Wirtschaftlichkeitsverfahren: Sich wehren lohnt sich – jetzt erst recht. Vortrag WZW vor den Ärztinnen und Ärzten des Kantons Solothurn, GAeSO, Mitgliederversammlung.

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Wirtschaftlichkeitsverfahren: Sich wehren lohnt sich – jetzt erst recht. Vortrag WZW vor den Ärztinnen und Ärzten des Kantons Solothurn, GAeSO, Mitgliederversammlung Olten, 9. Juni 2011

Das Anliegen des VEMS. keine Kompromisse mit santésuisse VEMS: bisherige Aktivitäten gegen santésuisse Wie sich wehren ? Unterstützung durch VEMS

Die Arbeit des VEMS. Der Verein Ethik und Medizin Schweiz (VEMS): seit sieben Jahren gegen Wirtschaftlichkeitsverfahren der santésuisse. Drei VEMS Gutachten 2010 publiziert Juristische Implikationen auf Bundesgerichtsebene

Gutachten Nr. 1: RSS-PSS Universität Basel. Vergleichsstudie RSS-PSS von PD Dr. M. Schwenkglenks (Institute of Pharmaceutical Medicine / ECPM, Universität Basel) Verfahren der santésiusse aus statistischer Sicht statistisch signifikante Unterschiede beider Datenbanken betreffend der Frage nach Überarztung. http://physicianprofiling.ch/rsspssstatistikbericht052010.pdf

Gutachten Nr. 2: Prof. Dr. Wasem Der Arbeitsschwerpunkt von Prof. Dr. Jürgen Wasem (Lehrstuhl für Medizinmanagement Universität Duisburg-Essen) und die ForBiG GmbH liegt im Bereich der Budgetplanung sowie des Risiko- und des Versorgungsmanagements der gesetzlichen Krankenversicherungen. Studie «Beurteilung des Screening-Verfahrens der Krankenversicherer in der Schweiz zur Identifikation von Überarztung» Verfahren santésuisse nicht sachgerecht Fuehrt zu versteckter Rationierung http://physicianprofiling.ch/gutachtenwasem2010.pdf

Gutachten Nr 3: PD Dr. iur. Ueli Kieser. PD Dr. jur. Ueli Kieser, Rechtswissenschaftler Uni St. Gallen Durchschnittskostenvergleich leidet sowohl in rechtlicher wie auch in statistischer Sicht an wesentlichen Mängeln. Nicht geeignet, den Beweis zu erbringen, dass unwirtschaftliches Handeln vorliegt. http://physicianprofiling.ch/kieser2011.pdf

Was haben diese Gutachten gebracht? Folgen auf Bundesgerichtsebene Aktueller Stand

Was ändert sich in der Rechtsprechung? Das Bundesgericht hat im Dezember 2010 in einem Urteil unter anderem folgendes festgehalten: Das Urteil präzisiert, wann die statistische Methode zum Zug kommen kann: - Vergleichsgruppe mindestens 10 Ärzte. - Die Vergleichsperiode muss genügend lang sein. - Es muss eine vergleichsweise gewichtige Anzahl Behandlungsfälle des kontrollierten Arztes verglichen werden. Die wesentliche Bedeutung dieses Entscheids liegt aber darin, dass dem angeschuldigten Arzt ein viel ausgedehnteres Einsichtsrecht in die statistischen Daten von SAS gewährt werden muss. - Kenntnis der Namen der Ärzte der Vergleichsgruppe. - Kenntnis der Kostenverteilung für jeden Arzt in der Vergleichsgruppe (anonymisiert).

