Wild oder gepflegt? Das jugendliche Naturbild

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 Präsentation transkript:

Wild oder gepflegt? Das jugendliche Naturbild steckt voller Widersprüche Rainer Brämer, Natursoziologe Deutsches Wanderinstitut e.V. copyright rainer brämer 2009

Kernthema Naturentfremdung Was macht ein Natursoziologe? Kernthema Naturentfremdung Studien zur alltäglichen Naturbeziehung in der Hyperzivilisation „Jugendreport Natur“: Seit 1997 über 12.000 Befragte Zahlreiche empirische Studien auf www.natursoziologie.de Ausgangspunkt: Wirklichkeit natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

copyright rainer brämer 2007

Gefahr der Infantilisierung Warum Jugend im Mittelpunkt? Schule, Pädagogik, Medien, Wissenschaft verbinden das Thema Natur meist nur mit Kindern. Gefahr der Infantilisierung Projektion verklärter Kindheitserinnerungen und harmonisierender Zukunftswünsche Verniedlichung von Natur und Kindern Verstärkung „Bambi-Syndrom“? Alltagsnatur Desiderat in Sekundarstufe, Jugendkampagnen, Jugendstudien Naturverlorene Generation? Pubertäre Neuorientierung unterschätzt? natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

Naturbild mit Ungereimtheiten und Widersprüchen Hauptproblem: Naturbild mit Ungereimtheiten und Widersprüchen Das gilt ähnlich für Kinder wie Erwachsene Fast alle Jugendlichen # …sind ideell für Naturschutz, aber faktisch untätig. # …befürworten die Artenvielfalt, aber kennen kaum elementare Arten. # ... halten den naturwissenschaftlichen Unterricht für wichtig, aber es bleibt kaum etwas hängen. # Landkinder leben sehr viel naturnäher, aber haben keine realistischere Vorstellung von Natur als Stadtkinder. # Fast alle Zeitgenossen schwärmen für Wildnis, aber ziehen gepflegte Landschaften vor. natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

copyright rainer brämer 2009 Sehnsucht nach Wildnis? copyright rainer brämer 2009

Ein Mosaik aus diversen Umfragebefunden unter Erwachsenen (%): Akzeptanz von Wildnis in Varianten Ein Mosaik aus diversen Umfragebefunden unter Erwachsenen (%): Unberührte Natur >80 (Jugend 65) Wildnislandschaft >80 Wildnis 70 (Jugend 40) Wilde Natur 60 Wilder Wald 55 Jugend auf Distanz Jugendreport Natur 2010: „Das ist für die Natur eher nützlich / schädlich: Landschaft verwildern lassen“ 28/43 natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

Neigungen in % der Erwachsenen Je wilder, desto unattraktiver Wildnis-Aktivitäten Neigungen in % der Erwachsenen Expeditionen in die Wildnis 30 Wandern in unberührter Natur 60 heimischem Urwald 30 Wildnis, Urwald 15 Sehnsucht Wildnis? Je wilder, desto unattraktiver natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

Wildnis in freien Assoziationen in % der Nennungen Erwachsene Stichwort Natur (bildlich und verbal): „Wildnis“ unter der 1%-Relevanzgrenze Naturbewusstseinsstudie 2009 Jugendliche Stichwort Natur : „Wildnis“, „unberührt“ und Synonyme 0,3 % Stichwort Naturschutz: „Wildnis“, „Urwald“ und Synonyme 0,3 % Stichwort Naturerlebnis: „Urwald“ 0,1 % Stichwort Wald: „Urwald“ 0,3 % Jugendreport Natur 2010 Spontanes Naturbild: Wildnis unter ferner liefen natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

„Sekundäre Wildnis“ Wald = Psychotop Schweizer Experiment 2004: Besser gelaunt, weniger deprimiert und verärgert nach einem Spaziergang in einem gepflegtem Wald als in einem „wilden“ Wald. Wald = Psychotop „Zu viel Naturnähe und Wildnis, also sehr dichtes Gestrüpp oder herumliegendes Totholz“ werden als bedrohlich empfunden (Zamut 2011) natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

copyright rainer brämer 2009 Ordnung statt Wildnis copyright rainer brämer 2009

Jugendreport Natur zum Thema Ordnungsliebe Offene Frage: „Hast Du schon einmal etwas Gutes für die Natur getan?“ Ordnen/aufräumen/säubern 1997 18 % der Einfälle Rang 2 „Das ist wichtig für uns alle:“ „Den Wald aufräumen“ 1997 ja 90 % Rang 5 von 14 2000 ja 92 % Rang 2 von 15 „Das nützt dem Wald:“ „Tote Bäume und Aste wegräumen“ 1997 ja 53 % Rang 4 von 18 2010 ja 52 % Rang 7 von 19 (2000 Südtirol jeweils unabhängig von Sprachgruppe deutsch oder italienisch) natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

