Dr. Stephan Frotz Frotz Riedl Rechtsanwälte

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Dr. Stephan Frotz Frotz Riedl Rechtsanwälte "Das neue Allgemeine Bilanzstrafrecht – eine Verbesserung aus Sicht des Adressaten? Anmerkungen aus der Praxis" Graz, 15. Oktober 2015 Dr. Stephan Frotz Frotz Riedl Rechtsanwälte

Stephan Frotz Rechtsanwalt seit: 1987, Österreich Fachgebiete: Unternehmens-, Gesellschafts- und Bankrecht einschließlich M&A Tel: +43 1 890 85 90 10 Fax: +43 1 890 85 90 88 E-Mail: s.frotz@frra.at Lehrtätigkeiten: Vortragender zu Zivil-, Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Publikationen (Auszug): "Grenzüberschreitende Verschmelzung", Praxiskommentar, Lexis Nexis (zweite Auflage 2012); "Aufgaben des Aufsichtsrats", Handbuch für den Aufsichtsrat (2010); "Interessenskonflikte im Aufsichtsrat", Handbuch für den Aufsichtsrat (2010); "Bilanzpolizei: Das neue Rechnungslegungs-Kontrollgesetz", RdW 2013/118; "Zur Widerrufbarkeit von Nachstiftungen", in FS Hellwig Torggler (2013) 271; "Schadenersatzrechtliche Zurechnung bei Multiorganmitgliedschaften", GesRZ 2011, 334; "Zur konzernweiten Wirkung von Zustimmungsvorbehalten des Aufsichtsrates einer AG", RWZ 2011, 161; "Gesellschaftsrechtliche Grenzen der Ausgestaltung von Genussrechten", ZUS 2011/32. Sprachen: Deutsch, Englisch, Französisch

Bilanzstrafrecht Strafrechtsänderungsgesetz 2015 Inkrafttreten mit 01.01.2016 Vereinheitlichung der Bilanzdelikte Erhöhung der Strafdrohungen Erweiterung der erfassten Rechtsträger Präzisierung der Untreuebestimmung Anhebung der Wertgrenzen Verankerung der Business Judgement Rule

Bilanzstrafrecht Bilanzfälschung fehlerhafte Mitteilungen, die an andere Organe, an die Gesellschafter, an Gläubiger, an den Kapitalmarkt oder an die Öffentlichkeit gerichtet sind geschützt werden sowohl gesellschaftsinterne als auch gesellschaftsexterne Beziehungen

Bilanzstrafrecht vor dem StRÄG 2015 keine allgemeinen Strafbestimmungen Tatbestände in Materiengesetzen verstreut, ua: § 255 AktG § 122 GmbHG § 18 SpaltG § 89 GenG kapitalmarktrechtliche Strafbestimmungen (vgl § 15 KMG, § 44 InvFG, § 37 ImmoInvFG)

Bilanzstrafrecht vor dem StRÄG 2015 unterschiedliche Tathandlungen unterschiedliche Strafdrohungen zwischen zwei Jahren (vgl ua PSG, SPaltG, KMG) und einem Jahr (zB AktG, GmbHG GenG) unterschiedlicher Täterkreis nicht erfasst waren ua Sparkassen, Personengesellschaften (GmbH & Co KG) und Vereine

Bilanzstrafrecht "Alt" § 255 Abs 1 AktG Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen ist vom Gericht zu bestrafen, wer als Mitglied des Vorstandes oder des Aufsichtsrates, Beauftragter oder Abwickler 1. in Berichten, Darstellungen und Übersichten betreffend die Gesellschaft oder mit ihr verbundene Unternehmen, die an die Öffentlichkeit oder an die Gesellschafter gerichtet sind, wie insbesondere Jahresabschluss (Konzernabschluss) und Lagebericht (Konzernlagebericht), 2. in einer öffentlichen Aufforderung zur Beteiligung an der Gesellschaft, 3. in Vorträgen oder Auskünften in der Hauptversammlung, 4. in Auskünften, die nach § 272 UGB einem Abschlussprüfer oder die sonstigen Prüfern der Gesellschaft zu geben sind, oder 5. in Berichten, Darstellungen und Übersichten an den Aufsichtsrat oder seinen Vorsitzenden die Verhältnisse der Gesellschaft oder mit ihr verbundener Unternehmen oder erhebliche Umstände, auch wenn sie nur einzelne Geschäftsfälle betreffen, unrichtig wiedergibt, verschleiert oder verschweigt.

