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Familien- und Erbrecht aus rechtsberatender Sicht

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Präsentation zum Thema: "Familien- und Erbrecht aus rechtsberatender Sicht"—  Präsentation transkript:

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2 Familien- und Erbrecht aus rechtsberatender Sicht
Vorlesung im Wintersemester 2006/2007 im Schwerpunktbereich 3 RA Philipp Frhr. v. Gayl RA Karl-Michael Schmidt Kontakt: Download Materialien:

3 Vorlesungstermine / Inhalt
Einführung in die Rechtsberatung Erbrecht-Überblick Technik der Vertragsgestaltung Testamentsentwurf besondere Fallen Eheliches Güterrecht Gemeinschaftliches Testament I Eheverträge I Berliner Testament Eheverträge II / Fragen der Partnerschaft Erbvertrag Unerhaltsrecht Pflichtteilsrecht / Erbverzicht Kinder in der Ehe Familienrecht vs. Erbrecht Stiftung

4 Was ist ein guter Vertrag?
Auflösung des Spannungsverhältnisses zwischen Mandanteninteresse und rechtlichen Rahmenbedingungen Zwingende Regelungen Dispositive Regelungen

5 Was ist ein guter Vertrag?
Mandanteninteressen Verwirklichung gesichert durch Selbstbestimmungsrecht Art. 2 I GG Grenze: zwingendes Recht Privatautonomie Erkennt das Recht des Einzelnen an, seine Lebensverhältnisse im Rahmen der Rechtsordnung eigenverantwortlich zu gestalten. Gestaltungsspielraum

6 Was ist ein guter Vertrag?
Zukunftsorientierung des Vertragsjuristen Was sind die Mandanteninteressen ??? Blick in die Zukunft Wie muss Vertrag gestaltet werden, um nachhaltig zu sein? Welche Hürden müssen - rechtlich - tatsächlich genommen werden?

7 Was ist ein guter Vertrag?
Sicherer Weg Rechtsbeständige und streitvermeidende Lösungen (nicht immer primäres Parteiziel – Haftungsproblem!) BGH: Der Vertragsjurist ist verpflichtet von mehreren sicheren Wegen den sichersten Weg zu beschreiten (BGHZ 27, 274, 276)

8 Was ist ein guter Vertrag?
Sachgerecht und kostengünstig (oft im Spannungsverhältnis zur Sicherheit, z.B. Eintragung Eigentumsvormerkung – teuer vs. sicher) Angemessener Vertragsumfang So eingehend wie nötig, so kurz wie möglich Steuerrechtliche Erwägungen mit einbeziehen

9 Dezisionsjurisprudenz – Kautelarjurisprudenz
Rolle des Juristen Berufsfelder des Juristen Dezisionsjurisprudenz – Kautelarjurisprudenz ex post ex ante wertend gestaltend Richter Notar Prozessanwalt Vertragsanwalt Unternehmensjurist Verwaltungsjurist

10 Rolle des Juristen Zweckverwirklichung und Störfallvorsorge
maßgeblich für Vertragsstruktur Zweckverwirklichung: Entwurf eines auf die Bedürfnisse, Ziele und den Sachzweck des Mandanten abstellendes vertragliches Regelwerk (dient der unmittelbaren Verwirklichung der Mandantenziele) Störfallvorsorge: Entwicklung ergänzender Normen im Hinblick auf die Regelung bzw. Vermeidung etwaiger Störfälle – vertragstypischer Gefahren (dient der begleitenden Wahrung der Mandanteninteressen)

11 Störfallvorsorgetechnik
Prognose von Störfällen Generell störfälle führen: Nichterfüllung, Schlechterfüllung, Späterfüllung, Böswilligkeit, Unerwarteter Aufwand, Tod einer Vertragspartei, Änderung persönlicher Verhältnisse Allgemein gilt: Dauerverträge sind störanfälliger als kurzfristig abzuwickelnde Verträge

12 Störfallvorsorgetechnik
Vertragliche Störfallvorsorge – Regelungstechniken - konkrete Regelung der Konflikte, - Abwälzung des Risikos auf Dritte (Bürgen, etc.) - Sanktionierung vertragsstörenden Verhaltens (Vertragsstrafen) - Festschreibung von Sachverhalten im Vertrag, etwa durch Aufnahme von Mängellisten - Bestimmung von Schiedsgutachtern und Schiedsgerichten - Einsatz von Wertsicherungs- und Anpassungsklauseln

13 Belehrung und Beratung
Rolle des Juristen Belehrung und Beratung - Belehrung = Information über die rechtliche Tragweite einer bestimmten Gestaltung - Beratung = Mitwirkung an der Willensbildung des Mandanten auf der Suche nach der richtigen Gestaltung - Wechselspiel zwischen Sachverhaltserforschung und Belehrung/Beratung - dem Mandanten müssen seine Möglichkeiten und Aufgaben als zentraler Punkt der Vertragsgestaltung vor Augen geführt werden

14 Belehrung / Beratung – Inhalt und Grenzen
§ 17 Abs. 1 BeurkG Der Notar soll den Willen der Beteiligten erforschen, den Sachverhalt klären, die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des Geschäfts belehren und ihre Erklärungen klar und unzweideutig in der Niederschrift wiedergeben. Dabei soll er darauf achten, daß Irrtümer und Zweifel vermieden sowie unerfahrene und ungewandte Beteiligte nicht benachteiligt werden. -> Beteiligten müssen nach Inhalten, Gefahren und im Punkto Störfallvorsorge fallgruppengerecht beraten werden, ihre Willensbildung darf gesteuert, aber nicht der eigene Willen aufgezwungen werden.

15 Vertragsgestaltung in der Ausbildungsliteratur
Materialien: - Entscheidungssammlungen - Kommentare - Lehrbücher - Formularbücher - Praktikerhandbücher mit Formularteilen

16 Vertragsgestaltung in der Ausbildungsliteratur
Formularbücher Nach Lebenssachverhalten aufgebaut Formulierungsvorschlag einer Urkunde Anmerkungen, in denen die Bedeutung der Klauseln erläutert und auf alternative Gestaltungsmöglichkeiten und zwingendes Recht hingewiesen wird Handbücher Mischung aus systematisch aufgebauten Lehrbuch und Formularbuch

17 Vertragsgestaltung in der Ausbildungsliteratur
Funktion von Formularbüchern: Speichern Erfahrung und Wissen der Notare und anderer Kautelarjuristen Spiegeln Rechtsentwicklung wider (z.T. früher als Rspr.) Aktuelles Bild des Privatrechtsverkehrs Erst Vertrag selbst entwerfen, dann mit Formularbuch prüfen, ob: Sämtliche regelungsbedürftigen Punkte gesehen und geprüft Sinnvoller Aufbau der Urkunde Formulierung des Wortlauts der Klausel

18 Vertragsgestaltung in der Ausbildungsliteratur
Risiken von Formularbüchern: Dürfen das eigene Denken nicht ersetzen Stichwort: „Maßschneiderei anstatt Konfektion von der Stange“ Sonst könnte sich der Mandant wesentlich kostengünstiger selbst ein Formularbuch kaufen und abschreiben Unterschiedliche Qualität der Formularbücher

19 Haftungsrisiken Angst vor dem Richter hat dazu beigetragen, dass Verträge immer länger und detaillierter werden Sofern sich der Kautelarjurist bei der Regelung von Lebenssachverhalten an einem passenden Vertrags- oder Regelungstyp orientiert, hat er die durch den Konsens der Fachleute gebildete Richtigkeitsgewähr auf seiner Seite. Gegenüber dem Vorwurf der Verletzung seiner Prüfungs-, Beratungs- und Gestaltungspflichten kann er sich darauf berufen, einen anerkannten Vertragstypus gewählt zu haben.

20 Wissenschaftliche Grundlagen
Typenlehre = Fallgruppenbildung durch Betrachtung der Wirklichkeit unter rechtlichen Aspekten Webers Schema zur Vertragsgestaltung Abgrenzung obligatorischer und fakultativer Inhalt des Rechtsgeschäfts und entsprechende Gestaltung desselben

21 Typenlehre „Vom Lebenstypus zum Regelungstypus“
Empirischer Typ = in der Lebenswirklichkeit vorfindbare Gebilde, die durch charakteristische Züge gekennzeichnet sind Normativer Realtyp = Empirischer Typ + Auswahl und Abgrenzung der maßgeblichen Erscheinungen unter rechtlichen Aspekten im Wege rechtlicher Wertung Rechtlicher Strukturtyp = insbes. Vertragstypen, durch ihren Charakter als rechtliche Regelungen gekennzeichnet

22 Typenlehre am Beispiel der Ehevertragsgestaltung
1. Empirische Typen Einverdienerehen Zuverdienerehen Doppelverdienerehen 2. Normative Realtypen Personenrechtl. – und güterrechtliche Beziehungen und daraus resultierende Scheidungsfolgen 3. Rechtliche Strukturtypen Expressis verbis stellen die rechtlichen Regelungen nicht auf einen bestimmten Ehetyp ab Wertende Zuordnung ergibt, dass Gesetzgeber vorwiegend den Ehetyp der Alleinverdienerehe geregelt hat =>Erfordernis anderweitiger vertraglicher Regelungen für die anderen Ehetypen

23 Typenlehre Einsatz des Komparativs
= Gültigkeit einer Annahme, die auf der Vergleichung mehrerer ähnlicher Dinge beruht - Dient der Bildung abgestufter Typenreihen Bsp. Scheidungsfolgen Zugewinn- und Versorgungsausgleich sollen dem nicht berufstätigen Partner den Zuwachs am Vermögen sichern und eine Existenz nach der Ehe gewährleisten Sachgerecht bei Einverdienerehe Nicht sachgerecht bei kinderloser Doppelverdienerehe Viele Zwischenformen denkbar (z.B. Zuverdienerehe mit Kind)

24 Typenlehre Bildung von Vertragstypen
Vertragstypus und Zuordnung von Rechtsfolgen werden durch Vertragszweck bestimmt Folgerung aus „der Natur der Sache“ Bsp.: aus der Natur der Sache der verschiedenen Ehetypen folgt, dass ein sachgerechter Ehevertrag bei einer Hausfrauenehe, den Zugewinnausgleich nicht kompensationslos ausschließen sollte, während das bei einer Doppelverdienerehe sachgemäß sein kann

25 Typenlehre Bildung von Vertragstypen
1. Stufe: Bildung von Fallgruppen als Sachverhaltstypen 2. Stufe: Bildung von Vertragstypen als Gestaltungstypen

26 Beispiel zur Typenlehre Wie würden Sie diesen Fall einordnen?
Jochen Drempel (D) ist 32 Jahre alt, und arbeitet als Architekt in dem vor drei Jahren von seinem Bruder gegründeten Architekturbüro Drempel & First in Hamburg. Das Büro floriert und hat gute Aussichten, auch in der nächsten Zukunft gegen den allgemeinen Trend weiter zu wachsen. D will die achtundzwanzigjährige Anne-Kathrin Wesendonk (W) heiraten. W stammt aus einer wohlhabenden Hamburger Kaufmanns-familie und arbeitet nach ihrem BWL-Studium als leitende Angestellte bei einer Privatbank in der Hansestadt. Ihre Tätigkeit dort will sie auch nach der Heirat unbedingt fortsetzen. Selbst wenn sich nach der Eheschließung Kinder bei D und W einstellen sollten, was beide sich wünschen, will sie sobald wie möglich wieder in den Beruf. D ist der Auffassung, dass W zur Erziehung der Kinder besser im Beruf aussetzen solle, bis diese zur Schule gehen. Er meint, dass er W auch davon überzeugen könne, wenn es erst einmal soweit ist.

