Institutionen und Wandel moderner Gesellschaften

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 Präsentation transkript:

Institutionen und Wandel moderner Gesellschaften

PD Dr. Annegret Bolte, Sommersemester 2008 Themen Institutionen Sozialer Wandel und Modernisierung PD Dr. Annegret Bolte, Sommersemester 2008

PD Dr. Annegret Bolte, Sommersemester 2008 Institutionen Was ist eine Institution? Wie entstehen Institutionen und was leisten sie? Wie können Regeln durchgesetzt werden? Institutionen und sozialer Wandel PD Dr. Annegret Bolte, Sommersemester 2008

Definition von Institution Eine Institution ist ein Komplex von sozialen Regeln mit erwartetem Geltungsanspruch. Normen-, Rollen- und Statusbeziehungen von strategisch-struktureller Bedeutung für das Funktionieren des gesellschaftlichen Systems PD Dr. Annegret Bolte, Sommersemester 2008

Beispiele für Institutionen Familie / Ehe Bildungswesen Wirtschaft / Arbeit Organisationen Wissenschaft / Technologie Religion Gesundheitswesen Staatl. Institutionen (Polizei, Justiz…) PD Dr. Annegret Bolte, Sommersemester 2008

Leistungen von Institutionen Orientierungsfunktion Entlastung von Unsicherheit und Entscheidungsdruck für den einzelnen Ordnungsfunktion Absicherung der sozialen Ordnung PD Dr. Annegret Bolte, Sommersemester 2008

PD Dr. Annegret Bolte, Sommersemester 2008 Modernisierung Was heißt Modernisierung? Vier Dimensionen gesellschaftlicher Modernisierung: - Differenzierung - Rationalisierung - Individualisierung - Domestizierung/Naturbeherrschung PD Dr. Annegret Bolte, Sommersemester 2008

Familie als Institution - Überblick Funktionen der Familie Vorindustrielle Familienformen Die bürgerliche Familie: Intimisierung und Emotionalisierung Die Gattenfamilie als Ort der frühkindlichen Sozialisation Die soziale Rolle von Kindern in der Familie Ehe als Institution, nicht-eheliche Lebensgemeinschaften Familie und sozialer Wandel: Theorien, Erklärungsmodelle PD Dr. Annegret Bolte, Sommersemester 2008

Funktionen der Familie nach R. Nave-Herz in Joas (2001), S. 29 Befriedigung der Bedürfnisse nach Liebe und Geborgenheit Regulierung der Sexualität Selbstrekrutierung ihrer Mitglieder Schutz und Fürsorge Soziale Platzierung PD Dr. Annegret Bolte, Sommersemester 2008

Familie in der griechischen und römischen Antike oikos bzw. familia als Hausgenossenschaft Zentrale Aufgaben in Gerichtsbarkeit, Wirtschaft und Erziehung Unbeschränkte Rechte des pater familias Frauen: Erziehung der Kleinkinder Heiratsverbot für Sklaven PD Dr. Annegret Bolte, Sommersemester 2008

Familien des Mittelalters und der frühen Neuzeit Das „ganze Haus“ als romantische Vorstellung - abhängig von ökonomischen Voraussetzungen Hohes Heiratsalter Geringe Lebenserwartung PD Dr. Annegret Bolte, Sommersemester 2008

Familien mit Produktionsfunktion Landwirtschaft, Handwerk, Handel Betrieb als familiärer Mittelpunkt: Gesinde, Gesellen, Lehrlinge Hausvater Arbeitsteilung PD Dr. Annegret Bolte, Sommersemester 2008

Familien ohne Produktionsfunktion Untere Schichten, eigentumslos außerhäusliche Erwerbsarbeit: Lohnarbeit Hirten, Tagelöhner, Häuslinge, SennerInnen, Dienstboten, Bau, Transport, (Gerichts-)Diener, Türsteher, Wasch- und Nähfrauen, Küchenhilfen PD Dr. Annegret Bolte, Sommersemester 2008

Das Haus als öffentlicher Versammlungsraum Keine Trennung von Familien und familienfremden Personen Keine Intimität zwischen den Familienmitgliedern Mehrzweckräume (außer Küche) PD Dr. Annegret Bolte, Sommersemester 2008