Sauberkeit höchster Wert Sauberkeitskomplex JRN 2002 „Das ist mir in der freien Natur wichtig / unwichtig:“ „Eine saubere Umwelt“ Ja 90% Rang 1 von 12 JRN 2003 „Das ist wichtig / unwichtig für uns alle:“ „Den Wald sauber halten“ Ja 96% Rang 1 von 9 JRN 2010 „Das ist für die Natur eher nützlich / schädlich:“ „Die Natur sauber halten“ Ja 94% Rang 1 von 19 Keine relevanten Unterschiede nach Alter, Geschlecht, Schulform In der Natur regiert die schwäbische Hausfrau: Sauberkeit höchster Wert natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

natursoziologie.de rainer brämer 11/2012 Konsequenz: Die Müll-Phobie Verhaltensgebote in der Natur Rang 1 Nichts wegschmeißen Gute Taten für die Natur: Rang 1 Müll gesammelt Schlechte Taten an der Natur: Rang 1 Müll weggeworfen Kennzeichen von Nachhaltigkeit: Rang 1 Kein Müll wegwerfen Jugendreport Natur diverse Jahrgänge Das auch noch: „Ruhe und Ordnung“ Im Wald liebe ich die Stille 70 % Das Wild braucht seine Ruhe 67 % Der Wald muss ordentlich und aufgeräumt sein 61 % Jugendreport Natur 2010 natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

konservatives Welt- und Naturbild „Natur steht für Unberührtheit und Ursprünglichkeit – aber in kultivierter, geordneter, gefälliger Form. Wildnis ist kaum gefragt“ Fazit Naturbewusstseinsstudie 2009 Zwischenresümee: Statt „Sehnsucht Wildnis“ konservatives Welt- und Naturbild bei Jung und Alt natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

copyright rainer brämer 2009 Wissenschaftsnatur contra Alltagsnatur copyright rainer brämer 2009

Natur-Wissenschaft Wahre Natur = Natur ohne Mensch Maßgebliche Definitionsmacht in den Bereichen Wissenschaft, Bildung und Umwelt: Natur-Wissenschaft Natur als Objekt und Gegenüber Mensch als unbeteiligter Beobachter Objektivistische Wissenschafts-Natur Abgeleitetes Naturschutz-Ideologem: Wahre Natur = Natur ohne Mensch natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

Alltagsnatur Das Gegenstück: subjektivistisch statt objektivistisch erfahrungsbezogen, erlebnisintensiv, konkret, Mensch stets Bestandteil, Bezugszentrum, Akteur Medium von Projektionen (Paradies, gut, im Gleichgewicht…) Hoch emotionalisiert Freie Einfälle zum Thema Natur mit Wertung: 60 % positiv, vorrangig Landschaft und Pflanzen 33 % negativ, fast nur Umweltprobleme 7 % neutral Studentischer Test (Marburg 1992): natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

Natur aus jugendlicher Sicht copyright rainer brämer 2009

Naturbild immer abstrakter Anteil an spontanen Assoziationen in % 2010 1997 Pflanzen 29 18 darunter Pflanzen allgemein 10 6 Bäume allgemein 13 8 Blumen allgemein 4 2 Tiere 16 17 darunter Tiere allgemein 13 15 Ferner Landschaft Wetter 33 27 Menschliche Reaktionen 19 27 … Jugendreport Natur natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

