Die Präsentation wird geladen. Bitte warten

Die Präsentation wird geladen. Bitte warten

Rechtsanwalt Oliver Bechtler Fachanwalt für Medizinrecht

Ähnliche Präsentationen


Präsentation zum Thema: "Rechtsanwalt Oliver Bechtler Fachanwalt für Medizinrecht"—  Präsentation transkript:

1 Rechtsanwalt Oliver Bechtler Fachanwalt für Medizinrecht
Leitlinien (Lonts) Rechtsanwalt Oliver Bechtler Fachanwalt für Medizinrecht

2 Die Kanzlei für Medizinrecht Dr. Hahne, Fritz, Bechtler & Partner
Wir beraten und begleiten die Akteure im Gesundheitsmarkt insbesondere Krankenhäuser, MVZ, Praxen, Industrie und Investoren

3 Schwerpunkte Kooperation Krankenhaus und (Zahn-)Arzt überörtliche Konzepte Teilgemeinschaftspraxis Ärztehäuser Anstellung und Beteiligung von Ärzten und Praxen Expansion z.B. Schaffung komplementärmedizinischer nichtärztlicher Leistungsbereiche Gründung/Optimierung Übernahme sämtlicher Vertragsangelegenheiten Optimierungskonzeption und Umsetzung Zulassungsverfahren und Honoraroptimierung Regressprävention und Arbeitsrecht Marketing - Öffentlichkeitsarbeit - Werbung / Berufsrecht Neue Versorgungsstrukturen Wachstumsmodelle im 2. GM Integrierte Versorgung Besondere Versorgungsaufträge Netzwerke Überörtliche BAG/MVZ Honorare und Steuern Honorarstreitigkeiten/Regresse Jahresabschlüsse Steuererklärungen Buchhaltung/Löhne Controlling/Inkasso Finanzierungsberatung

4 Agenda Behandlungsvertrag Leitlinien
Was sind Leitlinien aus juristischer Sicht Wer verlangt die Leitlinien Welche Interessen stehen hinter den Leitlinien Haftung für die Leitlinien Therapiefreiheit

5 Behandlungsvertrag Besonderer Dienstvertrag, kein Werkvertrag - §§ 630 a ff. BGB Die §§ 611 ff. BGB (allgemeiner Dienstvertrag) finden weiter Anwendung soweit jetzt nichts speziell geregelt ist (z.B. Vergütung nach GOÄ, wenn nichts anderes vereinbart ist) Warum kein Werkvertrag? BGH NJW 1975, 305: „Wegen der Unberechenbarkeit des menschlichen Organismus schuldet der Arzt nicht den Heilerfolg, sondern das fachgerechte Bemühen um Genesung.“ Vertrag regelt zum Einen die Verpflichtung des „Behandelnden“ zur Leistung der versprochenen Behandlung, zum Anderen die Verpflichtung des Patienten zur Gewährung der vereinbarten Vergütung.

6 Behandlungsvertrag Behandlungsvertrag kommt nicht nur mit Selbstzahlern zustande, auch mit GKV-Patienten, wobei hier der Vergütungsanspruch des Behandelnden öffentlich-rechtlich (durch das KV-System) überlagert wird („soweit nicht ein Dritter zur Zahlung verpflichtet ist“) Nach § 630 a wird der „Behandelnde“ zur Leistung verpflichtet: Das sind (unstreitig) nicht nur Ärzte und Zahnärzte, sondern auch psychologische Psychotherapeuten, Hebammen, Heilpraktiker und andere Heilberufe.

7 Behandlungsvertrag Behandlung erfolgt nach den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standards, § 630 a Abs. 2 BGB Standard in der medizinischen Literatur: „Diejenigen Behandlungen, die ein durchschnittlich qualifizierter Arzt des jeweiligen Fachgebietes nach dem jeweiligen Stand von Wissenschaft und Praxis an Kenntnissen, Wissen, Können und Aufmerksamkeit zu erbringen in der Lage ist.“ § 630 a Abs. 2 sieht vor, dass vereinbart werden kann vom Standard (nach oben und unten) abzuweichen, dies kommt insbesondere bei neuen Behandlungs-methoden zum Zuge, die sich – noch – nicht zum Standard ausgebildet haben.

