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Prüfung neu denken Argumente für die Abschaffung der Lehrproben und mögliche Alternativen Vortrag von Dipl.-Päd. Eberhard Schwenk am 1.7.2014 in Freiburg.

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1 Prüfung neu denken Argumente für die Abschaffung der Lehrproben und mögliche Alternativen Vortrag von Dipl.-Päd. Eberhard Schwenk am in Freiburg Teil A: Kritik Teil B: Konstruktionen Guten Abend meine Damen und Herren! Vielen Dank für Ihr Kommen und Ihr Interesse an dem Thema! Das hätte ich einst nicht im Traum gedacht, dass ich mal mit 65 Jahren an meinem Studienort als Referent auftrete. Vor Ihnen steht also ein Pensionär mit 30-jähriger Prüfungserfahrung. Über all die Jahre hat mich dabei das Thema meines Vortrags immer berührt. Das will ich zunächst mit meiner eigenen Berufsgeschichte etwas verdeutlichen. Vorab noch ein Hinweis: Der ausgelegten Gliederung können Sie den Verlauf entnehmen. Im Teil A geht es um die Bestandsaufnahme der Kritik. Im Teil B um Alternativen und meine Konstruktionen.

2 Kritik Wenn es nur eine einzige Wahrheit gäbe,
könnte man nicht hundert Bilder über dasselbe Thema malen. (Pablo Picasso)

3 Mein eigener Zugang zum Thema
Beruflicher Werdegang II. Phase und Seminarbereich Über die Grenzen hinaus Seminardidaktik und Prüfungsdidaktik Aktivitäten Anm.: Die Folien sind absichtlich nicht animiert, damit Sie die einzelnen Punkte immer sehen und das Gesamte im Blick haben! Ich beginne mit meinem beruflichen Werdegang. Zum GHS- Studium war ich in diesem wunderschönen Freiburg. Anschließend habe ich eine II. Phase erlebt mit strickenden und korrigierenden Kolleginnen, einen Vorbereitungsdienst für GHS- und RS-Lehrer gab es damals noch nicht. Und so absolvierte ich parallel zum Schuldienst mit II. Dienstprüfung ein Diplomstudium in Heidelberg mit Abschluss 1980 Danach kam eine Weichenstellung und mein Weg führte 1982 in den neu eröffneten Vorbereitungsdienst für GHS-Lehrer. In BW waren GHS und RS Seminare Neuland und das weckte mein Interesse in Bezug auf die alten Gym-Seminare. Deshalb trat ich in den BAK (bundesarbeitskreis der Fach- und Seminarleiter) ein und bei einem Kongress in Donaueschingen konnte ich über die Grenzen der Seminarbereiche schauen. Für mich als Handlungsorientierer waren die Ausblicke erschütternd. Nur Referate, Berieselung und abgehobenes Tralala. Wie wohltuend waren hingegen Tagungen an der Uni Oldenburg und Begegnungen mit Hilbert Meyer. Dort kam es gemeinsam mit meinem Kollegen Wolfang Klier zu ersten Veröffentlichungen Und 1990 dann zu einer Uni-Publikation über Seminardidaktik und Prüfungsdidaktik. Hierin dokumentiert sich mein Standpunkt: Ausbildung und Prüfung bedingen einander. D.h. es kann nur das geprüft werden, was in der Ausbildung erarbeitet wurde. Zu diesem Themenkreis waren wir beide im BAK und in mehreren Bundesländern bei unzähligen Veranstaltungen aktiv.

