Aktuelle Herausforderungen für die europäische Geldpolitik

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
 ZIEL Infoblatt Indikatoren Schwerpunkt WIRAM
Advertisements

Notizen Prof. Dr. Karlheinz Ruckriegel
Aufregung in Euroland.
Die EZB Stand 2. April 2013 Stephan Lindner
Einflussmöglichkeiten der EZB auf die Konjunktur
Die Schuldenkrise der EWU
Die Schuldenkrise der EWU 2010
Woher kommt das Geld? KinderUni-Vorlesung am
Derivate im Kreditmarkt
Manfred Wahl Heidelberger Investoren Runde 6.August 2008.
Österreichische Vertretung der Europäischen Kommission
ver.di Bundesvorstand Bereich Wirtschaftspolitik
Centrum für angewandte Wirtschaftsforschung der Universität Münster
Aufgabe und Rolle der beruflichen Weiterbildung in Krisenzeiten Bamberg 24. September 2009.
Leitzinsen Leitzinsen geben die Bedingungen an, zu denen sich Kreditinstitute bei Noten- und Zentralbanken mit Geld versorgen. Die Noten- und Zentralbanken.
Bayerischer Wirtschaftsphilologentag 2009 in Passau
Modul 10: Die Krise des Euro
Geldpolitik in Europa - EZB und EWWU
Die europäische Schienen- und Trassenpolitik aus Sicht der ETF Sabine Trier, ETF, Berlin, 23. März 2006.
F FnFn z 9. Operational Targets Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff Universität Passau SS 2012.
i IS LM + Z - Y Monetäre Außenwirtschaft
Die Ursachen der makroökonomischen Ungleichgewichte in der Eurozone und die wirtschaftspolitischen Konsequenzen Referat zur Tagung der Akademie für Politische.
Ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München Fiskalunion: Illusion der Zentralisten? Prof. Dr. Kai Carstensen ifo.
Aktuelle Herausforderungen an den Kapitalmärkten
Fiskalunion – Illusion der Zentralisten?
Wer – Was – Wann .. Tun? Aufbauend auf ..\..\no\wirtschaft.pptx
ARTEN VON WIRTSCHAFTSPOLITIK
Vorlesung: Wie erfolgreich ist die Politik? Die deutsche Bilanz im internationalen Vergleich Bilanz der Haushaltspolitik.
Bereiche der Wirtschaftspolitik
Arnold, Bachelor-Studienphase-2-Info1 Schwerpunktmodul Finanzmärkte Bachelor Studienphase 2 Phase-2-Info
Schaubilder zur aktuellen Situation in der EWU
Finanzplanung Zum Film Fragen und Antworten
Marktausblick aufs zweite Halbjahr 2011 VTAD-München 13. Juli 2011 Clemens Max.
Diskussion von Harald Badinger: Die Auswirkungen des Euro auf den Außenhandel der EU und Österreichs 4. FIW-Vorlesung Wien, April 16, 2012 Doris Ritzberger-Grünwald.
Krise – Wer bezahlt die Rechnung?
News Aktuelles aus Politik, Wirtschaft und Recht10/2008 © Verlag Fuchs AG Finanzkrise 1.Weshalb müssen der Bund, die SNB (Schweizerische Nationalbank)
News Aktuelles aus Politik, Wirtschaft und Recht03/2009 © Verlag Fuchs AG Nationalbank 1.Welche Prognose stellt die Nationalbank für die Schweizer Wirtschaft?
Europa am Scheideweg Wege aus der Krise Dr
Ideologie und Wirklichkeit Von der Finanzarktkrise zur Schuldenkrise
Unser Know-How PDF der Bank JS-Datei Anreichern der Daten: Persistierung (Historisierung, Fortschreiben) Pflegetool-Daten Animationen... Mobile Anwendung.
Der Arbeitsmarkt von morgen Dr. Ulrich Schuh EcoAustria Institut für Wirtschaftsforschung 4. PersonalentwicklerInnentagung 18. Oktober 2012.
European Conference EUROPE: 20 Years in Transition Univ.-Prof. Dr Ewald Nowotny Gouverneur Oesterreichische Nationalbank.
Was sind Fonds? Fonds stellen eine Form der Geldanlage dar. Eine wesentliche Rolle spielt bei der Investition das Prinzip der Risikostreuung und Mischung.
Nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik
Wdhlg. AVWL 2: Das Mundell-Fleming Modell
EWS II EWS II.
Wer rettet den EURO?.
Chronik der Finanzkrise
Das Eurosystem.
Währungspolitik in Österreich
Gesellschaftliche Bedarfe und ihre Finanzierung DL21 Herbsttagung Dr. Dierk Hirschel Bereichsleiter Wirtschaftspolitik Verdi-Bundesverwaltung.
Euro-Mindestkurs Beitrag 1 Beitrag 2 Beitrag 3 Beitrag 4
Arnold, Bachelor-Studienphase-2-Info1 Schwerpunktmodul „Finanzmärkte“ Bachelor Studienphase 2 Phase-2-Info
Geldpolitik in Europa - EZB und EWWU
Geldpolitische Instrumente
Die Erde.
EZB und Geldpolitik des Eurosystems
Aktienoptionen als Lösung des Prinzipal-Agenten-Problems? Thema 2.1: Aktienoptionen als materieller Leistungsanreiz Vortrag 2: Patrick Struck.
Ungedeckte Zinsparität Betrachten Sie zwei Währungsräume: EU und Japan Nomineller Wechselkurs: Zinsen für festverzinsliche Wertpapier mit einjähriger Restlauf-
© RAINER MAURER, Pforzheim Prof. Dr. Rainer Maure Die Schuldenkrise der EWU 2010.
Anleihe Derya Özkan.
Geldpolitik in Europa - EZB und EWWU
DGB Rostock -Schwerin Betriebs- und Personalrätekonferenz am 12. April 2010 Wirtschafts- und Finanzpolitik zur Krise des Euro: Krise ohne Ende? Prof. Dr.
Rostock, 16. Juni 2011 Europa neu justieren - Wachstum fördern, Beschäftigung sichern, Europe stabilisieren- DGB Region Rostock-Schwerin, Betriebs- und.
Deutsche Bundesbank Die Organisation der DBBK (Aufbau/Organe sowie deren Aufgaben und Funktionen)
Gas Geld in der Volkswirtschaft Quelle: Eckart D. Stratenschulte: Wirtschaft in Deutschland, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2006.
SPEZIALISIERUNG: GELD- UND KONJUNKTUR Dr. Elisabeth Springler.
Wie funktioniert das eigentlich mit den Staatsanleihen?
Gothaer Studie zum Anlageverhalten der Deutschen
 Präsentation transkript:

Aktuelle Herausforderungen für die europäische Geldpolitik Vortrag i. R. eines Forums bei der Wirtschaftsphilologentagung „Menschen und Märkte“ am 2. Oktober 2015 an der Universität Passau Joachim Prasch, Hauptverwaltung in Bayern, Stab des Präsidenten

Wo stehen wir in der Krise? Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München 2. Oktober 2015

Zinsdifferenzen am EWU-Kapitalmarkt Spreads ausgewählter EWU-Staaten gegenüber 10-jähriger Bundesanleihe in Basispunkten Tageswerte 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Quelle: Deutsche Bundesbank Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München 2. Oktober 2015

Eine Aussage im Sommer 2012 und ihre Auswirkungen „Die EZB wird alles Notwendige tun, um den Euro zu erhalten. Und glauben Sie mir, es wird ausreichen.“ (EZB-Präsident Mario Draghi am 26. Juli 2012) Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München 2. Oktober 2015

Rolle der Geldpolitik in der Krise Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München 2. Oktober 2015

„My ambition is for monetary policy to be boring“ Quelle: Bank of England „My ambition is for monetary policy to be boring“ Mervyn King, ehemaliger Governor der Bank of England Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München 2. Oktober 2015

Geldpolitische Maßnahmen des Eurosystems seit 2007 Deutliche Leitzinssenkungen Zinspolitik Negativer Einlagenzins Liquiditäts- politik Bereitstellung von Liquidität (auch längerfristig) Vollzuteilungspolitik Ausweitung des Sicherheitenrahmens Ankauf von Wertpapieren (Staatsanleihen, gedeckte Schuldverschreibungen und Kreditverbriefungen) Gewährung von Notfallkrediten (ELA) durch nationale Zentralbanken Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München 2. Oktober 2015

Bewertung der Maßnahmen des Eurosystems Ankauf von Staatsanleihen Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München 2. Oktober 2015

Der QE-Beschluss des EZB-Rats vom 22. Januar 2015 Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München 2. Oktober 2015

Der QE-Beschluss des EZB-Rats vom 22. Januar 2015 EZB-Rat beschließt, beginnend ab März 2015 Wertpapiere im Umfang von 60 Mrd € pro Monat anzukaufen ■ Die Ankäufe laufen bis mindestens Sept. 2016 bzw. bis eine nachhaltige Übereinstimmung des Inflationspfades mit dem 2%-Ziel gesehen wird ■ Angekauft werden überwiegend Staatsanleihen, daneben Covered Bonds (Pfandbriefe) und ABS-Papiere ■ Aufteilung der Anleihekäufe richtet sich nach dem Kapitalanteil der Länder im Eurosystem; nationale Notenbanken kaufen nur Papiere des eigenen Landes ■ Käufe finden am Sekundärmarkt statt und unterliegen einer Maximalgrenze von 33% pro Emittent und pro einzelner Emission Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München 2. Oktober 2015