27 Bildung von Vertragstypen am Beispiel der Ehevertragsgestaltung
„Vom Ehetyp zum Ehevertragstyp, der dem Ehetyp entspricht“ 1. Ehetypen Verschiedene Unterscheidungskriterien: Berufstätigkeit der Ehepartner Kinder Lebensalter Ehe mit großem Altersunterschied Vermögen

28 Bildung von Vertragstypen am Beispiel der Ehevertragsgestaltung
2. Fallgruppenbildung Nach rechtlichen Kriterien: Ehegüter- und Scheidungsfolgenrecht und die Freiheit abweichende Regelungen zu treffen Aufarbeitung der Lebenswirklichkeit unter rechtlichen Gesichtspunkten Die einzelnen Kriterien: Berufstätigkeit: Zugewinn-, Versorgungsausgleich Kind: Verzicht auf eigenen Vermögenserwerb, Alterssicherung Vermögen: z.B. scheidungsbedingte Gefährdung des Betriebsvermögens des Unternehmers

29 Bildung von Vertragstypen am Beispiel der Ehevertragsgestaltung
3. Die gesetzlich geregelte Fallgruppe Einverdienerehe 4. Der Bereich des Ehevertrages Folge: je weiter sich der Ehetyp von der kindbestimmten Einverdienerehe entfernt, desto verfehlter ist die gesetzliche Regelung 5. Ehevertragstypen Verschiedene typ. Ehevertragsgestaltungen Kein Numerus clausus z.T. Prognoseprobleme (z.B. bei jungen kinderlosen Ehen – wie wird sich die Berufstätigkeit entwickeln, Kinder etc.?) Solange der Vertragstyp fallgruppengerecht ist, ist er legitim und konsensfähig.

30 Schema zur Vertragsgestaltung nach Weber
Obligatorischer Inhalt des Rechtsgeschäfts Fakultativer Inhalt des Rechtsgeschäfts (accidentalia negotii) Mußinhalt essentialia negotii Sollinhalt 1. Schritt: Ermitteln der gesetzlichen Ausgangslage Es besteht eine gesetzliche oder vertragliche Pflicht, das betreffende Rechtsgeschäft abzuschließen. Das Gesetz schreibt den Inhalt oder einen Teil davon durch eine zwingende Norm vor. Damit ist die Frage, ob es zweckmäßig ist eine bestimmte Klausel in das Rechtsgeschäft aufzunehmen, gegenstandslos. Die Klausel muß in den Vertrag aufgenommen werden. Es besteht keine gesetzliche oder vertragliche Pflicht, das betreffende Rechtsgeschäft abzuschließen. Als Vorfrage ist nun zu klären, ob es zweckmäßig ist, das betreffende Rechtsgeschäft überhaupt zu schließen. Die Zweckmäßigkeit wird hier soweit unterstellt. Das betreffende Rechtsgeschäft kommt nur zustande, wenn seine essentialia negotii erfüllt sind. Ist dies nicht der Fall kann kein Vertrag entstehen und die gewünschte Rechtsfolge tritt nicht ein. Damit ist es diesbezüglich zwar nicht rechtlich, jedoch faktisch geboten, die entsprechende Klausel in den Vertrag aufzunehmen. Es bestehen Ordnungsvorschriften, wonach eine bestimmte Klausel in den Vertrag aufgenommen werden soll. Wird dies unterlassen, zieht dies zwar nicht die Nichtigkeit des Vertrages als Rechtsfolge nach sich, es können aber sonstige Rechtsfolgen ausgelöst werden (z.B. Aufsichts- oder Disziplinarmaßnahmen). Es besteht damit hier rein praktisch eine Pflicht, eine entsprechende Klausel aufzunehmen. Gesetz ist zwingend Gesetz ist dispositiv 2. Schritt: Zweckmäßigkeitsentscheidung 2. Schritt: Knappe Analyse der wichtigsten Rechtsfolgen, der rechtlich zulässigen Gestaltungsmöglichkeiten: Gestaltungsmöglichkeit 1 Gestaltungsmöglichkeit 2 Gestaltungsmöglichkeit 3 etc... Entweder: Keine Aufnahme der Klausel in den Vertrag, da diese aufgrund der zwingenden gesetzlichen Vorschriften keinen Regelungsgehalt hat. Oder: Aufnahme der Klausel in den Vertrag trotz zwingender gesetzlicher Vorschriften, um die Rechtslage klarzustellen. Klausel hat deklaratorischen Charakter. 3. Schritt: Abwägen zwischen der dispositiven gesetzlichen Regelung und den jeweiligen zulässigen Gestaltungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung der verschiedenartigen Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte.  4. Schritt: Zweckmäßigkeitsentscheidung Im Ergebnis ist Abgrenzung Muß-Inhalt essentialia negotii Soll-Inhalt aus dem Blickwinkel der Vertragsgestaltung unerheblich. Der Kautelarjurist ist rechtlich oder mindestens faktisch gezwungen eine solche Klausel in den Vertrag aufzunehmen. Lediglich die Begründung, warum die Klausel aufzunehmen ist und die Rechtsfolge, wenn die Klausel fehlt ist unterschiedlich. Entweder: Beibehalten der dispositiven gesetzl. Regelung als zweckmäßiger als jede Gestaltungsmöglichkeit. Da nicht abbedungen, tritt dispositive gesetzl. Regelung ein, ohne das Klausel notwendig ist. Klausel kann nur das Gesetz wiederholen oder auf Norm verweisen (deklaratorische Klausel zur Klarstellung) Oder: Eine Gestaltungsmöglichkeit ist zweckmäßiger als die dispositive gesetzl. Regelung und alle weiteren Gestaltungsmöglichkeiten: Die dispositive gesetzl. Regelung wird durch Aufnahme dieser Gestaltungsmöglichkeit als Klausel im Vertrag abbedungen. Die Klausel besitzt einen Regelungsgehalt. Sie ist konstitutiv. Hier liegt der Schwerpunkt der Kautelarjurisprudenz ! 5. Schritt: Zweckmäßigkeitsentscheidung Entweder: Keine Aufnahme der Klausel in den Vertrag, da sie keinen eigenständigen Regelungsgehalt hat. Oder: Aufnahme der Klausel in den Vertrag, um die Rechtslage klarzustellen.

31 Schema zur Vertragsgestaltung nach Weber (2)
Obligatorischer Inhalt des Rechtsgeschäfts Fakultativer Inhalt des Rechtsgeschäfts (accidentalia negotii) Mußinhalt essentialia negotii Sollinhalt Es besteht eine gesetzliche oder vertragliche Pflicht, das betreffende Rechtsgeschäft abzuschließen. Das Gesetz schreibt den Inhalt oder einen Teil davon durch eine zwingende Norm vor. Damit ist die Frage, ob es zweckmäßig ist eine bestimmte Klausel in das Rechtsgeschäft aufzunehmen, gegenstandslos. Die Klausel muß in den Vertrag aufgenommen werden. Es besteht keine gesetzliche oder vertragliche Pflicht, das betreffende Rechtsgeschäft abzuschließen. Als Vorfrage ist nun zu klären, ob es zweckmäßig ist, das betreffende Rechtsgeschäft überhaupt zu schließen. Die Zweckmäßigkeit wird hier soweit unterstellt. Das betreffende Rechtsgeschäft kommt nur zustande, wenn seine essentialia negotii erfüllt sind. Ist dies nicht der Fall kann kein Vertrag entstehen und die gewünschte Rechtsfolge tritt nicht ein. Damit ist es diesbezüglich zwar nicht rechtlich, jedoch faktisch geboten, die entsprechende Klausel in den Vertrag aufzunehmen. Es bestehen Ordnungsvorschriften, wonach eine bestimmte Klausel in den Vertrag aufgenommen werden soll. Wird dies unterlassen, zieht dies zwar nicht die Nichtigkeit des Vertrages als Rechtsfolge nach sich, es können aber sonstige Rechtsfolgen ausgelöst werden (z.B. Aufsichts- oder Disziplinarmaßnahmen). Es besteht damit hier rein praktisch eine Pflicht, eine entsprechende Klausel aufzunehmen.  Im Ergebnis ist Abgrenzung Muß-Inhalt, essentialia negotii, Soll-Inhalt aus dem Blickwinkel der Vertragsgestaltung unerheblich. Der Kautelarjurist ist rechtlich oder mindestens faktisch gezwungen eine solche Klausel in den Vertrag aufzunehmen. Lediglich die Begründung, warum die Klausel aufzunehmen ist und die Rechtsfolge, wenn die Klausel fehlt ist unterschiedlich.

32 Schema zur Vertragsgestaltung nach Weber (3)
Fakultativer Inhalt des Rechtsgeschäfts (accidentalia negotii) 1. Schritt: Ermitteln der gesetzlichen Ausgangslage Gesetz ist zwingend Gesetz ist dispositiv 2. Schritt: Zweckmäßigkeitsentscheidung 2. Schritt: Knappe Analyse der wichtigsten Rechtsfolgen, der rechtlich zulässigen Gestaltungsmöglichkeiten: Gestaltungsmöglichkeit 1 Gestaltungsmöglichkeit 2 Gestaltungsmöglichkeit 3 etc... Entweder: Keine Aufnahme der Klausel in den Vertrag, da diese aufgrund der zwingenden gesetzlichen Vorschriften keinen Regelungsgehalt hat. Oder: Aufnahme der Klausel in den Vertrag trotz zwingender gesetzlicher Vorschriften, um die Rechtslage klarzustellen. Klausel hat deklaratorischen Charakter. Weiter auf Folie Weber 4

33 Schema zur Vertragsgestaltung nach Weber (4)
Fortsetzung von Folie Weber 3 3. Schritt: Abwägen zwischen der dispositiven gesetzlichen Regelung und den jeweiligen zulässigen Gestaltungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung der verschiedenartigen Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte. 4. Schritt: Zweckmäßigkeitsentscheidung Entweder: Beibehalten der dispositiven gesetzl. Regelung als zweckmäßiger als jede Gestaltungsmöglichkeit. Da nicht abbedungen, tritt dispositive gesetzl. Regelung ein, ohne das Klausel notwendig ist. Klausel kann nur das Gesetz wiederholen oder auf Norm verweisen (deklaratorische Klausel zur Klarstellung) Oder: Eine Gestaltungsmöglichkeit ist zweckmäßiger als die dispositive gesetzl. Regelung und alle weiteren Gestaltungsmöglichkeiten: Die dispositive gesetzl. Regelung wird durch Aufnahme dieser Gestaltungsmöglichkeit als Klausel im Vertrag abbedungen. Die Klausel besitzt einen Regelungsgehalt. Sie ist konstitutiv. Hier liegt der Schwerpunkt der Kautelarjurisprudenz ! Weiter auf Folie Weber 5