4 Unser Beurteilungsdilemma
Öffnung des Unterrichts Beispiel Deutschunterricht Einschlägige Erfahrungen Das Problem der Prüferqualifizierung Diskrepanz zwischen Unterrichtsentwicklung und Prüfungspraxis Die Fesseln des 45-Minuten-Taktes Öffnung des U. Am Seminar Pforzheim haben wir uns – Wolfgang Klier und ich – ab 1985 intensiv mit der Öffnung des Unterrichts beschäftigt. Wir taten das in unseren Pädagogikgruppen und ich in FD Deutsch, er im Sachunterricht. Mein eigener Zugang kommt von der Kreativitätsforschung her, dem Kreativen Schreiben und dem folgend vom handlungs- und produktionsorientierten Literaturunterricht. Beispiel DU In der Lehrerfortbildung habe ich diesen Ansatz zusammen mit Prof. Gerhard Haas vertreten und in meinem Fachbereich wurde das lebhaft weiter transportiert. Anwärter konnten damit in Lehrproben zwar häufig Schüler begeistern, aber manchmal nicht unbedingt Prüfungsvorsitzende. Das Neue war ja dabei, nicht mehr von einer einzigen „richtigen“ Interpretation auszugehen sondern die verschiedenen Sichtweisen und Lösungen der Schüler zuzulassen, ja sogar einzufordern. Der Fokus des didaktischen Denkens richtete sich nicht mehr auf das Kollektiv sondern auf den einzelnen Lerner. Die Freude am Umgang mit Literatur war dabei das oberste Ziel und das wollte nicht jedem Prüfer gefallen. Einschlägige Erfahrungen Da passten dann deren Erwartungshaltungen nicht mit dem Unterricht überein, es entstand z.B. kein Tafelanschrieb, oder es wurde nichts ins Heft geschrieben usw. Oder die Schüler waren zu lange mit sich selbst beschäftigt und die Prüfungskommission konnte nicht teilhaben. Später war es dann manchmal so, dass Prüflinge gute Bewertungen bekamen, nur weil sie offenbar den Ansatz praktizierten. Prüferqualifizierung Es zeigte sich in Problemfällen, dass besonders die P-Vorsitzenden keine Prüferqualifizierungsmaßnahmen vorweisen konnten. Die Einweisung in ihren Auftrag erfolgte in Dienstbesprechungen durch das Prüfungsamt und konzentrierte sich auf formale und rechtliche Aspekte. Diskrepanzen Bei Prüfungslehrproben war immer wieder eine Diskrepanz zwischen der U-Entwicklung und der Prüfungspraxis spürbar. Also auf der einen Seite z.B. die Entwicklung des Werkstattunterrichts, auf der anderen Seite aber die Beurteilungskriterien für Prüfungsstunden. Oder noch extremer: Freiarbeit in einer Lehrprobe – völlig undenkbar!? (zumindest bis 2012) Fesseln des 45min-Taktes Ein ganz besonderer Hemmschuh blieb dabei die Zeitstruktur des Unterrichts. In 45 min waren viele Unterrichtsvorhaben ganz einfach nicht möglich. In den letzten Jahren wurde die enge Zeitstruktur etwas gelockert und ab 2013 lässt die Prüfungsordnung in BW allerdings Lehrproben bis 90min zu! Was blieb bisher? Ein Rückzug der Anwärter auf traditionelle Einführungsstunden mit klaren Phasenmodellen und ohne jegliches Risiko. Die Schüler wurden zu reinen Erfüllungsgehilfen des Systems.

5 Gemeinsame Kritik Charakter der Momentaufnahme
„Zu bewerten ist der gesehene Unterricht“ Fremdprüfer-Prinzip Bei Lehrproben sind sich die Kritiker einig! Ich habe im Laufe der Jahre bestimmt viele Hundert Personen im Anschluss an Lehrproben befragt. Das Ergebnis war immer gleich. Alle bedauerten den Charakter der Momentaufnahme. Es wurde zudem vom Amt immer betont, dass nur der gesehene Unterricht zu bewerten sei. Verschärft wurde das Ganze mit der Einführung des Fremdprüfer-Prinzips, nachdem zuvor die Noten angeblich zu gut waren; denn natürlich waren Prüfer Anwälte ihrer eigenen Leute. Die Notenschnitte klafften jedoch zum Teil auch weit auseinander. Jedenfalls war mit dem Fremdprüfer jegliche Bindung an die Vorleistungen des Prüflings gekappt. Begründung: Die schulischen Vorleistungen seien bereits im Schulleitergutachten erfasst.

6 So geht es nicht weiter! Impulse aus Stuttgart 2008
Prüfung neu denken 2009 Jürgen Oelkers: „Wenn es nachhaltigere Formate gibt als die Lehrproben, muss man an ihnen nicht festhalten.“ Um die Jahrtausendwende hörte man im Gefolge von PISA, dass es mit der Lehrerbildung so nicht weitergehen könne. Die Lehrerbildung kam auf den Prüfstand und die Ergebnisse forderten die Länder zum Handeln auf. Im Gefolge der großen Veränderungen in der Lehrerbildung wurden die Seminare 2008 vom Ministerium aus aufgefordert, ihre Prüfungspraxis zu reflektieren. Daraus ist dann 2009 an der Akademie Comburg eine große gemeinsame Tagung mit allen Seminaren des Landes entstanden. Hauptreferent der Tagung war Prof. Jürgen Oelkers aus der Schweiz, der den Lehrproben überhaupt nichts Positives abgewinnen konnte. In seinem bemerkenswerten Referat entstand das obige Zitat. Einen konkreten Vorschlag für unser System hatte er allerdings auch nicht parat, wenn man davon absieht, dass er für eine größere Flexibilisierung von Prüfungen eintrat und sich gegen kumulative Abschlussprüfungen aussprach. Im Land blieb die Tagung zumindest für die Lehrproben folgenlos. Allerdings war es für mich der entscheidende Impuls, dazu mal was zu veröffentlichen.

