notierte Unternehmen; Kaufen, Umstrukturieren, verkaufen, (2007: 2 Bill. $ ) Hedgefonds: Neue Strategien: (2,3 Bill $) - Finanzspekulation - „Aktionärsaktivismus“ Staatsfonds (3,3 Bill. $)
25
? Investor (Banken Private Equity: wie es funktioniert Ausschüttung
Pensionsfonds HNWIu.a. ) Bank Ausschüttung Investment Kredit Gebühr Management PE Firma Fonds Gewinnbeteiligung Gewinn Kauf Unternehmen Verkauf ? Zinsen
26
„Shareholder activism“
Hedgefonds: wie sie funktionieren Investor (Banken HNWIu.a Pensionsfonds. ) Bank Ausschüttung Investment Kredit Gebühr Management HF Firma Hedgefonds Zinsen Gewinnbeteiligung Arbitrage Spekulation Anleihen, Aktien Derivate, Währungen Gewinn „Shareholder activism“ z. B. hohe Ausschüttung outsourcing
27
Strategien der Finanzinvestoren
Finanzspekulation Druck auf Unternehmen Druck auf Regierungen
28
Finanzinvestor Spekulation Druck auf Unternehmen Druck auf Regierungen
29
Finanzspekulation Allgemein: Kauf/Verkauf von Wertpapieren in Erwartung von Preisänderungen Short-selling: Leihen und Verkaufen, bei gesunkenem Kurs kaufen und zurückgeben Jüngste Varianten: Handel mit in Wertpapiere verwandelten (=verbrieften) Kreditpaketen „strukturierte Produkte“
30
Das Zusammenspiel zwischen Banken und Finanzinvestoren
31
Druck auf Unternehmen Shareholder Value Orientierung: kurzfristige hohe Gewinne und Ausschüttungen Neue Gewinnstandards: 25% Eigenkapitalrendite Ansteckung anderer Unternehmen: Neue Unternehmenskultur Auch Pensionsfonds unter Druck Banken bündeln Kredite zu Paketen ...und verkaufen sie an Finanzinvestoren ...die damit handeln ...und den Kauf oft mit Krediten anderer oder der gleichen Banken finanzieren um die Renditen zu erhöhen
32
Verbriefung und Handel mit Kreditpaketen
Sp2 S2 Bank Spe-kulant 1 Sp3 S1 Verkauf KP S3 Kredit Kauf S4 Vier Schritte Bank vergibt Kredite an Schuldner (S) Bank bündelt Kredite in Wertpapierpaketen (KP) Bank verkauft die KP an Spekulanten Die Spekulanten handeln mit den KP
33
Verbriefung und Handel mit Kreditpaketen
Sp2 S2 Bank Spe-kulant 1 Sp3 S1 Verkauf KP S3 Kauf Kredit S4 Fünf Schritte Bank 1 vergibt Kredite an Schuldner (S) Bank 1 bündelt Kredite in Wertpapierpaketen (KP) Bank 1 verkauft die KP an Spekulanten Bank 2 finanziert den Kauf der Spekulanten (CDO = Collateralised Debt Obligation) Die Spekulanten handeln untereinander Kredit Bank 2
34
Gewinnsteigerung durch Kreditfinanzierung
Gesamtkapitaleinsatz Mio € Eigenkapital 20 Fremdkapital 80 Kreditkosten 8% = 6,4 Rendite auf das Gesamtkapital 10% Gesamtprofit 10,0 Mio € Kreditkosten ,4 Mio € = Gewinn nach Zinsen 3,6 Mio € = Rendite aufs Eigenkapital: 18%
35
Der Weg in die Finanzkrise
Vier-Phasen-Modell Irgendein Auslöser für Finanzinvestment: die Kurse steigen Herdentrieb: Massenhaft neue Anleger, die auf Kredit kaufen: die Kurse boomen Wenn die Kurse nicht mehr steigen, müssen die ersten verkaufen, um ihre Kredite zu bedienen: die Wende. Panikverkäufe und Zusammenbrüche
36
Kanäle der Ansteckung Kredit- und Wertpapierverflechtung (Lehmann-Papiere) Kreditversorgung geht zurück (Misstrauen der Banken) Aktionäre und Gläubiger notleidender Banken/Investoren verlieren ihr Vermögen Konsum sinkt (Vermögenseffekt), Rezession Sinkender Import = sinkender Export der Handelspartner, internationale Übertragung Revision der Anlagepolitik
37
Spekulation und Finanzkrisen
1980/82 Lateinamerika 1987 New Yorker Aktienkrise 1991/92 EWS-Krise 1994/94 Mexiko 1996/98 Asienkrise 1998/2000 Argentinien/Brasilien 1998 Long Term Capital Management (LTCM) 2000 Rußland, Brasilien, Argentinien 2000 New Economy, dot.com-Krise 2001 Türkei 2007/2008 „Subprime“ Krise