8 Behandlungsvertrag Als Mitwirkungspflicht aus dem Vertrag normiert das Gesetz drei Informationspflichten: Sicherungsaufklärung bzw. therapeutische Aufklärung (§630 c Abs. 2 Satz 1) Information zur Sicherung des Behandlungserfolges/Schutz- und Warnhinweise (im Gegensatz zur Selbstbestimmungsaufklärung als Grundlage der Einwilligung gem. § 630 e; Aufklärung an 2 Stellen geregelt!) wirtschaftliche Aufklärung, § 630 a Abs. 3 Informationen in Textform über die voraussichtlichen Behandlungskosten, wenn der Behandelnde Anhaltspunkte hat, dass die Kosten nicht vollständig gedeckt sind. - Selbstbezichtigung, § 630 a Abs. 2 Satz 2 und 3 Der Behandelnde ist verpflichtet, bei Umständen, die die Annahme eines Behandlungsfehlers begründen, den Patienten darüber zu informieren, zur Abwendung gesundheitlicher Gefahren auf Nachfrage gilt auch für die Vermutung von Fehlern von Dritten Zu Beweiszwecken im Prozess darf diese Selbstauskunft nur mit Einwilligung des Behandelnden verwendet werden.

9 Behandlungsvertrag Informationen sind entbehrlich, wenn
- Maßnahmen unaufschiebbar - Patient auf die Information verzichtet hat Keine spezielle Haftungsregelung bei Behandlungsfehler; es gilt allgemein § 280 I BGB: „Verletzt ein Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hieraus entstandenen Schadens verlangen.“ Schmerzensgeld aus § 253 BGB

10 Aufklärung und Einwilligung
Der Heileingriff erfüllt nach ständiger Rechtsprechung immer noch den Tatbestand der Körperverletzung nach § 223 StGB. Nur durch die Einwilligung des Patienten wird dieser Eingriff gerechtfertigt. Damit die Einwilligung wirksam erteilt werden kann muss ihr eine Aufklärung vorausgehen, informed consent. Einholung der Einwilligung, § 630 d BGB durch Besprechung mit dem Patienten nach Aufklärung (in einfachen Fällen auch telefonisch) bei Einwilligungsunfähigkeit: Erwachsene: Einwilligung eines Berechtigten oder Patientenverfügung; Patientenverfügung geht vor Minderjährige: maßgeblich ist die individuelle Einsichtsfähigkeit; besteht sie, ist der Wunsch des Minderjährigen ausschlaggebend, besteht sie nicht, der der Erziehungsberechtigten (nach BGH nur „Vetorecht“ des Minderjährigen) Bei unaufschiebbaren Maßnahmen (z.B. intraoperative Erweiterung des Eingriffs): mutmaßliche Einwilligung Einwilligung ist jederzeit widerruflich

11 Aufklärung und Einwilligung
§ 630 e Selbstbestimmungsaufklärung Sämtliche für die Einwilligung wesentliche Umstände Art, Umfang, Durchführung, zu erwartende Folgen und Risiken der geplanten Maßnahme, sowie ihre Notwendigkeit, Dringlichkeit, Eignung und Erfolgsaussichten im Hinblick auf die Diagnose Alternativmaßnahmen nur dann, wenn echte Wahlmöglichkeit im Hinblick auf die oben genannten Kriterien besteht Aufklärung muss durch den Behandelnden oder durch eine Person erfolgen, die über die zur Durchführung der Maßnahme notwendige Ausbildung verfügt, § 630 e Abs. 2 Satz 1 Nr.1 (mindestens approbierter Arzt, nicht zwingend Facharzt) Aufklärung mündlich; schriftliche Informationen können Aufklärung unterstützen, nicht ersetzen

