Gentechnikrecht – Gefährdungspotenziale und Sicherheitsvorschriften

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
In Kooperation mit der Abt. Toxikologie Universitätsklinikum Eppendorf
Advertisements

für molekularbiologische
den hessischen Bewirtschaftungsplan
Hessisches Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz 20. März 2010 Ulrich Kaiser: Vorstellung des Hessischen Karteninformationssystems.
GMP und HACCP in Schulrestaurants
CPCP Institute of Clinical Pharmacology AGAH Annual Meeting, 29. Februar 2004, Berlin, Praktischer Umgang mit den Genehmigungsanträgen gemäß 12. AMG Novelle.
Gentechnologie Definition Gentechnologie:
Das elektronische Nachweisverfahren Einführung und Eckpunkte
Fortbildungsprogramm für höhere Bedienstete aus der Europäischen Union und höhere Ministerialbeamte aus neuen EU-Mitgliedsstaaten sowie für hohe Beamte.
Standortfaktoren INTERN - Ausdrucksstark präsentieren.
Landwirtschaft in Wien
Inhalte und Maßnahmen eingegeben haben,
Ralf KüstersDagstuhl 2008/11/30 2 Ralf KüstersDagstuhl 2008/11/30 3.
Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen Biologische Vielfalt Mai 2008 in Bonn: neunte Konferenz der Vertagsstaaten.
Der geschlossene Betriebskreislauf
AWA 2007 Natur und Umwelt Natürlich Leben
Entwicklung und Perspektiven für das BVL aus Sicht der Behörden Symposium zum 10-jährigen Bestehen des BVL am 31.Oktober 2012 in Braunschweig Dr. Christian.
Wie haben sich die Zulassungsverfahren entwickelt und welche Perspektiven ergeben sich für das BVL? ..aus Sicht der Überwachungsbehörden (Schwerpunkt Labore)
Bild 1.1 Copyright © Alfred Mertins | Signaltheorie, 2. Auflage Vieweg+Teubner PLUS Zusatzmaterialien Vieweg+Teubner Verlag | Wiesbaden.
20:00.
Gentechnik: Rechtliche Grundlagen und politisches Umfeld
INSBESONDERE DURCH DIE MAST- UND LEGEHENNENANLAGEN
Schwimmen Sie sich fit. Auch an den Feiertagen. Die Hallenbäder Loreto und Herti sind am Bettag, 18. September, für Sie offen. Von 9 bis 17 Uhr.
Gentechnik, Chancen und Risiko
Chimären Potential und Risiko künstlich erzeugter menschlicher bzw. tierischer Chimären Barbara Brösamle.
DART Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie
First Lego League 2011.
Schweineinfluenza Frühjahrstagung „Zoonosen - Lebensmittelsicherheit“
...ich seh´es kommen !.
Grüne und Rote Gentechnik
Saatkrähen in Soest - Vergrämungsversuch in
Kanton Basel-Stadt Folie September 2005 RR Dr. U. Vischer C. Tschumi.
Joghurt und Milchsäurebakterien
Auslegung eines Vorschubantriebes
1 DMS EXPO 2009 Keynote Angst und Gier Dr. Ulrich Kampffmeyer PROJECT CONSULT Unternehmensberatung Dr. Ulrich Kampffmeyer GmbH Breitenfelder Straße 17.