34 Schema zur Vertragsgestaltung nach Weber (5)
Fortsetzung von Folie Weber 4 4. Schritt: Zweckmäßigkeitsentscheidung Entweder: Beibehalten der dispositiven gesetzl. Regelung als zweckmäßiger als jede Gestaltungsmög-lichkeit. Da nicht abbedungen, tritt dispositive gesetzl. Regelung ein, ohne das Klausel notwendig ist. Klausel kann nur das Gesetz wiederholen oder auf Norm verweisen (deklaratorische Klausel zur Klarstellung) Oder: Eine Gestaltungsmöglichkeit ist zweckmäßiger als die dispositive gesetzl. Regelung und alle weiteren Gestaltungsmöglichkeiten: Die dispositive gesetzl. Regelung wird durch Aufnahme dieser Gestaltungsmöglichkeit als Klausel im Vertrag abbedungen. Die Klausel besitzt einen Regelungsgehalt. Sie ist konstitutiv. Hier liegt der Schwerpunkt der Kautelarjurisprudenz ! 5. Schritt: Zweckmäßigkeitsentscheidung Entweder: Keine Aufnahme der Klausel in den Vertrag, da sie keinen eigenständigen Regelungsgehalt hat. Oder: Aufnahme der Klausel in den Vertrag, um die Rechtslage klarzustellen.

35 Informationsgewinnung

36 Informationsgewinnung - Ausgangssituation
Aufgabe des Rechtsanwalts: Beschaffung weiterer Informationen durch gutes Zuhören und gezieltes Fragen Schilderungen des Mandanten: Fehlen zahlreicher juristisch relevanter Informationen und Schilderung zahlreicher juristisch irrelevanter oder vager Informationen Kein fertiger Sachverhalt

37 Filterfunktion des Rechtsanwalts
Soziale Problemlage / Konfliktkonstellation Unspezifisches Hilfeersuchen Wahrnehmung Allgemeine Problemdefinition Problemdefinition in rechtlichen Kategorien Rechtsberatung Verengung auf rechtliche Durchsetzung Vertragsentwurf Problemerkenntnis

38 Das Mandantengespräch
Offener Regelungsbedarf = Ausdrücklich geschildertes Ziel des Mandanten Versteckter Regelungsbedarf = bislang nicht berücksichtigte Gesichtspunkte Unmögliches Ziel Zielkonflikte (Möglichkeit einer Vorrangzuweisung prüfen)

39 Mandantengespräch Kommunikationsebenen
Sachebene Beziehungsebene Rückkopplung Mandant Anwalt Rückkopplung Reflexives Verhalten Rückkopplung Regelmäßig Divergenz in der Relevanzstruktur asymmetrischer Entscheidungshorizont

40 Differenziertes Kommunikationsmodell nach Schulz v. Thun [1]
Empfänger Selbstoffenbarung Beziehung Sachinhalt Appell Sender Nachricht [1] nach Schulz v. Thun, Friedemann, Psychologische Vorgänge in der zwischenmenschlichen Kommunikation, in Fittkau / Müller / Schulz v. Thun, Kommunizieren lernen, Braunschweig 1977

41 Mandantengespräch - Gesprächstechnik
Aufklärung des relevanten Parteiwillens Zuhören können – Grundlage der Vertrauensbasis Technik des „Aktiven Zuhörens“ Strukturiertes Fragen - Differenzierungs- und Auswahlprozess Steuerung durch offene und geschlossene Fragen Zeitlich punktuelle und zukunftsoffene Gestaltungen Interaktion und Kooperation Adäquate Sprachebene

42 Typen des Mandanten nach B. Heussen
Profi reagiert auf Anregungen sofort und beschafft alles an Informationen, was ihm möglich ist Amateur Informationsaustausch mit unterschiedlicher Qualität und Mandant trifft selten das, was gebraucht wird Spieler bei der Informationsbeschaffung keine Stütze, denn er kündigt Beweismittel an, die es nicht nie eintreffen und Zeugen, die nichts wissen

43 Mandantengespräch Kommunikationsablauf zwischen Anwalt und Mandant[1]
Vorphase Soziale Kommunikation, Herstellung der Beziehungsebene, Begründung des Mandatsverhältnisses 1. Phase Mandant informiert Anwalt 2. Phase Anwalt erfragt weitere Informationen. Je nachdem für wie groß er die Kongruenz in der Relevanzstruktur hält, lässt er den Mandan-ten alles chronologisch erzählen, oder er fragt gezielt nach. 3. Phase Anwalt subsumiert. Anwalt informiert den Mandanten über die Rechtslage und die möglichen Vorgehensstrategien. 4. Phase [1] nach Bähring, Winfried / Roschmann, Christian / Schäffner, Lothar: Das Mandantengespräch, Essen 1989

44 Kommunikationsablauf zwischen Anwalt und Mandant (2)
4. Phase Anwalt informiert den Mandanten über die Rechtslage und die möglichen Vorgehensstrategien. 5. Phase Rückkopplung der Entscheidungsfolgen beim Mandanten: Nachdem der Anwalt dem Mandanten seine Auffassung mitgeteilt hat, beteiligt er diesen an der Entscheidung, ob die Konsequen-zen der anwaltlichen Auffassung weiter verfolgt werden sollen oder nicht: dies insbesondere, wenn mehrere Alternativen zur Dis-kussion stehen oder eventuelle Konsequenzen für den Mandan-ten nicht erkennbar oder eindeutig sind. 6. Phase Wenn der Mandant dies nun wünscht, erbringt der Anwalt Folgeleistungen (zum Beispiel Entwurf Vertrag). Phase 2 bis 6 erfolgen nach jedem weiteren kommunikativen Austausch, ob dieser vom Mandanten, vom Gegner oder von einem Dritten kommt.

45 Nutzung von zusätzlichen Informationsquellen
Informationsdateien (z.B. Creditreform, Schimmelpfeng) Telefonbuch, Branchenverzeichnis Internet Register (Handelsregister, Grundbuch, Familienregister etc.) Beauftragung eines Sachverständigen oder Spezialisten (z.B. Wirtschaftsprüfer, Marktanalyst, technischer Gutachter, etc.) Auskünfte von Behörden Gespräch mit dem Vertragsgegner Finanzbehörde: keine verbindlichen Auskünfte bei rechtlichem Vorteil – Steuersparmodelle (Anweisung an Finanzbehörden durch BMF-Schreiben)

46 Informationsgewinnung als Rechtspflicht
Verpflichtung des RA, vor rechtlicher Beratung den zu begutachtenden Sachverhalt genau aufzuklären grundsätzlich darf der Richtigkeit der Angaben des Mandanten vertraut werden bei lückenhaften Informationen auf Vervollständigung drängen Klärung von Rechtsbehauptungen des Mandanten Umfang der Pflicht richtet sich nach dem erteilten Mandat Verpflichtung zur Abwehr wirtschaftlicher Gefahren Belehrung des Mandanten über das rechtliche Risiko, falls Mandant Mitwirkungspflicht bei Informationsbeschaffung verletzt

47 Informationsgewinnung als Rechtspflicht (2)
Kein Verpflichtung zu eigenen Ermittlungen wenngleich öffentlich zugängliche Informationsquellen genutzt werden sollten

48 Formulieren des Vertrages

49 Technik (1) Ermitteln des Regelungsziels: des zugrunde liegenden Sachverhalts, der Zielvorstellungen und Interessen Ermittlung des generellen Regelungsbereichs (Erfüllungsplanung und Risikoplanung mit Blick in die Zukunft) Ermittlung der Regelungsnotwendigkeiten (Feststellung der bestehenden Rechtslage zur Ermittlung des Regelungsbedarfs) Wiederholung anhand von Weber

50 Technik (2) Erarbeitung des Vorschlags im Detail
Zusammenstellung der in Betracht kommenden Gestaltungsmöglichkeiten Sammeln und Analysieren der Vor- und Nachteile der verschiedenen Regelungsmöglichkeiten Abwägung mit anschließendem Vorschlag

51 Strukturierung des Vertrages
Anhand gesetzlicher Anhaltspunkte anhand des Vertragstypus Sachgerechtigkeit

52 Typischer Vertragsaufbau (1)
Überschrift Rechtliche Einordnung der Vertragstypus (Indiz bei Streitigkeiten) Ggf. beschreibende Bezeichnung Erleichterung der Zuordnung Genaue Bezeichnung der Vertragsparteien Namensgleichheiten Bei juristischen Personen: Beachtung der juristischen Struktur der kontrahierenden Parteien Vertretungsverhältnisse

53 Typischer Vertragsaufbau (2)
(häufig) Präambel Darstellung des Umfeldes und der Vorgeschichte des Vertrages Erleichterung der Verständlichkeit für Außenstehende Auslegungshilfe (ggfs.) Definitionen Zweck: Entlastung des Vertragstextes, wenn sachgerecht Alternativ: Klammerdefinitionen

54 Typischer Vertragsaufbau (3)
Regelungen zur unmittelbaren Erreichung des Vertragszwecks Vertragstypische Hauptpflichten (Leistungsinhalt und Leistungsmodalitäten) Nebenpflichten und Obliegenheiten Formulierung: Ausdruck des Willens zur rechtlichen Bindung (Klarheit ./. Höflichkeit)

55 Typischer Vertragsaufbau (4)
Regelungen zur Störfallvorsorge Gemeinsame Abwägung mit dem Mandanten: Regelung realistischer Risiken und Beachtung besonderer Interessen des Mandanten Bsp. Vereinbarungen über Gewährleistungsrechte, Vereinbarungen über Sicherungsmittel

56 Typischer Vertragsaufbau (5)
Besondere Zukunftsregelungen bzgl. der Vertragsdurchführung Laufzeit des Vertrages Rücktrittsrechte Vertragsanpassungsklauseln abschließende Regelungen Schriftformklausel Schiedsgerichtsregelung In-Kraft-Treten Gerichtsstand, § 38 Abs. 1 ZPO bei grenzüberschreitenden Verträgen: anwendbares Recht Salvatorische Klausel

57 Wiedergabe des Gesetzeswortlauts im Vertrag
Übernahme von dispositivem Gesetzesrecht in den Vertrag arg.: Befriedigungsfunktion des Vertrages für die Parteien Unterscheide: statische Verweisung dynamische Verweisung (Problem) Auswirkung späterer Gesetzesänderungen: Regelungslücke bei Änderung, Unwirksamkeit

58 Anpassungsmechanismen
Wertsicherungsklausel Neuverhandlungsklauseln Spekulationsklauseln Steuerklauseln Salvatorische Klauseln

