Exkurs: Eugen von Böhm-Bawerk

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
5. 3 Keynes: Die IS-Kurve J. R. Hicks: „Mr
Advertisements

5. 3 Keynes: Die IS-Kurve J. R. Hicks: „Mr
3.2 Klassische Theorie im Zusammenhang
Gruppenwettbewerb. Gruppenwettbewerb Aufgabe G1 (8 Punkte)
Vom graphischen Differenzieren
Prof. Dr. W. Conen 15. November 2004
Wilhelm-Raabe-Schule Fachbereich: Mathematik Thema: Lineare Funktionen
WR + WS ZEIGEN Neues aus der Mathematik.
Z:= Zufriedenheit A:= Aktion U:= Nutzen q:= Gütermenge
4. Dynamische Makroökonomie
Dachbodenausbau by Michael Lameraner und Florian Kerschbaumer
Tacoma Bridge
Bestimmung des Next-Arrays im KMP-Algorithmus
Kapitel 6 Differenzierbarkeit. Kapitel 6: Differenzierbarkeit © Beutelspacher Juni 2005 Seite 2 Inhalt 6.1 Die Definition 6.2 Die Eigenschaften 6.3 Extremwerte.
Agglomerationseffekte und regionale Standortpolitik
5.3. Neuklassische Konjunkturtheorie
7. Neue Wachstumstheorie 7. 1
6. Chaos-theoetische Konjunkturerklärung
7. Konvergenz oder Divergenz von Regionen
Zunächst: NKA Matthias: Erweiterung Coupon-Anleihen
§9 Der affine Raum – Teil 2: Geraden
TD Hilfe Für neue TD`S die Hilfe brauchen. Hier rauf um ein Turnier Zu Erstellen.
Seminar Stringtheorie und Geometrische Methoden der Physik
1.) Der erweiterte Sinussatz
Beispiel Kostenfunktion
3.3. Eigenschaften von Funktionen
Lineare Optimierung mit dem Simplexverfahren
Männer lügen nicht, außer …
Karl und Claudia, beide verheiratet, aber nicht miteinander,
Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum
Übungsblatt 08 Lehrstuhl für Kommunal- und Umweltökonomie
Powerpoint 2010 Start Funker Panorama: Zuschauer auf der Elbbrücke beim Weinfest 2011 in Meißen.
Kurvendiskussion Los geht´s Klick auf mich! Melanie Gräbner.
Exkurs: Thünens „naturgemäßer Lohn“
Black Box Algorithmen Hartmut Klauck Universität Frankfurt SS
Exponentialfunktionen zu unterschiedlichen Basen
9. REGIONALE SYSTEME VON INDIKATOREN:
Intermediate Macroeconomics: Übungsveranstaltung 1
Wenn dich deine Kräfte verlassen, die Tränen dein süßes Gesicht erfassen, du denkst die ganze Welt sei.
IK Ökonomische Entscheidungen und Märkte
Wahrscheinlichkeitsrechnung

Zwei Priester ziehen sich aus und gehen unter die Dusche.

Friedensreich Hundertwasser
Rafael, Florian, Patrick
Übungsblatt 07 Lehrstuhl für Kommunal- und Umweltökonomie
Vom graphischen Differenzieren
Kapitel 1 Einführung Internationale Wirtschaft 1
Kapitel 1 Einführung Kapitel 3 Spezifische Faktoren (Forsetzung)
Lernplan für den Die Coulombkraft und das Potenzial in der Umgebung
technologischer Fortschritt (g), Bevölkerungswachstum (n), und
Probleme des Umweltschutzes (freies Wahlfach) Einführungsvorlesung Andreas Aschbacher,MSc, arsenal research Ges.m.b.H Hörsaal VIII, 2. Stock Mo Ausbreitung.
setzt Linearität des Zusammenhangs voraus
Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum
Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum, Kap. 7
Optionsbewertung Elena Kostiaeva.
Stochastische Modelle in der Biologie (C. Bandt 2004) Die Folien sind nur Übersicht, Einzelheiten in der Vorlesung 1. Irrfahrten mit Endzuständen Definition:
Aufgabe 31 Die gesamtwirtschaftliche Geldnachfrage sei beschrieben durch folgende Geldnachfragefunktion:
Programmiersprachen II Vorbesprechung Klausur Prof. Dr. Reiner Güttler Fachbereich GIS HTW.
Programmiersprachen II Fortsetzung Datenstrukturen Balancierte Bäume 3 Prof. Dr. Reiner Güttler Fachbereich GIS HTW.
Polynome und mehrfache Nullstellen
Wie wir in „Mathematik für alle“ die Welt der Mathematik sehen
Beispiel-Aufgaben für Unterricht, Klausur oder Prüfung Diese kleine Sammlung soll aufzeigen, dass dieser Lehrplan auch neue Aufgaben- stellungen erfordert.
Lineare Optimierung Nakkiye Günay, Jennifer Kalywas & Corina Unger Jetzt erkläre ich euch die einzelnen Schritte und gebe Tipps!
Die gleichmäßig beschleunigte Bewegung (gbB)
Abiturprüfung Mathematik 2017 Baden-Württemberg Allgemeinbildende Gymnasien Wahlteil Analysis A 1 Lösungen der Aufgaben A 1.1 und A 1.2
Abiturprüfung Mathematik 2012 Baden-Württemberg Allgemeinbildende Gymnasien Pflichtteil Lösungen
Einführung in die Differentialrechnung
Einführung in die Differentialrechnung
 Präsentation transkript:

Exkurs: Eugen von Böhm-Bawerk 1851 - 1914 Begründer der österreichischen Kapitaltheorie Vertreter der Wiener Schule verheiratet mit Paula von Wieser (Schwester von Friedrich v. W.) Hauptwerk „Kapital und Kapitalzins“ 1884 Ab drei mal 1895 österreichischer Finanzminister 1914 Aufsatz „Macht oder ökonomisches Gesetz?“ => siehe Methodenstreit Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum, Exkurs Böhm Bawerk

Österreichische Kapitaltheorie Böhm-Bawerks: Kapitaljahrgänge („vintages“) wie Jahresringe eines Baums: Erste Reifestufe: 1 Arbeiter stellt mit bloßen Händen eine Werkbank her Zweite Reifestufe: 3 Arbeiter stellen mit der Werkbank weitere Werkzeuge her Dritte Reifestufe: 1 Arbeiter stellt mit einem Werkzeug das Konsumgut her Arbeitseinsatz L 1 1 3 1 3 3 1 1 1 Zeit t tn = 3 Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum, Exkurs Böhm Bawerk

Der gesamte Subsistenzmittelfonds (=Kapitalbedarf) wird also durch die Arbeitseinsatz L Der Subsistenzmittelfonds S (vorgeschossene Lohnsumme) beträgt nach Böhm-Bawerk hier 1 + 4 + 5 = 10 Allgemein: S = 3L1 + 2L2 + 1L3 (mit Li = Lohnsumme in Periode i Die „absolute Produktionsperiode“ beträgt hier tn = 3 Die „durchschnittliche Produktionsperiode“ berechnet Böhm-Bawerk wie folgt: 1 3 3 1 1 1 tn = 3 Zeit t Der gesamte Subsistenzmittelfonds (=Kapitalbedarf) wird also durch die die dauerhafte Lohnsumme/Jahr geteilt => eine Art von Kapitalintensität Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum, Exkurs Böhm Bawerk

Ableitung von Zinssatz und optimaler Produktionsperiode Den Subsistenzmittelfonds nimmt Böhm-Bawerk als gegeben an. Der Ertrag sei eine degressiv steigende Funktion des Produktionsumweges: Die Rendite i ergibt sich dann aus (Ertrag – Lohnkosten)/Kapitaleinsatz, also: Nullsetzen der ersten Ableitung von (1) ergibt die Optimalbedingung: Interpretation: Wähle die Produktionsperiode so, dass der zeitliche Grenzertrag des alten Produktionszyklus gerade noch gleich dem Durchschnittsertrag eines neuen Zyklus ist. Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum, Exkurs Böhm Bawerk

Grafische Interpretation: Optimalpunkt liegt da, wo Fahrstrahl von L an die X-Kurve zu deren Tangente wird. Grund: Tangens des Winkels =Durchschnittsertrag, Steigung der Tangente = Grenzertrag Gleichzeitig erreicht dort Durchschnittsertrag pro Zeiteinheit sein absolutes Maximum Ein größerer Subsistenzmittelfond erhöht ebenso wie ein steigender Lohnsatz die Länge der optimalen Produktionsperiode und damit die Kapitalintensität im temporalen Sinne. Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum, Exkurs Böhm Bawerk

Kritik: Die durchschnittliche Produktionsperiode ist eine Fehlkonstruktion, sie vernachlässigt insbesondere den Zinsesszins Umformung von (1) zeigt sofort, dass Böhm-Bawerk mit einfachen Zinsen rechnet: Subsistenzmittelfonds ist eine Durchschnittsgröße, die ebenfalls die zeitliche Struktur des Kapitals nicht adäquat abbildet (Zinsen variieren je nach Anlagedauer!) Annahmen sehr restriktiv: 1-Gut-Fall, gegebener Kapitalstock, keine „Rückversetzung“ Trotzdem im Kern richtige Idee: Kapital = Bereitschaft zu warten (siehe Thünen) Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum, Exkurs Böhm Bawerk