7 Kritik von J.J. Beichel Schulen als Abnehmer haben unterschiedliche Anforderungen an Lehrerinnen und Lehrer Häufig mangelnde „Passung“ Validitätsschwächen bisheriger Zweiter Staatsprüfungen Johann Beichel lehrt und forscht am KIT Karlsruhe. Von Amts wegen war er für unser Prüfungswesen zuständig und deshalb gab es zu ihm immer einen Kontakt. In Kolumnen von ihm konnte man immer wieder mal von seinen Forschungen lesen. Dass sich Schulen ganz unterschiedlich entwickeln wissen wir allerdings schon, seit es Schulentwicklung gibt. Und so wundert es nicht, dass die Anforderungen an die entsprechenden Kollegen ganz unterschiedlich sind. Beichel hat in diesem Zusammenhang den Begriff der Passung geprägt. Diese Passung war in der Lehrerzuweisung an Schulen in Baden-Württemberg über Jahrzehnte mehr als mangelhaft. Beichels wertvollste Arbeit sind jedoch seine Ergebnisse zur Aussagekraft der Noten Zweiter Staatsprüfungen. „Gescheit, aber ungeeignet!“ heißt ein aufsehenerregender Beitrag von ihm in der ZEIT. Seiner Auffassung nach haben die Noten überhaupt keine Aussagekraft für die spätere Berufstätigkeit, keinen prognostischen Wert. Das ist zumindest in den mündlichen Prüfungsteilen so, solange Wissensprüfungen stattfinden anstelle von Könnensprüfungen. Wissensprüfungen geben keinen Aufschluss über die Lehrerberufseignung. Er vertritt inzwischen die radikale Position, am Ende des Referendariats auf Noten ganz zu verzichten.

8 Weit verbreitete Irrtümer
Eigenständigkeit der Entwürfe Urteilsfähigkeit der Prüferinnen und Prüfer Die Wirklichkeit des beobachteten Unterrichts Jeder Lehrprobenentwurf beinhaltet eine unterschriebene Eigenständigkeitserklärung! Aber kann man das heute noch ernst nehmen? Die Anwärter können im Internet auf eine riesige Datenmenge zugreifen und finden Entwurfsideen zu nahezu jedem Thema. Hinzu kommt aber die Schwierigkeit des Prüfers, der diesen Entwurf etwa eine Stunde vor Unterrichtsbeginn erhält, die Eigenständigkeit zu hinterfragen. Das ist nicht möglich! Es ist aber auch im Prinzip bedeutungslos, weil dem Entwurf keine allzu große Bedeutung zukommt. Es gibt ja durchaus Prüferinnen und Prüfer, die an ihre Urteilsfähigkeit glauben. Aber dass dies ein großer Irrtum ist, weiß ich als Veranstalter von vielen Prüfertrainings. Dort hat sich bei der Beurteilung von videografierten oder simulierten Lehrproben meistens eine Streuung um drei Notenstufen ergeben. Hinzu kommen natürlich die bekannten Wahrnehmungsfehler, die sich bei Benotungen immer bemerkbar machen. Hervorzuheben ist hierbei die Unterschwelligkeit. Der eigentliche Bewertungsakt, der im Prüfer selbst vom ersten Augenblick der Prüfung an zunächst einmal automatisch abläuft, entzieht sich weitgehend der bewussten Wahrnehmung. Er vollzieht sich in Form von emotional getönten und unscharfen Anmutungen, die zur Einstufung auf einer subjektinternen Skala führen. Das äußert sich in stummen Gedanken oder vagen Äußerungen zum Mitprüfer: „Na, das war ja jetzt nicht gerade toll!“ oder „Das war jetzt aber richtig gelungen!“ Damit sind grobe Vorentscheidungen getroffen. Das Unterschwelligkeitsproblem wird von selbstkritischen Prüfern nicht bestritten. Beeindruckend sind beim Training der Unterrichtsbeobachtung immer wieder die Beobachtungsdifferenzen – natürlich nur bei der freien Beobachtung. Da sehen zwei Beobachter von Unterricht oft ganz verschiedene Dinge. Weiterhin wissen wir in der Realität einer Lehrprobe nie, ob der Unterrichtende für das Unterrichtsgeschehen verantwortlich ist. Gerade in Lehrproben wird oft nur geerntet was andere gesät haben.