59 Wertsicherungsklauseln (1)
Zweck: Sicherung der Wertbeständigkeit von Geldschulden Beispiele für die Anwendung: Langfristige Lieferverträge Gewerbliche Mietverträge Unterhaltsvereinbarungen in Scheidungsfolgenverträgen Geldvermächtnisse bei Verfügungen von Todes wegen

60 Wertsicherungsklauseln (2)
Klauselelemente: Anpassungsvoraussetzungen, d.h. Zeitpunkt der Anpassung (z.B.. Ablauf einer Zeitspanne, Index-Veränderung) Maßgebliche Bezugsgröße (Preisindex) Zeitpunkt, zu dem Anpassung wirksam wird Gestaltungsmöglichkeiten Automatisch wirkende Klauseln Klauseln mit Anpassungsverpflichtung oder Anpassungsrecht mit oder ohne Gestaltungsspielraum Beachte: Preisangaben- und Preisklauselgesetz in Verbindung mit Preisklauselverordnung Zu den Details vergleiche Mitteilungen der IHK Stuttgart

61 Wertsicherungsklauseln (3) Formulierungsbeispiel für eine genehmigungsfreie Gleitklausel als Spannungsklausel „Der A zahlt an B vom [Datum] an einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 300 % des nach der Düsseldorfer Tabelle von einem Barunterhaltspflichtigen der Klasse 1 zu zahlenden Unterhalts. Ändern sich die Bestimmungen der Düsseldorfer Tabelle, so ändert sich automatisch im gleichen Verhältnis auch die Höhe des von A zu leistenden Unterhalts.“

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63 Neuverhandlungsklauseln
Gesetzliche Grundlage: § 313 Abs. 1 bei Störung der Geschäftsgrundlage Gestaltung der Klausel: bloße Neuverhandlungspflicht ohne Einigungspflicht Neuverhandlungspflicht verbunden mit einer Einigungspflicht Neuverhandlungs- und Einigungspflicht verbunden mit Sanktionen Neuverhandlungs- und Einigungspflicht mit Schiedsgutachter oder Schiedsgerichtsklausel bei gescheiterter Einigung Einfache Neuverhandlungspflicht ohne Einigungspflicht – wegen Unbestimmtheit am wenigsten empfehlenswert Besser Kombination der Verhandlungs- und Einigungspflicht Sanktionen wie Schadensersatz und Vertragsstrafe sind gestalterisch problematisch, da sie an genau definierte Pflichtverletzungen anknüpfen müssten und ihrerseits zu weiterem Streit führen würden. Praktikabel dagegen Schiedsgutachterklausel

64 Beispiel für Neuverhandlungs-Einigungs- und Schiedsgutachterklausel
„Nach Ablauf von jeweils 3 Jahren, beginnend mit ..., sind beider Vertragsteile berechtigt, Verhandlungen über die Neufestsetzung der Miete zu verlangen. Die Neufestsetzung erfolgt unter Berücksichtigung der örtlichen Mieten nach billigem Ermessen. Können sich die Vertragsteile nicht einigen, so entscheidet ein von der örtlichen Industrie- und Handelskammer auf Antrag eines Vertragsteils zu bestimmender Sachverständiger für gewerbliche Mieten.“

65 Spekulationsklausel Üblich bei Verträgen der vorweggenommenen Erbfolge, insbesondere im landwirtschaftlichen Bereich, zur Sicherstellung, dass die weichenden Geschwister an einem etwaigen Veräußerungsgewinn beteiligt werden „veräußert der Erbwerber oder sein Rechtsnachfolger, den heute übergebenen Grundbesitz innerhalb von 15 Jahren ab heute ganz oder in Teilen, so hat er die Hälfte des Erlöses abzüglich der aus dem Erlös zu entrichtenden Steuer an den Veräußerer, nach dessen Tod an [...] herauszugeben. Die Herausgabepflicht besteht dann nicht [...].“

66 Steuerklausel = Zivilrechtliche Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts wird von seiner steuerlichen Anerkennung durch die zuständige Finanzbehörde abhängig gemacht Zweck: Rechtsunsicherheit bezüglich der steuerlichen Folgen eines Vertrages vermeiden Probleme: zivilrechtliche Qualifikation steuerrechtliche Wirkung BFH: Bekanntmachung ggb. dem Finanzamt so bald wie möglich BFH: Satzungsklausel zur Rückgängigmachung der verdeckten Gewinnausschüttung steuerrechtlich unzulässig (BFH)

67 Salvatorische Klauseln
Zweck: Vermeidung des § 139 BGB bei Nichtigkeit einzelner Vertragsklauseln Gestaltungsmöglichkeiten: Erhaltungsklausel Erhaltungs- und Ersetzungsklausel mit automatischer Ersetzung Erhaltungs- und Ersetzungsklausel mit Ersetzungspflicht

68 Salvatorische Klauseln - Erhaltungsklausel
„Sollte eine dieser Vereinbarungen unwirksam sein oder werden, so sollen die übrigen Vereinbarungen dennoch wirksam bleiben“ Problem: offen bleibt, wie die durch den Wegfall der unwirksamen Vereinbarung entstandene Regelungslücke zu schließen ist

69 Salvatorische Klauseln – Erhaltungs- und Ersetzungsklausel
„Erweist sich eine Bestimmung dieses Vertrages als unwirksam, so bleiben die übrigen Bestimmungen wirksam. Anstelle der unwirksamen Bestimmung gilt die Bestimmung als vereinbart, die dem Sinn und dem Zweck der weggefallenen Bestimmung in zulässiger Weise am nächsten kommt.“ Problem: Im Streitfall Ermächtigung des Richters

70 Salvatorische Klauseln – Erhaltungs- und Ersetzungsverpflichtungsklausel
„Erweist sich eine Bestimmung dieses Vertrages als unwirksam, so bleiben die übrigen Bestimmungen wirksam. Anstelle der unwirksamen Bestimmung ist eine Bestimmung zu vereinbaren, die dem Sinn und dem Zweck der weggefallenen Bestimmung in zulässiger Weise am nächsten kommt.“ Problem: Im Streitfall ist die Zustimmung zu einer vorgeschlagenen Ersetzungsregelung einzuklagen

71 Sprache des Vertrages (1)
„Amtsdeutsch ist der Stammesdialekt der Eingeborenen im Paragraphendschungel“ Präzise und klare Regelungen (vgl. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) Sprachlich einfache und verständliche Formulierungen (Berücksichtigung des Empfängerhorizonts = Mandant) aber: Juristische Fachsprache zur Vermeidung von Ausle-gungsstreitigkeiten (Unterscheidung der Sprachebene im Vertragstext und im Erklärungstext an den Mandanten)

72 Sprache des Vertrages (2)
Anlehnen an „Bekanntes“, d.h. Formulierungen des Gesetzes Bsp. § 929 BGB: „sind sich einig darüber“ § 449 BGB: „behält sich das Eigentum vor“ Beibehaltung des gleichen Begriffes bei gleichem Inhalt Bsp. Unterschiedliche Verwendung von Haus, Gebäude, Bauwerk etc. Widerspruchsfreiheit

73 Zwischenüberschriften Durchlaufende Ziffern oder Paragraphen
Äußere Gestaltung Zwischenüberschriften Durchlaufende Ziffern oder Paragraphen Ggf. Verweis auf Anlagen, Übersetzungen

74 Formbedürftigkeit aufgrund Gesetzes, § 125 S. 1 BGB
Formfragen Formbedürftigkeit aufgrund Gesetzes, § 125 S. 1 BGB notarielle Beurkundung, § 128 BGB, BeurkG öffentliche Beglaubigung, § 129 BGB, BeurkG Einfache Schriftform, § 126 BGB Eigenhändigkeit der Urkunde Grundsätze des einheitlichen Rechtsgeschäfts Formbedürftigkeit aufgrund Rechtsgeschäfts, § 125 S. 2 BGB Problem: Anforderungen an die Aufhebung der Schriftform-klausel Zweckmäßigkeitserwägungen (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO, Beweissicherung) Beispiel verbundenes Geschäft: Veräußerung der Beteiligung an einer GmbH & Co. KG - nicht nur die Abtretung des Geschäftsanteils an der Komplementär-GmbH (§ 15 III, IV GmbHG), sondern auch die Abtretung des Kommanditanteils bedarf der notariellen Form Aufhebung der Schriftformklausel: Rechtsprechung des BFH, der keinen Aufhebungswillen bei mündlicher Aufhebung mehr verlangt

75 Letter of Intent/ Absichtserklärung
= Bekundung der Bereitschaft, mit dem oder den Adressaten einen Vertrag abzuschließen => Unterschied zum Vertragsangebot: Erklärung soll noch nicht rechtsverbindlich sein („no binding clause“) bei Gesellschaftsverträgen: Es muss vermieden werden, dass durch eine „Annahmeerklärung“ nach einem LOI eine Vorgründungsgesellschaft oder gar eine Vor-GmbH entsteht

76 LOI (2) Zweck: Zeitliche Fixierung
Vertrauensbildung während der Vertragsverhandlungen Zeitliche Fixierung Haftungsbegrenzung auf bestimmte Rechtswirkungen Erleichterung für bei spätere Geltendmachung vorvertraglicher (Vertrauens-)Schäden Form: einseitig oder zweiseitig

77 LOI (3) – Typische Klauseln
Verpflichtung, während der Verhandlung nicht parallel mit einem Dritten zu verhandeln Geheimhaltungsvereinbarungen für bestimmte Verhandlungsthemen Offenbarung eines bestimmten Know-how mit der Verpflichtung, nach dem Scheitern der Verhandlung davon keinen Gebrauch zu machen Übernahme bestimmter personeller und finanzieller Vorinvestitionen sowie Erstattungsregeln hierfür Haftungsvereinbarungen und Haftungsausschlüsse Rechtswahl, Gerichtsstandsvereinbarungen

78 Vertragsverhandlungen

79 Vertragsverhandlungen
sind geprägt durch: Focus der Parteien auf Ihre eigenen Interessen Unsichere Prognose der künftigen Entwicklung Unvollständige Kenntnis der Rahmenbedingungen Schwierigkeit den Verhandlungspartner und sein Verhalten einzuschätzen Gleichzeitigkeit zahlreicher Vorgänge Daraus folgt eine komplexe Kommunikationssituation die zahlreiche Risiken birgt den Verhandlungserfolg zu schmälern Diese Risiken zu erkennen und zu minimieren ist das Ziel verschiedener interdisziplinärer wissenschaftlicher Modelle

80 Institutionen-Ökonomie Harvard-Project on Negotiation (PON)
Modelle Spieltheorie Institutionen-Ökonomie Harvard-Project on Negotiation (PON)

81 Institutionen-Ökonomie
Ein erster Einblick in die Institutionen-Ökonomie...

82 Übung: Vertragsentwurf Ehevertrag Wesendok / Drempel

83 Vertragsentwurf in Sachen Wesendok / Drempel
Jochen Drempel (D) ist 32 Jahre alt, und arbeitet als Architekt in dem vor drei Jahren von seinem Bruder gegründeten Architekturbüro Drempel & First in Hamburg. Das Büro floriert und hat gute Aussichten, auch in der nächsten Zukunft gegen den allgemeinen Trend weiter zu wachsen. D will die achtundzwanzigjährige Anne-Kathrin Wesendonk (W) heiraten. W stammt aus einer wohlhabenden Hamburger Kaufmanns-familie und arbeitet nach ihrem BWL-Studium als leitende Angestellte bei einer Privatbank in der Hansestadt. Ihre Tätigkeit dort will sie auch nach der Heirat unbedingt fortsetzen. Selbst wenn sich nach der Eheschließung Kinder bei D und W einstellen sollten, was beide sich wünschen, will sie sobald wie möglich wieder in den Beruf. D ist der Auffassung, dass W zur Erziehung der Kinder besser im Beruf aussetzen solle, bis diese zur Schule gehen. Er meint, dass er W auch davon überzeugen könne, wenn es erst einmal soweit ist.

