Aufgaben des Sachenrechts (1) Wir wissen bereits: Sachenrecht = Recht der Sachgüter(zu)ordnung ... es dient der Klarheit & Erkennbarkeit der Rechte an Sachen Die gesellschaftlich wichtige Sachgüterzuordnung wird durch die Sachenrechtsprinzipien unterstützt Die Sachgüterzuordnung erfolgt auf doppelte Weise: Faktisch/ tatsächlich: durch den Besitz Sach- und Rechtsbesitz Rechtmäßiger, redlicher, echter Besitz Rechtlich durch die dinglichen Sachenrechte Eigentum, Pfandrecht, Servituten etc Barta: Zivilrecht online
Aufgaben des Sachenrechts (2) Geschützt werden: Erworbener Besitz durch erlaubte Selbsthilfe: Besitzwehr und -kehr sowie gerichtlichen Besitzschutz: Besitzstörungsverfahren Die dinglichen Sachenrechte durch die petitorischen Klagen wie § 366 ABGB: eigentliche Eigentumsklage, rei vindicatio § 37 EO: Exszindierungs- oder Widerspruchsklage § 523, 2. Fall ABGB: Eigentumsfreiheitsklage, actio negatoria § 523 ABGB, 1. Fall; Servitutsklage, actio confessoria Barta: Zivilrecht online
SachR: Recht der Sachgüterzuordnung SachenR = Recht der konkreten Sach(güter)-zuordnung an Rechtssubjekte Dient der Klarheit & Erkennbarkeit, wem, welches (Sachen)Recht, in welchem Umfang zusteht! Die Sachenrechts-Prinzipien dienen diesem Ziel: Dingliche Wirkung unmittelbare Sachherrschaft = ‚an der Sache haftend‘ absolute Wirkung von ‚allen‘ zu respektieren, daher gegen ‚jedermann‘ durchsetzbar, weil von jedermann verletzbar Typenzwang Anzahl und Art der SachenRe vorgegeben Publizität Erkennbarkeit der Sachzuordnung; ET, besonders wichtig im PfandR und GB Priorität prior tempore potior iure Spezialität SachenRe nur an bestimmten Sachen und mit fixen Beträgen; objekt- u betragsbestimmt Barta: Zivilrecht online
Arten der Sachenrechte: Überblick § 308 ABGB: Aufzählung der dinglichen SachenRe Allein-ET (inkl ET auf Zeit) Mit-ET Eigentum als dingl VollR: §§ 353, 362 ABGB ideelles Mit-ET + W-ET Gesamt(hand)ET realgeteiltes ET Beschränkte dingliche Rechte PfandR + Zurückbehaltungs-/RetentionsR Dienstbarkeiten + Reallasten BauR Verbücherbare Re (§ 9 GBG):Vor- und WiederkaufsR (§ 1070), BestandR (§ 1095), Veräußerungs- und Belastungsverbot (§ 364 c ABGB) Barta: Zivilrecht online
Dingliches Vollrecht - Begrenzte dingliche Rechte Wichtig ist die Gegenüberstellung im SachenR zwischen: Dem Eigentum als dinglichem Vollrecht und Den begrenzten dinglichen Sachenrechten Was ist mit dinglichem Vollrecht gemeint? Gemeint ist damit, dass die rechtlichen Befugnisse eines Eigentümers nicht aufgezählt werden müssen, sondern alles umfassen, was rechtlich überhaupt zulässig ist! Barta: Zivilrecht online
Lehre von ‚Titel und Modus‘: § 380 ABGB Titel = Rechtsgrund, rechtlicher Erwerbungsgrund Römisches Recht: causa Modus = taugliche Erwerb(ung)sart zB: für Eigentumserwerb: §§ 426 ff ABGB (bewegliche Sachen) § 380 ABGB: „Ohne Titel und ohne rechtliche Erwerbungsart kann kein Eigentum erlangt werden.“ § 425 ABGB: „Der bloße Titel gibt noch kein Eigentum. Das Eigentum und alle dinglichen Rechte überhaupt können..., nur durch die rechtliche Übergabe und Übernahme erworben werden.“ Aber nicht nur der Eigentumserwerb folgt der Lehre von Titel und Modus, sondern der Erwerb aller dinglichen Rechte; also auch des PfandR (§§ 449 ff ) oder der Servituten (§§ 480 f ABGB) Beachte: Ist Modus eigenes dingliches Rechtsgeschäft? (heute streitig) - Unterscheidung zwischen: Verpflichtungs- (Rechtsänderung wird zugesagt) und Verfügungsgeschäft (Rechtsänderung wird bewirkt) Barta: Zivilrecht online
Sinn von Titel und Modus? Worin liegt der Zweck (dieser Lehre): Aufgabe des SachenR = Sachgüterzuordnung Dafür reicht Titelgeschäft nicht hin, zumal es keine Außenwirkung zeitigt Dies ist Aufgabe des Modus, der für die nötige Publizität/ Erkennbarkeit der SachenRe sorgen soll Konsequente Durchführung dieser Lehre beim Liegenschaftserwerb Grundbuch ! Bei beweglichen Sachen → Übergabe: §§ 426, 427, 428 ABGB – Problem Besitzkonstitut ! Barta: Zivilrecht online
