Deutsch-Österreichische Leitlinien zur antiretroviralen Therapie

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
FRAGEN ZU FALLBEISPIEL 2
Advertisements

REGIERUNGSPRÄSIDIUM STUTTGART
Sofortmaßnahmen This figure shows the proportions of patients with HIV-1 RNA
Pharmakologie der HAART im zentralen Nervensystem
CROI CROI 2009 im Überblick 8 Plenarsitzungen 10 Symposien 12 Themendiskussionen 967 Abstracts (1881 eingereicht)
„Schach dem Herzinfarkt“
Leitlinien oder Leidlinien – Welche Bedeutung hat die S3-Leitlinie Psychosoziale Therapien für uns? Prof. Dr. G. Längle Klinik für Psychiatrie und.
Themenschwerpunkte 1. Therapie-Start 2. Antiretrovirale Therapie 3. Begleiterkrankungen/Komplikationen 4. Prävention 5. Neue Substanzen.
Wirksamkeit und Sicherheit von Atazanavir/r OD versus Lopinavir/r BID bei therapienaiven HIV-1-infizierten Patienten CASTLE: 48-Wochen-Ergebnisse J.
Die ARTEN-Studie Ergebnisse
IAS-USA Leitlinien 2010: Wann beginnen? Asymptomatische InfektionEmpfehlung CD4-Zellen < 500/µl HAART beginnen CD4-Zellen > 500/µl sollte.
MOTIVATE 1 BENCHMRK-1 und -2: Phase-III-Studien mit dem Integrasehemmer Raltegravir (MK-0518) BENCHMRK: Blocking integrase in treatment Experienced patients.
Phase III Studie in der Primärtherapie bei Pat
MacroMed Inc. Sandy Utah, USA
Zeitlicher Ablauf einer HIV-Infektion von der Virusaufnahme bis zum Abschluss des ersten Vermehrungszyklus Aufnahme der Viren bis Einbau der.
HBV HCV HIV Erreger • DNA-Virus • RNA-Virus • RNA-Virus
Aktuelles zum Thema Schilddrüse - Update 2012
Radioaktive Strahlung
Studien zur Effektivität Bereich: affektive Störungen Vergleichbare Wirksamkeit von religiöser und nicht religiöser kognitiver Verhaltenstherapie für die.
Kopfschmerz bei Medikamentenübergebrauch
I. Medizinische Klinik Sektion Infektiologie
Graduierung A C D E I II III A I A II A III B B I B II B III C I C II
Zur Kommunikation von Wahrscheinlichkeiten
Syphilis- und HIV-Statistik Einsendungen Gesundheitsämter in NRW 1
Aus dem Blickwinkel niederschwelliger Suchthilfe
Leitlinien zum Einsatz von Coxiben
Darmkrebsvorsorge Dr. Alexander Calderoni
Möglichkeiten und Grenzen der orthopädischen Begutachtung
AIDS- der unsichtbare Feind der Menschheit
Psychosomatik & Arbeitswelt
Bekanntheit und Wissen über COPD
Congreso para Empresarios. Vorbeugen trotz Tabu´s: eine Herausforderung (auch) für Führer… Freitag 07. Oktober 2011 Dr. Carlos Wiens Hospital Mennonita.
Grippeimpfung im Alter Gibt es valide Daten?
Pädagogischer Tag Dr. med. Ute Tolks-Brandau
GRÜNDE FÜR DEN THERAPIE-BEGINN BEI EINER CD4-ZELLZAHL
HIV oder HIV-Therapie? Geschlechtsunterschiede in der Kausalattribution von Symptomen und Therapienebenwirkungen Kremer H. 1, Sonnenberg-Schwan U. 1, Arendt.
L EBEN MIT HIV- E IN B LICK HINTER DIE K ULISSEN Vorarlberger AIDS Gespräche 2014 Wiltrut Stefanek, Verein PULS H IV Interessensvertretung von und für.
Neu München
Beurteilung der Fahreignung
Psychosen By Kevin und Oliver.
Aktualisierung 2013 Kurzfassung
Prof. Dr. med. Annette Hasenburg Dr. med. Maximilian Klar, MPH
Cortisol Flexible Dosierung, adäquate Menge
Herzinsuffizienz Tertial Innere I.
Vorhofflimmern: Krankheit, Ursachen und Folgen
Säulen der komplementären Onkologie
HIV-Infektion in der Schwangerschaft
Einschlußkriterien: Herzinsuffizienz NYHA IV für >90(60) Tage
COMPLEX REGIONAL PAIN SYNDROME
BEREITSCHAFT ZUM BEGINN EINER ANTIRETROVIRALEN THERAPIE (ART)
HIV EIN UPDATE Dr. Horst Schalk.
Leitsymptom: Leukozytose / Leukopenie Möglichkeiten der rationellen Abklärung H. Köppler Praxisklinik für Hämatologie und Onkologie Koblenz.
Kryptokokken-IRIS HAART verzögern? –… eher nein! #36cLB – Makadzange, 16th CROI 2009, Montreal.
Diagnostik bei Aszitespunktion
Die AbbVie HCV-Therapie viekirax® und exviera® im Kurzüberblick
state of the art - Hormonersatztherapie
Operative Eingriffe im Gehirn bei schweren Zwangsstörungen:
Hormone Replacement Therapy – State of the Art
18. Mai 2015 Dr. med. Cyrill Jeger-Liu, Olten
Therapiealgorithmus bei Vorhofflimmern – H.ReuterSeite 1 Hannes Reuter Klinik III für Innere Medizin Herzzentrum der Universität zu Köln Therapiealgorithmus.
Mütterliche Anamnese 18-jährige Erstgravida, Diagnose eines Hodgkin-Lymphoms, Stadium IIA in der 22. SS-Woche (SSW). Nach interdisziplinärer Konferenz.
1 WANN SOLL MAN MIT EINER HIV-THERAPIE BEGINNEN?.
Die ausführlichen Leitlininen zur antiretroviralen Therapie der HIV-Infektion finden Sie unter: Deutsch-österreichische Therapieempfehlungen 2015
SAILING Wirksamkeit und Sicherheit von Dolutegravir (DTG) vs. Raltegravir (RAL) bei vorbehandelten, INI-naiven Patienten.
Flamingo (96-Wochen-Ergebnisse)
Aktualisierung 2013 Kurzfassung
Bertrand Coiffier Für die Groupe d’Etude des Lymphomes de l’Adulte
Zusammenfassung Deutsch-österreichische Therapieempfehlungen 2017
Deutsch-österreichische Therapieempfehlungen 2019
 Präsentation transkript:

Deutsch-Österreichische Leitlinien zur antiretroviralen Therapie der HIV-Infektion Federführung: Deutsche AIDS-Gesellschaft (DAIG) unter Beteiligung der folgenden Fachgesellschaften: Österreichische AIDS-Gesellschaft (ÖAIG) Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) Deutsche STI-Gesellschaft (DSTIG) Deutsche Gesellschaft für Infektiologie (DGI) Gesellschaft für Virologie (GfV) Version 04_2012 Verabschiedung durch die AG ART Leitlinie am 22.02.2012 Annahme der aktuellen Version durch Mitgliederbeschluss der Deutschen AIDS Gesellschaft (DAIG) am 25.04.2012. Leitlinienkoordination: Prof. Dr. med. Hans-Jürgen Stellbrink, Infektionsmedizinisches Zentrum Hamburg (ICH) c/o Sekretariat der Deutschen AIDS-Gesellschaft DAIG@ukb.uni-bonn.de

Auf der Basis von Surrogatmarker-studien o. Kohortendaten Graduierung Graduierung von Therapie-Leitlinien I II III Auf der Basis mindestens einer randomisierten Studie mit klinischen Endpunkten1 Auf der Basis von Surrogatmarker-studien o. Kohortendaten Nach Expertenmeinung A Eindeutige Empfehlung A I A II A III B Im allgemeinen ratsam B I B II B III C Vertretbar C I C II C III D Im allgemeinen abzulehnen D I D II D III E Eindeutige Ablehnung E I E II E III

Therapiebeginn Klinik - AI - AI - AII BII BII CIII DIII - BII - CII CD4+ T-Lymphozyten/µl Zusatzkriterien* Therapie- empfehlung HIV-assoziierte Symptome und Erkrankungen (CDC: C, B), HIV-Nephropathie, HAND Alle Werte - AI Asymptomatische Patienten (CDC: A) < 200 - AI 200-350 - AII 350-500 gegeben BII nicht gegeben BII >500 gegeben CIII nicht gegeben DIII Akutes retrovirales Syndrom mit schwerer/lang dauernder Symptomatik Alle Werte - BII Asymptomatische/ gering symptomatische Serokonversion Alle Werte - CII

Zusatzkriterien für die Therapieeinleitung Schwangerschaft Alter >50 Jahre HCV-Koinfektion Therapiebedürftige HBV-Koinfektion Hohes kardiovaskuläres Risiko (Framingham-Risiko >20%/10 J.) Absinken der CD4+-Zellzahl Plasmavirämie >100.000 Kopien/mL Reduktion der Infektiosität

Bewertung einzelner Substanzen Hauptkriterien Vergleich mit therapeutischem Standard in randomisierten Studien über mindestens 96 Wochen Unterschiede in Wirksamkeit, Toxizität und Resistenzentwicklung Anwendungseinschränkungen (z.B. CD4 bei NVP, HLA-B*5701 bei ABC) Pharmakologische Vorteile (Koformulierung, fehlende Nahrungsrestriktion, geringe Medikamenteninteraktionen)

Bewertung Substanzen/Kombinationen Einstufung „Empfohlen“ = Vorrangige/s Medikament/Kombination für die Primärtherapie. Es können Einschränkungen im Detail gemacht werden. „Alternative“ = Mögliche Verwendung, falls eine der empfohlenen Optionen nicht sinnvoll erscheint oder nicht in Frage kommt. „Nicht empfohlen“ = vertretbare Alternative in Einzelfällen, die Verwendung soll begründet erfolgen. „Kontraindiziert“ = Verwendung ist nicht oder allenfalls in sehr sorgfältig begründeten Einzelfällen vertretbar.

