Materielle Infrastruktur 07.12.2006 Begriff, Formen und Funktionen Christine Kroemer, Markus Streng
Gliederung Begriffsdefinition von Infrastruktur Materielle Infrastruktur Merkmale Formen der materiellen Infrastruktur Messung Funktion der materiellen Infrastruktur Bedeutung als Standortfaktor Infrastrukturpolitik Entwicklungstendenzen
Begriffsdefinition Infrastruktur Infrastrukturbegriff ist nicht klar definiert Grundausstattung einer Volkswirtschaft Gegenbegriff zu Suprastruktur „Unterbau der Wirtschaft“ Begriff ursprünglich aus frz. Fachsprache: „Infrastructure“ Über NATO ins wirtschaftswissenschaftliche Vokabular: Mitte der 60er politisches Schlagwort
Begriffsdefinition Infrastruktur Begrifflich weiteste Fassung von Jochimsen: „Infrastruktur ist die Gesamtheit der materiellen, institutionellen und personellen Einrichtungen und Gegebenheiten, die der arbeitsteiligen Wirtschaft zur Verfügung stehen und dazu beitragen, dass gleiche Faktorentgelte für gleiche Faktorleistungen bei zweckmäßiger Allokation der Ressourcen gezahlt werden.“ Jochimsen(1966),S.145.
Begriffsdefinition Infrastruktur materielle institutionelle personelle Fassbare, physische Voraussetzungen Sozialkapital Summe der gesellschaftlichen Normen, Einrichtungen und Verfahrensweisen Gesamtrahmen Bevölkerungszahl Qualifikation der Menschen Humankapital
Begriffsdefinition Infrastruktur Jochimsen: theoretisch-funktionale Definition Basisfunktion einer Gesamtwirtschaft, die den Integrationsgrad und das Niveau der Wirtschaftlichkeit bestimmen; Funktion: allgemeine Vorleistung Integrationsgrad (D): Maß für unterschiedliche Entgelte gleicher Produktionsfaktoren D = 0 (keine Integration) D=1 (vollständige Integration) IS als Aufgabe die gesamtwirtschaftliche Allokation zu optimieren
Begriffsdefinition Infrastruktur Stohler: pragmatisch-analytische Definition: Infrastrukturausgaben sind Ausgaben, „die zwar für öffentliche Güter getätigt werden, jedoch insofern Investitionen darstellen, als gegenwärtigem Aufwand zukünftige Erträge entsprechen.“ Stohler, J. (1965), S.294. Beitrag zur Schaffung des zukünftigen Wohlstandes wird betont ökonomische, technische und instutionelle Merkmale
Begriffsdefinition Infrastruktur pragmatisch-analytisch (Stohler) theoretisch-funktional (Jochimsen) IS= Kollektivgüter mit Investitionscharakter Konkretisierung anhand von Merkmalslisten (Merkmalsdefinition) Ökonomische Effekte der IS Versuch einer Definition mit Hilfe der Integrations-, Wachstums- und Versorgungsfunktion Enumerative Definition (Frey): Verzicht auf eine Operationalisierung, nur eine Aufzählung
Sektoren der Infrastruktur wirtschaftl. soziale institutionelle Autoren (insgesamt 36) 5 ausgewählte: Hirschmann X O X O O O Stohler X X X X X X X X X Jochimsen X X X X X X X X X Frey, B. X X X X X X X Nieswandt X X X X X X Zahl der Nennungen 36 19 26 26 8 30 23 29 16 11 10 10 11 4 Nachrichten Gesundheit (Verteidig-ung) Sport Kultur (Wohnungs-bau) Recht u. Ordnung Verwaltung Verkehr Energie Wasser Umwelt-schutz Bildung Wissen-schaft X= Zuordnung o= Zuordnung bei extensiver Definition In Anlehnung an Trunzer (1982), S.17
Begriffsdefinition Infrastruktur „Kleinster gemeinsamer Nenner“ der Abgrenzungsversuche: „...daß mit Infrastruktur der Rahmen gemeint ist, innerhalb dessen sich das Wirtschaften vollzieht.“ Hedtkamp (1995), S.11
Materielle Infrastruktur - Einteilung 1. produktionsbezogen konsumbezogen 3. kommunal regional national kontinental global 2. Punkt- IS Netz- IS 4. öffentliche/staatliche private
Materielle Infrastruktur - Merkmale Technische Merkmale: Unteilbarkeit der Anlagen Lange Lebensdauer Interdependenzen in der Produktion Räumliche Immobilität Geringe Importmöglichkeiten
Materielle Infrastruktur - Merkmale Ökonomische Merkmale: Investitionscharakter Externe Effekte Skalenerträge Sprungkosten hoher Fixkostenanteil Nichtanwendbarkeit des Ausschlußprinzip
Materielle Infrastruktur - Merkmale Institutionelle Merkmale Defizitäre Betriebsführung Fehlen von Marktpreisen Zentrale Planung Problematisch: öffentliche oder private Bereitstellung
Formen der materiellen IS Verkehrseinrichtungen Anlagen der Energie- & Wasserversorgung (Abfall-)entsorgung Nachrichtenübermittlung Anlagen des Bildungs-, Kultur-, und Gesundheitsbereichs
Materielle Infrastruktur - Messung Erhebliche Messprobleme Stromgröße: Infrastrukturausgaben Bestandsgröße: Infrastrukturkapital vergangene IS-Investitionen - Abschreibungen = Infrastrukturkapital
Funktion der materiellen IS Es lassen sich 2 „Hauptfunktionen“ unterscheiden: Ökonomische Funktion + Verteilungsfunktion
Ökonomische Funktion Einkommens- und Beschäftigungswirkung Regionalentwicklung Konjunkturelle Stabilisierung Zusätzliche Multiplikatoreffekte Jochimsen: allgemeine Vorleistung
Verteilungsfunktion Verschiebung zwischen Produktionsfaktoren Kostenverteilung Nutzerverteilung Verteilungsgerechtigkeit EWG-Sachverständigengruppe: Grundlage für eine arbeitsteilige Wirtschaft u. Bestimmung der Anziehungskraft einer Region
Infrastrukturpolitik „Gesamtheit aller politischen Maßnahmen, die auf die angemessene Versorgung einer Volkswirtschaft mit Einrichtungen der Infrastruktur abzielt.“ 10% des BIPs entfallen auf IS-Investitionen 40% des Kapitalbestands einer VW: IS „Langlebige“ (Fehl-)entscheidungen IS wirkt auf die meisten gesellschafts-, wirtschafts- u. raumordungspolitischen Ziele
Entwicklungstendenzen Bis in 1980er Jahre IS alleinige Staatsaufgabe Druck des globalen Standortwettbewerb Privatisierungstendenzen Vor allem bei Netz-IS: Trennung von Netz und Betrieb Erstellung u. Instandhaltung zunehmend privatisiert, Planungshoheit und ggf. Wettbewerbskontrolle bleibt beim Staat
Enumerative Definition: Seminar Gebiete der materiellen IS? Verkehr Energie Wasser Umweltschutz Bildung Geld und Kreditsysteme Gesundheit Verwaltung Wohnungsbau/ bestand Einkaufsstätten Sport Kultur
Begriffsdefinition Infrastruktur Bundeszentrale für politische Bildung (bpb): „Alle staatlichen und privaten Einrichtungen, die für eine ausreichende Daseinsvorsorge und wirtschaftliche Entwicklung als erforderlich gelten. Die IS wird meist unterteilt in technische IS (z.B. Einrichtung der Verkehrs- und Nachrichtenübermittlung) und soziale IS (z.B. Schulen).“
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