84 Vertragsentwurf in Sachen Wesendok / Drempel
Feststellung der Interessenlage Sachverhalt weiter ermitteln: Ist D Partner oder Angestellter bei Drempel & First? Wenn Partner, dann Risikovorsorge gegen Kapitalabfluss bei Scheidung Ist D ein Drempel aus der „Drempel-Dynastie“, die mit der „Drempel KG“ schon in der 3. Generation eine der größten Baustoffhandlungen Norddeutschlands besitzt. Wenn ja, gibt es gesellschaftsrechtliche Zwänge, die bei einem Ehevertrag zu berücksichtigen sind? Von der „Drempel KG“ ist bekannt, dass entsprechend der Familientradition keine Mitgesellschafter außerhalb der männlichen Drempel-Nachfahren zugelassen sind. Damit das Vermögen in der Familie bleibt, verpflichten Familienoberhaupt Dr. Dietrich Drempel und seine Mitgesellschafter jeden Drempel, alles für den Schutz des Betriebsvermögens zu tun.

85 Vertragsentwurf in Sachen Wesendok / Drempel
2. Feststellung der Rechtslage § 1408 BGB: Ehegatten können ihre güterrechtlichen Verhältnisse durch Vertrag regeln. Fehlt eine Regelung: Gilt Zugewinngemeinschaft gem. § 1363 BGB 3. Rechtslage passend ? Zugewinngemeinschaft gem. § 1363 BGB basiert auf dem gesetzlichen Leitbild: Einverdienerehe mit Vermögensausgleich bei Scheidung  passt hier nicht, wenn D ein „Baustoff-Drempel“ oder wenn Partner seines Bruders. Dann Schutzinteresse des D für Betriebsvermögen Wenn Rechtslage gepasst hätte: a) dennoch Aufnahme einer Regelung in die Vereinbarung? b) Weglassen einer Regelung/ Beibehalten der Rechtslage

86 Vertragsentwurf in Sachen Wesendok / Drempel
4. Wenn Rechtslage nicht passend: einschlägige Norm zwingend?  §§ 1363, 1408 BGB dispositiv a) Aufzeigen von Gestaltungsmöglichkeiten Gütertrennung Gütergemeinschaft Modifizierte Zugewinngemeinschaft o.a. Mischformen

87 Vertragsentwurf in Sachen Wesendok / Drempel
b) Bewertung der verschiedenen Gestaltungsvarianten Akzeptanz beim Vertragspartner Sicherungsmöglichkeiten Vollstreckbarkeit Kostenfolgen Geeignetheit Realisierbarkeit/ Umsetzung/ Handhabung durch die Parteien c) Entscheidung wohl modifizierte Zugewinngemeinschaft wenn D „Baustoff-Drempel“ oder Partner seines Bruders bei „Drempel & First“ kein Ehevertrag erforderlich, wenn D Angestellter seines Bruders und kein „Baustoff-Drempel“ 5. Ausformulieren der Regelung

88 Vertragsmanagement

89 Vertragsmanagement Bei der Konzeption des Vertrages sollten sich die Parteien um eine Störfallvorsorge bemühen. Dennoch kann es auch bei umsichtiger Planung zu unvorhergesehen Ereignissen kommen, die den Vertragszweck tangieren. Ursachen: einseitige Planänderungen auf einer Seite Einseitige Planänderungen auf beiden Seiten Organisatorische Umstellungen Personelle Umstellungen (Wechsel von Personen und Zuständigkeiten) Änderungen des technischen Umfelds Änderungen der finanziellen Rahmenbedingungen Unplanbares Verhalten Dritter Zufällige Einflüsse

90 Vertrag in der Krise / Vertragsmanagement
Nahezu jeder Vertrag durchläuft bei seiner Durchführung irgendein Krisenstadium (manchmal sogar ohne das die Parteien dies merken) Gründe: Die Erwartungen einer oder beider Parteien an den Vertrag erfüllen sich nicht (Fehleinschätzungen) Verdeckter Vertragsbruch einer Partei, die sich versucht ihren Pflichten zu entziehen oder die Pflichten der Gegenseite zu erhöhen, um so das eigene Risiko zu mindern Offener Vertragsbruch durch eine Partei, die ihre Leistung verweigert, aber gleichzeitig versucht die Gegenseite von den (eigentlich) gebotenen rechtlichen Konsequenzen abzuhalten (selten) Leistungsstörungen für die keine Partei verantwortlich ist (höhere Gewalt) Leistungsstörungen für die eine Partei verwantwortlich ist (Mehrzahl der Fälle) Wie kann man mit Vertragskrisen umgehen?

91 Wie kann man mit Vertragskrisen umgehen?
Frühwarnsystem für die Erkennung von Vertragsstörungen installieren Auf Beschwerden des Vertragspartners oder überraschende Situationen sofort reagieren Die Kommunikation nie abbrechen lassen Eigene Fehler ebenso wahrnehmen können, wie die der Gegenseite

92 Vertragskrise Rückabwicklung des Vertrages (geordneter Rückzug exemplarisch)
Rahmenverträge nicht fristlos kündigen, sondern unter angemessenen Fristen auslaufen lassen Vertrag vor Erfüllung beenden ggfls. dafür Abstandszahlung leisten Eigene Mitwirkungsleistungen erhöhen und damit die Leistungspflicht der anderen Seite indirekt verkürzen Leistungen, die der Vertragspartner offenkundig nicht erbringen kann durch andere ersetzen und dafür ein Minimum an Deckungsbeiträgen zahlen Bei Gesellschaftsverträgen aktive in stille Beteiligungen ändern

93 Vertragscontrolling Beschreibt alle Maßnahmen und Werkzeuge, die dazu dienen, Planung und Realität miteinander zu vergleichen, Differenzen zu messen und die daraus gewonnenen Erkenntnisse zu bewerten. Eine Zertifizierung nach DIN/ISO 9000 verlangt dies z.B. unter Teil 3 Ziff und 5.3 Verträge als Dokumente im handelsrechtlichen Sinn unterliegen einschließlich aller späteren Än-derungen den Aufbewahrungspflichten nach HGB sowie z.T. steuerlichen Aufbewahrungspflichten.

94 Vertragscontrolling Bei Verträgen wird für ein effektives Controlling vorgeschlagen, nach Vertragsschluss sämtliche Klauseln nebst Anlagen zu exzerpieren und in eine Schema zu gliedern, das die Pflichten der Parteien und mögliche Risikofaktoren reflektiert1: Rechtliche Wirksamkeitsvoraussetzungen Eigene Hauptpflichten (insb. Mitwirkungspflichten) Eigene Nebenpflichten (Information/Warnung) Hauptpflichten des Vertragspartners Nebenpflichten des Vertragspartners Rechtliche Sicherungsmaßnahmen außerhalb des Vertrages Nicht beherrschbare Risiken Risiken, die nur durch Dritte beherrschbar sind Die Übersicht dient der Kontrolle, dass z.B. alle Pflichten frühzeitig überwacht werden, Verzug rechtzeitig angemahnt wird, Schlechterfüllung frühzeitig erkennbar werden und die Rechte, die sich aus Leistungsstörungen ergeben rechtzeitig ergriffen werden (Rügepflicht gem. §§ 377, 378 HGB oft nur wenige Tage) 1 Nach Heussen, Handbuch Vertragsverhandlung und Vertragsmanagement

95 Vertragscontrolling In den USA z.B. erforderlich: im Rahmen einer Vertrags-dokumentation sind über die Vertragsurkunde hinaus diverse Unterlagen, die bei der Planung, Verhandlung und Durchführung entstanden sind zu archivieren, wie z.B. Projektpläne, Zeitpläne, Budgetpläne, Protokolle, Projekttagebücher, techn. Testunter-lagen, Gutachten, Vertragsentwürfe und interne Memoranden. Diese Fülle von Dokumenten erfordert für die Dokumenten-verwaltung organisatorische Vorschriften, die regeln, dass die relevanten Dokumente so lange aufzuheben sind, dass auch Fernwirkungen des Vertrages nicht mehr zu befürchten sind. Im Streitfall kann eine gute Vertragsdokumentation auch eine wesentliche Auslegungshilfe für den Vertrag selbst sein.

96 Vergleiche

97 Vergleiche Vorbemerkung
a) Pflichten des Anwaltes beim Vergleich Verbot, zu ungünstigem Vergleichsabschluss zu raten Pflicht, alle Interessen des Mandanten abzuwägen, unabhängig von Vergleichsempfehlung des Gerichts Vorgehen im Einklang mit Mandanten Belehrungspflicht über Folgen des Vergleichs Sorge für eindeutigen und vollstreckungsfähigen Inhalt des Vergleich

98 Vergleiche Vorbemerkung
b) Rechte des Anwalts beim Vergleich Anspruch gegenüber dem Mandanten auf eine Weisung, ob und ggfls. mit welchem Inhalt der Vergleich geschlossen werden soll Vergleichsgebühr, RVG-VV Nr. 1000: diese beträgt grundsätzlich 15/10 (RVG-VV 1,5). Wird der Vergleich jedoch abgeschlossen, während ein gerichtliches Verfahren anhängig ist, beträgt die Vergleichsgebühr nur 10/10

99 Vergleich Außergerichtlicher Vergleich
wie kommt ein außergerichtlicher Vergleich zustande ? Auflösung der Prozesssituationen bedenken, wenn parallel zu einem schon laufenden Verfahren Herausgabe eines evtl. schon bestehenden Titels bedenken

100 Prozessvergleich Der Prozessvergleich ist ein vor Gericht in mündlicher Verhandlung geschlossener und protokollierter Vertrag, durch den die Parteien einen rechtshängigen Rechtsstreit gütlich vollständig oder teilweise beenden.