Was Jugendliche für naturnah halten (%) Jugendreport Natur 2006 Geschlossene Frage Was Jugendliche für naturnah halten (%) ja nein Wald 98 Nationalpark 43 Stadtpark 23 39 Mensch 68 Ich 38 Zootier 15 59 Reh 89 Schweinefleisch 23 39 Tiefkühlspinat 5 76 Strom 8 77 Windkraftwerke 25 23 Greenpeace 61 Denaturierung durch Menschenhand Renaturierung durch Menschenhand natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

copyright rainer brämer 2009 Weitere Indizien der Naturentfremdung copyright rainer brämer 2009

copyright rainer brämer 2009 Grüne Brille: Schöne heile Welt copyright rainer brämer 2009

natursoziologie.de rainer brämer 11/2012 Gute Natur Bekenntnis (%) Dem stimmen Jugendliche zu Die Natur wäre ohne den Menschen in Harmonie 73 Was natürlich ist, ist gut 73 Tiere haben eine Seele 85 Bäume auch 47 Garten Eden Human Projektion Tiere und Pflanzen haben dasselbe Lebensrecht wie Menschen 85 natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

natursoziologie.de rainer brämer 11/2012 Naturmoral Verhalten im Wald: Soll 2006 Nichts wegschmeißen 85% Keine Tiere fangen 79% Nichts abpflücken 47% Leise sein 52% Auf den Wegen bleiben 49% Ist 2010 72 % 84 % 54% 39 % 40 % Natur möglichst unberührt lassen ja 59 % natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

natursoziologie.de rainer brämer 11/2012 Durchgehender Befund des Jugendreports Natur: Das „Bambi~Syndrom“ Aus der Sicht Jugendlicher ist Natur wichtig, gut, schön und harmonisch, muss man ihr helfen und Schutz gewähren, ist man in der Natur nur Gast und soll sie nicht „stören“, erscheint die Nutzung von Natur fragwürdig, so ist das Pflanzen von Bäumen sehr wichtig, Fällen von Bäumen schädlich. natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

copyright rainer brämer 2009 Wissen copyright rainer brämer 2009

Jugend auf Naturdistanz In welcher Himmelsrichtung Offene Frage: In welcher Himmelsrichtung geht die Sonne auf? Ost 59% Davon Zufallsquote 10% Nord 11% West 9% Süd 10% Jugendreport Natur 2010 natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

natursoziologie.de rainer brämer 11/2012 Hühner als Legemaschinen ? natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

mit Natur zu tun? Subjektivistische Alltagsperspektive dominiert Was hat der naturwissenschaftliche Unterricht mit Natur zu tun? 7 Studien 1995 - 2008 600 Befragte Mittelwerte gerundet % Schüler Sekundarstufe 1 Viel, sehr viel wenig, nichts Biologie 90 0 Geographie 70 10 Chemie 20 20 Physik 20 30 Erwachsene Viel, sehr viel wenig, nichts in 85 10 20 30 40 30 45 Subjektivistische Alltagsperspektive dominiert natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

über Natur gelernt? Was hast Du in diesen Fächern Viel, sehr viel wenig, nichts (%) Biologie 83 3 Geographie 60 16 Chemie 18 46 Physik 14 58 Ausflüge 38 30 Projekte 38 41 JRN 2010 N = 1.000 Viel, sehr viel wenig, nichts 78 6 47 10 13 37 11 42 Lernen braucht Anschauung natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

copyright rainer brämer 2009 Naturerfahrung copyright rainer brämer 2009

KIM-Studie („Kinder und Medien“) Sinkendes Interesse an Natur? 2010 2002-2008 Täglich ausgeübte Freizeitaktivitäten (%) Mit Tier beschäftigen 25 28 ± 2 Draußen spielen 52 61 ± 2 Sinkendes Interesse an Natur? Themeninteresse (%) Tiere 58 75 ± 2 Umwelt/Natur 46 58 ± 2 Mündliche Repräsentativbefragung von 6-13jährigen Kindern im Rahmen des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

Letztes Kind im Wald? Aber wie lange noch? „Wie oft bist Du im letzten Sommer durchschnittlich im Wald gewesen?“ (%) mehrmals/Woche mehrmals/Monat JRN 2006 44 21 Aber wie lange noch? mehrmals/Woche mehrmals/Monat JRN 2010 28 32 Richard Louv‘s Beschwörung „Last child in the woods“ geht weit an der deutschen Wirklichkeit vorbei. natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