Patente in der Biotechnologie - Ein Sonderfall?
Mögliche Auswirkungen einer Influenzapandemie und Aspekte der Pandemieplanung bei Betrieben und Unternehmen.
Wer hat die braune Karte?
Gentechnikrecht aktuelle Entwicklungen in der Bundesrepublik Deutschland Stand Präsentation an der Internationalen Naturschutzakademie Vilm.
EINFÜHRUNG Ziele: Wissen was die Biologie als Naturwissenschaft ist
Tagung: Gentechnikfreie Regionen und Koexistenz
Bedeutung der Gentechnik in der Landwirtschaft
Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement EVD Bundesamt für Landwirtschaft BLW Berner Alpkäse AOC Orientierungsveranstaltung 25. April 2007, Inforama.
Molekularbiologisches
16. DEZEMBER DEKRET ÜBER DIE AUS UND WEITERBILDUNG IM MITTELSTAND UND IN KLEINEN UND MITTLEREN UNTERNEHMEN [abgeändert D , ,
Genehmigungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) am Beispiel der Hähnchenmastanlagen Gumtow - Heinzhof
6/20041 Ermittlung und Bewertung ökologischer Schäden im Kontext der grünen Gentechnik Dr. Ulrike Doyle Sachverständigenrat für Umweltfragen Geschäftsstelle.
Novelle Gentechnikgesetz – Warum?
Naturschutz, Risikobewertung und Biodiversität
Analyseprodukte numerischer Modelle
2014 Januar 2014 So Mo Di Mi Do Fr Sa So
Viren und Bakterien Das Virus Das Bakterium.
Die Bundesversammlung
Biologische Arbeitsstoffe
Schutzvermerk nach DIN 34 beachten 20/05/14 Seite 1 Grundlagen XSoft Lösung :Logische Grundschaltung IEC-Grundlagen und logische Verknüpfungen.
Biochemie Vorlesung SS 2014
Überwachung von Zoonosen und Antibiotikaresistenz
| Folie 1 Gentechnik und Biodiversität im internationalen Kontext Tagung Gentechnikfreie Regionen und Koexistenz Helmut Gaugitsch.
Naturschutzaspekte und das Vorsorgeprinzip beim Vollzug des Gentechnikgesetzes Gentechnikfreie Regionen und Koexistenz 22./23. Juni 2004, Berlin Dr. Beatrix.
Die Gentechnikfreie Region BIO ALPE ADRIA Das Kärntner Gentechnik Vorsorgegesetz GVO-freie Futtermittel Berlin 22. Juni 2004.
Gefahren- und Risikobewertung für Bedarfsplanung im Feuerwehrwesen
Der Erotik Kalender 2005.
11 Abbauumfänge ›Stilllegung und Abbau erfolgen in vier Abbauumfängen, für die jeweils eine atomrechtliche Genehmigung notwendig ist: ›1. Abbauumfang (Abbau.
Quiz zum Fleischkonsum
Konzeption und Kursleitung: Pascale Ohnsorg Michael Röthlisberger Philip Taxböck Organisation: Peter Jann DNA: Bausteine des Lebens Frühjahrsprogramm 2008.
Internationale Herausforderungen für Wirtschaft und Überwachung
Internationale Trends in der Biotechnologie aus der Sicht der Wissenschaft Die anwendungsrelevante Seite von neuer Medizin und Gentherapie.
Biologische Labore.
Bio ist nicht gleich gesund
 Präsentation transkript:

Gentechnikrecht – Gefährdungspotenziale und Sicherheitsvorschriften Dr. Ingeborg Kruczek Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit Berlin Geschäftsstelle der Zentralen Kommission für die Biologische Sicherheit Analytica München 23. März 2010

Gentechnikgesetz § 1 Zweck dieses Gesetzes ist, § 1  Zweck dieses Gesetzes ist, unter Berücksichtigung ethischer Werte, Leben und Gesundheit von Menschen, die Umwelt in ihrem Wirkungsgefüge, Tiere, Pflanzen und Sachgüter vor schädlichen Auswirkungen gentechnischer Verfahren und Produkte zu schützen und Vorsorge gegen das Entstehen solcher Gefahren zu treffen, 2. die Möglichkeit zu gewährleisten, dass Produkte, insbesondere Lebens- und Futtermittel, konventionell, ökologisch oder unter Einsatz gentechnisch veränderter Organismen erzeugt und in den Verkehr gebracht werden können, 3. den rechtlichen Rahmen für die Erforschung, Entwicklung, Nutzung und Förderung der wissenschaftlichen, technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten der Gentechnik zu schaffen.

Für Gentechnik zuständige Behörden Freisetzung und Inverkehrbringen: Bundesamt für Verbrauchersdchutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) gentechnische Arbeiten und Anlagen: Landesbehörde

Zentrale Kommission für die Biologische Sicherheit Zusammensetzung der ZKBS: 20 Mitglieder 20 stellvertretende Mitglieder Berufung: 3 Jahre durch das BMELV

12 Sachverständige 8 Sachkundige ZKBS 12 Sachverständige Mikrobiologie Zellbiologie Virologie Genetik Hygiene Ökologie Sicherheitstechnik Pflanzenzüchtung Toxikologie Vorschläge durch den Wissenschaftsrat 8 Sachkundige Gewerkschaft Arbeitsschutz Wirtschaft Umweltschutz Verbraucherschutz forschungsfördernde Organisationen Naturschutz Landwirtschaft Vorschläge durch den jeweiligen Verband

Aufgaben der ZKBS Risikobewertung von Mikroorganismen Sicherheitseinstufung gentechnischer Arbeiten Risikobewertung sicherheitstechnischer Maßnahmen gentechnischer Anlagen Risikobewertung von Freisetzung von GVO Risikobewertung des Inverkehrbringens von (keine Futter- und Lebensmittel) Politikberatung

Gentechniksicherheits-Verordnung GenTSV Risikogruppen der Spender- und Empfängerorganismen Risikogruppen der gentechnisch veränderten Organismen Sicherheitsstufen der gentechnischen Arbeiten Stufen der Sicherheitsmaßnahmen

Sicherheitseinstufung § 7 GenTSV Spenderorganismus: pathogen? Vektor DNA: molekulare Grundlage der Pathogenität Empfängerorganismus GVO: Pathogenität übertragen?

Anhang III, IV, V GenTSV Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3 Stufe 4

Bewertungskriterien für Mikroorganismen Anhang I GenTSV: Wirtsspektrum Art der Übertragung Widerstandsfähigkeit des Organismus natürliche Virulenz des Organismus für abwehrgesunde Menschen und Tiere Möglichkeit der Prophylaxe Möglichkeit der Therapie Risikogruppen 1, 2, 3 oder 4

Xenotransplantation Übertragung von Zellen, Gewebe oder Organen von einer Spezies auf eine andere Risiken: - Abstoßung - Übertragung pathogener Mikroorganismen

porcine endogene Retroviren PERV drei Klassen von PERV (-A, -B, -C) replikationskompetent sie replizieren in vitro in humanen Zellinien Sorge: Komplementinaktivierbarkeit geht verloren ungerichtete Integration der proviralen DNA in das Genom der Wirtszelle Risikogruppe 2

Escherichia coli normalerweise apathogen begeißelte gramnegative Stäbchen Bestandteil der normalen Darmflora bei Säugetieren und dem Menschen normalerweise apathogen

Risikogruppen von E. coli EPEC, ETEC, EIEC, UPEC, Isolate Risikogruppe 2 E. coli EHEC Risikogruppe 3 E. coli K12, E. coli B Risikogruppe 1

Virulenzfaktoren von E. coli apathogen pathogen Fimbrienadhäsine Toxine O-Antigen Kapsel Eisenaufnahmesysteme

Streptococcus pyogenes Scharlach Pathogenitätsfaktoren: - Kolonisierungsfaktoren - Toxine: erythrogene Toxine A, B, C Hämolysin Fibrinolysin Hyaluronidase Leucocidin Risikogruppe 2

Anlegen einer Genbank von Streptococcus pyogenes Spenderorganismus: Streptococcus pyogenes Risikogruppe 2 Empfängerorganismus: E. coli K12 mit dem Vektor pUC18 Risikogruppe 1 Gentechnisch veränderte Organismen (GVO): E. coli K12 einschließlich o.g. Vektors mit shotgun-klonierten subgenomischen Nukleinsäureabschnitten von Streptococcus pyogenes Risikogruppe 2 Einstufung der gentechnischen Arbeit: Sicherheitsstufe 2

Mycobacterium tuberculosis Tuberkulose Übertragung: Tröpfcheninfektion Haupteintrittspforte: Lunge, befällt dann alle Organe Vermehrung: intrazellulär Pathogenitätsfaktoren: Zusammenspiel von Faktoren zum intrazellulären Überleben Risikogruppe 3