Bilanzstrafrecht "Alt" § 255 AktG Blankettregelung materieller Inhalt ergibt sich aus dem bilanzrechtlich (oder gesellschaftsrechtlich) Gebotenen von größter Relevanz in der Praxis: falsche Darstellung der Vermögensverhältnisse der Gesellschaft im Jahresabschluss (Konzernabschluss) und im Lagebericht (Konzernlagebericht)

Bilanzstrafrecht "Alt" § 255 AktG keine Erheblichkeitsschwelle keine gesetzlich normierten "Mindestschwereerfordernisse" keine Tätige Reue Täterkreis Vorstands- Aufsichtsratsmitglieder und Abwickler "Beauftragte"

Bilanzstrafrecht "Alt" Unbestimmtheit und Unverhältnismäßigkeit Begriffe "Verhältnisse der Gesellschaft" und "erhebliche Umstände" sämtliche Informationen oder nur wesentliche Informationen erfasst ? unrichtige Darstellung der Bilanz Abgrenzung "richtige" - "unrichtige Bilanz" oftmals schwierig Bilanz soll ein möglichst getreues Bild der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft geben "there is no truth in accounting" interpretationsbedürftiger Begriff des "Beauftragten"

StRÄG 2015 Ziele der Reform Vereinheitlichung der Tatbestände Unterscheidung zwischen der Tatbegehung durch Organe und externe Prüfer Angleichung an Begriffe des Gesellschafts- und Rechnungslegungsrechts Erweiterung der erfassten Rechtsformen Erfassung von Tathandlungen im Ausland

StRÄG 2015 Vereinheitlichung der Tatbestände einheitlicher Straftatbestand kapitalmarktrechtliche Strafbestimmungen bleiben bestehen Strafrahmen wird einheitlich auf zwei Jahre (bei Börsennotierung auf drei Jahre) angeglichen

StRÄG 2015 Unterscheidung zwischen der Tatbegehung durch Organe und externe Prüfer § 163a StGB Entscheidungsträger (oder im Auftrag eines Entscheidungsträgers handelnde Personen) § 163b StGB externer Prüfer, insbesondere Abschlussprüfer Sonderdelikte mit identen Strafdrohungen

StRÄG 2015 Angleichung an Begriffe des Gesellschafts- und Rechnungslegungsrechts Bilanzrechtsakzessorität Angleichung an nationale Regeln (UGB) und internationale Standards (IFRS) keine absolute Richtigkeit bzw Wahrheit in Bilanzfragen Beschränkung auf das wirklich Strafwürdige Strafrecht soll nur dort zur Anwendung kommen, wo gesellschafts- und zivilrechtliche Sanktionen nicht mehr greifen

StRÄG 2015 Erweiterung der erfassten Rechtsformen Sparkassen Offene Gesellschaften GmbH & Co KG große Vereine iSd § 22 Abs 2 VerG ausländische Rechtsträger im FB eingetragene Zweigniederlassung oder Börsennotierung in Österreich

StRÄG 2015 Erfassung von Tathandlungen im Ausland Tathandlungen nach den §§ 163a, 163b StGB die im Ausland in Bezug auf Verbände begangen werden die ihre Hauptniederlassung oder ihren Sitz im Inland haben sind in Österreich strafbar nicht anwendbar auf Taten in Bezug auf ausländische Rechtsträger

