Arbeitsrechtliche Konsequenzen von Fehlzeiten

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
„Aktuelle Entwicklungen im brasilianischen Recht“ Flexibilisierung des brasilianischen Arbeitsrechts Elma Ferreira Jäntges, LL.M. Law & Languages.
Advertisements

Arbeitsrecht aktuell Osnabrück,
Aktuelle Entwicklungen im Recht der Befristung
Arbeitszeit schulischer Personalräte
Günter Lenz Schillerstrasse Karlsruhe 0177 /
Arbeitsrecht in Sanierung und Insolvenz
Arbeitnehmer(innen) / Arbeitsuchende / Arbeitslose „Ältere“
Kündigung Recht zur Beendigung eines Dauerschuldverhältnisses mit Wirkung für die Zukunft Dauerschuldverhältnis: Geschuldet ist ein dauerndes Verhalten.
Was kann der Unternehmer tun,
Arbeitsrechts in der Insolvenz
Kündigungsmöglichkeiten des low-Performer
Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Kündigung als Disziplinierungs- und Rationalisierungsmittel I. Einleitung 1. (Praktische Relevanz des Themas) Kündigungen und Kündigungsschutzprozesse.
Seminar: Grundwissen Arbeit-Beruf-Berufswahlvorbereitung
II. Teil: Individualarbeitsrecht
II. Teil: Individualarbeitsrecht
II. Teil: Individualarbeitsrecht
II. Teil: Individualarbeitsrecht
Eingliederungsmanagement der B. Braun Melsungen AG
Arbeitsrechtsforum Hannover
Rolf Schaefer Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Hannover Arbeitsrechtsforum Hannover Aktuelle Rechtsprechung
Arbeitsrecht: Richtig kündigen
© Copyright / Der Urheberschutz bezieht sich auf die gesamte Präsentation, der Schaubilder und des Inhalts des Vortrages und der rechtlichen Ausführungen.
Zukunft im Beruf Ihr gutes Arbeits-Recht
Aktuelles Urlaubsrecht
ist geregelt im Berufsbildungsgesetz BBiG
Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis
Aktuelles aus der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte
Rechtsanwälte Salfeld & Kollegen
HEUKING KÜHN LÜER WOJTEK
ASBH Kongress 2014 Arbeitsrechtliche Fragestellungen bei Beschäftigten mit Hydrocephalus Rechtsanwalt Carsten Paulini Fachanwalt für Arbeitsrecht Fachanwalt.
Arbeitssicherheit und Arbeitsmedizin Weller
Ein kurzer Blick ins das SGB IX Marc-Patrick Homuth, Arbg Elmshorn
V. Unterteilung der Arbeitnehmer
Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit IHK
Alkohol am Arbeitsplatz
Vergütung Entgeltzahlungspflicht (§611 Abs. 1 BGB) Entgeltformen
Das Arbeitsrecht ist das Sonderrecht zur Regelung der Arbeitsbedingungen und der Arbeitsverhältnisse der unselbständigen Arbeitnehmer Jörn Michelsen &
Vortrag von Rechtsanwältin Bianka Schmetz am
XVII. Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Sind Leiharbeitnehmer bei Bestimmung der Schwellenzahlen §§ 1, 9 und 38 BetrVG zu berücksichtigen?
= Entgelt ohne Arbeit bzw. Krankheit
Einführung in das Arbeitsrecht an Hand praktischer Beispiele
Grundsätze der Mitbestimmung Betriebliche Mitbestimmung
Klaus Eichhorn Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und WEG-Recht
Sonderkündigungsschutz
Kündigungsschutz im Arbeitsrecht am Beispiel der Änderungskündigung
Dachverband Selbstorganisierter Kinderbereuung Einführung in das Arbeitsrecht Mag. Dr. Silke Heinz-Ofner Innsbruck, 26. Jänner 2012.
Verein Selbstorganisierter Kindergruppen Einführung in das Arbeitsrecht Dr. Silke Heinz-Ofner Innsbruck, 3. November 2010.
© Alle Rechte bei Verlag Europa-Lehrmittel, Düsselberger Straße 23, Haan-Gruiten. Urheberrechtlich geschützt.
Minderleister Low Performer
Mittelstandsrecht SoSe 2015 ra-freimuth.de Vorlesung vom , – Uhr 1.
Befristung von Arbeitsverträgen
Normenhierarchie im Arbeitsrecht
Arbeitsrecht in Sanierung und Insolvenz Priv.-Doz. Dr. Georg Annuß Universität Regensburg 2. Vorlesung,
Arbeitsrecht in Sanierung und Insolvenz
Das Recht der Ausbildungsverhältnisse
mittleren Unternehmen Heilbronn, 8 Juli 2015
Arbeitsverträge.
Ein paar Grundlagen zum Arbeitsrecht
Der Weg in den Beruf Herzlich willkommen! Tipps zum Berufseinstieg
Werkvertrag  Arbeitsvertrag
SoWi Ü 5- 1 Barta: Zivilrecht online Vergleich Ziel- und Dauerschuldverhältnis Einmaliger LeistungsaustauschLeistungsaustausch auf Dauer oder doch Zeit.
Betriebliches Eingliederungsmanagement § 84 SGB IX.
IG Metall Esslingen Die IG Metall - eine starke Gewerkschaft IG Metall 1.
D ITTMANN & H ARTMANN Rechtsanwälte in Partnerschaft Rechtsanwältin Nina Dittmann-Kozub Arbeitsrechtseminar Hochschule Koblenz.
 Präsentation transkript:

Arbeitsrechtliche Konsequenzen von Fehlzeiten Präsentation von Thomas Fischer

Kategorien von Fehlzeiten Fehlzeiten, auf die ein rechtlicher Anspruch besteht (Urlaub, Mutterschutz, Bildungsurlaub, Freistellung von Betriebsräten usw.) Unerlaubte Arbeitsversäumnis (eigenmächtige Freizeitnahme, eigenmächtiger Urlaubsantritt, eigenmächtige Urlaubsverlängerung) sowie verspäteter Arbeitsantritt Krankheit Nur die beiden letzten Kategorien können arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen © RA Thomas Fischer LL.M.

Rechtliche Konsequenzen können sein Abmahnung Kündigung (fristlos oder fristgemäß) Keine Fortzahlung der Vergütung (Grundsatz: kein Entgelt ohne Arbeit) Schadensersatzforderungen des Arbeitgebers (z. B. für Produktionsausfälle, Mehrkosten bei Einstellung einer Ersatzkraft) Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich auf die Kündigung als gravierenste arbeitsrechtliche Konsequenz © RA Thomas Fischer LL.M.

Der allgemeine gesetzliche Kündigungsschutz Grundsatz: für beide Vertragsparteien gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen (§ 622 BGB). Diese sind gestaffelt nach der Beschäftigungsdauer: Ab Beginn: 4 Wochen zum 15. oder zum Monatsende Nach 2 Jahren: 1 Monat zum Monatsende Nach 5 Jahren: 2 Monate zum Monatsende Nach 8 Jahren: 3 Monate zum Monatsende Nach 10 Jahren: 4 Monate zum Monatsende Nach 12 Jahren: 5 Monate zum Monatsende Nach 15 Jahren: 6 Monate zum Monatsende Nach 20 Jahren: 7 Monate zum Monatsende Einzelvertraglich können längere, unter bestimmten Umständen auch kürzere, Kündigungsfristen vereinbart werden. Tarifverträge können ebenfalls abweichende Regelungen enthalten. © RA Thomas Fischer LL.M.

Sonderfall: Fristlose Kündigung (§ 626 BGB) Eine Kündigung ohne Einhaltung einer Frist ist zulässig, „wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.“ © RA Thomas Fischer LL.M.

Besonderer gesetzlicher Kündigungsschutz U.a. für folgende Personengruppen: Schwangere und Mütter bis zum Ablauf von 4 Monaten nach der Entbindung (Mutterschutzgesetz) Arbeitnehmer während der Elternzeit (Bundeserziehungsgeldgesetz) Schwerbehinderte Menschen (Sozialgesetzbuch Teil IX) Arbeitnehmer während des Grundwehrdienstes, einer zweijährigen Dienstzeit als Soldat auf Zeit oder des Zivildienstes (Arbeitsplatzschutzgesetz) Mitglieder des Betriebsrats (Kündigungsschutzgesetz) Auszubildende (Berufsbildungsgesetz) © RA Thomas Fischer LL.M.

Das Kündigungsschutzgesetz Weitergehender Kündigungsschutz wird Arbeitnehmern durch das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) eingeräumt. Voraussetzungen der Anwendbarkeit: Mehr als 6 Monate ununterbrochene Betriebszugehörigkeit (Wartezeit) Bei Beginn des Arbeitsverhältnisses am 01.01.2004 oder später: mindestens 10 Arbeitnehmer (ausschließlich der Auszubildenden) müssen regelmäßig im Betrieb beschäftigt sein. Besteht das Arbeitsverhältnis schon länger: mindestens 5 Arbeitnehmer müssen am 31.12.2003 im Betrieb regelmäßig beschäftigt gewesen sein, die auch zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung immer noch beschäftigt sind. © RA Thomas Fischer LL.M.

Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz Das Kündigungsschutzgesetz schützt den Arbeitnehmer vor sozial nicht gerechtfertigten Kündigungen. Sozial ungerechtfertigt ist eine Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist (§ 1 Abs. 2 KSchG). © RA Thomas Fischer LL.M.