9 Folgerungen Aus den bisherigen Kritikpunkten ergibt sich folgender Minimalkatalog: Abkehr von kumulativen Abschlussprüfungen Abkehr von Momentaufnahmen Flexibilisierung von Prüfungen Qualifizierung der Prüferinnen und Prüfer Die Abkehr vom kumulativen Abschlussprüfungen ist analog zu denken zum Prüfungsprozedere in Bachelor- oder Master- Studiengängen. Diese Forderung geht auf Oelkers zurück und ist grundsätzlich gemeint. Denn die professionelle Handlungskompetenz eines Lehrers lässt sich nicht kumulativ prüfen. Seine Handlungskompetenz zeigt sich immer nur in Handlungssituationen und so gesehen braucht es eine Vielzahl von Handlungssituationen, damit er seine Kompetenzen beweisen kann. Und wir sollten bei Prüfungen auf das Können achten und weniger auf das Wissen fixiert sein. Weggehen von kumulativen Prüfungen hätte auch die Abkehr von Momentaufnahmen zur Folge. Daraus ergäbe sich notwendigerweise ein flexibleres Vorgehen. Die Flexibilisierung von Prüfungen meint vornehmlich Zeitdauer, Zeitpunkt, Ort und Auswahlmöglichkeiten bei den Prüfungsformaten. Es erscheint logisch, dass dann für jede einzelne Lehrerbildungsinstitution mehr Prüfungsautonomie zu fordern wäre. Landesweite Prüfungstermine wären nicht mehr möglich. Flexibilisierung heißt aber auch, dass Prüflingen mehr Wahlmöglichkeiten eingeräumt werden. Z.B. eine Wahl zwischen einem Entwicklungsportfolio oder einer schriftlichen Prüfung. Zur Prüferqualifizierung braucht es eigentlich keinen weiteren Kommentar. Anzumerken ist, dass vor allem Beichel für professionellere Prüfer eintritt.

10 Unterschiede im Ländervergleich
Themenstellung für Lehrproben Dauer der Bearbeitungszeit Öffentlichkeit Zeitdauer von Lehrproben Eine Synopse der Prüfungsordnungen zeigt uns die Unterschiede Es gibt bei der Themenstellung strikte Vorgaben genauso wie kooperative Vereinbarungen. Die Bearbeitungszeit je Lehrprobe schwankt zwischen 15 Tagen und 3 Tagen! Öffentlichkeit bei Lehrproben gibt es nur in einem Bundesland. Es gibt für Lehrproben Zeitspannen von 45 min, 50 min oder noch größere Zeitspannen bei Bedarf bis maximal 90 min .