Übergabsarten – Überblick: §§ 426 ff ABGB Für bewegliche Sachen § 426 ABGB: körperliche Übergabe § 427 ABGB: Übergabe durch Zeichen/symbolische Übergabe § 428 ABGB: Übergabe durch Erklärung 1.HalbS: Besitzkonstitut; Besitzauftragung/constitutum possesorium 2.HalbS: Übergabe kurzer Hand; Besitzauflassung/traditio brevi manu Praxis: Besitzanweisung § 429 ABGB: sog Versendungskauf - Eigentumserwerb: wann? Für unbewegliche Sachen (auch Bauwerke): § 431 ABGB Außerbücherliche/körperliche Besitz-Übertragung möglich: zB durch Betreten, Begehen, Einzäunen von Grundstücken, Übergabe von Haus-/Wohnungsschlüsseln Eigentum wird aber grundsätzlich nur durch bücherliche Übergabe (= Eintragung ins Grundbuch) erlangt; aber Ausnahmen : zB im Erbgang, bei Enteignung Barta: Zivilrecht online
Übergabe durch Erklärung: § 428 ABGB HalbS ABGB Besitzkonstitut bisheriger Besitzer wird Inhaber für Übernehmer constitutum possesorium Besitzauftrag § 428 2. HalbS ABGB Übergabe kurzer Hand bisheriger Inhaber wird Besitzer für Veräußerer traditio brevi manu; Besitzauflassung § 428 ABGB Praxis/Rspr 3. Fall: Besitzanweisung bisheriger Inhaber für Veräußerer wird Inhaber für Übernehmer Barta: Zivilrecht online
Besitzkonstitut: § 428 1. HalbS ABGB Synonyme: Besitzauftragung, constitutum possesorium Bisheriger (Sach)Besitzer (und ETü) wird zum bloßen (Sach)Inhaber: Besitzverhältnisse bleiben nach außen hin gleich ! zB:KaufV und idF LeihV ET-Übergabe durch Erklärung Käufer = zB Verleiher Verkäufer = zB Entlehner Barta: Zivilrecht online
Übergabe kurzer Hand: § 428, 2. HalbS ABGB Synonyme: Besitzauflassung, traditio brevi manu Bisheriger (Sach)Inhaber wird Besitzer (und idF ETü): zB: LeihV und idF KaufV Eigentumsübergabe durch Erklärung = real erfolgt hier keine körperliche Übergabe mehr Verleiher = zB späterer Verkäufer Entlehner = zB späterer Käufer Barta: Zivilrecht online
Barta: Zivilrecht online Besitzanweisung Nicht im Gesetz geregelter ‚dritter‘ Fall des § 428 ABGB; von Praxis entwickelt – Kommt aus dem ALR Import- geschäft VK KaufV zB Kauf von Südfrüchten K = Importeur K wird durch Anweisung von VK an L neuer Eigentümer und kann nun selber über die gekaufte Ware durch Anweisung verfügen Anweisung VerwahrungsV Barta: Zivilrecht online Lagerhaus
Rechtsgeschäftliche Übertragung von Rechtspositionen bewegliche: Übergabsformen der §§ 426 ff Bei Sachen unbewegliche: Eintragung ins GB Ausnahme: §§ 434, 435 ABGB Bei Forderungen und Rechten: Zession Bei Orderpapieren (zB Wechsel): Indossament Bei Schulden/Pflichten: Schuldübernahme Übertragung von Rechten und Pflichten Vertragsübernahme; Zustimmung aller ! + AVRAG Daneben kennt unser PrivatR auch zahlreiche gesetzliche Übertragungsnormen für Rechte u Pflichten; zB §§ 1409 ABGB oder 12,13 MRG Barta: Zivilrecht online
Übergabsformen im Vergleich ET-Erwerb § 426 § 427 § 428 PfandR-Erwerb körperliche Übergabe = § 451 ABGB symbolische Übergabe = § 452 ABGB = Übergabe durch Erklärung entsprechende Bestimmung fehlt im PfandR Besitzkonstitut Übergabe kurzer Hand Besitzanweisung Rspr: Besitzkonstitut im PfandR nicht zulässig: Faustpfandprinzip ! Barta: Zivilrecht online Merke: Publizitätsgedanke wird im Pfandrecht strenger gehandhabt
Zur Entstehung des Eigentums ET ist das dingliche Vollrecht an einer Sache ET bedeutet begrifflich die vollständige rechtliche Herrschaft einer Person über eine Sache oder einen (Sach)Teil Wenn wir heute von ET sprechen, meinen wir IndividualET → diese ET-Form ist aber wesentlich jünger, als das FamilienET Das GemeinschaftsET ist demnach viel älter als das IndividualET → Entwicklungsverlauf: KollektivET , FamilienET → IndividualET IndividualET hat sich zuerst an Fahrnis entwickelt individuelles LiegenschaftsET ist wiederum jünger als FahrnisET (und setzt überdies das Sesshaftwerden des Menschen voraus); LiegenschaftsET war lange FamilienET! Barta: Zivilrecht online
