Schweizer Standarddeutsch als Unterrichtssprache Anwendung von Normen am Beispiel des Kantons Thurgau Text: S. Oberholzer
Gliederung Einleitung Über das Konzept „Standardsprachlicher UR“ Sprachmanagement in a) Schweizer Kindergärten b) Schweizer Schulen c) An den Hochschulen Fazit/Befragung der Beteiligten
Einleitung Sprachsituation in der Schweiz: mediale Diglossie: „Man schreibt Standardsprache (Hochdt.) und spricht Mundart (Schweizer Dt).“ Schlechte PISA-Ergebnisse (2000) > Ruf nach Reformen Problem: Standarddeutsch wird von vielen Sprechern als bloße Kopfsprache wahrgenommen, Mundart dagegen als Emotions- und Herzsprache -> zu starke Trennung Bsp: fächerspezifische Trennung in den Schulen
Über das Konzept These: Die frühzeitige Aneignung des HD als erweiterte Erstsprache für schweizer, bzw. als Zweitsprache für fremdsprachige Kinder in der Schweiz ist für die Kinder unproblematisch und frühzeitig notwendig. Idee: stärkere Gewichtung der Hochsprache im Kindes- und Jugendalter, um einer ablehnende Haltung gegenüber des HD vorzubeugen
Konzept: Standardsprachlicher UR Vorteile: - HD wäre für schweizer Kinder keine Fremd- bzw. Zweitsprache mehr, sondern bloß erweiterte Erstsprache - Passive Sprachkompetenz des HD (vermittelt durch Medien und Bezugspersonen) soll zur aktiven Beherrschung ausgebaut werden - Bessere Aneignung des Deutschen bei fremdsprachigen Kindern - Hoffnung auch auf eine verbesserte Schreibkompetenz vieler Schüler
Sprachmanagement pädagogisch theoretische Grundlage: Forderung nach flächendeckenden HD- Kindergärten, „um eine lebendige Hochdeutschkultur im Unterricht“ zu pflegen. Es soll ein selbstbewusstes schweizer HD sein, welches sich nicht länger an der Schriftlichkeit orientiert. (Bachmann/Good)
Erste Studien/Projekte Kindergarten: vereinzelte Hochdeutschkindergärten Vergleich von Primarschülern, die z.T. aus HD- Kindergärten und z.T. aus Mundartkindergärten kommen Begleitet von der Pädagogischen Hochschule Zürich Besondere Genehmigung bei Kindergärten mit vielen fremdsprachigen Kindern (>75%)
Ergebnisse: - positivere Einstellung der Kinder gegenüber dem Hochdeutschen - auch in mundartlichen Sprechsituationen aktiver - zunehmende Benutzung des HD in persönlichen und beziehungsnahen Situationen - imitieren eher Sprechvorbilder -> insgesamt besseres Sprachbewusstsein -> scheinbar nicht auf Kosten der Mundart
Primarschule: (wieder begleitet von der PHZ) Lehrperson spricht mit den Schülern/Innen ausschließlich HD Erstreaktion: Einge SuS passen sich an, andere bleiben beim Dialekt später ungehemmtes Probierverhalten seitens der SuS -> keine Feststellung einer Ablehnungshaltung gegenüber dem Dialekt (SuS sprechen untereinander weiterhin Mundart)
Ergebnis der Studien -> Forderung: Veränderungen in der Ausbildung der Lehrkräfte - Weiterbildung und Information bildungspolitische Thematisierung der Frage nach der UR-Sprache Problem: Ablehnung der Standardisierungsbemühungen seitens der Lehrer -> Idee: Aufklärung der Lehrkräfte
Sprachenpolitik am Beispiel Thurgau Chronologie: Empfehlung der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) Maßnahme zur Verbesserung der Leistungen „ Förderung der Standardsprache aus UR- Sprache in der dt. Schweiz“ 1) Sprachförderung für alle darunter: Standard in konsequenter Anwendung in allen Schulstufen und Fächern darunter: „als ergänzende Maßnahme gilt [...] Standardsprache wird auf sämtlichen Schulstufen in allen Fächern konsequent angewendet“
Auswirkungen auf: Thurgauer Regierung (Lehrpläne) Kindergärten Volksschulen/Primarschule Mittelschulen/Pädagogische Hochschule Thurgau (vgl. Weisungen für die Volksschule) Lehrerfort- und Weiterbildungskurse
2002 – Keine Bemühungen, HD zur UR-Sprache zu machen bloße Empfehlung, HD zu sprechen 2003 – Lehrplan: HD ist auf allen Stufen und allen Fächern vorgeschrieben 2004 – Aktualisierung der Lehrpläne HD offiziell UR-Sprache in der Primarschule HD hat in der Ausbildung an der PHZ einen erhöhten Stellenwert bekommen Lehrkräfte sollen zusätzlich durch „Impulsabende“ und Weiterbildungen geschult werden
Lehrkräfte sollen zusätzlich durch „Impulsabende“ und Weiterbildungen geschult werden die Umsetzung soll vorsichtig und zeitlich gestaffelt erfolgen 2004 Weisung des Regierungsrates HD vermehrt in die Kindergärten zu bringen zwei vorgeschlagene Modelle: geographisches und lehrkraftbezogenes Modell Mittelweg (KiGa): Soll-Regelung für ein „selbstbewusstes schweizer Hochdeutsch“
2004 Aktualisierung der Lehrpläne unter dem Grobziel: Muttersprache als Ausdruck von Identität und Persönlichkeit erfahren 1) Hochdeutsch und Mundart bewusst als UR- und Umgangssprache einsetzen 2) Wechsel von Mundart zu HD deutlich machen, beide Varietäten gebrauchen 3) positive Grundeinstellung zum HD unterstützen, Sprachfreude/-neugier fördern
2004 Änderungen im Lehrplan (Unterstufe): Volksschule: 2004 Änderungen im Lehrplan (Unterstufe): HD soll zunehmend zur selbstverständlichen UR-Sprache (ab 2.Klasse HD UR-Sprache) HD soll nicht situations- oder fächerorientiert eingesetzt werden Prinzipielle Verwendung von HD in allen Schulsituationen 2005 auch im DaZ-UR wird ausschließlich HD gesprochen
Fazit abschließende Befragungen: (KiGa) gute Annahme der Hochdeutschhalbtage im Kindergarten Mundartinseln Immer noch problematisch: Annahme des HD als emotionale Sprache Experimentierfreude/Offenheit der Kinder Skepsis seitens der Erwachsenen schwindet aber: beide Varianten werden weiter gesprochen und die Beteiligten können sich HD als alleinige UR-Sprache weiterhin nicht vorstellen.
Befragungen II: (Primarschule) sehr diverses HD unter den Lehrkräften; Umgang mit Sprachinseln ist uneinheitlich SuS sprechen konsequenter und spontaner Standardsprache Keine Korrektur der Fehler im HD und bei Helvetismen (diskussionswürdig?) das gesprochene HD orientiert sich an der Mündlichkeit
Trennung zwischen Kopf- und Herzsprache wird verringert Folgen: Trennung zwischen Kopf- und Herzsprache wird verringert Erneute Diskussion der Frage nach der UR- Sprache Intensivierung der Bemühungen das HD zu stärken (bisher nur erste Schritte) Verbesserung des Prestiges der Hochsprache -> größtenteils Bestätigung der Eingangsthese ->Eingriff wird als Erfolg bewertet Verbesserung der Sprachfähigkeit der SuS insgesamt