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Agrarreformen / „Bauernbefreiung“

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Präsentation zum Thema: "Agrarreformen / „Bauernbefreiung“"—  Präsentation transkript:

1 Agrarreformen / „Bauernbefreiung“

2 Einordnung des Themas Das Aufbrechen des aus dem Mittelalter tradierten Agrarsystems wird oft mit der „Bauernbefreiung“ identifiziert Im Folgenden wird dieses Aufbrechen als langfristiger Veränderungsprozess aufgefasst mit weit reichenden Folgen für die Ressourcennutzung

3 Land- und forstwirtschaftliche Ressourcennutzung und Bevölkerungsveränderungen

4 Grundproblem traditioneller Agrarsysteme
Veränderung von land- und forstwirtschaftlicher Ressourcennutzung in Abhängigkeit der Bevölkerungsveränderungen Spielraum der Ressourcennutzung begrenzt Bevölkerungswachstum in traditionelle Agrargesellschaften ohne Möglichkeiten zur massiven Einfuhr von Nahrungsmitteln

5 Zyklen von Bevölkerungswachstum und Änderungen der Ressourcennutzung

6 Entwicklungszyklen 1 Ausdehnungsphase vom Früh- zum Hochmittelalter
Bevölkerungszunahme Ausdehnung der Ressourcennutzung im Ergebnis: instabile Gesamtsituation Grenzen des Nahrungs- und Rohstoffversorgung

7 Entwicklungszyklen 2 Kontraktionsphase
Klimawandel und Pest im Spätmittelalter massive Bevölkerungsverluste Reduktion und Änderung der Ressourcennutzung

8 Entwicklungszyklen 3 Erneute Folge von Ausdehnungs- und Kontraktionsphasen: Bevölkerungswachstum im “langen 16. Jahrhundert“ Bevölkerungskontraktion durch 30jährigen Krieg und Pest

9 Entwicklungszyklen 4 Wachstumsperioden Kontraktionsperioden
nur im Ergebnis gleich in der konkreten Entwicklung jeweils unterschiedlich z. B. Entwicklung von Grund- und Gutsherrschaft auch immer wieder durch kleinere und größere Krisen unterbrochen Kontraktionsperioden ebenfalls nur im Ergebnis ähnlich ganz verschiedene Anlässe und Ursachen

10 Unausweichliche Entwicklungen?
Ungeschehene Geschichte: Frage: Was wäre passiert, wenn das Bevölkerungswachstum nicht unterbrochen worden wäre?

11 Unausweichliche Entwicklungen?
Antworten: gänzlich andere Arten der gesellschaftlichen Entwicklung hätten Platz greifen müssen andere als die eingetretenen gesellschaftlichen Katastrophen hätten eine Begrenzung des Bevölkerungs-wachstums oder Reduktion der Bevölkerung herbeigeführt

12 Unausweichliche Entwicklungen?
Begründung: „Tragfähigkeit“ der Bevölkerung hing noch in erster Linie von der Ertragskraft der Landwirtschaft ab Ertragskraft der Landwirtschaft eine Folge vom Umfang der Nutzfläche nur in Grenzen Intensivierung der Produktion durch Vermehrung der Zahl der Arbeitskräfte

13 Start in einen Entwicklungszyklus von 1650 bis 1800?
von Wachstum und Schrumpfung der Bevölkerung? Wachstum: deutliche Bevölkerungszunahme in der zweiten Hälfte des 17. und im 18. Jahrhundert über Ausgleich der vorausgegangene Bevölkerungsverluste hinaus

14 Herausforderungen der agrarischen Ressourcennutzung 1
Bevölkerungsanstieg 1650: 10 – 12 Mio. 1700: Mio. 1800: 23 – 25 Mio. Ergebnis auch der ersten „demographischen Transition“ in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts überraschender Beginn des Rückgang der Sterblichkeit in Europa

15 Herausforderungen der agrarischen Ressourcennutzung 2
und nun? Neue Gesellschaftskatastrophe oder Veränderung der land- und forstwirtschaftlichen Ressourcennutzung sowie der gesellschaftlichen Wirtschafts- und Lebensbedingungen?

16 Die tradierten Agrarverhältnisse
Ein regionales Beispiel

17 Ein Dorf in Bayern und seine Ressourcennutzung um 1720
Unterfinning Ein Dorf in Bayern und seine Ressourcennutzung um 1720

18 Literatur Beck, Rainer (1993): Unterfinning. Ländliche Welt vor Anbruch der Moderne, München 667 Seiten

19 Material Wie ist eine solche Untersuchung möglich?
1721 ordnete der bayrische Kurfürst eine umfangreiche Steuerbeschreibung an das Ausgangsmaterial der Untersuchung ist ein Indiz für eine veränderte Welt der (frühneuzeitliche) Staat greift nach den Bürgern

20 Lage von Unterfinning 50 km westlich von München
10 km westlich des nördlichen Amersees 11 km östlich von Landberg

21 Rahmenbedingungen der Agrarproduktion
Natürliche Bedingungen des Dorfes Lage 600 – 650 m über NN Klima eher etwas kälter als das vergleichbare Regionalklima von heute hohe jährliche Niederschläge von fast 1000 mm landwirtschaftlich nutzbare Zeitraum: von April bis Ende September

22 Agrarproduktion im Zentrum stand der Getreidebau
keine besonders guten Verhältnisse für die Getreideproduktion um 1720 ein Verhältnis von Saat zur Ernte von 1:3 oder 1:4 (Körnerverhältnis bei Winterroggen) heute Verhältnisse von 1:25 und mehr spätere Entwicklung: „Vergrünlandung“ nach Verbesserung der Verkehrsanbindung

23 Dorfbevölkerung im Dorf lebten 54 Familien
davon 51Hausinhaber mit Pfarrer drei „Inwohner“ insgesamt etwa 200 – 250 Einwohner zum Vergleich: Amtstadt Landsberg 3000 Residenzstadt München unter

24 Das Dorf 1 im Ortskern steht die Kirche mit dem Kirchhof
um die Kirche liegen alle größeren landwirtschaftlichen Betriebe, die Gastwirtschaft und die Schmiede es gibt eine Getreide- und Ölmühle mit angeschlossener mechanischer Säge über das Dorf teilende Bäche führt nur in einem Fall eine Fußgängerbrücke