Unerlaubte Arbeitsversäumnis als Kündigungsgrund Wiederholtes unentschuldigtes Fehlen und wiederholte Verspätungen des Arbeitnehmers sind grundsätzlich dazu geeignet, eine ordentliche Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen sozial zu rechtfertigen. Voraussetzung ist grundsätzlich eine vorherige Abmahnung. Bei unerlaubter Arbeitsversäumnis kann aber auch eine fristlose Kündigung in Betracht kommen (für den eigenmächtigen Urlaubsantritt: BAG vom 16.03.2000 – 7 AZR 75/99, http://lexetius.com/2000,466) © RA Thomas Fischer LL.M.

Krankheit als Kündigungsgrund I. Krankheit kann grundsätzlich als personenbedingter Kündigungsgrund eine Kündigung sozial rechtfertigen. Zu unterscheiden sind: Langanhaltende Erkrankungen Häufige Kurzkrankheiten Krankheitsbedingte dauernde Leistungsunfähigkeit Krankheitsbedingte Minderung der Leistungsfähigkeit © RA Thomas Fischer LL.M.

Krankheit als Kündigungsgrund II. Häufige Kurzerkrankungen können eine Kündigung sozial rechtfertigen. Voraussetzungen: Negative Gesundheitsprognose (Wiederholungsgefahr): Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung müssen objektive Tatsachen vorliegen, die die ernste Besorgnis weiterer Erkrankungen im bisherigen Umfang rechtfertigen. Erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen (Betriebsablaufstörungen oder erhebliche wirtschaftliche Belastungen). Die Interessensabwägung fällt zu Ungunsten des Arbeitnehmers aus: zu prüfen ist, ob die Fehlzeiten vom Arbeitgeber billigerweise noch hinzunehmen sind oder ihn überfordern. © RA Thomas Fischer LL.M.

Krankheit als Kündigungsgrund III. Eine langanhaltende Krankheit kann eine Kündigung sozial rechtfertigen. Voraussetzungen: Negative Gesundheitsprognose: Die Arbeitsunfähigkeit muss im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung noch bestehen und für voraussichtlich längere oder nicht absehbare Zeit andauern. Erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen. Die Interessensabwägung fällt zu Ungunsten des Arbeitnehmers aus. © RA Thomas Fischer LL.M.

Krankheit als Kündigungsgrund IV. Die krankheitsbedingte dauernde Leistungsunfähigkeit kann eine Kündigung sozial rechtfertigen. Voraussetzungen: Der Arbeitnehmer muss dauerhaft außerstande sein, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Die Ungewissheit der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit steht einer krankheitsbedingten dauernden Leistungsunfähigkeit dann gleich, wenn in den nächsten 24 Monaten mit einer anderen Prognose nicht gerechnet werden kann. Mit dauerhafter Leistungsunfähigkeit ist regelmäßig eine erhebliche betriebliche Beeinträchtigung verbunden. Die Interessensabwägung kann bei dieser Fallgruppe nur in seltenen Ausnahmefällen zu Gunsten des Arbeitnehmers ausfallen. © RA Thomas Fischer LL.M.

Krankheit als Kündigungsgrund V. Krankheitsbedingte Minderung der Leistungsfähigkeit kann eine Kündigung sozial rechtfertigen. Voraussetzungen: Das Arbeitsverhältnis muss als Austauschverhältnis auf Dauer gestört sein Erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen (der Vergütung steht keine adäquate Arbeitsleistung entgegen). Die Interessensabwägung fällt zu Ungunsten des Arbeitnehmers aus. © RA Thomas Fischer LL.M.

Wirksamwerden einer Kündigung Eine Kündigung muss immer schriftlich erfolgen (§ 623 BGB), ansonsten ist sie rechtsunwirksam. Einer Angabe von Gründen bedarf die Kündigung grundsätzlich nicht. Eine schriftliche Kündigung wird rechtswirksam, wenn der Arbeitnehmer nicht innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erhebt (§ 3 KSchG). © RA Thomas Fischer LL.M.

Rechtsquellen Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 02.01.2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738); §§ 611 ff. (Dienstvertrag) aktuelle Fassung abrufbar unter http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/bgb/gesamt.pdf Kündigungsschutzgesetz (KSchG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 25.08.1969 (BGBl. I S. 1317); aktuelle Fassung abrufbar unter http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/kschg/gesamt.pdf © RA Thomas Fischer LL.M.

Literatur Becker, Friedrich u.a., KR-Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsschutzgesetz und zu sonstigen kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften 8. Auflage 2007 (München/Unterschleißheim) Lepke, Achim, Kündigung bei Krankheit 12. Auflage 2006 (Stuttgart) © RA Thomas Fischer LL.M.

Disclaimer Die Präsentation gibt ohne Anspruch auf Vollständigkeit einen Überblick über die Rechtslage und stellt keine Rechtsberatung dar. Im Einzelfall ist deshalb eine individuelle Rechtsberatung erforderlich. © RA Thomas Fischer LL.M.