Dr. Achim Brunnengräber Die Privatisierung der Weltpolitik Die Rolle von NGOs im Globalisierungsprozess Wintervortragsreihe 2007/2008 der GfW-Sektion Halle, 12. Februar 2008 Dr. Achim Brunnengräber
Privatisierung im Plural Privatisierung ehemals staatlicher Aufgaben Privatisierung staatlicher Einrichtungen Private Aneignung von Gemeingütern Privatisierung der Weltpolitik durch Transnationale Konzerne (TNKs, Multis, Global Player) „NGOisierung der Weltpolitik (der Staat geht, NGOs kommen?) Entmachtung des Nationalstaates?
Wandel der Weltpolitik Nationalstaaten - internationaler Wettbewerbsstaat - Weltgesellschaft Machtzuwachs der internationalen Organisationen – Souveränitätsverlust des Staates? Privatisierung, Liberalisierung und Deregulierung der (Finanz-)Märkte Konkurrenzkämpfe um Ressourcen, Märkte und um menschliche Sicherheit „Superkapitalismus“ (Robert Reich)
Legitimationsprobleme globalen Regierens Kompetenz-, Entscheidungs- und Ressourcenverlagerung in die inter- und transnationale Arena Wer regiert: staatliche, privatwirtschaftliche oder zivilgesellschaftliche Akteure? Machtverschiebung zu privaten Akteuren (power shift)? Informalisierung der Politik Markt induzierende Verregelungen Krise der input-Demokratie
Das Parlament im Globalisierungsprozess Aufgaben: Kontrolle – Kommunikation – Gesetzgebung Verlagerung der Macht von der Legislative zur Exekutive „Emanzipation“ nationalstaatlicher Regierungen von demokratischer Kontrolle – „fast track“ Informationsasymmetrien (Beispiel GATS) „Eine Runde der Abnicker?“ (Wolfgang Thierse) Hoffnungsträger NGOs
Global Governance Politische Gestaltung der Globalisierung Erweiterung der Akteurslandschaft Erweiterung der politischen Agenda Verknüpfung der Handlungsebenen („Glokalisierung“, Mehrebenenpolitik) Entwicklung „weicher Steuerungsformen“ Setzung globaler Standards, Entwicklung neuer Normen und neuer Wertvorstellungen Neue Weltordnungspolitik
NGOs - unterschätzt oder überschätzt? Spiegel Spezial: „Macht der Mutigen“ Die Zeit: „ Die neue Internationale“ Financial Times: „Netzwerk-Guerilla“ Der Spiegel: „eine neue, wirklich internationale Protestgeneration“ The Economist: „Non-Governmental Order“ New York Times: „Zweite Supermacht“ „stille Revolution“ (Kofi Annan)
Günstige Gelegenheiten Das Ende der Blockkonfrontation und die erhoffte Friedensdividende Der gute Geist von Rio – die UNCED 1992 Die Weltkonferenzen der 1990er Jahre (Umwelt, Entwicklung, Menschenrechte, Ernährung) Runde Tische, Politiknetzwerke, Agenda 21-Prozesse PPPs: Public Private Partnerships Kooperationsimperativ
Vom David zum Goliath Neue Handlungsspielräume Große Medienresonanz während der Weltkonferenzen der UNO Landminenkampagne (Verbot von Anti-personenminen in Deutschland seit 1998) Brent Spar-Kampagne von Greenpeace 1995 Kampagne zur Einführung einer Tobin-Tax MAI 1998: multilaterales Investitionsabkommen Neue Handlungsspielräume
NGOs unter Ökonomisierungsdruck Non-Profit als Illusion Materielle (Geld) und ideelle Ressourcen (Vertrauen) Geschäfte mit der Hilfsbereitschaft und dem schlechten Gewissen Kampf um den Spendenkuchen und um öffentliche Aufmerksamkeit Kooperation mit Unternehmen (Sponsoring, Öko-Labeling) Entpolitisierung
Grenzen der Privatisierung stakeholder Dialoge (Global Compact, WCD) Macht der Verbraucher, der Konsumenten Soziale Verantwortung der Unternehmen vs. Gewinn maximierende Orientierung Neue Globale Protestformen: Seattle (1999), Prag (2000), Genua (2001), Heiligendamm (2007) Gescheiterte Privatisierungsvorhaben (Cochabamba, deutsche Bundesdruckerei, britisches Eisenbahnnetz etc.) Entmachtung der Märkte?
Mächtige Zwerge – umstrittene Riesen NGOs verfügen über „soft power“ - geliehene Macht Interessen können kaum „gegen“ machtvolle Interessen durchgesetzt werden Veränderungen werden eher „durch“ das etablierte politische System realisiert .. aber: fairer Handel, Umweltstandards, Arbeitsnormen, Reform der WTO etc. bleiben dringliche Aufgaben … die ohne NGOs kaum zu realisieren sind Postparlamentarische Demokratie?
Danke für das Zuhören!