25 Das Dorf 2 Trinkwasserversorgung aus ca. 20 Grundwasserbrunnen
größere Höfe hatten ihre eigenen Brunnen andere Familien Gemeinschaftsbrunnen Waschen der Wäsche an den Bächen alle Häuser bis auf Kirche, Kapelle und Mühle waren aus Holz Übergang zum Steinbau erst ab dem frühen 19. Jahrhundert

26 Das Dorf 3 Höfe unterschiedlicher Größe:
Wohnhaus mit angebautem Stall z. T. Nebengebäuden (Schuppen, Backhaus) Gärten (meist mit einigen Bäumen bepflanzt) vornehmlich als „Gasgärten“ benutzt wegen Bedeutung der Viehhaltung Kräuter wurden in erster Linie in einem Kräuter-Garten der Gemeinde gezogen die Höfe waren mit Zäunen voneinander abgegrenzt Dorf und Feld waren zwei eindeutig von einander getrennte Bereiche (Etter)

27 Modell der alten europäischen Dorfflur
Das Kreis-Modell der Flurnutzung ohne Berücksichtigung natürlicher Bedingungen Getreideflächen umgeben als Ring unmittelbar das Dorf Wiesen und Weide schließen sich an gehen in Wald über den äußersten Ring der Gemeindeflächen bildet der Wald

28 Reale Struktur der Flur 1
Ackerfläche des Dorfes (165 ha) ist in drei etwa gleich große Felder (Zelgen) eingeteilt mit insgesamt 350 individuell zu rechenbare Äcker (Parzellen) die Parzellen in den Feldern liegen in einer ausgesprochenen Gemengelage sind durch Grasstreifen oder „Anwender“ getrennt sind zumeist als Langstreifen angelegt z. T. nur über die Flächen der Feldnachbarn erreichbar

29 Reale Struktur der Flur 2
Weideland (ca. 240 ha) befand sich vollständig in Einzelbesitz Einzelflächen nur durch ein ausgeklügeltes System von Überfahrts- und Viehtriebsrechten zu erreichen dörflicher Allmendewald („Schweingruben“) herrschaftlicher Forst

30

31 Organisation der Bewirtschaftung 1
Wechsel der Bewirtschaftung der Felder in einen endlos gleich bleibenden Zyklus Winter-, Sommerung, Brache Anbau weitgehend fest gelegt. Winterfeld: Dinkel und Rogen Sommerfeld: Hafer und Gerste konkrete Bewirtschaftung verlangte aber aufwendige Synchronisation Terminfestlegungen für die verschiedenen Feldarbeiten in Abhängigkeit von Witterungsschwankungen z. B. Termine für Aussaat, Ernte oder das Entfernen der Zäune

32

33 Organisation der Bewirtschaftung 2
individuelle Nutzung der einzelnen Ackerparzellen im dörflichem Rahmen durch gemeinsame Termine für Feldarbeiten, Aussaat und Ernte nach der Ernte kollektive Nutzung der Ackerflächen durch Viehherden Grünland: vor dem 4.Mai und ab dem 4 Juli individuell als Wiese genutzt

34 Viehhaltung 1 getrennte Herden für Rinder u. Pferde, eine gemeinsame für Schweine, Schafe und Gänse bezahlte Hirten vor dem Mai- und nach dem Juli-Termin stand Grünland den Viehherden offen während der „Sperre“ des Weide- und Ackerlandes Überleben des Viehs nur möglich durch Waldweide im Gemeinde- und z. T. im herrschaftlichen Wald

35 Viehhaltung 2 Beschickung der Herde
jedes „Haus“ durfte soviel Vieh mit in die Herde geben, wie durch den Winter gebracht worden war Bezahlung der Hirten individuell nach Zahl der Tiere

36 Wald 1 die vielfältigste Ressource der Dorfes Allmendewald Teilhabe:
jeder Haushalter erhielt gleiche Menge Holz, Gleichheit bei der Sammlung von Eicheln und Bucheckern bei der Viehnutzung keine Gleichheit unterschiedliche Viehzahl in den Herden Schweinemast gegen Entgelt

37 Wald 2 herrschaftlicher Forst: Rechte der Einwohner von Unterfinning
Jahrholz (Brennholz) für jedes Haus (drei Klafter = 9,5 m³) Holz für Hausbau i. d. R. gegen Entgelt Wald - nicht nur Forst - sondern auch sonstige Bäume Gegenstand ständiger Auseinandersetzungen landesherrliche Festlegungen gegen regionale oder lokale Gewohnheiten

38 Grundzüge der Landbewirtschaftung
Grundbesitz kein unumschränktes Nutzungsrecht sondern nur ein beschränktes auf bestimmte Zeiträume innerhalb sozialer Normen Recht der Dorfarmen auf Sammlung der liegen gebliebenen Ähren nach der Ernte

39 Selbstversorgung 1 Getreidebedarf der Dorfbevölkerung ca. 430 – 475 dz
Erzeugung von Nahrungsgetreide im Dorfes: in normalen Jahren 415 – 477 dz Ergebnis: rechnerisch war Getreidebedarf des Dorfes in normalen Jahren gerade zu decken d. h. ohne Abgaben und Marktverkäufe

40 Selbstversorgung 2 Mindestgröße der Landwirtschaft für eine Selbstversorgung bei einer dreiköpfigen Familie: 5 ha bei „Normalfamilie“ und zwei Pferde ab 10 ha Bedeutung der Viehhaltung für die Selbstversorgung: erst ab Besitz von ca. 2 ha findet sich auch Ackerland

41 Ungleichheit des Bodenbesitzes
21 Häuser mit mehr als 5 ha Fläche davon 3 mit 45 – 54 ha weitere 5 zwischen ha 12 Häuser zwischen 1 und 5 ha Fläche 11 Häuser zischen 0,1 bis 1 ha Fläche 10 Häuser ohne jeden Grundbesitz 65 % der privaten Flächen in den Händen von 8 Besitzern über 15 ha

42 Dorfmarkt mit Getreide
großer Teil der Haushalte des Dorfes war auf den Zukauf von Getreide angewiesen Ankauf beim Pfarrer oder auch bei Bauern