Bewertung des QE-Beschlusses aus Sicht der Deutschen Bundesbank ■ In Gesamteinschätzung QE grundsätzlich anders zu bewerten als vorange- gangene Ankaufsprogramme für Staatsanleihen (SMP, OMT), da geldpolitisch motiviert ■ Aus Sicht der Bundesbank QE-Programm nicht nötig, da Gefahr einer deflatio- nären Abwärtsspirale im Euroraum sehr gering ■ Zudem: Staatsanleiheankäufe in der Währungsunion kein Instrument wie jedes andere, Hürden sollten besonders hoch sein („Ultima Ratio-Instrument“) ● Vergemeinschaftung von Haftungsrisiken über die Notenbankbilanz ● Verquickung von Geld- und Fiskalpolitik ● Gefahr der Untätigkeit der Politik („Geldpolitik steht bereit“) Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München 2. Oktober 2015

Aktuelle Inflationsentwicklung im Euroraum HVPI, Kerninflation und Ölpreisentwicklung Quelle: Eurostat Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München 2. Oktober 2015

Abwägen von Gefahren des QE-Programms gegen Risiken einer zu lange zu niedrigen Inflation Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München 2. Oktober 2015

Einige Gedanken zum Niedrigzinsumfeld Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München 2. Oktober 2015

Bewertung des Niedrigzinsumfelds (1) Diskussion über Wirkung niedriger Zinsen wird mitunter sehr emotional geführt („Der deutsche Sparer wird enteignet“). Bürger nicht nur Sparer, sondern auch Kreditnehmer, Arbeitnehmer, Aktionär etc. Hier profitiert er von günstigen Zinsen. ■ Aufgabe des Eurosystems ist, Geldwert stabil zu halten, nicht bestimmte Verzinsung zu garantieren => derzeit rechtfertigt schwieriges Preisumfeld eine sehr expansive Geldpolitik Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München 2. Oktober 2015

Reale Verzinsung aktuell zwar niedrig, im historischen Kontext allerdings nicht einmalig Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München 2. Oktober 2015

Bewertung des Niedrigzinsumfelds (2) Aber: Niedrigzinspolitik auf Dauer mit Risiken verbunden - auf Dauer sehr niedriger Zins schädlich für Sparkultur hierzulande - Niedrige Zinsen können – zusammen mit der reichlichen Liquiditäts- ausstattung – zu erneuten Ungleichgewichten an den Finanz- und Vermögensmärkten führen - auf Dauer ein Problem für Banken und Versicherungen (Stichworte: Margendruck, Zinsänderungsrisiko, Garantiezins) ■ Daher: Niedrigzinsumfeld darf kein „Dauertherapeutikum“ sein. EZB-Rat muss seinen geldpolitischen Kurs neu ausrichten, sobald Voraussetzungen für derzeitiges Niedrigzinsumfeld nicht mehr gegeben sind! Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München 2. Oktober 2015

Wie kann die Krise nachhaltig überwunden werden? Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München 2. Oktober 2015

Wesentliche Ursachen der Krise Krise hat mehrere Ursachen; die wesentlichen sind: ■ „Hausgemachte“ Fehlentwicklungen in einzelnen Mitgliedstaaten: Unsolide Finanzpolitik und starker Verlust an Wettbewerbs- fähigkeit ■ Schwächen im Rahmenwerk der EWU: Haftung und Kontrolle müssen wieder in Einklang gebracht werden Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München 2. Oktober 2015

„Euro-Dividende“ von etlichen EWU-Ländern nicht sinnvoll genutzt Renditen zehnjähriger Staatsanleihen in den Euroländern Monatsdurchschnitte Quelle: Deutsche Bundesbank, Stand: August 2015 Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München 2. Oktober 2015

Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit in der EWU gemessen anhand der Lohnstückkosten (1999 =100) Quelle: OECD Economic Outlook Juni 2015 Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München 2. Oktober 2015

Fortschritte im Anpassungsprozess: Wirtschaftswachstum (2008Q1 = 100) Quelle: Eurostat Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München 2. Oktober 2015

Schwächen im Rahmenwerk der EWU Geldpolitik in EWU vergemeinschaftet Wirtschafts- und insbesondere Finanzpolitik aber nach wie vor auf nationaler Ebene „schiefe“ Anreizstrukturen; fördert Verschuldung einzelner Mitgliedstaaten zu Lasten der Gemeinschaft Problem sollte durch zwei Maßnahmen entschärft werden: - Stabilitäts- und Wachstumspakt: 2003 ausgehebelt - „No-Bail-Out“-Regel: in Krise verletzt Haftung und Kontrolle zunehmend nicht mehr im Einklang! Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München 2. Oktober 2015

Nachhaltigkeit der EWU nur mittels zweier Optionen zu erreichen Alternative Wege für das Eurosystem „Maastricht 2.0“ Rückkehr zum geltenden Ordnungsrahmen mit Härtung der entscheidenden Schwachstellen „Fiskalunion“ Übertragung fiskalpolitischer Kompetenzen auf die europäische Ebene Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München 2. Oktober 2015

Vielen Dank! Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München 2. Oktober 2015