§ 163a StGB I § 163 Abs 1 StGB Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren ist zu bestrafen, wer als Entscheidungsträger (§ 2 Abs 1 VbVG) eines im § 163c StGB angeführten Verbandes oder sonst als von einem Entscheidungsträger mit der Informationsdarstellung Beauftragter in einem Jahres- oder Konzernabschluss, einem Lage- oder Konzernlagebericht oder einem anderen an die Öffentlichkeit, die Gesellschaft oder die Mitglieder, an ein aufsichtsberechtigtes oder oberstes Organ oder deren Vorsitzenden gerichteten Bericht in einer öffentlichen Aufforderung zur Beteiligung an dem Verband, einem Vortrag oder einer Auskunft in der Haupt- oder General- oder Mitgliederversammlung oder sonst einer Versammlung der Gesellschafter oder Mitglieder des Verbandes Aufklärungen und Nachweisen (§ 272 Abs 2 UGB) oder sonstigen Auskünften, die einem Prüfer (§ 163b Abs 1) zu geben sind, oder die sonstigen Prüfern der Gesellschaft zu geben sind, oder 5. einer Anmeldung zum Firmenbuch, die die Leistung von Einlagen auf Gesellschaftskapital betrifft, eine die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage des Verbandes betreffende oder für die Beurteilung der künftigen Entwicklung der Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage bedeutsame wesentliche Information, einschließlich solcher Umstände, die die Beziehung des Verbandes zu mit ihm verbundenen Unternehmen betreffen, in unvertretbarer Weise falsch oder unvollständig darstellt, wenn diese geeignet ist, einen erheblichen Schaden für den Verband, dessen Gesellschafter, Mitglieder oder Gläubiger oder für Anleger herbeizuführen.

§ 163a StGB III "verbandsinternes Delikt" Tatbestandsvoraussetzungen bezieht sich auf Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage der Gesellschaft aktuell und zukünftige Entwicklung zusätzliche Tatbestandvoraussetzungen sind: wesentliche Information iSd § 189a Z 10 UGB idf RÄG 2014 falsche oder unvollständige Darstellung Unvertretbarkeit Erheblichkeitsschwelle

§ 163a StGB IV wesentliche Information iSd § 189a Z 10 UGB idf RÄG 2014 geeignet eine Entscheidung zu beeinflussen Wesentlichkeit abhängig von spezifischen Eigenschaften, der Größe des Postens oder der Fehlerhaftigkeit der Angabe Gesamtbetrachtung der Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage

§ 163a StGB V In der Literatur werden Unter – oder Überbewertungen dann als wesentlich qualifiziert, wenn dadurch insgesamt folgende Grenzwerte überschritten werden: Das Jahresergebnis wird um mindestens 10 % und außerdem um mindestens 0,25 % der Bilanzsumme verändert, oder die Bilanzsumme wird um mindestens 5 % verändert, oder für die Beurteilung der Gesellschaft oder ihrer Organe besonders wichtige sonstige Einzelposten des Jahresabschlusses werden um mindestens 10 % verändert, oder eine Überschreitung gesellschaftsrechtlich relevanter Grenzen (zB betreffend die Größenklasseneinteilung, Verlust von 50 % des Grundkapitals oder Überschuldung) wird dadurch vereitelt.

§ 163a StGB VI falsche oder unvollständige Darstellung die bisherigen Tathandlungen "unrichtig wiedergeben", "verschweigen", "verschleiern", "unzureichende Angaben machen" wurden vereinheitlicht Informationsempfänger hat Anspruch auf inhaltlich (möglichst) richtige und vollständige Darstellung sowie auf ordnungsgemäße Darstellung der einzelnen Posten in unvertretbarer Weise außerhalb zulässiger Bewertungs- oder anderer Ermessensspielräume Bilanzrechtsakzessorität (UBG, IFRS) soll Vorsatzkomponente zum Ausdruck bringen

§ 163a StGB VII Erheblichkeitsschwelle Eignung einen erheblichen Schaden (abstraktes Gefährdungsdelikt) für den Verband, dessen Gesellschafter, Mitglieder oder Gläubiger oder für Anleger herbeizuführen spürbare Beeinträchtigung Schadenseintritt ist keine Voraussetzung ultima Ratio Prinzip

§ 163a StGB VIII Täterkreis Entscheidungsträger Geschäftsführer, Vorstandsmitglied, Prokurist Mitglied des Aufsichtsrats oder des Verwaltungsrats oder jmd der Kontrollbefugnisse in leitender Stellung ausübt jmd der maßgeblichen Einfluss auf die GF hat (zB faktischer GF) entscheidend ist nicht die rechtliche Stellung, sondern der tatsächlich maßgebliche Einfluss Liquidatoren