43 Bauerndorf ? von den 54 Häusern des Dorfes sind nur 16 als Bauern zu bezeichnen „Bauer“: Besitzer eines Hofes der nicht mehr ausschließlich durch die Arbeit der Familie zu bewirtschaften ist über Gesindearbeitskräfte verfügt der landwirtschaftliche Überschüsse produziert

44 Gewerbe im Dorf 14 Gewerbetreibende mit 16 Gewerben
2 Schneider 1 Schuster 1 Säge 1 Zimmermann 1 Kistler 1 Schmied 1 Müller 2 Bäcker 1 Wirt 1 Händler 4 Weber

45 Andere Ressourcen des Dorfes 2
Einkommen aus den Gewerbetätigkeiten Müller, Wirt, Schmied hohe Einkommen und z. T auch großer Grundbesitz andere, insbesondere Weber Beschäftigung reichte nur für einen kleinen Teil des Jahres sehr geringes Gewerbe- und z. T. kein Landwirtschaftseinkommen

46 Lebensformen jenseits von Handwerk und Gewerbe
Tagelöhner Tagelohn war eine „seltene und begehrte Beute“ „Kraxelhuber“ Hausierer u. a. mit „geistlicher Ware“ Almosenempfänger: 15 % aller Haushalte

47 Einkommensmöglichkeiten
Zusatzeinkommen für Bauern mit Pferdegespannen: Fuhrunternehmen auf der Straße von München nach Landsberg waren täglich 30,40 und mehr Fuhrwerke unterwegs auch Zusatzanspannung für bestimmte Wegstrecken

48 Hauptprobleme der Agrarproduktion
„Auszehrung“ des Bodens Verunkrautung der Flächen Geringer Feldaufgang

49 Das Modell der Grundherrschaft
dem Grundherrn gehörte die Gesamtflur und die Höfe im Dorf ein landwirtschaftlicher Betrieb vollständig mit Haus und Flächen die Bauern waren einem Grundherrn Abgaben schuldig

50 Die Realität der Grundherrschaft in Unterfinning
dem „Flickenteppich“ der Grundstücke entsprach ein „Fleckenteppich“ der Grundherrschaften Grundherr des Betriebes war oft nicht Grundherr aller Flächen eventuell Spielräume für die Landwirte „walzende Grundstücke“ Grundstücke, die einem anderen Grundherrn als dem des Hofes oder auch keinem Grundeigentümer gehörten konnten verkauft oder getauscht, ohne dass der Grundherr des Hofes davon Kenntnis bekam

51 Staat als „neuer Spieler“
vornehmlich in der Rolle als Steuereintreiber Staat beanspruchte zunehmend und ausschließlich den ersten Zugriff schätzte Leistungsfähigkeit eines Betriebs als Ganzes ein Steuerleistungen zusätzlich zu Abgaben „Konkurrenz“ zwischen Abgaben und Steuern

52 Stabilität des System der Bewirtschaftung 1
Verhältnisses von Acker- zu Grünland durch die wirtschaftliche Koppelung von Viehhaltung und Getreidebau „Weiden begrenzen Korn“ (Dünger) durch die Festlegungen der Abgaben des Grundherrn höhere Abgaben auf Ackerland kein Interesse Acker- in Weideland umzuwandeln

53 Stabilität des System der Bewirtschaftung 2
Großbauern mit viel Fläche haben genügend Ackerflächen wenig Interesse am Umbruch von Weideland Chancen der Veränderung der Flächennutzung durch einzelne Betriebe gering

54 Stabilität des System der Bewirtschaftung 3
Beseitigung der Flurzersplitterung Zusammenführung des Grundbesitzes im Interesse der Grundherrn Vielzahl der Grundherrn macht Aufgabe schwierig Neuvermessung wäre sehr teuer Chancen der Flurzusammenführung und Herauslösung aus dem Flursystem durch einzelne Betriebe kaum gegeben

55 Ende des Beispiels Unterfinning

56 Feudale Belastungen der Landwirtschaft

57 Feudale Belastungen Belastungen der Betriebe durch das Feudalsystems waren höchst unterschiedlich nicht nur zwischen Grund- und Gutsherrschaft sondern auch in innerhalb der jeweiligen Herrschaftsformen sowie vielfach zwischen einzelnen Orten / Betrieben

58 Feudale Belastungen: ein Beispiel aus Niederbayern
Erbe eines Betriebs in Emming (Niederbayern) 1780 Das „Gut“: 6 ha Acker ¾ ha gute Wiesen 3 ha Wald „Dreiviertelbauer“ Teil der Mittelschicht des Dorfes

59 Feudale Belastungen: ein Beispiel aus Niederbayern
um das Erbe des Vater anzutreten, musste der Sohn für den Erhalt des „Erbrechtsbriefs“ zahlen Besitzwechselabgaben an den Grundherren dort üblicherweise 7,5% des Werts = 45 Gulden Jährliche Abgaben „Große Zehnt“: 17 % des Reinertrages sonstige Geldzahlungen waren nach Inflation „leicht“ knapp 2 Gulden (3% des Betriebswerts) weitere Naturalabgaben: 2,5 Scheffel (ca l) Getreide und eine festgelegte Menge Flachs

60 Feudale Belastungen: ein Beispiel aus der Niederlausitz
Vollbauer 5,5 ha Garten 1,25 ha Weiden Nutzungsrechte an der 40 ha großen Gemeindeweide festgesetzte Grenzen der Großviehhaltung 16 Kühe für Bauern 10 Kühe für Kossäten 4 Kühe für Büdner

61 Feudale Belastungen: ein Beispiel aus der Niederlausitz
Jährliche Abgaben des Vollbauern 1765: 100 Gulden Frondienste: der entscheidende Unterschied täglich mit der Hand im Frühjahr und Herbst je eine Woche mit Gespann Kossäten und Büdner hatten Fronde in anderen Umfängen zu leisten

62 Feudale Belastungen: ein Beispiel aus der Niederlausitz
Kinderzwangsdienst jede Familie des Dorfes hatte ihre Kinder sobald sie aus der Schule waren, bei der Herrschaft dienen zu lassen „so lange es der Herrschaft gefällt“ Mühlenbann alles Mehl der Bauern musste bei der Herrschaftsmühle gemahlen werden

63 Extremfall der Leibeigenschaft
1744 Angebot in einer Königsberger Zeitung Koch der gut kochen könne im Garten gut Bescheid wisse Ehefrau die gut weben könne drei Töchter im Alter 9,12,13 Jahre alle zu Diensten brauchbar für zusammen 400 Gulden abzugeben!