RO schützt Eigentum umfassend VölkerR Verfassungs- und VerwaltungsR StrafR ÖffentlR: Notwehr: §§ 19, 344 ABGB; § 3 StGB ET-Entziehungsklage: §§ 366 ff ABGB ET-Freiheitsklage: § 523 2. Fall ABGB Immissionsschutzklage: §§ 364 ff ABGB Publizianische Klage: §§ 372 ff ABGB Besitzstörungs-/-entziehungsklage Exszindierungsklage: § 37 EO Aussonderungsklagen: KO, AO Löschungsklage: §§ 61 ff GB ET-Klagen PrivatR: spezielle Klagen Schuldrechtliche und deliktische Klagen: zB Räumungsklage aus MietV Barta: Zivilrecht online
Schranken des (Privat)Eigentums Einschränkung der §§ 354 und 362 ABGB durch § 364 Abs 1 ABGB „Rechte eines Dritten“ „öffentliches Wohl“ Im Privatrecht: zB privates Nachbarrecht Im öffentlichen Recht: zB Enteignung; Flächenwidmung Durch subjektive öffentliche Rechte: öffentlicher Nachbarschutz, zB Bauordnungen Schranken nach oben und unten: zB durch BauOn, Luftfahrt, Starkstromleitungen, BergR Seitliche Schranken: Immissionen; §§ 364 Abs 2, 364a, 364b GrenzT, NotwegeR, BauO Barta: Zivilrecht online
Barta: Zivilrecht online Grundverkehr Landwirtschaftlich genutzter Grund kann nicht frei (ver)kauft werden - gesetzliche Beschränkungen Rechtssprichwort: > Bauernland gehört in Bauernhand < Landwirtschaftlich genutzte Grundstücke (aber auch Baugrundstücke) unterliegen, unabhängig von ihrer Eintragung im Flächenwidmungsplan, dem jeweiligen LandesgrundverkehrsG: Bei Verkauf oder Schenkung bedarf der Vertrag der Bewilligung der Grundverkehrsbehörde Diese prüft Vertrag, um Wirtschaftlichkeit zu erhalten und Spekulation zu verhindern Die Landesgrundverkehrsbehörde besteht in Tirol aus: 1 Vorsitzender, 1 Richter, 1 RA, 1 Notar, jeweils 1 Vertreter der Arbeiter-, Landwirtschafts- und Wirtschaftskammer, 1 Beamter der Landesregierung, jeweils 1 Beamter des höheren Agrar- und Forstdienstes Geprüft wird, ob das Grundstück auch weiterhin landwirtschaftlich genutzt wird. Barta: Zivilrecht online
Barta: Zivilrecht online Enteignung: § 365 ABGB (1) Eigentumsschutz durch Art 5 StGG 1867: "Das Eigentum ist unverletzlich. ... Enteignung nur in den Fällen und in der Art ... welche das Gesetz bestimmt." Unterscheide: formelle Enteignung = (rechts)förmlicher Entzug zB des Eigentums materielle Enteignung = Eigentum bleibt zwar "formal" bestehen, jedoch weitgehende inhaltliche (= "materielle") Aushöhlung; zB durch öffentlichrechtliche Beschränkungen einer Liegenschaft, wie Bauverbot Zwecke: zB für Eisenbahn-, Kraftwerks- oder Straßenbau etc - Nicht nur Entzug des Eigentums; auch anderer dinglicher und obligatorischer Rechte Barta: Zivilrecht online
Barta: Zivilrecht online Enteignung: § 365 ABGB (2) „Wenn es das allgemeine Beste [= öffentliches Interesse/Gemeinwohl] erheischt, muß ein Mitglied des Staates gegen eine angemessene Schadloshaltung selbst das vollständige Eigentum einer Sache abtreten.“ Barta: Zivilrecht online
Privates NachbarR: §§ 364 Abs 2 ff ABGB Tb-Voraussetzungen: Unmittelbare Zuleitung ist „unter allen Umständen unzulässig“ RF: Klage auf Unterlassung, Beseitigung, Wiederherstellung Schadenersatz nur bei Verschulden § 364 Abs 2 Satz 2 Immissionen = mittelbare Einwirkungen, wie Abwässer, Rauch, Gase, Wärme, Gerüche, Geräusche, Erschütterungen, Strahlung ... ... Ortsüblichkeit überschritten ... ortsübliche Benutzung des Nachbargrundstücks wesentlich beeinträchtigt Unterlassung, Beseitigung, Wiederherstellung Schadenersatz nur bei Verschulden § 364 Abs 2 Satz 1 Barta: Zivilrecht online
§§ 364 a und b ABGB: Nachbarrecht Tb - Voraussetzungen: Immissionen aus (individuell) behördlich genehmigter Anlage ... RF: Klage auf Ausgleichsanspruch ohne Verschulden - aber kein Unterlas-sungsanspruch ! § 364 a Unterlassung, Beseitigung, Wiederherstellung Schadenersatz bei Verschulden Abgrabung/ Vertiefung § 364 b Barta: Zivilrecht online