12 Aufklärung und Einwilligung
Patient muss Entscheidung „wohlüberlegt“ treffen können, muss verständlich sein (evtl. Dolmetscher) Aufklärung entbehrlich bei unaufschiebbarer Maßnahme oder unmiss-verständlichem Verzicht Der Verzicht auf die Aufklärung aus therapeutischen Gründen (sogenanntes therapeutisches Privileg) ist mit dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten nicht mehr vereinbar und nur noch in ganz wenigen Ausnahmefällen zulässig, in denen schwerste Schäden bis hin zur konkreten Suizidgefahr zu befürchten sind Dem Patienten sind Abschriften von Unterlagen auszuhändigen, die er im Zusammenhang mit Aufklärung und Einwilligung unterzeichnet hat.

13 Dokumentation und Einsichtsrecht
§ 630 f: Der Behandelnde ist verpflichtet, zum Zwecke der Dokumentation in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Behandlung eine Patientenakte in Papierform oder elektronisch zu führen. Unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang nicht sofort nicht erst nach einem Jahr Änderungen sind nur zulässig, wenn der ursprüngliche Inhalt erkennbar bleibt (neu!!!) Bei Papier: kein Tipp-Ex, keine Radierungen Bei elektronischer Akte: spezielle Programme, die Änderungen mit Datum dokumentieren Aufzunehmen sind sämtliche aus medizinisch/sachlicher Sicht wesentliche Maßnahmen und Ergebnisse. Dazu gehören: Anamnese, Diagnosen, Untersuchungen, Untersuchungsergebnisse, Befunde, Therapien und ihre Wirkungen, Eingriffe und ihre Wirkungen, Einwilligungen und Aufklärungen, Arztbriefe Aufbewahrungspflicht: 10 Jahre

14 Dokumentation und Einsichtsrecht
Dem Patienten steht ein Einsichtsrecht in seine Akte zu, § 630 g, ein besonderes rechtliches Interesse muss nicht nachgewiesen werden. Das Einsichtsrecht besteht nur „sofern nicht erhebliche therapeutische oder sonstige erhebliche Gründe entgegenstehen“. Anforderungen für diese Ausnahme sind hoch, Einsichtsrecht besteht laut BVerfG auch vollständig in psychiatrische Akten. Sonstige erhebliche Gründe: Schutz Dritter, falls diese in der Akte erwähnt werden. Einsichtsrecht grundsätzlich „vor Ort“, d.h. in der Praxis, im Krankenhaus oder kostenpflichtige Kopien. Einsichtsrecht der Erben in die Akte des verstorbenen Patienten nur, wenn diese vermögensrechtliche Interessen geltend machen, z.B. Schadensersatzansprüche gegen den Behandelnden. Das Einsichtsrecht muss aber im mutmaßlichen Willen des Verstorbenen stehen, wichtig bei Fragen der Testierfähigkeit!

15 Beweislast Es verbleibt bei dem Grundsatz, dass derjenige, der einen Schadensersatz geltend macht, die haftungsbegründenden Tatsachen, d.h. Schaden und Kausalität, zu beweisen hat, d.h. die Beweislast obliegt dem Patienten. Lassen sich die Behauptungen der einen wie der anderen Seite nicht beweisen, besteht ein sogenanntes non liquet d.h. es verliert derjenige den Prozess, dem die Beweislast obliegt. BGH, Urteil vom , AZ VI ZR 44/12 „Für die Beweisführung bedarf es keiner absoluten und unumstößlichen Gewissheit im Zuge des wissenschaftlichen Nachweises, sondern nur eines für das praktische Leben brauchbaren Grade von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen.“

16 Beweislast § 630 h definiert fünf Fälle der Beweislastumkehr, d.h. hier muss der Behandler beweisen, dass er richtig gehandelt hat, weil zunächst der Fehler vermutet wird: Es hat sich ein allgemeines Behandlungsrisiko verwirklicht, das für den Behandelnden voll beherrschbar war und zur Schädigung geführt hat, z.B. Hygienemangel in der Praxis (es muss aber ausgeschlossen sein, dass Patient nicht Keime „eingeschleppt“ hat) Lagerungsfehler bei der OP Ein Risiko, das durch den Betrieb der Praxis, des OPs gesetzt wird, normalerweise durch Organisation voll beherrschbar ist und – eigentlich – voll ausgeschlossen werden darf.