§ 163b StGB I § 163b Abs 1 StGB Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren ist zu bestrafen, wer als Abschlussprüfer, Gründungsprüfer, Sonderprüfer, Verschmelzungsprüfer, Spaltungsprüfer, Revisor, Stiftungsprüfer, Mitglied der Prüfungskommission /§ 40 ORF-Gesetz) oder sonst als aufgrund verbandsrechtlicher Bestimmungen bestellter Prüfer mit vergleichbaren Funktionen eines in § 163c StGB angeführten Verbandes in seinem Prüfungsbericht oder, einem Vortrag oder einer Auskunft in der Haupt- oder Generalversammlung oder sonst einer Versammlung der Gesellschafter oder Mitglieder des Verbandes in unvertretbarer Weise wesentliche Informationen (§ 163a Abs 1) falsch oder unvollständig darstellt oder verschweigt, dass der Jahres- oder Konzernabschluss, der Lage- oder Konzernlagebericht oder sonst der geprüfte Abschluss, Vertrag oder Bericht wesentliche Informationen (§ 163a Abs 1) , in unvertretbarer Weise falsch oder unvollständig darstellt, wenn dies geeignet ist, einen erheblichen Schaden für den Verband, dessen Gesellschafter, Mitglieder oder Gläubiger oder für Anleger herbeizuführen.

§ 163b StGB II § 163b Abs 2 StGB Ebenso ist zu bestrafen, wer als Prüfer (Abs 1) in unvertretbarer Weise einen inhaltlich unrichtigen Bestätigungsvermerk erteilt, wenn dies geeignet ist, einen erheblichen Schaden für den Verband, dessen Gesellschfter, Mitglieder oder Gläubiger oder für Anleger herbeizuführen, oder einen Bericht nicht erstattet, der angesichts der drohenden Bestandsgefährdung des Verbandes gesetzlich geboten ist.

§ 163b StGB III "verbandsexternes Delikt" ("Prüferdelikt") Tathandlungen nach Abs 1 Unvertretbare falsche oder unvollständige Darstellung wesentlicher Informationen über bestimmte Verbände in einem Prüfungsbericht einem Vortrag oder einer Auskunft in einer Versammlung erfasst ist auch hier die aktuelle Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage

§ 163b StGB IV Verschweigen der falschen oder unvollständigen Darstellung bezieht sich unmittelbar auf die Tätigkeit des Abschlussprüfers vergleichbare, von einem Organ erstellte Abschlüsse und Verträge (Verschmelzungsvertrag, Spaltungsbericht) sind ebenfalls erfasst zwischen den einzelnen Tathandlungen geht jeweils die zeitlich vorangehende Tat der nachfolgenden Tat vor Nach Abs 1 ist nicht zu bestrafen, wer schon wegen der Nichterstattung des Berichts (Abs 2 Z 2) strafbar ist

§ 163b StGB V Tathandlungen nach Abs 2 Erteilung eines unrichtigen Bestätigungsvermerks Voraussetzung: Schadenseignung Bestätigungsvermerk muss inhaltlich unrichtig sein nicht zu bestrafen ist, wer schon wegen der falschen oder unvollständigen Darstellung nach Abs 1 mit Strafe bedroht ist Berichtspflicht ausschließlich bei Bestandsgefährdung (§ 273 Abs 2 Fall 1)

§ 163b StGB VI Täterkreis externe Prüfer die aufgrund verbandsrechtlicher Bestimmungen tätig werden auch ausländische Prüfer sind erfasst Bankprüfer Revisor

§ 163a und § 163b StGB Subsidiaritätsbestimmung Strafbarkeit wegen beider Taten wäre überschießend Wegen Beteiligung ist nicht zu bestrafen, wer schon nach den §§ 163a, 163b StGB als unmittelbarer Täter strafbar ist ausdrücklich Subsidiaritätsbestimmung in den §§ 163a Abs 4 und 163b Abs 5 StGB

Auswirkungen Verjährung strafrechtliche Verjährung durch die Erhöhung der Strafdrohung verlängert sich die Verjährungsfrist auf fünf Jahre Übergangsregelung für Bilanzdelikte, für die am 31.12.2015 ein Ermittlungsverfahren anhängig ist; Verjährung richtet sich nach der alten Strafdrohung zivilrechtliche Verjährung Nach § 1489 Satz 2 2. Variante ABGB verjähren Schadenersatzansprüche aus Vorsatzdelikten, die mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht sind, in 30 Jahren ab Schadenseintritt