Was ändert sich in der Rechtsprechung? Im Januar 2011 entschied das Bundesgericht in einem weiteren Urteil folgendes: „… Diese neu gewonnenen Erkenntnisse zum Verständnis von Art. 56 Abs. 2 KVG stellen - wie hiefür vorausgesetzt … gewichtige und ernsthafte sachliche Gründe dar, die Rechtsprechung gemäss BGE 130 V 377 dahingehend zu ändern, dass von der Rückerstattungspflicht nach Art. 56 Abs. 2 KVG nur die direkten Kosten des Arztes (einschliesslich die von ihm abgegebenen Medikamente) erfasst werden.“

Direkte und veranlasste Kosten. Direkte Kosten (KVG, Pflichtleistung) Ärztliche Leistung und Praxislabor Medikamente vom Arzt Veranlasste Kosten (KVG, Pflichtleistung) Apotheken Laboratorien Physiotherapeuten

Was ändert sich in der Rechtsprechung? Im Januar 2011 entschied das Bundesgericht in einem weiteren Urteil folgendes: … Der Ausschluss der veranlassten Kosten von der Rückerstattung ändert nichts daran, dass die Frage, ob das Wirtschaftlichkeitserfordernis erfüllt ist, aufgrund einer Gesamtbetrachtung gemäss der mit BGE 133 V 37 begründeten Rechtsprechung zu beantworten ist. … ... Aus diesem Grunde ist der hohe Anteil an selber erbrachten statt ausgelagerten Leistungen zumindest im Sinne einer Praxisbesonderheit zu berücksichtigen.

Politische Bemühungen. Im eidgenössischen Parlament ist derzeit eine Initiative von Ignazio Cassis hängig; diese verlangt folgendes: Die rechtlichen Rahmenbedingungen und Vorgaben sind so zu optimieren, dass die Hausarztmedizin gestärkt wird. Dabei soll insbesondere beachtet werden, dass die Wirtschaftlichkeits-beurteilung ärztlicher Tätigkeit sachgerecht geschieht und auf objektiven Kriterien beruht. Diese müssen immer unter Vertragspartnern festgelegt werden. Sie dürfen keine unerwünschten Nebenwirkungen haben, die einer optimalen Behandlung, insbesondere von chronischen und polymorbiden Patienten, im Weg stehen oder gar zu einer versteckten Rationierung führen.

Jeder faule Kompromiss schwächt. Jeder Arzt, der sich vor diesem Hintergrund auf einen Vergleich mit der santésuisse einlässt, bestätigt diese darin, dass ihr Verfahren rechtens ist, und schwächt so die Kraft von allen, die sich mutig gegen die santésuisse stellen, weil sie wissen, dass sie nichts Unrechtes getan haben.

Was ist ein Trustcenter und was bringt es? Ein Trustcenter entlastet uns Ärzte administrativ und erbringt Dienstleistungen der Datenverarbeitung, die uns erlauben, uns mit Kolleginnen und Kollegen zu vergleichen, um wirtschaftlicher arbeiten zu können. Das Trustcenter erstellt auch einen Praxisspiegel. Dieser hilft, die Daten der Rechnungssteller-Statistik der santésuisse zu plausibilisieren: - Anzahl Selbstzahler - Erbrachte Leistungen (Spezialisierung, Leistungsspektrum) - Abgegebene Medikamente, detailliert nach IT-Klassen (Morbidität)

Was ist ein Trustcenter und was bringt es? VEMS empfiehlt die Zusammenarbeit mit einem Trustcenter Wenn nach gründlicher Analyse sicher ist, nicht zu überarzten, Prozessweg beschreiten Wir arbeiten daran, einen Fond zu äufnen, welche Prozesswillige finanziell absichern Weitere Informationen auf www.vems.ch

Neue WZW-Verfahren: wie? Taskforce FMH Verbesserter Risikoausgleich / PCG? Völlig neue Methoden (sentinel cluster signalling)? Mehrstufiges Verfahren? Mehrere Datenbanken (santésuisse, Kassen, TC)? Validierung mit echten Fällen von Überarztung  das Verfahren muss am Schluss eine hohe Sensitivität und Spezifität haben mit praktisch 0% falsch positiven, sonst haben wir nichts gewonnen, die santésuisse kann sich dann aber auf die Kooperation mit den Aerzten berufen und weitere operieren wie bisher! 16

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Wie soll man sich verhalten? Dass auf verschiedenen Ebenen Bemühungen unternommen werden, das Verfahren der santésuisse durch eine faire Beurteilung zu ersetzen, beruhigt. Wir müssen uns aber darauf einstellen, dass santésuisse nun eher aggressiver als moderater vorgeht. Der folgende kleine „Ratgeber“ wurde zusammen mit dem Trustcenter PonteNova erstellt.