64 Extremfall der Leibeigenschaft
weiterer Mann (in der Lehre bei Förster) für 100 Gulden abzugeben Anbieter und Zensor erhielten einen Verweis des Landesherrn es war nicht erlaubt, Untertanen außerhalb der Güter öffentlich zum Kauf anzubieten öffentlicher Handel mit Menschen ist verboten

65 Soziale Ungleichheit innerhalb der Herrschaft
Beispiele: Dorf Groß Mellen „teilen“ sich 1718 fünf Adelige sie besaßen 8 Bauern 7 Bauern 4 Bauern 3 Bauern

66 Soziale Ungleichheit innerhalb der Herrschaft
vom Ertrag solcher Besitzungen war auch für die „Herren“ kein „standesgemäßes Leben“ möglich Bemühungen um „Flurbereinigung“ mehrerer „Rittersitze“ in einem Dorf 1800 noch nicht überall abgeschlossen 1780 Familie von Bülow besaß 73 Dörfer in mehrerer Familienlinien

67 Herrschaft über Land und Menschen
im Rahmen der Grundherrschaft besaßen relativ wenige Familien des Adels zusammen riesige Mengen Land dem zentralen Produktionsfaktor einer Agrargesellschaft Verfügung über Land war die Grundlage der Macht des Adels in Preußen

68 Feudalbelastungen Feudalquote:
rechnerische Vergleichgröße aller Lasten nur vereinfachender Anhaltspunkt im Westen pro Flächeneinheit höher als im Osten aber Einkommen der Bauern im Westen höher wegen höherer Erträge wegen höherer Preise

69 Feudalbelastungen bäuerliche Einkommen waren unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten nur Restgröße keine nennenswerten Mittel für Investitionen Naturalabgaben in Form festgelegter Produkte tragen zur Zementierung der Anbausstruktur bei

70 Soziale Folgen der Gutherrschaft
Georg Friedrich Knapp zur Leibeigenschaft in Ostdeutschland: „Und so bleibt der Bauer immer und ewig auf der selben Stufe, verworren in sich, finster, grob, knechtisch, nur dem Vogt gehorchend, ein unglückliches Mittelding zwischen Lasttier und Mensch“

71 Die Grundfrage der Entwicklung
Land- und forstwirtschaftliches Ressourcennutzungssystem des 18. Jahrhunderts hat allen Problemen zum Trotz über Jahrhunderte Bestand gehabt! es war nachhaltig Welche Prozesse leiten die grundsätzliches Veränderung dieses Nutzungs- und Herrschaftssystems ein?

72 Der lange Aufbruch in die „Moderne“
Soziale und wirtschaftliche Prozesse im 18. Jahrhundert

73 Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse

74 Herausbildung der Landesherrschaft
untergräbt die gesellschaftliche Funktion der Grundherrn Landesherrn oft gleichzeitig der größte Grundherr verschärft Interessenwidersprüche von Landes- zu Grundherrn Verändertes Politikverständnis der landesherrschaft Maßnahmen zur aktiven Wirtschaftslenkung / -förderung

75 Herausbildung der Landesherrschaft
Entwicklung des (frühneuzeitlichen) Staats / Länder eigene Interessen des Staats Erhöhung der Einnahmen Steuern Export eigene Verwaltung stehendes Heer

76 Verändertes Staatsverständnis
(4) Staatliche Maßnahmen Theorie des Merkantilismus Ziel: Steigerung des Reichtums und der Macht des Staats Erhöhung der Edelmetallvorräte Handelsbilanzüberschuss niedrige Löhne und hohe Arbeitsproduktivität Interesse an Bevölkerungswachstum aktive Bevölkerungspolitik

77 Ausdehnung der agrarischen Flächen

78 Staat als Akteur Erweiterung der Agrarflächen durch groß angelegt Meliorationen Oder- und Wartebruch, Donauries bei gleichzeitig verstärktem Schutz der Wälder auch als Reaktion auf städtische Holznachfrage Unterstützung der Proto-Industrialisierung „auf dem Land“ Politikwechsel: weg von der Behinderung des Entstehens unterbäuerlicher Schichten

79 Entwicklungen in der Landwirtschaft

80 Die gesellschaftliche Herausforderung
Das Bevölkerungswachstum: selbst in normalen Zeiten konnten sich Teile der wachsende Bevölkerung auf dem Land kaum ernähren seine Ernährung seine Erwerbsmöglichkeiten

81 Entwicklungen in der Landwirtschaft
Fortbestehender feudaler Rahmen der Agrarproduktion Vielzahl von regional unterschiedlichen Ausgestaltungsversuchungen und erfolgten Anpassungen

82 Beispiele für Entwicklungen in der Landwirtschaft

83 Besömmerung der Brache

84 Besömmerung der Brache
Anbau auf Brachflächen von Leguminosen (Hülsenfrüchtler) Erbsen, Bohnen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts um Göttingen die wichtigsten Früchte des Brachfelds Lein (Flachs) allmählicher Anbau von Klee oder weiterer Futterkräuter

85 Besömmerung der Brache
Besömmerung setzt voraus Absprachen innerhalb der Dorfgemeinschaft Veränderung der Viehhaltungs- / Weidepraxis teilweiser Übergang zur Stallhaltung

86 Der Anbau neuer Pflanzenarten

87 Beispiel: Tabak im Raum Göttingen
Tabakanbau durch Kloster Weende ab 1751 Versuche von Seiten der Herrschaft Tabakanbau auf Brachflächen 1769 durchzusetzen wegen seiner im Vergleich zum Flachs besseren Bodenwirkungen Ablehnung durch die Bauern wegen Unkenntnis der Pflanze

88 Einführung der Kartoffel
Pflanze mit hohem Ernährungspotential

89 Loblied auf die Kartoffel
„Warum die Rose besingen, Aristokrat! Besing die demokratische Kartoffel, die das Volk nährt! Heinrich Heine