Beispiele I denkbare Fallkonstellationen Ein Wertberichtigungsbedarf in dreistelliger Millionenhöhe (in Euro) ist jedenfalls – auch bei Unternehmen mit überdurchschnittlich hohen Bilanz- oder Eigenkapitalsummen oder mit besonders hohem Jahresertrag geeignet, die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der zu beschreibenden Gesellschaft erheblich verzerrt darzustellen Keine Bildung einer Drohverlustrückstellung für Verluste aus einem schwebenden Derivatsgeschäft

Beispiele für Bilanzdelikte II Die Aufwertung von Liegenschaften, die zur hypothekarischen Besicherung von ausufernden oder gar notleidenden Krediten dienen, mit Hilfe günstiger Gutachten, um bankinterne Belehnungsgrenzen noch einhalten zu können. Dazu wird in der Lehre vertreten, dass dies unabhängig von der Gesamtauswirkung auf die Bankbilanz jedenfalls immer tatbestandsmäßig ist Das Ausweisen von Beteiligungen im JA mit historischen Anschaffungskosten, obwohl sie zum Bilanzerstellungszeitpunkt wertlos sind

Beispiele für Bilanzdelikte III Erteilung eines uneingeschränkten Bestätigungsvermerks trotz widmungsfremder Geschäftsgebarung Eine Immobilien AG bietet eine Liegenschaft am Markt zum Verkauf an, und muss erkennen, dass der Verkehrswert der Liegenschaft nur etwa die Hälfte des Buchwertes beträgt. Um keine Realisierung des Verlustes in den Büchern hinzunehmen, wird die Liegenschaft nicht veräußert. Dennoch wird die Liegenschaft im nächsten Jahr nicht abgewertet (JA hatte einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk)

Beispiele für Bilanzdelikte IV Voraussichtlich uneinbringliche Forderungen werden (noch) nicht abgeschrieben Fehlen jeglicher Hinweise auf mögliche bestandsgefährdende Risiken Nichtbilanzieren von Verbindlichkeiten Die fehlerhafte Bewertung von Immobilien im Entwicklungsstadium. Die fehlende Abschreibung von nicht mehr werthaltigen Beteiligungen (Impairment)

Offenlegung von Umständen Offenlegung als geeignetes Schutzinstrument ? IFRS: Vorschriften über die Berichterstattung über Schätzungen und Ermessensentscheidungen Strafbarkeit bei geeigneter Offenlegung ausgeschlossen UGB: keine Bestimmungen zur Angabe von Schätzungsunsicherheiten und Ermessensentscheidungen UGB Bilanzierung weniger ermessensabhängig ? keine Strafbarkeit bei Einhaltung der maßgeblichen bilanziellen Regeln

Tätige Reue I Tätige Reue nach § 163d StGB bisher nur in § 18 Abs 2 SpaltG Ziel: Schadensvermeidung nur bestimmte Begehungsformen reuefähig

Tätige Reue II § 163a StGB Täter muss falsche Angaben richtigstellen oder unvollständige Angaben nachtragen, bevor im Falle eines Berichts an ein aufsichtsberechtigtes Organ die Sitzung beendet ist, sich jemand an dem Verband beteiligt hat, die Haupt-, General- oder Mitgliederversammlung oder sonst die Versammlung der Gesellschafter oder Mitglieder des Verbandes beendet ist, der betreffende Prüfer seinen Bericht vorgelegt hat, die Eintragung im FB angeordnet ist

Tätige Reue III nicht erfasste Fälle von § 163a StGB erheblich unrichtige Darstellung wesentlicher Informationen in Jahres- und Konzernabschlüssen, Lage- und Konzernlageberichten oder Berichten sowie der Verstoß gegen die (unverzügliche) Sonderberichterstattungspflicht (§ 163a Abs 2 StGB)

Tätige Reue IV § 163b StGB Der Prüfer muss freiwillig die verschwiegenen Angaben nachtragen, bevor die Haupt-, General- oder Mitgliederversammlung oder sonst die Versammlung der Gesellschafter oder Mitglieder des Verbandes beendet ist

Tätige Reue V nicht erfasste Fälle von § 163b StGB der erheblich unrichtige Prüfungsbericht (§163b Abs 1 Z 1 StGB) das Verschweigen der unrichtigen Darstellung (§163b Abs 1 StGB) die Erteilung des unrichtigen Bestätigungsvermerks (§ 163b Abs 2 Z1 StGB) der Verstoß gegen die Berichtspflicht (§ 163b Abs 2 Z 2)