11 Orientierung am Lehrerleitbild
KMK- Beschluss aus dem Jahr 2000 OECD- Lehrerstudie aus dem Jahr 2004 KMK- Beschluss 2005 Ableitungen aus dem Lehrerleitbild Kompetenzen Lehrerinnen und Lehrer treten nicht mehr nur als Experten und Referenten auf, sondern als Prozessbegleiter und Coachs, die Lernangebote zur Verfügung stellen und Lernprozesse flankieren. Außerdem sind sie zunehmend als Moderatoren gefordert. Spätestens in den 1990er Jahren setzte allerorten eine Leitbilddiskussion ein. Das waren Prozesse, die von der Organisationsentwicklung inspiriert waren. Und so war es nicht verwunderlich, dass die KMK dazu einen Beschluss fasste. Die Anforderungen an ein zeitgemäßes Berufsleitbild für Lehrkräfte wurde in sechs Leitsätzen formuliert. In dem Beschluss wurde das Unterrichten als Kerngeschäft der Lehrer benannt, aber es wurde auch deutlich gemacht, dass das Praxisfeld eines Lehrers mehr umfasst. – DAZU TEXT – Mit der OECD-Lehrerstudie und der Expertise von Ewald Terhart kam 2004 frischer Wind in die Lehrerbildung mit den entsprechenden Beschlüssen zur Kompetenzorientierung. Dazu setzte die KMK den Rahmen und die Länder waren aufgefordert mit entsprechenden Ausbildungsordnungen und Prüfungsordnungen nachzuziehen. Wenn man allerdings dazu Synopsen erstellt zeigen sich im Vergleich der Bundesländer immer noch mehr oder weniger große Unterschiede. Deshalb hatte sich die ehemalige Bildungsministerin Schavan bei der Lehrerbildung für mehr Gemeinsamkeiten unter den Bundesländern stark gemacht. So entstand 2005 der Beschluss einer ländergemeinsamen Weiterentwicklung der Lehrerbildung. Fast zehn Jahre später ist sie immer noch im Entstehen, aber es wurde schon viel getan – besonders in der Lehrerfortbildung. Auf alle Fälle lässt sich für das Kerngeschäft Unterricht sagen: Die Aspekte eines modernisierten Lehrerleitbildes implizieren eine Unterrichtskonzeption, die wegen der ausgeprägten Individualisierung dem eingangs skizzierten offenen Unterricht entspricht. Das bedeutet, dass trotz der Ausrichtung an Standards und Kompetenzen die Unterrichtsbeurteilung weiterhin problematisch bleibt. Mit Kompetenzen haben wir uns sehr früh auseinandergesetzt und in Pforzheim lag unser Kompetenzmodell im Jahr 2000 auf dem Tisch, die späteren offiziellen Papiere unterschieden sich davon nur geringfügig. Wir erfassen die Lehrerkompetenzen in 20 Teilkompetenzen, die sich wiederum in vier Kompetenzbereiche bündeln lassen: Beraten, Unterrichten, Erziehen und Innovieren Die Benennungen sind in den Bundesländern teils unterschiedlich, aber prinzipiell sind es immer diese vier Bereiche. – DAZU TEXT – Wenn wir jetzt überlegen welche Kompetenzen wir in Lehrproben erkennen können, merken wir, dass nur ein kleiner Teil der Lehrerkompetenzen bei LP „abgeprüft“ wird. D.h., neben den zuvor erwähnten Kritikpunkten an Lehrproben ist deren größtes Manko, dass sie nur wenig Einblicke in die Lehrerberufseignung zulassen.