PD Dr. Annegret Bolte, Sommersemester 2008 Prozesse der Intimisierung und Emotionalisierung in der bürgerlichen Familie ab dem 19. Jh. Neuer Wohnstil im Bürgertum: Trennung von Wohnung und Betrieb Trennung von hauswirtschaftlichen und erwerbswirtschaftlichen Tätigkeiten Räumliche Separierung im Haus Romantische Liebe PD Dr. Annegret Bolte, Sommersemester 2008

Die Gattenfamilie und Ort der frühkindlichen Sozialisation Kernfamilie mit Eltern und Kindern Kindheit als spezielle Lebensphase Alleinverantwortung der Eltern (Mutter) für frühkindliche Sozialisation Ergänzungstheorien der Geschlechter: der Mann als Haupt, die Frau als Seele der Familie Familie als System mit Spezialisierung auf emotionale Bedürfnislagen PD Dr. Annegret Bolte, Sommersemester 2008

Das bürgerliche Familienideal: Ideal und Wirklichkeit Wohnverhältnisse in der Arbeiterklasse Erwerbstätigkeit von Müttern und Kindern „golden age of marriage“ in 1950er/1960er Jahren PD Dr. Annegret Bolte, Sommersemester 2008

Die soziale Rolle des Kindes in der Familie bis ins 18./19. Jh. Kinder sind kleine Erwachsene Frühe Gewöhnung an Arbeit (ab 4 oder 5) Frühe Sorge für Lebensunterhalt Kinderarbeit im 19.Jh. in Heimindustrie, Fabriken, Berg- und Hüttenwerken Arbeitszeit bis zu 16 Stunden 1839: erste Beschäftigungsverbote für Kinder PD Dr. Annegret Bolte, Sommersemester 2008

Der „Nutzen“ von Kindern ökonomisch-utilitaristisch: Beitrag der Kinder zum Familienhaushalt psychologisch: Stärkung der innerfamiliären Beziehungen sozial-normativ: Statusgewinn PD Dr. Annegret Bolte, Sommersemester 2008

Funktionswandel von Kindern in der Familie Zusammenhang von Industrialisierungsgrad und materiellen sowie sozial-normativen Nutzen (Versicherung gegen Lebensrisiken) heute: Kinder „um ihrer selbst“, zur eigenen psychischen Bereicherung PD Dr. Annegret Bolte, Sommersemester 2008

PD Dr. Annegret Bolte, Sommersemester 2008 Gewalt in der Familie Körperliche Züchtigung als Bestandteil der öffentlichen Strafjustiz Kinder müssen „geformt“, „gebändigt“ werden Forderung nach anti-autoritärer Erziehung: Förderung und Unterstützung des Vorhandenen anstelle von Unterdrückung Aufgrund der „Spezialisierung“ der Familie auf Geborgenheit und emotionale Sicherheit wird Gewalt als umso schlimmer erfahren PD Dr. Annegret Bolte, Sommersemester 2008

PD Dr. Annegret Bolte, Sommersemester 2008 Ehe als Institution Ehe: von der Familienangelegenheit zur öffentlich-rechtlichen Formalisierung Hochzeit als rite de passage Emotionalisierung, Identitätsbildung und -erhaltung PD Dr. Annegret Bolte, Sommersemester 2008

Partnerschaft und egalitäre Beziehungsmuster als Ideal Gleichheit als zentrale Beziehungsnorm Haushaltstätigkeiten: normativer Wandel der Einstellungen Geburt von Kindern: Traditionalisierung der Paarbeziehung Eheliche Gewalt Ehescheidung/Trennung PD Dr. Annegret Bolte, Sommersemester 2008

Nicht-eheliche Lebensgemein-schaften: Unterschiede zur Ehe Geringere Erwartungen an Dauerhaftigkeit Kein ritueller Ablaufprozess und keine zwingenden Verknüpfungen: Liebeserklärung, Verlobung, Heirat, Familiengründung Erwartungen an Erwerbstätige: Mobilität, Flexibilität, psychische physische Arbeitskraftintensität PD Dr. Annegret Bolte, Sommersemester 2008

Familie und sozialer Wandel: Soziologische Theorien Gesellschaftliche Differenzierung Deinstitutionalisierung von Ehe und Familie Individualisierung PD Dr. Annegret Bolte, Sommersemester 2008