Tätige Reue VI Kritik Reuebestimmungen letztlich sehr eng gefasst keine Möglichkeit der Strafaufhebung bei praxisrelevanten Fällen Nach den Materialien konnte "kein Ergebnis ausgemacht werden kann, bis zu dem eine Tätige Reue noch möglich sein könnte, ohne dass Dritte bereits Dispositionen getroffen haben" begrenztes Zeitfenster bis zum Abschluss der Informationserteilung Wunsch des Gesetzgebers nach einem schnellen Entschluss des Täters

Tätige Reue VII Begründung überzeugt nicht tätige Reue sollte auch Ziel verfolgen, die richtige Information schnellstmöglich einem Dritten zugänglich zu machen derzeit kein Verfahren, das gewährleistet, dass Geschädigte von der Unrichtigkeit der Darstellung erfahren Schadenswiedergutmachung nicht denkbar (abstraktes Gefährdungsdelikt) oft ist auch nicht klar, wer der Geschädigte ist Verhältnis zu Selbstanzeige nach § 29 FinStrG

rechtliche Würdigung I Reform aus Sicht der Praxis grundsätzlich begrüßenswert: Schaffung eines eigenen "Prüferdelikts" geeignet, wirtschaftliche Entscheidungen zu entkriminalisieren Rechtssicherheit durch Angleichung an Rechnungslegungsvorschriften

Untreue I Untreuetatbestand ermöglicht Anknüpfung an das Zivil-, Gesellschafts- und Bankrecht Beispiele aus der jüngeren Zeit sind etwa BAWAG, Styrian Spirit und LIBRO Unsicherheit in der Praxis, ob und wann eine Handlung einen Befugnismissbrauch darstellt

Untreue II Initiativantrag Neuregelung des Untreuetatbestandes mit 01.01.2016 Regelung des Befugnismissbrauchs nicht übernommen wurde die tatbestandsausschließende Zustimmungserklärung Präzisierung des Schadensbegriffs Erhöhung der Wertgrenzen Verankerung der Business Judgement Rule (§§ 84 Abs 1a AktG, 25 Abs 1a GmbHG)

Untreue II Untreue nach § 153 StGB idF StRÄG 2015 "Wer seine Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, wissentlich missbraucht und dadurch dem anderen am Vermögen schädigt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen." NEU: Seine Befugnis missbraucht, wer in unvertretbarer Weise gegen solche Regeln verstößt, die dem Vermögensschutz des wirtschaftlich Berechtigten dienen Übersteigt der verursachte Schaden EUR 5.000,-/EUR 300.000,-, steigt die Strafdrohung auf Freiheitsstrafe von 1 bis zu 10 Jahren.

Untreue III Inanspruchnahme von Befugnis Befugnismissbrauch Verstoß gegen interne Regeln maßgeblichen Regeln des internen Dürfens müssen dem Vermögensschutz des wirtschaftlich Berechtigten dienen wirtschaftlich Berechtigter ausdrückliche Bezugnahme auf die Interessen des wirtschaftlich Berechtigten Vermögensschaden Tätige Reue nach § 167 StGB

Business Judgement Rule I §§ 84 Abs 1a AktG und 25 Abs 1a GmbHG Ein Vorstandsmitglied bzw ein GF "[…] handelt jedenfalls im Einklang mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters, wenn er sich bei einer unternehmerischen Entscheidung nicht von sachfremden Interessen leiten lässt und auf der Grundlage angemessener Informationen annehmen darf, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln."

Business Judgement Rule II an § 93 Abs 1 dAktG angelehnt "Safe-Harbour Charakter" gilt auch für den Aufsichtsrat in Lehre und Rsp seit geraumer Zeit anerkannt Orientierungshilfe bei der Urteilsfindung

Rechtliche Würdigung II im Ergebnis positiv Entlastung der Organe durch die Einführung der BJR Entschärfung der Strafbarkeit durch Bezugnahme auf die Interessen des wirtschaftlich Berechtigten umfassende Rechtssicherheit wurde nicht erreicht

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Dr. Stephan Frotz Frotz Riedl Rechtsanwälte Schottengasse 10/12 1010 Wien T +43 (1) 890 85 90-10 F +43 (1) 890 85 90-88 s.frotz@frra.at www.frra.at