Der Ablauf des Verfahrens gemäss SAS. Phase 1: Ermittlung statistisch auffälliger Ärzte Phase 2: Informationsbrief und Einladung zur Stellungnahme Phase 3: Beobachtung und Reaktionszeit Phase 4: Gespräch Phase 5: Vergleich und paritätische Kommission Phase 6: Rechtsweg Santésuisse hält sich allerdings nicht mehr immer an diesen Weg und ruft teilweise direkt bei den auffälligen Ärzten an.

Das Verfahren Phase 1 – was geschieht? Bei erstmaligem Überschreiten der Toleranzgrenze von 130 Punkten des RSS-Index der totalen Kosten oder des ANOVA wird der Arzt mittels Brief auf seine erhöhten Kostenindizes aufmerksam gemacht. Möglichkeit 1: santésuisse fordert eine schriftliche Stellungnahme. Möglichkeit 2: santésuisse will ein Gespräch mit dem Praxisinhaber führen.

Das Verfahren Phase 1 – was tun? Auf jeden Fall Stellung nehmen (per Einschreiben). Gründliche Analyse der Daten. Von der Rechtsprechung anerkannte Praxisbesonderheiten suchen: Eine überdurchschnittliche Zahl behandlungsintensiver Patienten (Medikamentendaten) Ein grosses Einzugsgebiet Überdurchschnittliche Zahl an Hausbesuchen Keine Notfallpatienten Sehr viele langjährige und ältere Patienten Kurze Praxistätigkeit Besonders teure Patienten finden (>25‘000 Fr. p.a). Alters- und Pflegeheim-Patienten ermitteln.

Das Verfahren Phase 1 – was kommt von SAS? Der Arzt erhält in der Regel einen wenig sagenden Standard-Antwortbrief zurück. Gleichzeitig macht man ihn darauf aufmerksam, dass SAS von Gesetzes wegen verpflichtet ist, seine Wirtschaftlichkeit weiterhin zu überprüfen. Nach dem erscheinen der RSS des Folgejahres erhält der Arzt einen sogenannten Statusbericht und die entsprechende RSS dazu. Je nach Entwicklung der Indizes sollte allenfalls proaktiv Stellung genommen werden.

Das Verfahren Phase 2 – was geschieht? Liegen seine Kostenindizes im übernächsten Jahr nach wie vor über der Toleranzgrenze und hat SAS die Argumentation des Arztes auf den Warnbrief nicht akzeptiert, wird er zu einem Gespräch in seiner Praxis geladen.

Das Verfahren Phase 2 – was tun? Nicht auf kurzfristige Terminforderungen der SAS eingehen; sich Zeit lassen. Gründliche Analyse der neuen Daten. Gute Vorbereitung auf das Gespräch. Das Gespräch keinesfalls allein führen.

Das Verfahren Phase 2 – was kommt von SAS? Wenn SAS den Argumentation des Arztes folgt, erhält er im Folgejahr wiederum einen Statusbericht. Steigen seine Indizes nicht sprunghaft an, darf er mit Ruhe rechnen. Akzeptiert SAS seine Argumente nicht, folgt Phase 3 – die Rückforderung.

Das Verfahren Phase 3 – was geschieht? Der Arzt erhält von SAS ein Schreiben, in welchem man ihm mitteilt, dass seine Begründungen nicht ausreichen, die hohen Kostenindizes zu erklären, und deshalb eine Rückforderung beim kantonalen Schiedsgericht geltend gemacht wird. Gleichzeitig bietet ihm je nach Kanton die SAS oder die paritätische Kommission eine aussergerichtliche Lösung an.

Das Verfahren Phase 3 – was tun? Auch hier gilt, sich nicht unter zeitlichen Druck setzen zu lassen. Das Gespräch mit SAS suchen, zusammen mit einem Trustcenter oder einem versierten Rechtsanwalt. Ein Verzeichnis aller Trustcenters findet ihr auf www.trustx.ch.