38
Druck auf Regierungen Mit Exit-Drohung werden verlangt: Marktöffnung
Steuersenkungen für das Kapital „Bürokratie“abbau Privatisierungen
40
Steuersenkungen und Privatisierung
Mehr Finanzvermögen Neue Gewinne Höhere Nettoprofite Niedrigere Investitionen Privatisierung = Private Verwertung + Öffentliche Entlastung Umverteilung von unten nach oben Druck auf öffentliche Haushalte Niedrigere Nettolöhne Gefahren für Infrastruktur und Soziales Schwaches Wachstum
41
Folgen der Strategien Instabilität und Unsicherheit
Polarisierung und Ungleichheit Aggressivität nach innen und außen
42
Finanzialisierte Gesellschaft
Finanzinvestor Spekulation Druck auf Unternehmen Druck auf Regierungen Finanzkrise Prekarisierung Privatisierung Finanzialisierte Gesellschaft
43
Finanzinvestor Destabilisierung Umverteilung Spekulation Druck auf
Unternehmen Druck auf Regierungen Finanzkrise Prekarisierung Privatisierung Destabilisierung Umverteilung
44
Instabilität und Unsicherheit
Finanzkrisen (s.o.) Unsicherheit der Arbeitsplätze Prekäre Arbeitsverhältnisse Unsichere Alters- und Gesundheitsversorgung
45
Polarisierung und Ungleichheit
Zwischen Nord und Süd Im Norden Im Süden
46
Aggressivität nach innen und außen
Ausbau des Überwachungs- und Polizeiapparates Nach außen: Zunehmende Militarisierung zur Sicherung von Einfluss- und Investitionsgebieten, insbesondere im Rohstoffsektor
47
Gegensteuerung Stabilisierung der Finanzmärkte
Schutz von Unternehmen und Beschäftigten vor Finanzinvestoren Druck aus den Finanzmärkten nehmen
48
Stabilisierung: Wer macht was ?
Regierungen: Bürgschaften, „Rekapitalisierungen“, befristete Verstaatlichungen ohne Einflussnahme Dagegen: die Zocker sollen selber zahlen Dauerhafte Verstaatlichung und Neuordnung des Finanzsektors 2. EU: Symbolisches Hilfspaket Grundsätzliche Kritik an Liberalisierung und Deregulierung der Finanzmärkte Weitrechende der Kredit- und Kapitaslmärkte, Basel 3, Kapitalverkehrskontrollen 3. G20: Treffen zur Finanzmarktkrise 15. November Vertagung auf Ende April Forderungen Verbot von Verbriefungen, Hedgefonds, Offshorezentren Kooperatives Wechselkursmanagement
49
Fünf Ebenen der Reaktion auf die Finanzmarktkrise
Gewährleistung der Funktionen des Finanzsystems: (Teil)Verstaatlichung mit voller Kontrolle Verbot der am stärksten destabilisierenden Praktiken: - Verbriefung, Kredithebel, Aktienoptionen, Hedgefonds Bank- und Kapitalmarktreform - Banken sollen keinen Wertpapierhandel betreiben - Entschleunigung und Standardisierung des Wertpapierhandels Internationale (oder europäische) Kooperation - Wechselkursmanagement - Kapitalverkehrskontrollen An die Wurzeln gehen - Umverteilung von oben nach unten - Stärkung der öffentlichen Alterssicherungssysteme
50
Finanzialisierte Gesellschaft
Finanzinvestor Spekulation Druck auf Unternehmen Druck auf Regierungen Finanzkrise Prekarisierung Privatisierung Finanzialisierte Gesellschaft
51
Schutz von Unternehmen und Beschäftigten vor Finanzinvestoren
Verbot schneller Kapitalentnahmen Beschränkung von Stimmrechten (Bindung an Haltedauer) Mehr Mitbestimmung der Beschäftigten (z.B. Vetorechte bei Übernahmen)
52
Druck aus den Finanzmärkten nehmen
Umverteilung von oben nach unten Umlagefinanzierte Rentensysteme Öffentliche Entwicklungsbanken Andere Wirtschaftspolitik: Binnenzentriert mit kooperativer Entwicklungspolitik
Ähnliche Präsentationen
© 2024 SlidePlayer.org Inc.
All rights reserved.