Umsetzung der UNBRK und des Behindertengleichstellungsrechtes

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 Präsentation transkript:

Umsetzung der UNBRK und des Behindertengleichstellungsrechtes Dr. Erwin Buchinger Anwalt für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderung Umsetzung der UNBRK und des Behindertengleichstellungsrechtes Erfahrungsbericht der Behindertenanwaltschaft Vorstandssitzung ÖGLB Wien, 13.4.2013

Inhalt Vorstellung der Behindertenanwaltschaft Die Umsetzung der UNBRK nach fünf Jahren (aus Sicht der Behindertenanwaltschaft -BA) Erfahrungen aus Schlichtungen und Klagen Umsetzung von UNBRK und BGStG

Behindertenanwalt ist weisungsfrei und unabhängig Beratung und Unterstützung bei Diskriminierung Sprechstunden und Sprechtage Etwa 1000 Beschwerdefälle im Jahr (Schwerpunkte Arbeit, Bildung, Barrierefreiheit) Haupttätigkeit in Form von Interventionen und Schlichtungen weiters Berichte, Untersuchungen, Empfehlungen Mitglied im Bundesbehindertenbeirat Jährlicher Tätigkeitsbericht an Sozialminister Büro mit 5 MitarbeiterInnen Behindertenanwalt ist weisungsfrei und unabhängig Umsetzung von UNBRK und BGStG

Wieviele Menschen leben mit Behinderungen? Weltweit ca.15% der Weltbevölkerung (WHO 2011) in Österreich ca 1,7 Millionen – 20% der Bevölkerung: - 1 Mio mit Mobilitätseinschränkungen (50 t benützen Rollstuhl) - 0,3 Mio mit starker Sehbeeinträchtigung - 0,2 Mio mit psychischen/neurologischen Beeinträchtigungen - 0,2 Mio mit starker Hörbeeinträchtigung - 0,1 Mio mit Lernschwierigkeiten Umsetzung von UNBRK und BGStG

BGStG und UNBRK als Weg zur Inklusion 2006: Behindertengleichstellungspaket 2007: Unterzeichnung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (in Kraft getreten 26.10.2008) 2010: Erster Staatenbericht zur UN-Konvention 2011: Entwurf eines Nationalen Aktionsplans für Menschen mit Behinderungen (2011 bis 2020) in Abstimmung mit EU-Disability Action Plan Juni/Juli 2012: Beschluss des Nationalen Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Konvention Umsetzung von UNBRK und BGStG

BGStG und UNBRK: ein Paradigmenwechsel Behinderung entsteht aus der Wechselwirkung zwischen Menschen mit Beeinträchtigungen und einstellungs- und umweltbedingten Barrieren Menschen mit Behinderungen sind aktive Teilnehmer der Gesellschaft mit gleichen Teilhaberechten und Pflichten wie alle anderen Menschen auch Sie sind nicht bloße Empfänger von Sozialleistungen und Schutzbestimmungen (diese braucht es freilich vorerst weiter) Dazu muss sich die Gesellschaft umfassend ändern, vor allem die Einstellung der Menschen, aber auch die Politik auf allen Ebenen Umsetzung von UNBRK und BGStG

Wozu hat sich Österreich verpflichtet? (UNBRK Art. 4 und 5) Alle diskriminierenden Gesetze, Gepflogenheiten etc. aufzuheben Seine verfügbaren Mittel auszuschöpfen, um nach und nach die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte von MmB zu erreichen Beim Ausarbeitung von Gesetzen, Vorhaben und Entscheidun-gen, die MmB betreffen, diese (bzw. die sie vertretenden Organisationen) aktiv mit einzubeziehen Die UN-Konvention gilt nicht nur für den Bund sondern ohne Einschränkung auch für die Länder und Gemeinden Alle geeigneten Schritte zu unternehmen, um die Bereitstellung angemessener Vorkehrungen gegen Diskriminierung zu gewährleisten Umsetzung von UNBRK und BGStG

Anforderungen der UN-Konvention -punktuell Gleiche Anerkennung vor dem Recht „…Zugang zu der Unterstützung, die Menschen mit Behinderungen bei der Ausübung der Rechts- und Handlungsfähigkeit gegebenenfalls benötigen.“ Bildung „..gewährleisten die Vertragsstaaten ein integratives/inklusives Bildungssystem auf allen Ebenen…“ Arbeitsmarkt „…Arbeit in einem offenen, integrativen/inklusiven und für Menschen mit Behinderungen zugänglichen Arbeitsmarkt und Arbeitsumfeld“ Umsetzung von UNBRK und BGStG 8 8