17 Beweislast Der Behandelnde hat Einwilligung und Aufklärung zu beweisen. Genügt die Aufklärung nicht den Anforderungen des § 630 e, kann sich der Behandelnde darauf berufen, der Patient hätte auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung eingewilligt – „hypothetische Einwilligung“. Hat der Behandelnde medizinisch gebotene Maßnahmen nicht in die Patientenakte aufgenommen, wird vermutet, dass er diese Maßnahme nicht vorgenommen hat; d.h. der Arzt muss das Gegenteil beweisen. War der Behandelnde für die vorgenommene Maßnahme nicht befähigt, wird vermutet, dass diese mangelnde Befähigung die Ursache für den Eintritt des Schadens war. „Anfängerfehler“ Entscheidend ist die tatsächliche fachliche Kompetenz „Facharztstandard, nicht Facharztstatus“!

18 Beweislast Liegt ein grober Behandlungsfehler vor, der grundsätzlich geeignet ist, den konkreten Schaden herbeizuführen, wird vermutet, dass dieser Behandlungsfehler für den Schaden ursächlich war; das gilt auch für eine unterlassene Befunderhebung, wenn der Befund Anlass zur weiteren Maßnahme gegeben hätte und das Unterlassen dieser Maßnahme grob fehlerhaft war (Befunderhebungsfehler) Keine Legaldefinition des groben Behandlungsfehlers BGH, Urteil vom – VI ZR 139/10: Das Fehlverhalten erscheint aus objektiver ärztlicher Sicht nicht mehr verständlich; ein Fehler der „schlechterdings nicht passieren darf“; das ärztliche Verhalten verstößt eindeutig gegen gesicherte und bewährte medizinische Kenntnisse und Erfahrungen, „inneres Kopfschütteln!“ z. B. Nichterkennen einer Schwangerschaft oder eines Herzinfarktes trotz eindeutiger Symptome

19 Änderung weiterer Vorschriften
Die Krankenkasse hat einen Antrag auf Leistung zügig – innerhalb von 3 Wochen – zu entscheiden. Erfolgt keine Benachrichtigung gilt der Antrag als genehmigt Kostenerstattungspflicht für selbstbeschaffte Leistung, § 13 Abs. 3 a SGB V Krankenkassen sollen Versicherte bei der Verfolgung von Schadensersatz-ansprüchen aus Behandlungsfehlern unterstützen, § 66 SGB V Bei Selektivverträgen können Versicherte ihre Teilnahmeerklärung innerhalb von 2 Wochen ohne Angabe von Gründen widerrufen. Die Beteiligungsrechte von chronisch kranken und behinderten Menschen werden verbessert, z.B. durch Unterrichtung über die Bedarfspläne Risikomanagement und Fehlermeldesysteme werden für Krankenhäuser verpflichtend Das Ruhen der Approbation kann angeordnet werden, wenn trotz landesrechtlicher Verpflichtung die Haftpflichtversicherung nicht ausreichend nachgewiesen ist

20 Zwischenfazit Alter Wein in neuen Schläuchen? Ja, überwiegend
Wenige, neue Pflichten wie Vereinbarung beim Abweichen von Standards, Kenntlichmachung der Änderung in der Dokumentation, Selbstbezichtigung Behinderung der Rechtsfortentwicklung? Richterrecht ist flexibler als Gesetze Festschreibung auf den Status quo ist in dem sich ständig ändernden Gesundheitswesen schwer tolerabel