90 Der lange Einführungsprozess
Kulturpflanze der Inkas von den Spaniern um 1565 nach Europa gelang um 1573 wertvoller Teil des Reiseproviants der spanischen Schiffe gegen Skorbut Sir Franzis Drake brachte Kartoffel 1581 nach England

91 Der lange Einführungsprozess
in der ersten Hälft des 17. Jahrhunderts bereits wichtigstes Grundnahungsmittel in Irland In Deutschland: Anbau während des 30jährigen Kriegs der großflächigen Anbau in Westfalen und Niedersachsen erfolglos propagiert 1651 Zierpflanze im Berliner Lustgarten

92 Der lange Einführungsprozess
um 1710 kam landwirtschaftliche Anbau von Kartoffeln in Oberfranken und Oberpfalz auf 1734 erste Kochrezepte in einem Kochbuch in Franken Bemühungen zur Einführung der Kartoffel in Preußen durch König Friedrich Wilhelm I. bleiben erfolglos Friedrich II, der Große, setzte Bemühungen fort

93 Befehl zum Anbau der Kartoffel
Befehl von Friedrich II, König von Preußen Befehl gibt detaillierte Anweisungen zur Bodenbearbeitung, Düngung, Pflege und Lagerung der Kartoffeln

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98 Der lange Einführungsprozess
erst nach der großen Hungersnot 1771/1772 setzte der Siegeszug der Kartoffel in Preußen ein

99 Proto-Industrialisierung

100 Protoindustrialisierung
gewerbliche Produktion von Massenwaren für den Weltmarkt vor Beginn der Industrialisierung frühneuzeitliche Massenfertigung vor allem von Textilen in ländlichen Gebieten durch „ländliche Hausindustrie“ Verbreitete regionale Entwicklungen in Europa

101 Voraussetzungen der Protoindustrialisierung
Entwicklung einer Nachfrage nach Massengütern Verzicht auf Eigenproduktion Günstige Verkehrslage für den Absatz der Produkte auch in vor allem nach Übersee (Kolonien)

102 Voraussetzungen der Protoindustrialisierung
Sicherstellung der Nahrungsversorgung durch Zugang zu Land durch Entwicklung regionaler Getreidemärkte zur Versorgung spezialisierter ländlicher Heimgewerbelandschaften soziale Differenzierung der ländlichen Bevölkerung als Voraussetzung und Folge Häusler in Sachsen ,4 % ,4 %

103 Voraussetzungen der Protoindustrialisierung
Entfaltungsspielraum für eine ländliche Hausindustrie Ländliche Heimindustrie überwiegend in Gebieten mit Grundherrschaft

104 Ländliche Textilproduktion
Faserpflanzen Flachs (z. T. auch Hanf) als Rohstoff der Textilherstellung traditionelle Anbaupflanzen Ausdehnung des Anbaus von Faserpflanzen Anbau ist deutlich arbeitsintensiver als der von Getreide

105 Folgen der ländlichen Textilkonjunktur
Anbau von Färberpflanzen Waid für blau Krapp für rot regionale Spezialisierung der Ressourcennutzung

106 Problem der Heimproduktion
Sicherung einer gleich bleibende Qualität Standardisierungsversuche mit öffentlichen Schau- und Prüfanstalten: Leggen keine Vermarktung nach standardisierten Angeboten z. B. Bestellung nach Musterbüchern

107 Protoindustrialisierung und Globalisierung
Beispiel Raum Minden-Lippe: ein Sprung der Globalisierung Samen des Flachses aus dem Baltikum Anbau und Weben in den westfälischen Territorien Preußens Absatz auf dem Weltmarkt (Übersee) große Bedeutung für den preußischen Staat „Spinnerländchen“

108 Protoindustrialisierung und Globalisierung
Versuche des preußischen Staats nach den napoleonischen Kriegen und Veränderungen des Weltmarkt diese Heimindustrie wieder zu beleben hatten nur geringen Erfolg Johann Nepomuk von Schwerz: Reise durch Westfalen (derselbe. „Beschreibung der Landwirtschaft in Westfalen“ 1836)

109 Leinenproduktion in Laichingen (Württemberg)
Beispiel für Entwicklung der Leinenproduktion in einem heimindustriellen Gewerbedorf

110 Beispiel Laichingen Literatur:
Medick, Hans (1996): Weben und Überleben in Laichingen 1650 – 1900. Veröffentlichungen des Max-Plank-Instituts für Geschichte, Nr. 126, Göttingen 708 Seiten

111 Beispiel Laichingen viele allgemeine Zuschreibungen an das ländliche Gewerbe treffen hier nicht zu Weber aus L. sind Teil des Banns der Weberzunft bzw. Handelskompanie von Urach letztlich konnte sich das ländliche Gewerbe aber durchsetzen nahe Grenze zu Bayern, Vorderösterreich und Reichsstadt Ulm erwies sich als hilfreich

112 Beispiel Laichingen Absatz / Zugang zu internationalen Märkten: die Entwicklungsvoraussetzung im benachbarten Ausland siedelten sich Händler aus der Schweiz und Italien an Export des Leinens nach Südeuropa und Lateinamerika Monopol der Uracher Leinen Company diente der Kanalisation dieses Absatzes zugunsten bestimmter Handelspfade und Personen

113 Beispiel Laichingen Verbindung mit Landwirtschaft für Entwicklung in L. entscheidend Wachstum und Ausdehnung der Leinenproduktion noch als diese im Zentralort Urach bereits rückläufig ist Einkommenskrise vieler Weber „Überfüllung des Handwerks“ Verbindung wichtig zur Rohstoffgewinnung in erster Linie aber zur Absicherung des Lebensunterhalts der Weber

114 Beispiel Laichingen Struktur des Ortes: 1722 1797 Haushalte 211
Leineweber (34,5 %) Bekleidungsgewerbe (5,2 %) 1797 Haushalte Leineweber (62,1 %) Bekleidungsgewerbe (3,3 %)

115 Beispiel Laichingen 1824 Haushalte Leineweber (55,1 %) Bekleidungsgewerbe (4,2 %) große soziale Unterschiede zwischen den Webern relativ gut stand, wer zwei Berufe hatte

116 Beispiel Laichingen Voraussetzung zur Sicherung der Einkommenssituation zwei Webstühle Beschäftigung eines Gesellen auch der Lehrer und der Hilfslehrer des Dorfes (Vater und Sohn) arbeiteten als Weber Lehrereinkommen reichte nicht zum Überleben aus

117 Beispiel Laichingen Wirtschaftliche Situation in Abhängigkeit vom Lebenslauf junger Webermeister: Aufbau des Betriebs, geringes Einkommen Weber im mittleren Alter (40-55) „Blüte“ des Arbeitslebens, größte Einkommen alter Webermeister nachlassende Kräfte, häufig problematische Einkommensverhältnisse

118 Beispiel Laichingen Beispiele für soziale Unterschiede zwischen Webern: Betrieb 1: 1722: 2 Webstühle (1722) geschätzter Verdienst: 100 Gulden/Jahr 1751 Haus- und Grundbesitz 1641 Gulden rund 10 ha Land drei Kühe, ein Pferd usw.

