Prof. Dr. Waltraud Schreiber, Universität Eichstätt, Deutschland

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 Präsentation transkript:

Prof. Dr. Waltraud Schreiber, Universität Eichstätt, Deutschland Budapest, 22. November 2004 (Schulbuch)

Geschichtsbücher sind Geschichtsdarstellungen Sie sollten ein klares Konzept haben, von einem Autorenteam erarbeitet werden, auf eine inhaltsbezogene und eine didaktische Beratung durch Wissenschaftler zurückgreifen können, von ausgewählten Lehrern und Klassen erprobt werden, die Richtlinien eines Landes berücksichtigen finanziell gesichert sein (Verlag, Ministerium…),

Schulbuchkonzepte umfassen inhaltsbezogene (die im Blick stehende Vergangenheit und ihre Interpretation betreffende) Standards die Prinzipien des Faches betreffende Standards methodische (vor allem fachspezifische, aber auch allgemeindidaktische) Standards schülerbezogene Standards

Leitziel des Geschichtsunterrichts: Historische Kompetenzen entwickeln Fähigkeit, Fertigkeit, Bereitschaft reflektiert und selbstreflexiv mit Geschichte umzugehen.

Bausteine eines Schulbuchkapitels Leitende Fragestellung: die den Aufbau des Kapitels und die zugrunde liegenden Auswahlentscheidungen steuert Autorentext: inhaltsbezogen, methodenbezogen, materialbezogen, theoriebezogen, schülerbezogen Materialien: Quellen und Darstellungen; Texte, Bilder, Gegenständliches; Karten, Modelle, Grafiken, Schemata, Arbeitsaufträge: inhaltsbezogen,lebensweltlich, methodenbezogen (re- und de-konstruierend) Lernhilfen: Zeitleisten, Merkboxen, Glossar klare Gliederung, advanced organizer, übersichtliches Layout Anregungen zum Weiterdenken

I. Inhaltsbezogene Standards

Unterschiedliche Sektoren und Perspektiven berücksichtigen politische Geschichte Wirtschaftsgeschichte Gesellschaftsgeschichte Altagsgeschichte Kulturgeschichte (einschl. Religionsgeschichte) Ev. noch weitere „Sektoren“

in Personen (Individuen und Kollektive), in den Strukturen, Wodurch wird Geschichte gemacht? Vielfalt an „Gravitationszentren“ beachten Es geht um die Einsicht, dass die Gravitationszentren von Fall zu Fall wechseln und liegen können in Personen (Individuen und Kollektive), in den Strukturen, in Ereignissen, in Mentalitäten/ kulturellen Prägungen

Unterschiedliche Räume berücksichtigen vom lokalen bis zum globalen Raum, keine erst später entstandenen Raumkonstrukte (z.B. Länder) zugrunde legen, wenn andere Epochen betrachtet werden (z.B. Mittelalter oder vor-nationale Reiche) Zusammenhänge zwischen Räumen betrachten, auch die gegenseitigen Einflussnahmen und daraus folgenden Veränderungen

Unterschiedliche Kategorien erarbeiten und sichern Kategorien und Fachbegriffe, die Epochentypisches bezeichnen (Stand, Königsboden, Komitat, Reformation, Kronland, Josefinismus, Madjarisierung, Revolution, Industrialisierung, soziale Frage….) Kategorien und Fachbegriffe, die kontinuierlich Fassbares (Codifizierung des Rechts, Toleranz, politische Strukturen wie Regierungssysteme, Parteien, Verfassungstypen, Migration…

II. Die Prinzipien des Faches betreffende Standards Vergangenheit und Geschichte können nicht identisch sein. Geschichte ist notwenig ein Konstrukt (Narration), in das Quellen aus der jeweiligen Vergangenheit eingehen, aber auch die Gegenwart des sich mit Geschichte Befassenden. Die Beschäftigung mit Vergangenheit/ Geschichte kann methodisch kontrolliert und reguliert erfolgen, und sich dadurch vor Relativismus schützen. Der sich mit Geschichte/ Vergangenheit Befassende ist immer mit zu berücksichtigen, weil seine Fragestellungen, sein Vorprägungen, sein Vorwissen … notwendig Einfluss auf die re-konstruierte Geschichte und auf die De-Konstruktion vorliegender Geschichten haben

Fokussierungen nicht vermischen Zur Erläuterung vgl. Grafik

Vergangenes feststellen; „Vergangenheits-partikel“ erheben Fokussierung auf Vergangenheit Fokussierung auf “Geschichte” Fokussierung auf Gegenw./Zukunft ● ● ●   ● ● ● ● ● ● ● Vergangenheit/Ge-schichte auf die Gegenw./Zukunft in der und für die „erzählt“ wird, beziehen ● Kontextualisierun-gen (synchron und diachron), Art der Erzählung in den Blick nehmen Vergangenes feststellen; „Vergangenheits-partikel“ erheben

Fokussierung auf Vergangenes Der Autor benennt Daten (individuell und kollektiv) Personen, Daten, Orte, Ereignisse, damalige Bedeutungen, gibt Hinweise auf Regeln der Bedeutungszuweisung etc. Dabei werden immer wieder Belege angegeben, z.T. auch als Materialien beigefügt