21 Leitlinien Leitlinien sind medizinisch verbindlich, wenn sie dem aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Standard entsprechen; rechtlich verbindlich ist der aktuelle med.- wissenschaftliche Standard, welcher der verkehrserforderlichen Sorgfalt entspricht und in Leitlinien abgebildet wird. Leitlinien sind systematisch entwickelte Entscheidungshilfen für Ärzte. Leitlinien legen einen medizinisch-wissenschaftlichen Handlungskorridor für Ärzte fest. Ein Abweichen ist in begründeten Einzelfällen möglich und teilweise sogar zwingend notwendig. Medizinischen Leitlinien unterstützen im Prozess die Argumentation des Anspruchstellers und bringen den Arzt in eine Rechtfertigungsposition 21

22 Leitlinien BGH Urteil vom – VI ZR 57/07 -: „Leitlinien von ärztlichen Fachgremien oder Verbänden können (im Gegensatz zu den Richtlinien der Bundesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen) nicht unbesehen mit dem zur Beurteilung eines Behandlungsfehlers gebotenen medizinischen Standard gleichgesetzt werden. Sie können kein Sachverständigengutachten ersetzen und nicht unbesehen als Maßstab für den Standard übernommen werden. Letztlich obliegt die Feststellung des Standards der Würdigung des sachverständig beratenen Tatrichters, …“ 22

23 Leitlinien BSG Urteil vom – B 2 U 1/05 R -: „Die Feststellung des jeweils aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes … „Ausgangsbasis müssen Fachbücher und Standardwerke insbesondere zur Begutachtung im jeweiligen Bereich sein. Außerdem sind, soweit sie vorliegen und einschlägig sind, die jeweiligen Leitlinien der AWMF zu berücksichtigen. Hinzu kommen andere aktuelle Veröffentlichungen. Diese verschiedenen Veröffentlichungen sind jedoch jeweils kritisch zu würdigen, zumal ein Teil der Autoren aktive oder ehemalige Bedienstete von Versicherungsträgern sind oder diesen in anderer Weise nahe standen.“

24 Leitlinien OLG Naumburg, Urteil vom – 1 U 86/08 – „Die Leitlinien der AWMF haben, wie aus ihrem Text jeweils selbst hervorgeht, reinen Empfehlungscharakter und sind ein wichtiges Hilfsmittel für die praktizierenden Ärzte zur Feststellung des aktuellen Erkenntnisstandes der medizinischen Wissenschaften.“ „… Allein aus dem Fehlen eines Leitlinientextes kann jedoch nicht auf das Fehlen eines Behandlungsstandards geschlossen werden. Dieses Fehlen kann vielfältige Ursachen haben, von denen die bedeutsamste schon der erhebliche Aufwand zur Erstellung jeder einzelnen Leitlinie ist.“

25 Leitlinien, wer verlangt diese?
Fachgesellschaften Wissenschaft oder einzelne Wissenschaftler AWMF Berufsständische Einrichtungen (Kammern oder KV) Patienten Industrie (Arzneimittel- und Medizinproduktehersteller) Gesellschaft („die im Verkehr erforderliche Sorgfalt“) Politik Rechtssprechung

26 Leitlinien, wer verlangt diese?
Begriff „Leitlinien“ im SGB V § 23 Abs. 5 Medizinische Vorsorgeleistungen § 40 Abs. 3 Leistungen zur medizinischen Rehabilitation § 73 b Hausarztzentriete Versorgung § 137 f Strukturierte Behandlungsprogramme bei chronischen Krankheiten § 139 a Bewertung von Leitlinien durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) Begriff der „medizinisch wissenschaftlichen Fachgesellschaft“ § 137 a Umsetzung der Qualitätssicherung und Darstellung der Qualität sektorenübergreifend (Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen - AQUA)

27 Begriff „medizinischer Standard“ oder „Stand der medizinischen Wissenschaft/Erkenntnisse“ im SGB V § 2 Leistungen § 29 Kieferorthopädische Behandlung § 34 Ausgeschlossene Arznei-, Heil- und Hilfsmittel § 35 Festbeträge für Arznei- und Verbandmittel § 35 a Bewertung des Nutzens von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen § 35 b Kosten – Nutzen – Bewertung von Arzneimitteln § 35 c Zulassungsüberschreitende Anwendung von Arzneimitteln § 65 Auswertung von Modellvorhaben § 70 Qualität, Humanität und Wirtschaftlichkeit § 72 Sicherstellung der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung § 87 Bundesmantelvertrag, einheitlicher Bewertungsmaßstab, bundeseinheitliche Orientierungswerte § 92 Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses § 95 d Pflicht zur fachlichen Fortbildung § 135 Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden § 135 a Verpflichtung zur Qualitätssicherung § 139 a Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen

28 Welche Interessen stehen hinter LL?
Strittige fachgebietsbezogene Aussagen in LL, um das eigene Fachgebiet zu erweitern (Schilddrüse); Implementierung bestimmter (neuer) Untersuchungs- und Behandlungsverfahren in LL (HBO-Therapie); Beeinflussung der Auswahl konservativer (pharmakologischer) und operativer Verfahren; Implementierung bestimmter Arzneiwirkstoffe und Medizinprodukte in LL; Implementierung bestimmter Facharztgruppen und medizinischer Ausbildungsberufe in LL; Angabe von Mindestmengen in LL, wenn bewusst ist, dass damit bestimmte Leistungserbringer ausgeschlossen werden; Zuweisung bestimmter Verfahren zu stationären und/oder ambulanten Leistungsbereichen;

29 Haftung für Leitlinien
Haftungsausschluss auf der Website der AWMF: „Die „Leitlinien“ der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften sind systematisch entwickelte Hilfen für Ärzte zur Entscheidungsfindung in spezifischen Situationen. Sie beruhen auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und in der Praxis bewährter Verfahren und sorgen für mehr Sicherheit in der Medizin, sollen aber auch ökonomische Aspekte berücksichtigen. Die „Leitlinien“ sind für Ärzte rechtlich nicht bindend und haben daher weder haftungsbegründende noch haftungsbefreiende Wirkung.“ „AWMF online erfasst und verarbeitet die Angaben der Fachgesellschaften mit größtmöglicher Sorgfalt. Dennoch kann für die Richtigkeit – insbesondere von Dosierungsabgaben – und für Fehler bei der Übermittlung im Internet keinerlei Gewähr übernommen werden. Jede Haftung aus derartigen Fehlern bleibt ausgeschlossen.“

30 Haftung für Leitlinien
AWMF (bei NVL auch BÄK und KBV als gemeinschaftliche Herausgeber) kommt als Verbreiter fehlerhafter Inhalte von Leitlinien als Haftungsschuldner in Betracht, sog. Verbreiterhaftung von Medienunternehmen, soweit die Verbreiterhaftung des primär haftenden Autors der Leitlinie reicht. Voraussetzung ist also eine eigene redaktionelle Einfluss- und Kontrollmöglichkeit auf die inkriminierten Äußerungen. Sonstige potentielle Haftungsschuldner im Falle konkreter Mitwirkung an der Verbreitung fehlerhafter oder inkriminierter Inhalte: Fachgesellschaft als eingetragene Vereine für ihre Organe An der Leitlinienerstellung beteiligte Autoren (Kommissionsmitglieder)

31 Haftung für Leitlinien
Urteil des LG Hamburg vom – 325 O 387/09 – : „Es handelt sich um eine von der Meinungsäußerungsfreiheit und der Wissenschaftsfreiheit geschützte Meinungsäußerung. Ob der Nutzen der Anwendung des …-Verfahrens nachgewiesen ist, ist eine Frage der medizinisch-wissenschaftlichen Bewertung. Gleiches gilt auch für die Frage, ob die Anwendung Risiken bzw. nicht zu rechtfertigende Risiken birgt. Dies gilt auch und gerade dann, wenn man davon ausgeht, dass Aussagen über den Nutzen und die Risiken am ehesten auf der Grundlage von Studien/Versuchsreihen zu treffen sind. Denn die Parteien streiten gerade über die wissenschaftlich-methodische Qualität und die Aussagekraft der von der Klägerin insoweit angeführten Studien zum …-Verfahren. Gerade dies – nämlich die wissenschaftlich-methodische Qualität und die Aussagekraft von wissenschaftlichen Studien – liegt aber im Bereich der wissenschaftlichen Wertungen, für die der Schutz der Art. 5 Abs. 3 GG gilt. …“