101 Vorteile gegenüber streitigen Entscheidungen:
Prozessvergleich Vorteile gegenüber streitigen Entscheidungen: Interessen der Parteien können ausgeglichen, nicht nur entschieden werden Kostenersparnis Ausgleich von Prozessrisiken

102 Doppelnatur des Prozessvergleichs
Prozesshandlung § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird vor Gericht geschlossen Vollstreckungstitel beendet den Prozess Schuldrechtlicher Vertrag § 779 BGB Gegenseitiger Vertrag, durch den der Streit im Wege eines gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (minimales Nachgeben reicht)

103 Prozessvergleich Besondere Wirksamkeitsvoraussetzungen
§ 794 Abs. 1 S. 1 ZPO Der Prozessvergleich muss: in einem Streitverfahren, vor einem deutschen Gericht oder einer Gütestelle während eines anhängigen Verfahrens, zwischen den Parteien des Rechtsstreits und zur Beilegung des Rechtsstreits seinem ganzen Umfang nach oder wegen eines Teiles des Streitgegenstandes geschlossen werden.

104 Unwirksamkeit des Prozessvergleichs
Formelle Fehler z.B. wenn Vergleich nicht vorgelesen oder genehmigt Folge: kein Prozessvergleich i.S.d. § 794 I 1 ZPO =>Prozess endet nicht sondern muss fortgesetzt werden Materielle Fehler str., ob Prozess weiter zu führen ist

105 Unwirksamkeit des Prozessvergleichs
Materielle Fehler Fehler führt zu einer Beseitigung Ex nunc Ex tunc BGH: Neuverfahren BGH: Altverfahren h.L. : Altverfahren h.L.: Altverfahren Arg.: fällt der Vergleich ex tunc weg entfaltet er auch keine Prozessualen Folgen

106 Form des Prozessvergleichs
Grds. muss der Vergleich protokolliert werden Ist für den Vertragsgegenstand nach materiellem Recht eine bestimmte Form vorgesehen, so wird diese gem. § 127a BGB durch das richterliche Protokoll erfüllt.

107 Wirkungen des Vergleichs 1. Prozessende
Der Prozess wird durch den gerichtlichen Prozess-vergleich unmittelbar beendet Die Rechtshängigkeit erlischt ex nunc ohne Gerichts-entscheidung Sind vor dem Vergleich gerichtliche Entscheidungen ergangen werden diese nach h.M. analog § 269 Abs. 3 S. 1 HS 2 ZPO wirkungslos. Beachte! Durch einen außergerichtlichen Vergleich wird der Prozess nicht beendet, es bedarf noch einer Klagerrücknahme / übereinstimmenden Erledigter-klärung oder eines Urteils

108 Wirkungen des Prozessvergleichs 2. Titel
Der Prozessvergleich ist Vollstreckungstitel sofern die Voraussetzungen der §§ 795, 724 ZPO erfüllt sind. > die Leistungsverpflichtungen sind in einem Vergleich so genau wie möglich zu beschreiben Der Prozessvergleich entfaltet im Gegensatz zum Urteil keine Rechtskraft

109 Vergleich - Formulierungsübung
Michael, Olaf und Uwe Welter sind die einzigen Kinder von Bernd Welter, der im Oktober 2005 verstorben ist. Michael lebte bis zum Tod seines Vaters in dessen Haus in Zehlendorf. Uwe lebte mit seiner Ehefrau Anna in einer Mietwohung in Friedenau und ist im Dezember 2005 bei einem Autounfall tragisch ums Leben gekommen. Er hinterläßt eine 23-jährige Tochter, die in Heidelberg Medizin studiert. Olaf hatte sich mit seinen Eltern nie gut verstanden und war schon mit 16 der Familie entflohen, indem er nach einer Ausbildung zum Elektriker auf einem Containerschiff anheuerte. Heute ist er 45 Jahre und hat ein kleines Haus in Macao, wo er wohnt, wenn er nicht zur See fährt. Maria, die Ehefrau von Bernd Welter ist bereits 1985 gestorben, so dass es Michael war, der nach Bernds Tod in der Schublade dessen Schreibtisches das anliegende Testament gefunden hat.

110 Vergleich - Formulierungsübung
Mein letzter Wille Mein Sohn Michael soll das Haus, mein Sohn Olaf mein Auto und mein Sohn Uwe mein Bankguthaben bei der Weberbank erben. Sonst besitze ich nichts von Wert. Berlin, den 19. Januar 2004

111 Vergleich - Formulierungsübung
Anna, die nach dem Tod ihres Mannes erhebliche finanzielle Probleme auf sich zukommen sieht, hat – bevollmächtigt durch ihre Tochter – im Januar einen Erbschein zu 1/3 nach Bernd Welter beantragt. Ihrer Ansicht nach sollte man das Gemälde von Max Beckmann verkaufen, das schon seit den 30er Jahren im Wohnzimmer hängt, und den Erlös unter den Erben teilen. Sie hatte nie verstanden, warum ihr Schwiegervater dieses Bild immer als „wertloses pseudo-expressionistisches Gepinsel“ bezeichnet hatte. Gegen Annas Vorschlag wendet sich Michael, der sich als Erbe seines Vaters versteht. Er bittet Sie mit Anna und deren Tochter in Verhandlungen zu treten, um weiteren Streit zu vermeiden. Gerne zahle er ihnen die Bankkonten aus, aber das Haus, geschweige denn das Bild bekämen sie nicht. Seinem Bruder Olaf ist all dies egal. Er will nur seine Ruhe.

112 Vergleichsprinzipien
Die mit dem Prozeßvergleich angestrebte Wiederherstellung des Rechtsfriedens zwischen der Parteien erfordert: einfache, praktikable und klare, den beiderseitigen Verhältnissen angepasste Vergleichsregelungen

113 Vergleichsprinzipien
Vorrang einfacher Lösungen - Ziel ist mit dem Vergleich einen klaren endgültigen Trennungsstrich zwischen den Parteien zu ziehen, durch einseitige, unbedingte, pauschale Ausgleichs-zahlung unter Ausschluss von Aufrechnung und Zurückbehaltungsrechten

114 Vergleichsprinzipien
Prinzip der Klarheit Die aus dem Vergleich resultierenden Rechte und Pflichten müssen so klar und eindeutig bestimmt sein, dass sie aus sich heraus, ohne Auslegungszweifel auch von einem nichtbetei-ligten Dritten nachvollzogen werden können. Prinzip der umfassenden Lösung - Nach Möglichkeit Einbeziehung aller Rechtsbeziehungen der Parteien, auch wenn diese noch nicht rechtshängig sind oder Rechtsbeziehungen zu Dritten betreffen.

115 Durchsetzung von Vergleichen
Methoden: Anreize: Stundung, (Teil-)Erlass Vertragsstrafen Pauschalierter Schadensersatz Rücktrittsrechte Fristlose Sonderkündigungsrechte Bedingungen Sicherheiten (Bürgschaft, Kaution, Raumsicherung, Sicherungsabtretungen, Sicherungsübereignungen) Sofortige Zwangsvollstreckungsunterwerfung

116 Vollstreckung von Vergleichen
Möglichkeiten: Urkundsprozess auf der Grundlage der schriftlichen Vereinbarung Normale Klage, d.h., entweder Klage aus dem schon außergerichtlich geschlossenen Vergleich oder Klage mit dem Ziel, einen gerichtlichen Vergleich abzuschließen § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO ZPO notarielle Urkunde vollstreckbarer Anwaltsvergleich nach §§ 796 a ff ZPO Vollstreckbarerklärung durch ein Gericht, § 796b ZPO Vollstreckbarerklärung durch einen Notar, § 796c ZPO

117 Vergleichsinhalte a) Präambel b) Vergleichsgegenstand
c) Umfang des Vergleichs d) Fälligkeit, Verfallklausel e) Kosten f) Steuern g) Ausschluss von Aufrechnung und Zurückbehaltungsrechte h) Sicherung i) Generalquittung (Abfindungsvergleich) j) Verhältnis des Vergleichs zu anderen Titeln k) Gesetzlich mögliche Haftungsbeschränkung l) Widerruf, m) Genehmigung eines Dritten n) Zeitpunkt des Wirksamwerdens

118 Vergleichsinhalte b) Vergleichsgegenstand
Klarstellen des Umfangs, in dem Streitgegenstand geregelt werden soll, durch Ausgleichsklauseln: „zum Ausgleich der Klageforderung“; „zum Ausgleich aller wechselseitigen Ansprüche der Parteien, die sich aus dem in diesem Rechtsstreit vorgetragenen Sachverhalt ergeben“; „zum Ausgleich aller gegenseitigen Ansprüche der Parteien“ Beachte: Gefahr der ungewollten Miterledigung von Ansprüchen bei zu weit gefassten Ausgleichsklauseln Bei wiederkehrenden Leistungen: Grundlagen des Vergleichs angeben, um die Voraussetzungen für eine Abänderbarkeit festzustellen (insbesondere für § 323 ZPO)

119 Vergleichsinhalte c) Umfang des Vergleichs
Hauptanspruch Insbesondere Abgabe einer Willenserklärung Problem der Vollstreckung, § 888 ZPO bzw. neue Klage und § 894 ZPO deshalb: Abgabe möglichst im Vergleich Zinsen Vereinbarung von Zinstermin und Zinssatz ggfls. Vereinbarung des Grundes: Fälligkeitszinsen, Verzugszinsen, pauschalierter Schadensersatz

120 Vergleichsinhalte d) Fälligkeit, Verfallklausel
Enthält der Vergleich keinen Zahlungstermin ist der Vergleichsbetrag gem. § 271 I BGB sofort fällig und damit ggfls. sofort vollstreckbar Benötigt der Schuldner Zeit, muß eine eindeutige Zahlungsfrist vereinbart werden: Der Beklagte verpflichtet sich, spätestens bis …(Datum) € …(Betrag) zu zahlen. bei Ratenzahlungsverpflichtungen ist neben dem Fälligkeitstermin jeder Rate und neben der üblichen Verfallklausel klarszustellen, ob evtl. vom Schuldner zu erstattende Kosten mit in die Ratenzahlungsregelung einbezogen werden sollen: Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Vergleichssumme nebst Zinsen und zu erstattenden Kosten in monatlichen Raten von € 500 zu zahlen, beginnend mit dem und jeweils fällig am 1. eines Monats. Kommt der Beklagte länger als zwei Wochen mit einer Rate ganz oder teilweise in Rückstand, wird der gesamt Betrag sofort fällig.

121 Vergleichsinhalte e) Kosten
Verteilung der Kosten im Vergleich Regelungsmöglichkeiten: Konkrete Regelung, d. h. Quote (evtl. gesonderte Regelung von Kosten, die nicht in die Quote eingehen sollen) oder hälftige Teilung oder Aufhebung der Kosten gegeneinander. Subsidiär § 98 ZPO Aufforderung an das Gericht, über die Kosten nach § 91 a ZPO (höhere Kostenbelastung gegenüber einer Regelung der Kosten im Vergleich beachten: nach Nr Kostenverzeichnis werden 2 Gerichtsgebühren erstattet, wenn der Rechtsstreit vor einem Urteil vollständig durch Vergleich erledigt wird; bei einer Kostenentscheidung nach § 91 ZPO ist dies jedoch nicht der Fall)

122 Vergleichsinhalte f) Steuern
insbesondere Verkehrssteuern und Mehrwertsteuer Wenn es sich um einen Mehrwertsteuerpflichtigen Zahlungsvorgang handelt, muss die MwSt. einkalkuliert bzw. gesondert ausgewiesen werden, damit sie neben der eigentlichen Vergleichssumme noch geltend gemacht werden kann. soweit Forderungen einbezogen werden, für die noch keine Rechnungen vorliegen ist es ratsam die Erteilung einer Rechnung zu fordern um den Vorsteuerabzug vornehmen zu können.