Sich begründet für bestimmte Kontextualisierungen entscheiden Die Autoren stellen die „Partikel“ begründet in diachrone (Entwicklungen) oder synchrone Zusammenhänge (Situationen und „Quervernetzungen“; dazu gehört auch, die zeitspezifisch relevanten Räume zu betrachten). Sie versuchen, die in Rede stehenden Phänomene aus der Zeit heraus zu erklären und zu beurteilen. Sie stellen Entwicklungen dar, die erst ex post sichtbar wurden, erklären historische Phänomene, indem sie Theorien anwenden, etc. Sie gliedern den Text nach Sinneinheiten (Kapitelüberschriften; Einheiten zusammen mit Materialien). Sie schreiben medienspezifisch (also für ein Schulbuch; d.h. neben der Erläuterung der Inhalte stehen auch Einführung in die fachspezifischen Methoden und in Prinzipien historischen Denkens) Sie schreiben für bestimmte Altersstufen (Verständlichkeit, Vorwissen, lebensweltliche Erfahrungen..). Sie bieten Hilfen für Empathie, für Verstehen, für Perspektivwechsel an Sie bedenken geschichtspolitische Aspekte, die im kulturellen Gedächtnis eines Landes, einer Region verankert sind, mit.

Bezüge zur Gegenwart herstellen . Situativ von der Gegenwart ausgehend in die Vergangenheit fragen (Gegenwart historisch erklären) Von der Beschäftigung mit Vergangenem her kommend sich auf die Gegenwart beziehen;. Anthropologisch-Überzeitliches betonen, Wandel, Brüche akzentuierend etc.. Sinnbildungsmuster vorschlagen, auch Alternativen anbieten zur reflektierten Identitätsbildung anregen. Über die Bedeutung von Geschichte für das eigene Handeln sprechen, in einigen Fällen sogar bis hin zur Anregung von Handlungen

Fragekompetenz In der Lage sein, Fragen zu differenzieren Fragen, die auf Kenntnisse und einfache Erkenntnisse zielen Fragen, die auf Einsichten zielen, auch auf die Einsicht, dass nicht alles zu beantworten ist In der Lage sein, vorgegebene Fragestellungen einzuordnen und zu verstehen. In der Lage sein, eigene Fragen an die Vergangenheit an die Geschichte zu stellen.

Orientierungskompetenz Weltverstehen: Orientierung der Gegenwart mit Hilfe von Vergangenheit Orientierung in der Vergangenheit Selbstverstehen: Identitätsfindung des Schülers / der Schülerin Entwicklung kollektiver Identitäten Handlungsdispositionen: Soziales Handeln, Politisches Handeln Kulturelles Handeln

III. Methodische Standards/ Methodenkompetenz schulen Fachspezifische Kompetenz des Re-Konstruierens Fachspezifische Kompetenz des De-Konstruierens Andere fachspezifische Kompetenzen (vergleichen, im Diskurs verteidigen..) Überfachliche Kompetenzen (Recherchieren, Präsentieren, Kommunizieren…, aber immer bezogen auf historische Inhalte)

Re-Konstruktionskompetenz In der Lage sein, selber eine Geschichtsdarstellung zu verfassen, indem zuerst die Festlegung auf eine Fragestellung erfolgt, die notwendigen Vergangenheitspartikel erhoben werden (aus Quellen, aus Darstellungen), die Entscheidung für bestimmte Kontextualisierungen getroffen wird, die Entscheidung für bestimmte Medien und Adressaten getroffen wird die Darstellung nachvollziehbar (transparent) und begründet (plausibel) erfolgt Gegenwartsbezüge bedacht, ev. dargestellt werden.

De-Konstruktionskompetenz In der Lage sein, die Tiefenstruktur einer vorliegenden Geschichtsdarstellung (einer historischen Narration) zu erfassen. Dabei werden auch die Funktionen sichtbar, die der Geschichte zugewiesen werden .

IV. schülerbezogene Standards Vorbedingungen der Schüler berücksichtigen (Lebensweltliche Prägungen, Vorwissen, Interessen…) Verschiedene Vermittlungsstrategien berücksichtigen (neben dem chronologischen Verfahren auch Längsschnitte, Vergleiche, Fallanalysen etc.) Verschiedene Sozialformen einbeziehen (Einzel-, Gruppenarbeiten, Plenum..) Unterschiedliche Arbeitsformen (fachübergreifende und fachspezifische berücksichtigen) Verschiedene Lernniveaus berücksichtigen (Kenntnisse, Erkenntnisse, Einsichten….)

Zum Theoriekonzept: Das Sechserraster Der sich mit Geschichte Befassende kann unterschiedliche Fokussierungen einnehmen Dabei werden idealtypisch die Basisoperationen des Re- und De-Konstruierens durchgeführt

Vergangenes feststellen; „Vergangenheits-partikel“ erheben Fokussierung auf Vergangenheit Fokussierung auf “Geschichte” Fokussierung auf Gegenw./Zukunft ● ● ●   ● ● ● ● ● ● ● Vergangenheit/Ge-schichte auf die Gegenw./Zukunft in der und für die „erzählt“ wird, beziehen ● Kontextualisierun-gen (synchron und diachron), Art der Erzählung in den Blick nehmen Vergangenes feststellen; „Vergangenheits-partikel“ erheben