Substanzwahl Efavirenz** NNRTI Nevirapin*** Rilpivirin**** Atazanavir/r Tenofovir + Emtricitabin Darunavir/r Abacavir + Lamivudin* + PI/r Lopinavir/r Tenofovir + Lamivudin Fosamprenavir/r Saquinavir/r Raltegravir INI empfohlen * nur für HLA-B*5701-Negative; Cave: evtl. erhöhtes kardiovaskuläres Risiko, virologisch leicht unterlegen ** nicht bei Schwangerschaft und Frauen mit Kinderwunsch *** Cave: Hepatotoxizität erhöht bei Männer mit CD4+-Zellen >250,Faruen mit >400/µL **** Cave: Nicht bei HIV-RNA >100000 K/mL (keine Zulassung) Alternative

Substanzwahl + Kombinationspartner 1 Kombinationspartner 2 Nukleosid-/ Nukleotidkombinationen empfohlen: - Tenofovir / Emtricitabin - Abacavir / Lamivudin1 Alternative: - Tenofovir / Lamivudin Kombinationspartner 2 NNRTI (empfohlen) - Efavirenz2 - Nevirapin3 - Rilpivirin4 PI (empfohlen) - Atazanavir/r - Darunavir/r - Lopinavir/r - Fosamprenavir/r Alternative - Saquinavir/r INI (empfohlen) - Raltegravir + 1. nur für HLA-B*5701-Negative; Cave: evtl. erhöhtes kardiovaskuläres Risiko, virologisch leicht unterlegen 2. nicht bei Schwangerschaft und Frauen mit Kinderwunsch 3. Cave: Hepatotoxizität erhöht bei Männer mit CD4+-Zellen >250,Faruen mit >400/µL 4. Cave: Nicht bei HIV-RNA >100000 K/mL (keine Zulassung)

Therapieerfolg und Therapieversagen Therapieerfolg: Absinken der Plasmavirämie unter die Nachweisgrenze von 50 HIV-RNA-Kopien pro ml, sollte nach 3-4, max. 6 Monaten erreicht werden Überprüfung der ART bei: Abfall der HIV-RNA um weniger als 2 log10 nach vier Wochen oder HIV-RNA >50 Kopien/mL nach sechs Monaten Bestätigter Anstieg der Plasmavirämie auf >50 Kopien/mL

Resistenztestung Empfehlung Graduierung der Empfehlung Kommentare Bisher unbehandelte Patienten Primäre/ kürzliche Infektion Resistenztestung empfohlen A II Meldung an das Serokonverterregister des RKI Chronische Infektion, vor Beginn einer Therapie Wenn nicht schon vorher erfolgt Behandelte Patienten Nach erstem Therapieversagen Resistenztestung generell empfohlen vor Therapiewechsel3 Abklärung der weiteren Ursachen des Therapieversagens unerlässlich Mit umfangreicherer antiretroviraler Vorbehandlung Resistenztestung2,3 generell empfohlen vor Therapiewechsel In oder nach einer Therapiepause Resistenztestung u.U. sinnvoll, aber nicht zwingend D III Feststellung einer Reversion zum Wildtyp

Therapie bei Versagen Initialtherapie 1. Folgetherapie Weitere Folgetherapien NNRTI+ 2 NRTI Diagnose des Therapieversagens (Viruslast, CD4, Resistenztest) und Klärung der Ursachen des Therapieversagens (Adhärenz, Resistenz, Wechselwirkungen, evtl. TDM) Bei NNRTI-Resistenz: PI/r+ 1-2 NRTI +/- Etravirin* Diagnose des Therapieversagens (Viruslast, CD4, Resistenztest) und Klärung der Ursachen des Therapieversagens (Adhärenz, Wechselwirkungen, evtl. TDM, Resistenz) PI der 2. Generation, NRTI, Raltegravir, Maraviroc, Enfuvirtid, NNRTI der 2. Generation (Etravirine) ->mind. 2 gemäß Resistenztestung voll wirksame Substanzen; Hypersuszeptibilitäten berücksichtigen PI/r+ 2 NRTI Bei PI-Resistenz: NNRTI+ 2 NRTI oder Altern. PI/r + 2 NRTI Bei NRTI-Resistenz: PI/r + altern. NRTI + Raltegravir und/oder Maraviroc* INI + 2 NRTI Bei INI-Resistenz PI/r +/- NNRTI +/- NRTI*