12 Konstruktionen Die Fähigkeit zur Innovation entscheidet über unser Schicksal. (Roman Herzog)

13 Elemente einer Praxisprüfung
Falldiagnostik Individuelle Förderung Beratungsgespräch Gemeinsame Ausbildungsnote von Schule und Seminar Der ganz entscheidende Hintergrund dieser Neukonstruktion einer Lehrerprüfung sind die Impulse, die wir von den Aspekten des neuen Lehrerbildes und dem darauf aufbauenden Beschluss der KMK aus dem Jahr 2005 erhalten. Da wurde als gemeinsames Ländervorhaben die Weiterentwicklung der Lehreraus- und –fortbildung besonders hinsichtlich des Umgangs mit Heterogenität, der Verbesserung der Diagnosefähigkeit und der gezielten Unterstützung der einzelnen Schülerinnen und Schüler beschlossen. Wenn der konstruktiv-verantwortliche Umgang mit Diversität, wie von vielen Fachleuten gefordert, derart in den Fokus gerät und zu einer großen pädagogischen Herausforderung wird, dann muss sich das entsprechend in einer kompetenzorientierten Lehrerprüfung widerspiegeln. Demzufolge sollen sich Referendarinnen und Referendare auf der Basis umfangreicher Diagnostik mit den Schwächen und Stärken der Schülerinnen und Schüler auseinandersetzen. Sie müssen ihren Unterricht verstärkt auf das prozesshafte Lernen, die authentische Begleitung der Lernenden sowie auf deren individuelle und passgenaue Förderung ausrichten. Wenn wir nun wollen, dass ein Prüfling seine Diagnosekompetenz beweist, denn müssen wir Situationen herbeiführen, in denen er diese Kompetenz wirklich zeigen kann. Das wichtigste diagnostische Instrument von Lehrerinnen und Lehrern ist die Unterrichtsbeobachtung. Deshalb ist es sinnvoll im Rahmen von Lehramtsprüfungen mit Beobachtungssituationen zu arbeiten. Videografierte Unterrichtssituationen sollten sich hierfür bestens eignen, eventuell zusätzlich versehen mit einer Aufgabenstellung. Dabei könnte der Prüfling seine Kriterien und die Beobachtungsmethode festlegen, das Verfahren durchführen, evtl. Verzerrungen und Wahrnehmungsfehler reflektieren. Er könnte ein deskriptives Beobachtungsprotokoll erstellen oder bei Verwendung eines geeigneten Beobachtungsbogens eine entsprechende Auswertung erstellen. Die Ergebnisse der internationalen Schulleistungsvergleichsstudien, ein verändertes Schulwahlverhalten mit entsprechenden Schülerströmen, der enorme unterrichtliche Nachhilfebedarf sowie die individualisierten Lebensverhältnisse oder Lebensentwürfe führen aktuell zu einem intensiven Heterogenitätsdiskurs in Erziehungswissenschaft und Bildungspolitik. Dadurch wird der Umgang mit der Verschiedenheit von Schülerinnen und Schülern zu einer zentralen Aufgabe für alle Lehrenden und so sollen die Lernenden in ihren Schwächen und in ihren Stärken differenziert gefördert werden. Demzufolge sollen Referendarinnen und Referendare in der Lage sein, aufgrund ihrer diagnostischen Erhebungen für einzelne Lerner oder auch für Lerngruppen unterrichtliche Varianten der individuellen Förderung zu konzipieren und Notwendigkeiten einer Vermittlung erkennen. Wenn wir nun wollen, dass ein Prüfling in einer Lehramtsprüfung seine Förderkompetenz beweist, dann müssen wir Situationen herbeiführen, in denen er diese Kompetenz wirklich zeigen kann. Ein bedeutender Baustein des individualisierten Unterrichts ist der Förderplan. Deshalb könnte die Förderplanung auf der Grundlage vorheriger Lernstandserhebungen ein Prüfungselement sein. Dabei könnte ein Prüfling an der zuvor erwähnten Diagnoseaufgabe anknüpfen und zeigen, wie er die Arbeit an erkannten Schwächen oder Stärken in einem Förderplan konzipiert. Er könnte zeigen, wie er dazu selbstorganisiertes Lernen entwickelt, Selbstkontrolle ermöglicht, Methodenkompetenz fördert, die Anwendung von Erlerntem sichert, usw. und trotzdem eine Vergleichbarkeit von individuellen Schülerleistungen ermöglicht. Anm.: Die Notwendigkeit einer vorgeschalteten Vermittlung zu erkennen ist sehr wichtig, um eventuelle Lernhindernisse oder Lernblockaden auszuschalten. Es geht dabei um die Lernunterstützung bei zu lösenden Aufgaben. Diagnostizieren, Fördern und Beraten gehören unauflöslich zusammen und nehmen im Aufgabenspektrum des neuen Lehrerleitbildes einen außerordentlich hohen Stellenwert ein, denn Lehrende sind künftig verstärkt Lernbegleiter, Coach, Berater und damit weitaus mehr als nur Vermittler und Erzieher. Dazu heißt es etwa in den Standards der Lehrerbildung für Baden-Württemberg: „Bildung und Erziehung sind interaktive Prozesse, bei denen die Beratung eine wesentliche Rolle spielt. Die Beratung bietet die Möglichkeit, Lernprozesse zu reflektieren und gemeinsam an vereinbarten Zielen zu arbeiten.“ Bei einem Beratungsgespräch mit einer Mutter könnte der Prüfling z.B. in besonderer Weise seine Beziehungsfähigkeit zeigen, indem er Die Beziehungsebene vor die Sachebene stellt, Gefühle und Empathie zum Ausdruck bringt, Beziehungsblockaden weitsichtig vermeidet, nicht versucht, sich unbedingt durchzusetzen, signalisiert, dass er gut zuhört, auf Fragen eingeht und nicht unterbricht, Vertrauen fördert durch wertschätzende Äußerungen, Verständnis zeigt, Nähe und Distanz ausbalanciert, Hilfen anbietet, wenn sie benötigt werden usw. Die vorangehenden Prüfungskonstruktionen machen eine Ausbildungsnote zur Abbildung weiterer Kompetenzen unbedingt notwendig. Das sollten aber kein isoliertes Schulleitergutachten und auch keine derartige Seminarnote sein, denn der großen Bedeutung der Ausbildungsnote im späteren Einstellungsverfahren wird nur eine gemeinsame Note gerecht. Diese Note umfasst im Idealfall die Summe aller Kompetenzen und Ressourcen für die künftige Lehrertätigkeit und hat einen erheblichen Anteil an der Gesamtbewertung. Die Verantwortung für die Beurteilung der Referendarinnen und Referendare trägt der Ausbildungsleiter. Er müsste den betroffenen Personen sowie der Sache gerecht werden und in einem umfassenden Dialog möglichst viele objektive, detaillierte, qualitative Informationen über deren Leistungsvermögen zusammentragen. Es geht hier um die Leistungen des Prüflings in seinem eigenverantwortlichen Unterricht. Es geht um gebündelte Bewertungen für seine Unterrichtskompetenz, seine Erzieherische Kompetenz sowie seine Handlungs- und Sachkompetenz und darin enthalten ist auch seine Mitwirkung bei Prozessen der Inneren Schulentwicklung. Eine Ausbildungsnote sollte den aktuellen Leistungsstand der Referendarin oder des Referendars berücksichtigen sowie eine Einschätzung des individuellen Entwicklungspotentials geben. (Genau hier stoßen wir auf einen weiteren Kritikpunkt an der bisherigen Lehrerprüfung: Sie gibt keinerlei prognostischen Aufschluss.) Die Ausbildungsnote müsste nicht zwingend eine Ziffernnote sein! Eine Verbalnote könnte hier wesentlich mehr zum Ausdruck bringen, prognostische Aussagen machen und Impulse zur Weiterentwicklung beinhalten. Anm.: Schulleitergutachten gibt es z.B. in Baden-Württemberg. Sie sind über Jahrzehnte auf einem hohen Notenniveau und weisen nur geringe Schwankungen auf.