119 Beispiel Laichingen Betrieb 2: Zugewanderter Weber 1722
Beginn seins Berufslebens nur einen Webstuhl „Beisitzer“ (Häusler) 1751 (Tod des Webers) Vermögen von 322 Gulden fast ausschließlich in Form eines „halben Hauses“

120 Beispiel Laichingen Betrieb 3 (Typ Kleiner Besitzer):
1726 gegründeter Haushalt 25 Gulden gewerbliches Steuervermögen: „gut gehender Leineweberbetrieb“ 1743 Tod des Hausherrn Besitz: Haus, Scheune, Hofraite Krautgarten u. kl. Krautacker 1 ha Ackerland zum Anbau von Getreide und Flachs (kleinerer Teil)

121 Beispiel Laichingen „Reagrarisierung“ der Erwerbsstruktur des Dorfes
Folge der Krise der Leineweberei im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts aber nur für einen kleinen Teil der Weber eine reale Möglichkeit

122 Ende des Beispiels

123 Entwicklungen in den Gebieten der Gutsherrschaft

124 Zwischen Marktchancen und Beharrung
Entwicklungen regional wie von Gutsherrschaft zu Gutsherrschaft sehr unterschiedlich Ausrichtung preußischer Güter auf die Getreidenachfrage in Westeuropa Export von Getreide vor allem nach den britischen Inseln Aufbau ländlicher Industrien Brennereien, Ziegeleien, Molkereien

125 Zwischen Marktchancen und Beharrung
z. T. auch Ersatz von Frondiensten durch Lohnarbeit Gründe schlechten Produktivität der Fronarbeit hoher Kontrollaufwand wer kontrolliert die Kontrolleure Senkung des Aufwands zur Unterstützung der Bauern bei Notfällen

126 Das englische Vorbild

127 Englische Agrarentwicklung
„Agrarrevolution des 17./18. Jahrhunderts“ Agrartechnische und -organisatorische Entwicklungen um 1650 Einführung der intensiven niederländischen Agrarkultur in England Voraussetzung für die Industrielle Revolution in England

128 Englische Agrarentwicklung
in Verbindung mit dem Aufstieg Englands zur Weltmacht als Alternative zu kontinentaleuropäischen Verhältnissen von größer Bedeutung

129 Englische Agrarentwicklung
Technologietransfer z. B. Fruchtwechselwirtschaft Systematischer Anbau verschiedener Pflanzen Fruchtfolge Verzicht auf Brache Verbesserungen auf allen Gebieten Verhältnis Aussaat – Ernte: 1:8

130 Technische Neuerungen als Beispiele für die Dynamik Charakter der englischen Entwicklung

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136 Öffentliche Agrardebatten in Deutschland

137 Agrarentwicklung zentrales Thema der Zeit
Verbesserung der Produktion genießt hohe öffentliche Aufmerksamkeit englische Agrarentwicklung als Vorbild Verbesserung der Lebensverhältnisse in den Gebieten der Gutsherrschaft

138 Die Verhältnisse in England als Vorbild
Forderungen nach Übergang zu einem anderen Ressourcennutzungssystem andere Fruchtfolgen andere Produktionsorientierungen Veränderungen setzen aber eine Veränderung der Agrarverfassungen voraus Veränderung der Grundherrschafts- und der Gutsverfassung

139 Allmenden / Gemeinheiten
in Reformdebatte als besonderes Problem für die Produktionsentwicklung identifiziert „Ein jeder macht Gebrauch davon, so oft er sich laben will, aber keiner nimmt sich ihrer an„ Johann Christian Bergen

140 Allmenden / Gemeinheiten
Situation der Allmenden aber regional sehr unterschiedlich Nutzungsbegrenzungen sehr verschiedene Nutzungsformen reale Nutzungen lasen heute eine generell negative Beurteilung wie durch Zeitgenossen nicht mehr zu! Allmendeentwicklungen sind ein derzeitiger Forschungsschwerpunkt in der Fachwissenschaft

141 Erste Versuche und Maßnahmen zur Reform des Agrarsystem

142 Vereinödungen und Separationen
Vereinödung im Oberschwaben/Allgäu auf freiwilliger Basis ab 1550 1791 Vereinödungsverordnung 1770 bis Verfahren mit ha und 1000 Aussiedlungen 1765 Separationsverordnung in Preußen

143 Struktur der Erwerbstätigkeit um 1800
Vgl. Ausdruck Tabelle

144

145 „Bauernbefreiung“

146 Agrarreformen 1 trotz frühen Beginns
ab 1760 Entfeudalisierung in Schleswig-Holstein durch die dänische Krone Aufhebung der Leibeigenschaft 1785 1781 Aufhebung der Leibeigenschaft durch Joseph II. in Österreich-Ungarn 1783 Markgraf zu Baden

147 Agrarreformen 2 Die Macht und Drohung des Beispiels:
in den französischen Rheinlande 1797/8 Aufhebung aller feudalrechtlichen Bindungen ohne Entschädigung in Preußen durchgreifend erst nach der „nationalen Katastrophe“

148 Preußische Agrarreformen 1
„Stein-Hardenbergschen Reformen“ Edikt vom 9. Oktober 1807 Aufhebung der Erbuntertänigkeit Gewerbefreiheit Herstellung der Freiheit des Eigentums aber Feudallasten nicht berührt