32 § 2 Berufsordnung Ärzte § 2 Allgemeine ärztliche Berufspflichten
Ärztinnen und Ärzte üben ihren Beruf nach ihrem Gewissen, den Geboten der ärztlichen Ethik und der Menschlichkeit aus. Sie dürfen keine Grundsätze anerkennen und keine Vorschriften oder Anweisungen beachten, die mit ihren Aufgaben nicht vereinbar sind oder deren Befolgung sie nicht verantworten können. (2) Ärztinnen und Ärzte haben ihren Beruf gewissenhaft auszuüben und dem ihnen bei ihrer Berufsausübung entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen. Sie haben dabei ihr ärztliches Handeln am Wohl der Patientinnen und Patienten auszurichten. Insbesondere dürfen sie nicht das Interesse Dritter über das Wohl der Patientinnen und Patienten stellen. (3) Eine gewissenhafte Ausübung des Berufs erfordert insbesondere die notwendige fachliche Qualifikation und die Beachtung des anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse. (4) Ärztinnen und Ärzte dürfen hinsichtlich ihrer ärztlichen Entscheidungen keine Weisungen von Nichtärzten entgegennehmen.

33 § 7 Abs. (4) BO Ärzte Ärztinnen und Ärzte dürfen individuelle ärztliche Behandlung, insbesondere auch Beratung, nicht ausschließlich über Print- und Kommunikationsmedien durchführen. Auch bei telemedizinischen Verfahren ist zu gewährleisten, dass eine Ärztin oder ein Arzt die Patientin oder den Patienten unmittelbar behandelt

34 Wirtschaftlichkeitsgebot
Widerspruch schon innerhalb GKV-Regularien? „Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.“ (§ 12 Abs. 1 S. 1, 2 SGB V- Wirtschaftlichkeitsgebot) => Minimal-Prinzip „Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.“ (§ 2 Abs. 1 S. 3 SGB V - Leistungen) => gegenwartsbezogenes Maximal-Prinzip Der Leistungsanspruch der Patienten wird damit nicht auf das billigste beschränkt!

35 Urteil BVerfGE Konkurrenz zwischen Einzel- und Gemeinschafts-
... "Es steht fest, dass es sich bei der Frage des sozialrechtlich verankerten Wirtschaftlichkeitsgebotes und dem zu beachtenden Sorgfaltsmaßstab im Hinblick auf die bestmögliche Therapie um eine Konkurrenz zwischen Einzel- und Gemeinschafts- interessen handelt. Dabei steht der Arzt zuerst im Dienst des Konkreten Patienten und dessen Not und darf sich aus Gründen Der Wirtschaftlichkeit nicht über anerkanntes Fachwissen und feste Standards der Medizin zum Nachteil des Patienten hinwegsetzen. Hierfür sprechen mit Blick auf die in Art. 2 Abs. 2 GG geschützten Rechtsgüter "Leben“ und "Gesundheit“ auch verfassungsrechtliche Aspekte. Diesen Rechtsgütern mit verfassungsrechtlichem Höchstrang muss in besonderem Maße Rechnung getragen werden. Insbesondere darf der Mensch nicht zum Rechnungsposten Ökonomischen Kalküls degradiert werden." ...

36 Fazit Leitlinien können, wenn sie den Standard wiederspiegeln medizinisch und auch haftungsrechtlich verbindlich sein. S3 will den Standard beschreiben. Eine Abweichung von der Leitlinie ist zu dokumentieren. Die unbegründete Abweichung von hochwertigen Leitlinien ist mindestens ein Indiz für einen groben Behandlungsfehler.

37

38 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Rechtsanwalt Oliver Bechtler Fachanwalt für Medizinrecht kostenfreie Servicenummer: 0800 /


Herunterladen ppt "Rechtsanwalt Oliver Bechtler Fachanwalt für Medizinrecht"

Ähnliche Präsentationen


Google-Anzeigen