123 g) Ausschluss von Aufrechnung und Zurückbehaltungsrechten
Vergleichsinhalte g) Ausschluss von Aufrechnung und Zurückbehaltungsrechten

124 Vergleichsinhalte h) Sicherung
(z. B. Bürgschaft, Schuldmitübernahme durch Dritte, Lohnabtretung, Forderungsabtretung etc.) Sanktionen bei Nichterfüllung des Vergleichs Rücktritt Verfallklausel Vertragsstrafe Pauschalierter Schadenersatz Positive Motivation zur Erfüllung eines Vergleiches durch einen Erlaßvertrag hinsichtlich eines überschießenden Spitzenbetrages

125 Vergleichsinhalte i) Generalquittung
Die Generalquittung (Abfindungsvergleich) ist Quittung i.S.d. § 368 BGB Gefahr: Eine "Generalquittung" stellt nicht nur eine Wissenserklärung des Gläubigers, der bekennt, die Leistung erhalten zu haben dar, sondern in der Regel gleichzeitig ein Angebot auf Abschluß eines Erlassvertrages, eine Verzichtserklärung oder ein negatives Schuldanerkenntnis und stellt damit eine Verfügung über eine bestehende Forderung dar. (BGH XII ZR 208/96v = NJW-RR 1999, )

126 Vergleichsinhalte j) Verhältnis des Vergleichs zu anderen Titeln, insbesondere nicht rechtskräftigen Titeln in dieser Angelegenheit (Z. B. Teil-Anerkenntnisurteil) k) Gesetzlich mögliche Haftungsbeschränkung (z. B. beschränkte Erbenhaftung, BGH WM 1991, 1812 f.)

127 Vergleichsinhalte l) Widerruf
Widerruf insbesondere bei Abschluss eines Vergleichs ohne vorherige Zustimmung des Mandanten Zulässigkeit nur, wenn Widerrufsvorbehalt Widerrufsadressat bestimmen, evtl. auch Formvereinbarung (z. B. „durch schriftliche Anzeige zu den Gerichtsakten“) Beachte: Widerrufsfrist ist keine richterliche Frist, keine Notfrist, deshalb: keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand; Verlängerung der Frist nur durch Einigung mit dem Gegner und schriftliche Anzeige an das Gericht innerhalb der ursprünglichen Widerrufsfrist Widerrufsmöglichkeit nach gesetzlichen Bestimmungen, auch wenn die Vereinbarung in Form eines Prozessvergleichs getroffen wird, es sei denn, dass bestimmte Angaben in den Vergleich aufgenommen werden (§ 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB für den Verbraucherdarlehensvertrag)

128 Vergleichsinhalte m) Genehmigung eines Dritten
Fälle die eine Genehmigung erfordern, damit der Vergleichsinhalt wirksam wird: Behörde (Wertsicherungsklausel nach Preisangaben- und Preisklauselverordnung) Vormundschaftsgericht Aufsichtsbehörde Sonstige (z. B. Ehegatte im Fall des § 1365 BGB)

129 Vergleichsinhalte n) Zeitpunkt des Wirksamwerdens
Wenn die Protokollierung durch das Gericht vereinbart wird (§ 127 Satz 1 BGB, § 154 Abs. 2 BGB: bestimmte Form der Beurkundung vereinbart; im Zweifel erst, wenn diese Form erfüllt ist)

130 Vergleichsinhalte Beispiel – Unterhaltsvereinbarung (1)
Herr Jochen Drempel (Personalien) und Frau Anne-Kathrin Wesendonk-Drempel (Personalien). leben getrennt und beabsichtigen, sich scheiden zu lassen. In Hinblick auf die Scheidung schließen sie folgende Unterhaltsvereinbarung Die Ehegatten verzichten gegenseitig auf alle gesetzlichen Ansprüche auf Unterhalt nach der Scheidung, auch für den Fall der Not. Als Abfindung für den Verzicht erhält die Ehefrau die elterliche Sorge für die gemeinsame Tochter Maria, sowie folgende Leibrente. Für diese Leibrente wird die entsprechende oder ergänzende Anwendung der gesetzlichen Vorschriften über den nachehelichen Unterhalt ausdrücklich ausgeschlossen. Die Leibrente ist monatlich im Voraus zu zahlen und beträgt monatlich Euro 1500,00

131 Vergleichsinhalte Beispiel – Unterhaltsvereinbarung (2)
Die Leibrente erlischt mit dem Tod der Berechtigten. Sie erlischt auch wenn die Berechtigte mit einem Dritten eheähnlich zusammenlebt oder wieder heiratet. Ein eheähnliches Zusammenleben wird vermutet, wenn die Berechtigte mit einem Dritten eine gemeinsame Wohnung bewohnt. Verändert sich der vom Statischen Bundesamt festgestellte Verbraucherpreisindex für Deutschland (2000 = 100, gegenwärtig = 108,6), so erhöht oder ermäßigt sich der Betrag der Rente entsprechend. Eine Anpassung findet jedoch nur statt, wenn sich eine Veränderung des Index von mehr als 5 % eingestellt hat, wobei jeweils von der der letzten Anpassung zugrunde liegenden Indexzahl auszugehen ist. Die Rente erhöht oder ermäßigt sich ab dem der Anpassung folgenden Monatsersten. Rückwirkende Anpassung kann nicht verlangt werden. Weitergehende Anpassung findet nicht statt. Insbesondere wird die Abänderungsklage nach § 323 ZPO ausdrücklich ausgeschlossen Nach Langenfeld sittenwidrig, BGH FamRZ 1984, 778; 1986,444

132 Rechtsgestaltung im Familienrecht

133 Das eheliche Zusammenleben
Die Freiheit der Ehegatten Partner regeln Inhalt der Ehe im gegenseitigen Einvernehmen (§1356 I S. 1 BGB). Grenzen der Freiheit: Ehe auf Lebenszeit (§1353 I S.1 BGB); ehel. Lebensgemeinschaft (§ 1353 I S. 2 BGB); Familienunterhalt (§ 1360 BGB). Das Ehebild des Gesetzes Heute Idee der gleichberechtigten Partnerschaft Das gegenseitige Einvernehmen über die Eheführung (§1356 I S. 1 BGB). Hier liegt das Kernproblem der Eheverträge: Der gemeinsame Lebensplan Keine Stabilisierung durch Schadensersatzpflichten und Vertragsstrafen Das Ehenamensrecht In den gesetzlichen Grenzen disponibel

134 Güterstände Zugewinngemeinschaft Gütergemeinschaft Gütertrennung

135  Die Scheidung I. Das Zerrüttungsprinzip II. Das Scheidungsverfahren III. Das Getrenntleben Schwerpunkt eines Ehevertrages ist die vorsorgende Gestaltung der Scheidungsfolgen

136 Der güterrechtliche Zugewinnausgleich (§§ 1372 ff. BGB)
1. Ausgleich in Geld 2. Begrenzungen, Zu- und Abrechnungen kein negatives Anfangsvermögen § 1374 I BGB, privilegierter Erwerb § 1374 II BGB, keine illoyalen Vermögensminderungen § 1375 II,III BGB 3. Zeitpunkt des Zugewinnausgleichs mit Beendigung des Güterstandes 4. Flankierende BGB-Vorschriften Vermögensverzeichnis, Ansprüche ab Feststellung vererblich und übertragbar 5. Bewertungsfragen Unternehmen nach Ertragswert, Grundstücke Verkehrswert, Freiberufliche Praxis nach Umsatzverfahren (Substanzwert+Good-Will), Indexierte Wertsteigerungen von Gegenständen 6. Vermögensausgleich außerhalb des Zugewinnausgleichs Hausrat nach der Hausratsverordnung, Miteigentumserwerb bei Immobilien 7. Unbenannte Zuwendungen § 1380 BGB

137 Modifizierungen der Zugewinngemeinschaft
Vereinbarungsfreiheit bei Modifizierungen des gesetzlichen Güterstandes Vereinbarungen über den Zugewinnausgleich insgesamt Vereinbarungen über die Berechnung des Zugewinnausgleichs Vereinbarungen über den Ausgleichsanspruch Keine erbschaftsteuerliche Berücksichtigung von Modifizierungen des gesetzlichen Güterstandes

138 Vereinbarungsfreiheit bei Modifizierungen des gesetzlichen Güterstandes
Die Verfügungsbeschränkungen der §§ 1365 ff. BGB können eingeschränkt oder ausgeschlossen werden, dies auch nur für einen Ehegatten, nicht aber erweitert werden. Da die Verfügungsbeschränkungen mehr rechtliche Probleme als praktischen Nutzen mit sich bringen, ist ihr ehevertraglicher Ausschluß anläßlich sonstiger Modifizierungen des gesetzlichen Güterstandes häufig. Der Zugewinnausgleich kann insgesamt bedingt oder befristet werden.

139 Modifikationen zulässig im Sinne von rechtlich möglich?
Auch voreheliches Vermögen kann in den Zugewinn-ausgleich einbezogen. Der BGH, (BGH NJW 1992, 427) hat für die eheähnliche Lebensgemeinschaft einen Quasi-Zugewinnausgleich vorgenommen. Dementsprechend steht der ehevertraglichen Verein-barung bisher nichtehelich zusammenlebender Partner, den Zugewinnausgleich nicht erst ab Beginn des Güter-standes, sondern schon ab Beginn des nichtehelichen Zusammenlebens zu berechnen, nichts entgegen.

140 Modifikationen zulässig im Sinne von rechtlich möglich?
Die Eckdaten des Zugewinnausgleichs, d.h. Anfangs- oder Endvermögen jedes Ehegatten nach §§ 1374, 1375 BGB können in €-Beträgen festgelegt werden. Die Anfangsvermögen können entsprechend dem tatsächlichen Vermögensstand festgelegt, aber auch von ihm abweichend bestimmt werden, woraus sich eine Verringerung oder Erhöhung des Zugewinn-ausgleichs ergeben kann. Auch hierdurch kann man die Zeit des vorehelichen Zusammenlebens im Ergebnis in den Zugewinnausgleich einbeziehen.