Anlegen einer Genbank von Mycobacterium tuberculosis Spenderorganismus: Mycobacterium tuberculosis Risikogruppe 3 Empfängerorganismus: E. coli K12 mit dem Vektor pUC18 Risikogruppe 1 Gentechnisch veränderte Organismen (GVO): E. coli K12 einschließlich o.g. Vektors mit shotgun-klonierten subgenomischen Nukleinsäureabschnitten von Mycobacterium tuberculosis Risikogruppe 1 Einstufung der gentechnischen Arbeit: Sicherheitsstufe 1

Influenzavirus

Hochpathogene aviäre Influenzaviren Infektion verläuft meistens symptomlos

Influenzaviren Risikobewertung § 5 Abs. 1 und 6 GenTSV Influenzaviren Typ A, B, C Influenzavirus H1N1 Subtyp A/California/04/09 Influenzavirus H1N1 Subtyp A/Hamburg/01/09 „Schweinegrippe“ Influenzavirus H1N1 Subtyp A/Regensburg/02/09 Risikogruppe 2 nicht aktuell zirkulierende Influenza A-Viren des Subtyps H2N2 Variante des Subtyps H1N1 der Spanischen Grippe von 1918 hochpathogene aviäre Influenzaviren (HPAIV, i.d.R. H5/H7) Risikogruppe 3

Influenzavirus Genom: 8 Segmente ss-(-)-RNA Replikasekomplex: PB2 PB1, PB1-F2 PA HA NP NA M1, M2 NS1, NS2 Replikasekomplex: RNA-Segment + PB2, PB1, PA, NP

Influenzavirus-Impfstamm PR8 PB2 PB1, PB1-F2 PA H5N1 HA del PR8 NP H5N1 NA PR8 M1, M2 NS1, NS2

Herstellung eines Impfstoffes gegen H5N1 Spenderorganismen Influenzavirus H1N1 Stamm A/Puerto Rico/8/34 (PR8) Influenzavirus H5N1 Empfängerorganismen E. coli K12 mit pHW2000 Zelllinie Vero mit pHW2000 Gentechnisch veränderte Organismen E. coli K12 mit pHW2000 mit cDNA eines Segments von PR8 oder H5N1 Zelllinie Vero kotransfiziert mit pHW2000 mit cDNA der internen Segmente PR8 und von HA (del) und NA von H5N1 Risikogruppe 2 Risikogruppe 3 Risikogruppe 1 Risikogruppe 1 Risikogruppe 1 Risikogruppe 3

Herstellung eines Impfstoffes gegen H5N1 rekombinante Influenzaviren in Hühnern, Frettchen und Mäusen getestete niedrig pathogene Influenzaviren Das rekombinante Influenzavirusmaterial wird von einer durch die WHO als Verteiler von Virusstämmen anerkannten Institution nach Prüfung der Attenuierung zur Verfügung gestellt Produktion Vermehrung in 120 000 oder 180 000 11-tägig bebrütete Hühnereier Das Gesamtvolumen der Impflösung beträgt abhängig von der Anzahl zuinfizierender Eier 36 oder 45 Liter. Nach 3 bis 4 Tagen erfolgt maschinell die Ernte der virushaltigen allantoischen Flüssigkeit. Die rekombinanten Influenzaviren werden gereinigt und konzentriert. Die Inaktivierung des Vollvirus erfolgt mit Formaldehyd. Risikogruppe 3 Risikogruppe 2 Sicherheitsstufe 2

Genehmigung einer Freisetzung Antragsteller Antrag Öffentlichkeits- beteiligung: Einwendungen Landesbehörde, JKI: Stellungnahmen ZKBS-Ausschuss: Stellungnahme EU-MS:  WebSNIF  Bemerkungen BVL Benehmen BfN BfR Bescheid Landesbehörde 90 Tage Freisetzung Überwachung JKI: Julius Kühn-Institut BfN: Bundesamt für Naturschutz BfR: Bundesinstitut für Risikobewertung ZKBS: Zentrale Kommission für die Biologische Sicherheit RKI Vollständigkeitsprüfung Kopie vollständiger Antrag Sicherheitsstufe 2