Unerwartet viele Naturkontakte „Wie oft hältst Du Dich in der Natur auf?“ (%) mehrmals/Woche mehrmals/Monat Im Garten 68 (davon täglich 44) 15 Auf Wiesen/Feldern 47 26 Im Wald 28 29 Im Park 24 28 2006 Jugendstudie Wandern Naturerfahrung wird vor allem in kurzfristig bearbeiteter Natur gesammelt natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

„Was hast Du in der Natur schon gemacht oder erlebt?“ (%) Nach eigenen Aussagen Naturaktivitäten (2) 2006 „Was hast Du in der Natur schon gemacht oder erlebt?“ (%) häufig noch nie Auf einen Baum geklettert 66 6 Über einen Baumstamm balanciert 53 13 Ein Pferd gestreichelt 59 10 Einen Bach gestaut 35 31 An einer Umweltaktion teilgenommen 16 50 Klein Mutproben (als Kind) bestanden ? natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

Unangenehme Naturerfahrungen Nach eigenen Aussagen Unangenehme Naturerfahrungen 2006 „Was hast Du in der Natur schon gemacht oder erlebt?“ (%) häufig noch nie In ein Gewitter gekommen 61 9 Von einer Wespe gestochen worden 45 27 Allein durch den Wald gegangen 45 18 In einen Bach oder Teich gefallen 28 31 Die meisten wissen: Natur kann auch unangenehm sein. natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

Abschied Kindheit - Abschied Natur Tendenz: Abschied Kindheit - Abschied Natur Mehrmals pro Woche in der Natur (%) Hier nur nennenswerte Unterschiede Klasse 6 - 9 Realsch. – Gymn. Stadt - Dorf Im Garten 55 - 78 Auf Wiesen/Feldern 57 - 36 56 - 38 46 - 60 Im Wald 32 - 22 12 - 39 Im Park 32 - 18 41 - 10 Keine nennenswerten Unterschiede Mädchen - Jungen Jugendstudie Wandern 2006 Gymnasiasten: naturferner – Stadtkinder: Park ersetzt Wald natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

copyright rainer brämer 2009 Naturerlebnis copyright rainer brämer 2009

Natur Nebensache? Keine einzige Erinnerung an ein Naturerlebnis: Offene Frage JRN 2003 „Kannst Du Dich an ein eindrucksvolles Erlebnis in der Natur erinnern? Natur Nebensache? Keine einzige Erinnerung an ein Naturerlebnis: 42 % Jungen 47 % - Mädchen 35 % Nur 9% eindeutig negativ natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

Naturerlebnis-Elemente (JRN 2003 in % der Nennungen) Das prägt die Erinnerung: Naturerlebnis-Elemente (JRN 2003 in % der Nennungen) Landschaft 27 davon Wald 11, Wasser 8 Wetter 16 davon schönes Wetter 6 Tiere 14 davon Felltiere 5 Pflanzen 9 davon Bäume 4 Bewegung 16 davon Spazieren, Wandern 8 Events 12 davon Zelten 6 Ruhe, Erholung 3 Familie, Freunde 2 Kleine Sensationen im alltäglichen Umfeld Kaum Exotik, kaum Pädagogik natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

Natur langweilig? Ähnlich: Keine Erinnerung an ein angenehmes unangenehmes Naturerlebnis 36 % 58 % Walderlebnis 43 % 59 % (Keine nennenswerten Unterschiede nach Alter, Geschlecht, Stadt-Land, Zeit am Computer, Umweltengagement) Jugendreport Natur 1997 Unan-genehmes nicht erlebt oder eher vergessen? Natur langweilig? natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

Natur allein ist nicht genug Das mache ich gern: 2010 2003 Beim Spazieren Musik hören 54 % 36 % Im Wald Mountainbiken: 53 % Geburtstag in der Natur feiern 35 % Das stört mich beim Wandern Handyverbot 46% natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

copyright rainer brämer 2009 Erlebnispsychologie copyright rainer brämer 2009

Was macht Natur zum Erlebnis? 1. Schöne Landschaft, Naturgenuss Geborgenheit, Sicherheit, Heimat 2. Landschaft, die neugierig macht Entdeckerdrang, Magie der Ferne, Abenteuer Hintergrund: Evolutionspsychologie Wo sich unsere Vorfahren sicher gefühlt haben, fühlen wir uns immer noch wohl natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