14 Verzicht auf Noten ? Auswirkungen Kompetenzprofile Portfolios
Wie Johann Beichel würde ich am Ende des Vorbereitungsdienstes gerne auf Noten verzichten. Gute Noten haben durchaus viele positive Wirkungen, das steht vollkommen außer Frage. Viel brisanter ist jedoch die Wirkung von schlechten Noten. Hier eine Auswahl: man wird unsicher, unruhig, nervös ängstlich, unkonzentriert, verliert den Faden passiv, einfallslos, verschlossen, unfrei, auch Fehler zuzugeben verteidigt sein Handeln, Rechtfertigungshaltung Kopf‑ und Blicksenken (man ist geknickt) monotone, kraftlose Stimme Gesichtsausdruck wird ernster, Mimik wird verschlossener Nachlassen der Kreativität (keine Lösungen, Vorschläge) Trotzhaltung, zunehmende Opposition, Blockierung Kommunikation und Kontakt nehmen immer mehr ab man wird rigide, einfallslos macht argwöhnisch und misstrauisch man denkt nicht voraus, zeigt keine Risikobereitschaft Besonders brisant ist der Punkt der Risikobereitschaft, die bei Prüfungslehrproben allein schon deshalb niederschwellig vorhanden ist, weil immer die Möglichkeit einer weniger guten Note besteht. Im negativen Fall dominieren beim Prüfling Versagensängste und dann bleibt jede Kreativität und Innovationsbereitschaft auf der Strecke. Das krasse Gegenteil dazu erleben wir in Baden-Württemberg mit unseren Berufseinsteigern, die freiwillig in ihrem zweiten, dritten oder vierten Dienstjahr an einer begleitenden pädagogischen Fortbildungsmaßnahme teilnehmen können. Die Maßnahme umfasst sechs Tage über ein halbes Jahr hinweg und die Resonanz der Teilnehmer ist vorzüglich. Sie sind zumeist bereits verbeamtet und verspüren keinerlei Notendruck; entsprechend großartig ist ihr Engagement, ihre Offenheit und die hohe Innovationsbereitschaft dieser jungen Lehrerinnen und Lehrer. Schauen wir uns genauer an, was das Fehlen von Notendruck bewirkt: man wird selbstbewusster, selbstsicherer, konzentrierter entspannter, zugänglicher, motorisch gelöster offener, redseliger risikofreudiger, zuversichtlicher genauer, plastischer, mitteilsamer, fantasievoller freier, auch andere zu loben und anzuerkennen aktiver, kreativer, unternehmungslustiger, ideenreicher man lächelt, ist freundlich reagiert ruhig auf Fragen und Kritik gibt Schwierigkeiten zu und ist selbstkritischer man wird bereit sich anzustrengen, ist engagierter weckt Interesse, Anteilnahme und Entgegenkommen bewirkt Engagement und Identifikation bewirkt Toleranz und Kompromissbereitschaft macht kooperativ und flexibel bewirkt Aufgeschlossenheit für Argumente anderer macht zuversichtlich, optimistisch weckt Innovationsbereitschaft, Zutrauen und Stärke Wenn wir diese positiven Wirkungen in der Dritten Phase bei den Berufseinsteigern durch das Entfallen der Benotungen erzeugen können, dann sollte man allen Ernstes auch unter diesem Aspekt zumindest über die Neugestaltung der Lehramtsprüfungen nachdenken. Anm.: Diese Sammlung beruht auf eigenen Erfahrungen, Beobachtungen und Rückmeldungen bei der Arbeit mit Berufseinsteigern von 2007 bis 2012 Wir gehen davon aus, dass sich aus den zwanzig Lehrerkompetenzen für jede Lehrperson aussagekräftige Kompetenzprofile erstellen lassen. Dafür werden gar nicht alle aufgelisteten Kompetenzen notwendig sein, eine Auswahl relevanter Kompetenzen wird vollkommen ausreichen, um die Stärken einer Person zum Ausdruck zu bringen. Wie wir uns das vorstellen wird vielleicht aus dem Beispiel deutlich. – DAZU TEXT – Portfolios sind von besonderer Bedeutung im Prozess der Direkteinstellung. Kompetenzprofile (fremde und eigene) gewinnen oft erst durch Entwicklungsportfolios Prägnanz und Gestalt. Sie sind gleichzeitig ein Korrektiv gegenüber allen Fremdeinschätzungen. Das Portfolio ist ein Reflexionsinstrument und Reflexion gewinnt im Zusammenhang mit lebenslangem Lernen und aktuellen didaktisch-methodischen Überlegungen einen immer höheren Stellenwert. Reflexiv lernen bedeutet „sich der eigenen Lernprozesse bewusst zu sein, diese im persönlichen Wissenskontext einzuordnen und dies kontinuierlich zu dokumentieren“, also für das eigene Lernen selbst verantwortlich zu sein. „Auch biografisches Lernen ist reflexiv: Die eigene Biografie wird „evaluiert“. Es wird aus Erfahrungen gelernt, wodurch neue Zukunftsmöglichkeiten erschlossen werden können. Darüber hinaus wird auch aus den Biografien anderer gelernt. Das „biografische Gepäck“ eines jeden Menschen enthält sowohl Belastungen als auch wertvolle Erinnerungen und Erfahrungen.“ Unter den Begriff Biographie werden sowohl objektive als auch subjektive Elemente des Lebensablaufs gefasst. Daten können als Portfolios mittels offenen und autobiografisch-narrativer Interviews und anderer persönlicher Quellen mit lebensgeschichtlichem Aussagewert erfasst und zusammengefasst werden. Portfolioarbeit und somit Biografiearbeit ist das Zentrum des lebenslangen Lernens.

