Einführungskurs Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsgeschichte: IX: Simulationen Gerd Grasshoff Universität Bern SS 2010.

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Einführungskurs Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsgeschichte: IX: Simulationen Gerd Grasshoff Universität Bern SS 2010

Der Traum einer finalen Theorie (Steven Weinberg) Our present theories are of only limited validity, still tentative and incomplete. But behind them now and then we catch glimpses of a final theory, one that would be of unlimited validity and entirely satisfying in its completeness and consistency.

Hawking Hawking (1993, pp ) put forward a similar point of view and referred to "a complete, consistent, and unified theory of the physical interactions that would describe all possible observations."

Epidemien

Was sind Simulationen? Einige Simulationen sind ein neues Erkenntnismittel. Nicht alle Simulationen führen zur Erkenntnis. Beispiele Flugsimulatoren Spiele Planetenbewegungen

Simulationstypen Offene Liste. Einige Simulationen Dienen der Unterhaltung (Spiele) Dienen dem Training, Vermittlung von Fertigkeiten Sollen Erkenntnisse über einen simulierten Gegenstand gewinnen

Epistemische Simulationen Simulationen dienen dem Zweck des Erkenntnisgewinns hinsichtlich Eigenschaften des simulierten Gegenstandes These: epistemische Simulationen sind Prozessmodelle zu einem Untersuchungsgegenstand

Konsequenzen Prozessmodelle setzen Wissen über die Abläufe von Prozessen voraus: Entweder kausale Zusammenhänge, die durch (unvollständige) kausale Graphen dargestellt werden. Diese liefern erklärende Regularitäten. Koinzidenzen, Korrelationen. Diese liefern beschreibende Regularitäten

Wettersimulation

Fragen zu Simulationsmodellen Prognoseleistung Erklärungskraft Modellbewertung Angemessenheit der Modellannahmen Angemessenheit des Modells überhaupt Bewertung abgeleiteter Hypothesen Berücksichtigung der Approximationsbedingung Die Menge der abzuleitenden Hypothesen wird durch die Bedingung eingeschränkt: Ein Modell idealisiert und vereinfacht den modellierten Gegenstand um relevante Faktoren. Die Auslassung solcher Faktoren muss für die Aussagen abgeleiteter Hypothesen irrelevant sein.

Konsequenzen Die automatisierten Operationen auf dem Symbolismus berechnen kausale Pfade durch einen (unvollständigen) Kausalgraphen. Die Operationsregeln drücken kausale Regularitäten aus, die Naturgesetze beschreiben, nach denen die Prozesse ablaufen. Diese können wahr sein, jedoch unvollständig. Die Simulation enthält Symbole, die sich auf Zustände des simulierten Gegenstandes beziehen. Dadurch werden Aussagen über Eigenschaften des Prozesses abgeleitet.

Konsequenzen II Simulationen setzen Wissen über die kausalen Regularitäten voraus. Damit sind Erkenntnisse über den Verlauf komplexer Graphenwanderungen zu gewinnen. Experimente schliessen auf kausale Relevanz, Simulationen setzen diese voraus.

Welche Erkenntnisse liefern Simulationen? Einzelprozesse: Diagnostisch: Man kann erkennen, für welche konkrete Wirkung welche Ursache verantwortlich ist. Prognostisch: Erkenntnis darüber, welche Ursache zu welchen Wirkungen führt

Welche Erkenntnisse liefern Simulationen? II Prozesse allgemein: Diagnostisch: Man kann erkennen, für welche Wirkungstypen welche Ursachen verantwortlich sein können. Prognostisch: Erkenntnis darüber, welche Ursachen zu welchen Wirkungen führen können. Theoretisch: Erkenntnis darüber, welche Regularitäten insgesamt verknüpft sind.

Epistemische Simulationen Epistemische Simulationen sind Prozessmodelle, die durch automatisierte Operationen mit dem Symbolismus kausale Prozesse beschreiben. Vorausgesetzt: Naturgesetze der Bewegung: kausale Regularitäten Anfangsbedingungen Ausgelassene Faktoren sind für die Hypothesen nicht relevant

Welche Fehler sind möglich? Fehler beziehen sich auf die durch die Simulation gewonnenen Aussagen. Je nach Aussage kann dieselbe Simulation korrekt oder fehlerhaft sein. Irrtümer können auftreten hinsichtlich: Naturgesetze der Bewegung: kausale Regularitäten Anfangsbedingungen Ausgelassene Faktoren sind für die Hypothesen nicht relevant

Wie sind Fehler zu vermeiden Überkomplexe Modell? Überkomplexe Modelle führen dazu, Fehler hinsichtlich der relevanten Anfangsbedingungen (Typ 2) zu begehen. Konsequenz: Einfache Modelle mit starker Idealisierung versuchen zunächst die wichtigsten relevanten Faktoren zu identifizieren.

Testverfahren Variante 1: Simulationen sind dann bestätigt (und verlässlich), wenn sie vorhandene Daten des Simulationsgegenstandes reproduzieren können. Simulationen sind widerlegt, wenn sie Daten widersprechen.

Test von Simulationen Ein globaler Kausaltest ist häufig nicht möglich. > Zerlegung in Teilprozesse Deren kausale Regularitäten werden durch Experimente bestimmt Anfangsbedingungen der möglichen kausalen Faktoren bestimmen Absichern, dass weitere kausal relevante Faktoren für die Hypothese nicht wesentlich sind.

Versuch, Bedingung 3 zu sichern Versuch 1: alle relevanten Faktoren aufnehmen Konsequenz: Bedingung 2 ist nicht zu gewährleisten, da zu viele mögliche Konfigurationen Versuch 2: Simulationsergebnisse als unzuverlässig zurückweisen Konsequenz: Verlust von Erkenntnismöglichkeiten durch Simulationen Konsequenz: relevante Faktoren dürfen und gewissen Bedingungen zugelassen werden – aber welchen?

Fall 2: Epidemien Epidemien

Simulationsprüfung Vorgehensweise: 1)Hypothese bestimmen 2)Kausale Regularitäten (Experiment!) und kausales Feld 3)Anfangsbedingungen bestimmen. 4)Sie dürfen solche relevante Faktoren weglassen, die im kausalen Feld für die Simulation homogen bleiben.

Befund Simulationserfolge historischer Daten sind kein guter Grund für die Richtigkeit von Prognosen

Jäger/Beute Ökosystem m_dynamics/ Predator Prey

Simulationstest Historische Daten führen zum Test von Kausalen Regularitäten Anfangsbedingungen Hauptrelevanzen Homogenen Restrelevanzen Variationen von Faktoren: Sensibilität von Anfangsbedingungen

Schwarm Simulation: Intelligenz ohne Hirn

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Ameisen Kolonie Ameisen 3D