149 Preußische Agrarreformen 2
„Regulierungsedikt“ von 14.September 1811 Überführung von zum Gutshof gehörenden nicht „eigentümlich verliehenen“ Betrieben in das Eigentum der Bauern Landabtretungen von ⅓ bis ½ der Betriebe bis 1834 ca. 95 % aller Regulierung abgewickelt

150 Preußische Agrarreformen 3
Vielzahl von weiteren Gesetzen und Verordnungen Edikt zur Ablösung der Lasten und Dienste Gemeinheitsteilungsordnung abschließendes Ablösungs- und Regulierungsedikt Abschluss der Ablösungen erst in der zweiten Hälfte des 19.jahrhunderts

151 Umsetzung der Agrarreformen
ein Jahrzehnte langer Prozess z. T. über das gesamte 19. Jahrhundert vielschichtiger Prozess Rahmenbedingungen zur Lösung des Verhältnisses Bauern – Grund oder Gutsherrn zeitlich und inhaltlich unterschiedliche Erfassung von Bauerngruppen Bauernhöfe mit oder ohne Spanndienste Aushandlungsprozesse zwischen den Bauern Aufteilung der Allmende große fundamentale regionale Unterschiede

152 Das Grundprinzip der Eigentumsübertragung am Boden
bisheriges Recht als Ausgangspunkt Geteiltes Eigentum an Boden Obereigentum: Grundherrn Nutzungsrecht: Bauern Übertragung durch reale Teilung der Flächen Landabtretungen an den Gutsherrn Umfang der Landabtretungen differenziert nach Erbrechten Übertragung durch Entschädigungszahlungen der Weg in den Grundherrschaftsgebieten

153 Ergebnisse der Agrarreformen
Aufhebung der persönlichen Bindungen und des Gesindezwangsdienstes Herstellung der Freizügigkeit erfolgt in Mecklenburg erst 1820 Umwandlung der Dienst und naturalen Abgaben in Geldleistungen kapitalisierte Ablösung gemeinsam mit anderen monetären Abgaben

154 Ergebnisse der Agrarreformen
Verleihung des Eigentum an Grund und Boden nach skizziertem Muster in Folge von Bodenaneignung durch Gutsherrn Verlust von – Bauernhöfe – nicht spannfähige Hofstellen Auflösung der Gemeinheiten dort wo dies Dorfgenossenschaft beschloss

155 Ergebnisse der Agrarreformen
Landesherrlichen Befugnisse des Adels etwa Polizeigewalt der Gutsherrn Aufhebungsprozess in Schritten über das ganze Jahrhundert Z. B. Polizeigewalt in Preußen 1872 Aufhebung der selbstständigen Gutsbezirke erst 1927 Gutsherr Ortsvorsteher (Bürgermeister)

156 Folgen der Agrarreformen
In Verbindung mit Separierungen der Gemeinheiten (Allmenden) Auflösung des Flurzwangs Herstellung der Freiheit der Verfügung über die Ressourcen als Voraussetzung einer Verbesserung

157 Folgen der Agrarreformen
Zusammenlegungen (Flurbereinigungen) als Folge der Aufhebung des Flurzwang und Separierungen große Investitionen in den Wegebau

158 Folgen der Agrarreformen
gravierende soziale Veränderungen in der Dorfbevölkerung tendenzielle Benachteiligung ärmerer Gruppen landarmer Haushalte Beschleunigung der Entstehung der „Landarbeiterklasse“ massive Vermögensübertragungen an die ehemaligen Grundherrn

159 Folgen der Agrarreformen
Verfestigung der dualen Agrarstruktur in Deutschland im Westen bäuerliche Landwirtschaft in unterschiedlichen Ausprägungen in „Ostelbien“ Grußgrundbesitz in der Hand von adeligen und zunehmend bürgerlichen Besitzern aber unter der agrarpolitischen „Führung“ von Adeligen

160 Auswirkungen auf die Ressourcennutzung

161 Ressourcennutzung zwischen Tradition und Neuerungen
ein rascher und genereller Übergang der Bauern zu einer Fruchtwechselwirtschaft erfolgte nicht langsamer Prozess mit großen regionalen Unterschieden Ein grundsätzlicher Wechsel war angesichts des Charakters der Agrarreformen auch kam zu erwarten aber Ausbau der Viehwirtschaft Regional: Aufnahme des Zuckerrübenanbaus

162 Einführung des Zuckerrübenanbaus

163 Zucker aus Zuckerrohr Verwendung in China 10 000 v. Chr.
Anpflanzung von Zuckerrohr am Mittelmeer im Mittelalter 1319 erstmals Zucker in England Luxus- und Medizinartikel in geringen Mengen 1432 erste Zuckerrohrplantage auf Madeira

164 Zucker aus Zuckerrohr ab 1650 Zucker von den atlantischen und karibischen Inseln als verbreitetes Konsumgut in Europa Beginn Ablösung des Honigs als Süßungsmittel Produktion in den Kolonie auf Basis von Sklaven allein 15 – 20 Mio. Sklaven für Zuckerproduktion

165 Zucker aus Zuckerrohr Kontinental- bzw. Seesperre im Krieg von Napoleon gegen England um 1800 Ausfall der Einfuhrmöglichkeiten ab 1806 Aufbau einer inländischen Zuckerproduktion auf Basis von Zuckerrüben

166 Zucker aus Zuckerrüben
Entdeckung de Zuckers in Rüben durch den Berliner Apotheker Andreas Sigismund Markgraf Franz Karl Achhard 1799 Untersuchungen zur Gewinnung von Zucker aus Runkelrüben und praktische Ausführungen 1811/12 Staatsfabriken zur Gewinnung von Zucker aus Rüben Ersatz des Rohrzuckers

167 Zucker aus Zuckerrüben
mit Ende der Kontinentalsperre Zusammenbruch der Rübenzuckerproduktion 1834 Wiederbeginn der Zuckerrübenanbaus und der Zuckerproduktion Ursache: Einführung von Zöllen durch den Deutschen Zollverein auf Rohrzucker

168 Zucker aus Zuckerrüben
Ausbau des Schutzsystems über verschiedene Stufen und Maßnahmen zu einer umfassenden Zuckermarktpolitik Kontingentierung ab 1885 fast völlige Substitution des preiswerteren Rohrzuckers durch Rübenzucker Gewinner: Teile der Landwirtschaft in Eurpa Verlierer?