15 Bilanzierung Praxis der Lehrereinstellung Anerkennung der Abschlüsse
Berufseinstieg nach dem Referendariat Im Blick auf das Thema dieses Vortrags ist bis heute die Lehrereinstellung der größte Hemmschuh. Denn die Einstellungsbehörde einer zentralen Lehrereinstellung braucht das Ranking der Absolventen. Die werden nach Leistungsziffern sortiert und da geht es um Zehntelnoten. Nur bei Direkteinstellungen an Schulen können bereits jetzt notenunabhängig die Gesichtspunkte der Passung adäquat berücksichtigt werden. Die Anerkennung der Abschlüsse ist bisher unter den Bundesländern nicht ganz unproblematisch, aber es wird aktuell an ländergemeinsamen Regelungen gearbeitet. Spätestens mit dem gemeinsamen Lehrerleitbild sollte das Problem endgültig erledigt sein. Seit 2006 rückte der Berufseinstieg von Lehrerinnen und Lehrern in den Fokus der Lehrerbildung. Ausschlaggebend hierfür waren die Forschungen zur Lehrergesundheit. Daraufhin haben sich alle Bundesländer zu einer Fortbildungsinitiative für Berufseinsteiger verpflichtet. Diese werden auf freiwilliger Basis ein Schuljahr lang von geschulten Fortbildnern begleitet. Wir würden diesen begleiteten Berufseinstieg für alle Einsteiger verpflichtend machen und am Ende dieses Jahres könnten die Berufseinsteiger eine Bewährungsprüfung ablegen.

16 Literatur Johann Beichel: Lehramtsprüfungen: Zur Praxis und Theorie der personalen Evaluation im Lehramt. Baltmannsweiler 2006 Eberhard Schwenk: Lehramtsprüfungen – Argumente für eine Abschaffung der Lehrproben. Baltmannsweiler 2013 Eberhard Schwenk u.a.: PrüfungsPraxis. Markierungen auf dem Weg zu kasuistischen und kompetenzorientierten mündlichen Lehramtsprüfungen. Baltmannsweiler 2012


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