Anforderungen der UN-Konvention -punktuell Barrierefreiheit/Zugänglichkeit (Accessibility) „…gleichberechtiger Zugang zur physischen Umwelt, zu Transportmitteln, Information und Kommunikation (…) sowie zu anderen Einrichtungen und Diensten, die der Öffentlichkeit (…) offenstehen oder für sie bereitgestellt werden; die Vertragsstaaten treffen außerdem geeignete Maßnahmen, um Mindeststandards und Leitlinien für die Zugänglichkeit (…) zu erlassen, (…) professionelle GebärdensprachdolmetscherInnen zur Verfügung zu stellen Arbeitsassistenz… Zugang zu (…) der Persönlichen Assistenz Achtung der Familie “...die Vertragsstaaten unterstützen Menschen mit Behinderungen in angemessener Weise bei der Wahrnehmung ihrerelterlichen Verantwortung. ...in keinem Fall darf das Kind aufgrund einer Behinderung entweder des Kindes oder eines oder beider Eltnteile von den Eltern getrennt werden” Umsetzung von UNBRK und BGStG 9 9

Aktuelle Erfahrungen mit der Umsetzung der UNBRK – punktuell I Gleiche Anerkennung vor dem Recht fast 60.000Personen unter Sachwalterschaft, 55% umfassend; soll reformiert werden – Umfang unklar, Pilotprojekt soll heuer starten Bildung Rechtsanspruch auf inklusive Bildung zwar teilweise gesetzlich verankert, jedoch zahlreiche Umsetzungshindernisse - große Lücke zur Gleichstellung Arbeitsmarkt kaum Zugang für Personen mit Arbeitsfähigkeit von weniger als 50 v.H.-; deutlich höhere Arbeitslosigkeit bei Menschen mit Behinderung - große Lücke zur Gleichstellung Umsetzung von UNBRK und BGStG 10 10

Aktuelle Erfahrungen mit der Umsetzung der UNBRK – punktuell II Barrierefreiheit/Zugänglichkeit (Accessibility) nur z.T. umgesetzt in einer Vielzahl von tw. unbefriedigenden Einzelgesetzen; Art. 15a Vereinbarung von 2 Bundesländern nicht umgesetzt; Schadenersatzansprüche als einziger Rechtsschutz Arbeitsassistenz und persönliche Assistenz neben Pflegegeld das wohl wichtigste Instrument für ein selbstbestimmtes Leben; viel zu enger BezieherInnenkreis und völlig unterschiedliche Regelungen auf Länderebene Familie behinderten Eltern/Müttern wird rasch die Obsorge für Kind entzogen, oft ohne vorher ausreichend Unterstützungsmöglichkeiten zu prüfen Umsetzung von UNBRK und BGStG 11 11

Herausforderungen aus Sicht der BA Kenntnis der UN-Konvention (und des Grundsatzes der Inklusion) noch nicht ausreichend gegeben Inklusion erfordert holistischen (umfassenden) Ansatz Inklusion erfordert grundlegende Haltungs- und Strukturänderungen – Gestaltung durch Betroffene selbst! Inklusion erfordert zusätzliche Budgetmittel , kein Sparprogramm Ökonomistischer Leistungbegriff erschwert Würdigung anderer Beiträge Inklusive Gesellschaft ist per se solidarische Gesellschaft –Widerspruch zur gesellschaftlichen Wirklichkeit Inklusion als Prozess einer schrittweisen Annäherung !? Vorbild: Gleichstellung der Geschlechter Umsetzung von UNBRK und BGStG 12 12

Wird der NAP Behinderung diesen Herausforderungen gerecht? Ist ein NAP des Bundes – Länder nicht umfasst Wurde auf Ressortebene erarbeitet – keine interministeriellen Vorhaben Projekte sind dem Grundsatz der kurzfristigen politischen Umsetzbarkeit unterworden – kein konsistenter Zusammenhang zwischen Ziel/Strategien und Maßnahmen Messbarkeit und Controlling sind unterentwickelt Mitwirkung/Einbindung der Betroffenen teilweise unklar Genereller Budget-/Finanzierungsvorbehalt – keine zusätzlichen Mittel Bedeutende Verschlechterungen gegenüber Entwurffassung Umsetzung von UNBRK und BGStG 13 13

Praxis der Rechtsdurchsetzung des BGStG (2006 bis 30.6.2012) I Schlichtungsverfahren (Bund) Insgesamt 1082, davon je ~50% BGStG und BEinstG Darunter wegen Barrieren ca. 25% bzw. 50% im BGStG 58% Einigung, 32% ohne E., 10% Antragsrücknahme Gerichtsverfahren: ca. 15-20 (2 höchstgerichtliche E.) Verbandsklage: keine; zuletzt Erweiterung im VVÄG Umsetzung von UNBRK und BGStG

Praxis der Rechtsdurchsetzung 2006-2012 (abgeschlossen bis 30. 6 Praxis der Rechtsdurchsetzung 2006-2012 (abgeschlossen bis 30.6.2012) II Schlichtungsverfahren (Bund): Barrieren nach Art Umsetzung von UNBRK und BGStG

Ergebnisse der Evaluierung des Gleichstellungspaketes im Jahre 2011 Kritik, dass Regelungen nur im Rahmen der Bundeskompetenz Kritik an fehlendem Beseitungs- und Unterlassungsanspruch Sehr positive Beurteilung des Schlichtungsverfahrens durch ALLE Beteiligten Verbandsklage unwirksam Positive Beurteilung des Behindertenanwaltes aber Wunsch nach zusätzlichen Kompetenzen Umsetzung von UNBRK und BGStG