169 Zucker aus Zuckerrüben
Anbau sehr arbeitsintensiv z. T. im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts Einsatz von Wanderarbeiter aus Polen

170 Zuckerpolitik Zuckerrübenanbau in Europa eine Folge der agrarpolitischer Maßnahmen Aktuell: in der EU möglicherweise grundsätzlicher Bruch mit dieser agrarpolitischen Tradition

171 Die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts 1
Trotz neuer institutioneller Möglichkeiten zur Sicherung der Ernährung Verschärfung der Situation weitere Bevölkerungsvermehrung Zusammenbruch des ländlichen Textilkonjunktur Aufkommen industrieller Konkurrenz Prekäre Lebensverhältnisse für weite Teile der Bevölkerung

172 Die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts 2
Anstieg der Agrarpreise Langsame Veränderung der Agrarproduktion Anteil der Brache % 1850/ ,3 % Anteil der Kartoffeln ,5 % 1850/55 9,4 % Anstieg der Erträge um 10 – 20 %

173 Agrarentwicklung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
gute Agrarkonjunktur Veränderung der Preis-Lohnverhältnisse zugunsten der Agrarprodukte große Ernte- und Hungerkrisen 1817/18 1845 – 49 (Kartoffelfäule) in Irland 1, 5 Mio. Tote generell äußerst prekäre Situation der Nahrungssicherung und -versorgung

174 Hungerkatastrophe von 1846/47 1
Ursache „Schlechtes Wetter“ in weiten Teilen Europas daher Ertragsdepressionen im Spessart gepflanzte Kartoffeln wurden nicht einmal mehr geerntet prekäre Lebenssituationen verschärfen sich vollends Regierungen blieben weitgehend untätig weiter Getreideexporte von Preußen nach England hohe Ausfuhrzölle von Preußen gegenüber Frankreich (kein wichtiger Käufer von Getreide)

175 Hungerkatastrophe von 1846/47 2
die marktorientierte Landwirtschaft profitierte vom höheren Preisniveau fehlende Kaufkraft als Hungerursache Hungersnot ging in die Revolution von 1848 über war aber trotz einiger Hungerunruhen nicht ihr Anlass

176 Pauperismus ein grundsätzliches Gesellschaftsproblem ohne sich abzeichnende Lösung über Generationen Pauperismus große Bevölkerungsteile können sich selbst durch anstrengenste Arbeit nur notdürftig ernähren haben keine sicheren Erwerbsmöglichkeiten sind ohne jede Aussicht auf Verbesserung ihrer Situation und ohne Hoffnung

177 Beispiel einer prekären Lebenssituation
Bericht von Friedrich List 1844 aus Süddeutschland Über dem Tisch einer Hütte war ein Hering mit einem Faden an der Decke befestigt, dieser Hering wurde von den Kartoffel essenden Personen jeweils weiter gereicht und an den Kartoffeln gerieben, um diesen wenigstens etwas Geschmack zu geben!

178 Literatur 1 Abel, Wilhelm (1962): Geschichte der deutschen Landwirtschaft vom frühen Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert, Stuttgart Achilles, Walter (1993). Deutsche Agrargeschichte im Zeitalter der Reformen und der Industrialisierung, Stuttgart

179 Literatur 2 Dipper, Christof (1990): Deutsche Geschichte 1648 – 1789, Frankfurt, M. Gömmel, Rainer (1998): Die Entwicklung der Wirtschaft im Zeitalter des Merkantilismus 1620 – Enzyklopädie Deutscher Geschichte, Bd. 46, München

180 Literatur 3 Henning, Friedrich-Wilhelm (1979): Landwirtschaft und ländliche Gesellschaft in Deutschland, Bd. 1: 800 – 1750, Bd bis 1976 Paderborn u. a. O. Herrmann, Klaus (1985): Pflügen, Säen, Ernten. Landarbeit und Landtechnik in der Geschichte, Deutsches Museum, Kulturgeschichte der Naturwissenschaften und der Technik, Reinbek

181 Literatur 4 Reininghaus, Wilfried (1990): Gewerbe in der frühen Neuzeit. Enzyklopädie Deutscher Geschichte, Bd. 3, München Rösener, Werner (1993): Die Bauern in der europäischen Geschichte, München Trossbach; Werner (1993): Bauern 1648 – Enzyklopädie Deutscher Geschichte, Bd. 19, München

182 Literatur 5 Zirfas, Jörg u. Goffin, Bettina (Hg.) (1998): Kartoffel. Eine kleine kulinarische Anthologie, Stuttgart Paulinyi, Akos u. Troitzsch, Ulrich (1997): Mechanisierung und Maschinisierung1600 bis Propyläen Technikgeschichte, hrsg. von König, W., Bd. 3

183 Literatur 6 Prass, Rainer (1997): Reformprogramm und bäuerliche Interessen. Die Auflösung der traditionellen Gemeindeökonomie im südlichen Niedersachsen 1750 – Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 132, Göttingen

184 Literatur 7 Hobhouse, Henry ( 1992): Fünf Pflanzen veränderten die Welt. Chinarinde, Zucker, Tee, Baumwolle, Kartoffel, München Körber-Grohne, Udelgard (1987): Nutzpflanzen in Deutschland. Kulturgeschichte und Biologie, Stuttgart

185 Literatur Schlumbohm, Jürgen (1997): Lebensläufe, Familien, Höfe. Die Bauern und Heuerleute des Osnabrückischen Kirchspiel Belm in der proto-industrieller Zeit 1650 – Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 110, Göttingen

186 Literatur Trossbach, Werner (2003): Gutsherrschaft und Gutswirtschaft zwischen Elbe und Oder: Asymmetrische Agrarsysteme in wechselnden Perspektiven. In: Prass, R. u. a. (Hg:): Ländliche Gesellschaften und Deutschland und Frankreich, 18 – 19. Jahrhundert, Göttingen, S

187 Literatur Baar, L. u. a. (2000): Gemeinheitsteilungen in Europa. Die Privatisierungen der kollektiven Nutzung des Bodens im 18. und. 19. jahrhundert. Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte 2000/2


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