141 Modifikationen zulässig im Sinne von rechtlich möglich?
Die mögliche Ausgleichsforderung nach § 1378 BGB kann höhenmäßig begrenzt oder sonst pauschaliert werden. Einzelne Vermögensgegenstände oder Vermögensmassen, etwa das Betriebsvermögen (BGH NJW 1997, 2239) oder das Anfangsvermögen oder privilegierter Erwerb i. S. von § 1374 Abs. 2 BGB können aus der Berechnung des Zugewinnausgleichs herausgenommen werden, (häufig). Der Zugewinnausgleich unter Lebenden kann bei Beibehaltung des Zu-gewinnausgleichs im Todesfall ausgeschlossen werden (häufig). Es können Vereinbarungen über die Bewertung einzelner Vermögens-gegenstände getroffen werden, eine insbesondere bei Grundbesitz oder Betriebsvermögen sinnvolle Vereinbarungsmöglichkeit. Die hälftige Zugewinnausgleichsquote des § 1378 Abs. 1 BGB kann ermäßigt, aber auch erhöht werden.

142 Modifikationen zulässig im Sinne von rechtlich möglich?
Die Ausgleichspauschale des § 1371 Abs. 1 BGB kann ehevertraglich herab- oder heraufgesetzt werden. Da hier Pflichtteilsansprüche etwa der Abkömmlinge durch die Erhöhung nicht verringert werden können, sollte man im Interesse einer sauberen Abgrenzung der Bereiche ehevertragliche Vereinbarungen über die Quote des § 1371 Abs. 1 BGB hinaus als unwirksam ansehen mit der Folge, daß Quotenerhöhungen nur als letztwillige Verfügungen möglich sind und dann den Pflichtteilsvorschriften unterliegen. Der Zugewinnausgleich nach der güterrechtlichen Lösung des § 1371 Abs. 2 BGB steht dagegen voll zur ehevertraglichen Disposition. Er kann wie der Zugewinnausgleich unter Lebenden modifiziert und ausgeschlossen werden. Es kann deshalb auch der Ausgleich nach § 1371 Abs. 1 BGB belassen, der Ausgleich nach § 1371 Abs. 2 BGB aber ausgeschlossen werden.

143 Die Scheidungsvereinbarung
Getrenntlebensvereinbarungen Vereinbarung über die Vermögensauseinandersetzung Vereinbarung zum Versorgungsausgleich Vereinbarung zum nachehelichen Unterhalt Vereinbarung zum Kindesunterhalt Vereinbarung zur elterlichen Sorge und zum Umgangsrecht

144 Die Scheidungsvereinbarung Getrenntlebensvereinbarung (Beispiel)
Wir leben seit … getrennt. Zur Beendigung des Güterstandes vereinbaren wir hiermit den Güterstand der Gütertrennung. Eine Eintragung ins Güterrechtsregister wünschen wir nicht. Zum Vollzug des Zugewinnausgleichs vereinbaren wir: … Wir stellen fest, dass mit Vollzug dieser Vereinbarung der Zugewinn ausgeglichen ist. Der Hausrat und die persönlichen Gebrauchsgegenstände sind verteilt.

145  Die Scheidungsvereinbarung Vereinbarung über die Vermögensauseinandersetzung
Wir beenden hiermit den gesetzlichen Güterstand durch Vereinbarung von Gütertrennung. Eine Eintragung ins Güterrechtsregister wünschen wir nicht. (Schuldübernahme und Schuldentlassung) Der Ehemann übernimmt auf den … die Verbindlichkeiten bei der … Bank mit befreiender Wirkung für die Ehefrau zur Alleinschuld und alleinigen Rückzahlung und Verzinsung. Die … Bank hat die Entlassung der Ehefrau aus der Mitschuld in Aussicht gestellt. (Räumung der Ehewohnung) Die Ehefrau setzt ab … das Mietverhältnis über die eheliche Wohnung … allein fort. Der Vermieter hat dem zugestimmt. Der Ehemann verpflichtet sich, die Wohnung bis … zu räumen und sämtliche Schlüssel der Ehefrau zu übergeben. Hierzu unterwirft er sich hiermit der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde.

146 Die Scheidungsvereinbarung Vereinbarung zum Versorgungsausgleich
(Hilfsweise Scheidungsvereinbarung) Wir schließen den Versorgungsausgleich aus. Der Notar hat uns über die Bedeutung und die Folgen des Ausschlusses belehrt, insbesondere darüber, dass infolge dieser Vereinbarung der vom Gesetz für den Fall der Scheidung vorgesehene Ausgleich der in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanwartschaften nicht stattfindet. Der Notar hat weiter darauf hingewiesen, dass der Ausschluss des Versorgungsausgleichs unwirksam ist, wenn einer von uns innerhalb eines Jahres Antrag auf Scheidung der Ehe stellt. Sollte diese Vereinbarung durch Einreichung des Scheidungsantrags innerhalb eines Jahres gemäß § 1408 Abs. 2 S. 2 BGB unwirksam sein, so soll sie dennoch als Vereinbarung gemäß § 1587 o BGB Bestand behalten. Die Ehegatten betrachten die Vereinbarung als ausgewogene Regelung auch im Sinne letzterer Vorschrift. Sie wurden vom Notar darauf hingewiesen, dass in letzterem Fall die Vereinbarung der Genehmigung des Familiengerichts bedarf.

147 Die Scheidungsvereinbarung Vereinbarung zum nachehelichen Unterhalt
(Begrenzung der Unterhaltstatbestände) Der Ehefrau steht gegen den Ehemann nachehelichen Unterhalt nur insoweit zu, als dieser sich gemäß § 1570 BGB auf die Betreuung des gemeinsamen Kindes Petra stützt. Im Übrigen verzichten die Eheleute gegenseitig auf jeglichen nachehelichen Unterhalt. Für die Höhe des wegen Kindesbetreuung geschuldeten Unterhalts wird vereinbart …

148 Die Scheidungsvereinbarung Vereinbarung zum Kindesunterhalt
Welcher Fomulierungsfauxpax versteckt sich hier ? (Vertrag zu Gunsten des Kindes) Die Parteien vereinbaren zu Gunsten des Kindes nach § 328 BGB, dass diesem zu Händen der Mutter vom Vater der nachfolgende Unterhalt zu zahlen ist. Die Mutter ist berechtigt, neben dem Kind ebenfalls die Leistung an das Kind i. S. v. § 335 BGB fordern zu können. Der Ehemann verpflichtet sich, ab Mai … Kindesunterhalt in Höhe von 135 Prozent des jeweiligen Regelbetrages der jeweiligen Altersstufe gem. § 1 der RegelbetragVO abzüglich der Hälfte des jeweiligen Kindergeldes für das erste Kind zu zahlen, fällig jeweils am 1. eines jeden Monats. Der Vater unterwirft sich wegen der vorbezeichneten Unterhaltszahlungen sowohl dem Kind gegenüber wie auch der Mutter gegenüber der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde in sein gesamtes Vermögen. Sowohl die Mutter wie auch das Kind können jederzeit eine vollstreckbare Ausfertigung dieser Urkunde verlangen.

149  Die Scheidungsvereinbarung Vereinbarung zur elterlichen Sorge und zum Umgangsrecht
(Teilübertragung elterliche Sorge) Die Ehegatten sind sich darüber einig, dass die elterliche Sorge für das Kind … weiterhin gemeinsam ausgeübt werden soll. Die Ehefrau wird jedoch beim Familiengericht beantragen, ihr gemäß § 1671 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB das Aufenthaltsbestimmungsrecht als Teil der elterlichen Sorge allein zu übertragen. Der Ehemann stimmt einem solchen Antrag bereits jetzt zu. (Umgangsrecht) Die Ehefrau wird beim Familiengericht beantragen, ihr die alleinige elterliche Sorge für das Kind … zu übertragen. Über das Umgangsrecht des Ehemannes mit dem Kind haben sich die Eheleute so geeinigt, dass der Vater das Kind in vierzehntägigen Abständen von Freitag, 18:00 Uhr bis Sonntag, 18:00 Uhr und für die Ersten beiden Wochen der Sommerferien zu sich nehmen kann. Die Eheleute regen an und die Ehefrau beantragt mit Zustimmung des Ehemannes vorsorglich, dass sich das Familiengericht diese Einigung genehmigend zu Eigen macht.

150 Was für ein Ehevertragstyp liegt hier vor?
Verhandelt zu … am … Vor dem Notar … sind erschienen … (Namen, Berufe, Geburtsdaten, Geburtsorte, Adressen) Die Erschienenen beabsichtigen, in Kürze zu heiraten. Sie schließen den folgenden Vertrag für den Fall der Eheschließung. Die Erschienenen erklären den folgenden Ehe- und Erbvertrag I. Eheliches Güterrecht Wir setzen für den Fall der Auflösung der Ehe durch Scheidung abweichend von § 1378 Abs. 1 BGB die Ausgleichsforderung jedes Ehegatten auf ein Viertel des Überschusses herab. Im übrigen soll es beim gesetzlichen Güterstand verbleiben.

151 II. Versorgungsausgleich
Wir schließen den Versorgungsausgleich aus. Der Notar hat uns über die Bedeutung und die Folgen des Ausschlusses belehrt, insbesondere darüber, dass infolge dieser Vereinbarung der vom Gesetz für den Fall der Scheidung vorgesehene Ausgleich der in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanwartschaften nicht stattfindet. Der Notar hat weiter darauf hingewiesen, dass der Ausschluss des Versorgungsausgleichs unwirksam ist, wenn einer von uns innerhalb eines Jahres Antrag auf Scheidung der Ehe stellt. Der Ausschluss steht jedoch unter der Bedingung, dass der Ehemann beginnend mit dem Monat der Eheschließung für die Ehefrau eine private Kapitallebensversicherung in Höhe von DM … auf deren 60. Lebensjahr mit Rentenwahlrecht abschließt und die Beiträge hierzu laufend zahlt. Im Falle der Scheidung der Ehe hat der Ehemann der Ehefrau den fünffachen Jahresbetrag der Beitragsleistung in einer Summer als Abfindung zu zahlen. Weitere Zahlungen schuldet er dann nicht mehr, auch nicht als Unterhalt. Die Ehefrau kann verlangen, dass der Betrag der Kapitallebensversicherung einer etwaigen Veränderung des Geldwertes im Rahmen von Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Zumutbarkeit laufend angepasst wird.

152 Ehevertrag bei großem Alters- und Vermögensunterschied
III. Nachehelicher Unterhalt Soweit nachehelicher Unterhalt zu zahlen ist, so bestimmt sich das Maß des Unterhalts abweichend von § 1578 BGB nicht nach den ehelichen Lebensverhältnissen, sondern, wenn sich dadurch ein geringerer Unterhaltsanspruch ergibt, nach der beruflichen Stellung des unterhaltsberechtigten Ehegatten zum Zeitpunkt des Abschlusses dieses Ehevertrages. Der Aufstockungsanspruch nach § 1573 Abs. 2 BGB wird ausgeschlossen. IV. Erbvertrag Erbvertraglich setzen wir uns gegenseitig zu alleinigen und unbeschränkten Erben ein. Der Rücktritt vom Erbvertrag bleibt beiderseits vorbehalten.


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