Überlebensfreundliches Biotop Stressentlastendes Psychotop Schöne Landschaft nach Ausweis zahlreicher empirischer Studien viel Natur, wenig Zivilisation offene Landschaft, große Räume, weite Sicht sanftes Relief, weicher Boden klare, geschwungene Konturen naturnahe Gewässer natürliche Stille, frische Luft Abwechslungsreichtum Vormals: Überlebensfreundliches Biotop Heute: Stressentlastendes Psychotop natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

Noch reizt das Abenteuer Das mache ich gern Unbekannte Landschaften entdecken 74 % Quer durch den Wald gehen 56 % Hier lauert noch mehr Noch nie im Wald verirrt 64 % Studentische Laborstudie über Eltern: „Ich würde mein Kind allein im Wald spielen lassen“ ja 10% natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

Schönheit vor Abenteuer Selbst bei jungen Menschen geht Schönheit vor Abenteuer Besonders wichtige Gründe, in die Natur hinauszugehen Rang 1: Schöne Landschaft genießen 81 % Rang 7: Unbekannte Regionen entdecken 49 % Rang 12: Abenteuer erleben 29% 1281 Studierende 2007 natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

Bildschirm contra Natur Jugendliche Naturkontakte Fiktionale Abenteuerlieferanten TV, Smartphone, Web: Bildschirm contra Natur Jugendliche Naturkontakte ohne / mit eigenem TV bzw. PC (%) Mehrmals wöchentlich im Wald 38 > 24 in freier Flur 77 > 65 (Jugendreport Natur 2006) natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

copyright rainer brämer 2010 Einfach nur Natur copyright rainer brämer 2010

Trost und Chance? Jeder Mensch hat ein Recht auf freien Zugang zur Natur: 85% natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

als Schlüssel zur Natur Walderfahrung als Schlüssel zur Natur JRN 2010 Häufige Waldbesucher**: Generell + stärkerer Erlebnis- und Bewegungsdrang + mehr Natursympathien und Naturerfahrung + mehr Erfahrung und Neigung zur Arbeit in der Natur + in der Schule mehr über Natur gelernt - deutlich weniger Medienutzung und Konsumorientierung Elterntraum ** im Vergleich zu seltenen Waldbesuchern natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

Walderfahrung macht natursensibel JRN 2010 Häufige Waldbesucher: + betonen mehr die Liebe zur Natur + gestehen dem Wald mehr Ruhe zu + gehen rücksichtsvoller mit Natur um + engagieren sich mehr für Naturschutz Aber sie halten weniger vom Wegegebot und von Naturschutz durch Naturenthaltsamkeit natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

Sorry für die vielen Zahlen copyright rainer brämer 2009

copyright rainer brämer 2011 Was tun? copyright rainer brämer 2011

Subjektivistische Naturerfahrung als Eigenwert Mehr Raum und Bewegungsfreiheit in der Natur Naturerfahrung auch ohne umwelterzieherische Absicht Mehr authentische Natur statt Naturwissenschaft in der Schule Förderung Naturverstand und Naturgefühl Erfahrung der eigenen Natur Deregulierung HInterfragen: Naturbegriff ohne Mensch, Naturverklärung, Wildnismythos natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

natursoziologie.de rainer brämer 11/2012 Nicht mehr als ein Anfang: Mehr Natur in den Alltag Naturkindergärten Naturtage in Ganztagsschulen Mehr freie außerschulische Naturangebote Schulgärten Jugendwaldheime Jugendbauernhöfe natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

Optimaler Start ins Leben Belegt durch empirische Studien: Beispiel Naturkindergarten: Optimaler Start ins Leben Belegt durch empirische Studien: Naturkinder verfügen über eine bessere Gesundheit (60% weniger Krankheitstage) eine bessere Grobmotorik (z.B. Gleichgewicht, Koordination, Schnelligkeit) bessere sprachliche Fähigkeiten eine bessere Konzentrationsfähigkeit eine höhere Kreativität (Zahl und Vielfalt von Problemlösungen) entwickeltere soziale Kompetenzen (Aggressivität↓, Konfliktlösung↑) eine stärkere Motivation und Ausdauer beim schulischen Lernen Fjortoft 1996, Grahn u.a. 1997, Häfner 2002, Kiener 2003, Lettieri 2004 Mädchen profitieren genauso wie Jungen natursoziologie.de rainer brämer 11/2012

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