3. Grundzüge des Arbeitskampfrechts

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3. Grundzüge des Arbeitskampfrechts 3.1 Rechtstatsachen In Deutschland wird verhältnismäßig selten gestreikt. Es gingen durch Arbeitskämpfe pro Tausend Beschäftigte und Jahr verloren in: Kanada 203 Dänemark 141 Spanien 135 Finnland 100 Frankreich 91 Italien 84 USA 35 Österreich 34 Schweden 30 … Deutschland 3,6 Schweiz 2,8 Arbeitstage.

3. Grundzüge des Arbeitskampfrechts 3.1 Rechtstatsachen Begrifflich kann man nach dem Kampfumfang unterscheiden Voll- oder Flächenstreiks (Alle AN des Kampfgebiets werden zur Arbeitsniederlegung aufgefordert) Teilstreiks (Nadelstich- oder Schwerpunktstreiks, Wellenstreiks); nach der Intensität Erzwingungsstreik Warnstreik; daneben als Sonderproblem Unterstützungsstreik.

3. Grundzüge des Arbeitskampfrechts 3.2 Der ordnungspolitische Standort Arbeitskampf [insbesondere] durch Vorenthaltung von Arbeitskraft ist ein uraltes Mittel der Auseinander-setzung zwischen den – heute als Arbeitsvertragspar-teien bezeichneten – Exponenten des Arbeitslebens. Das deutsche, im Wesentlichen von der Arbeitsgerichts-barkeit geschaffene Arbeitskampfrecht hat dieses Phä-nomen durch Regeln kanalisiert, zugleich aber auch für die daran Beteiligten kalkulierbar, sicher, gemacht. Es hat den Arbeitskampf aus der pararevolutionären Ecke geholt und zu einem ganz überwiegend als notwendig anerkannten Instrument zur Sicherstellung angemesse-ner Arbeitsbedingungen gemacht.

3. Grundzüge des Arbeitskampfrechts 3.3 Kampfregeln und Kampfgrenzen Streiks und Aussperrungen sind nach bisherigem deutschen Arbeitskampfrecht nicht rechtswidrig, wenn sie von einer tariffähigen Partei zur Erreichung rechtmäßig tariflich regelbarer Ziele ohne Verletzung der Friedenspflicht eingesetzt werden und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht verletzen.

3. Grundzüge des Arbeitskampfrechts 3.3 Kampfregeln und Kampfgrenzen Diese überkommenen Regeln werden eigentlich schon seit 1971, in der neuesten Rechtsprechung aber beson-ders ausgeprägt, als Teile des einen großen Grund-prinzips von Verfassungsrang, des Verhältnismäßigkeits-grundsatzes, verstanden, der die einzige Grundlage da-für sein soll, das verfassungsrechtlich garantierte Recht auf koalitionsgemäße Betätigung in der Form der Kampf-mittelfreiheit zu reglementieren. Dieser auch in der Rechtsprechung des EuGH vorzufindende Prüfungsansatz hat verfassungsrechtliche Konsequenz auf seiner Seite und die fehlende Prognostizierbarkeit der gerichtlichen Bewertung gegen sich.

3. Grundzüge des Arbeitskampfrechts 3.3 Kampfregeln und Kampfgrenzen Leseempfehlungen: BAG, 21. 4. 1971 – GS 1/68 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 43 BAG, 19. 6. 2007 – 1 AZR 396/06 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 173 mit Anm. Wank „Unterstützungsstreik“ BAG, 2. 9. 2009 – 1 AZR 972/08 – „Flashmob“ Michael Kittner, Arbeitskampf, München (Beck) 2005 (höchst empfehlenswert!)

3. Grundzüge des Arbeitskampfrechts 3.4 Entwicklungstendenzen Das deutsche Arbeitskampfrecht wird ver-breitet wegen seiner fehlenden gesetz-lichen Fixierung in Frage gestellt. Teile der Politik fordern ein Arbeitkampfgesetz. Realistisch ist das nicht. Es wird wohl die Rechtsprechung sein, die auf die folgen-den Herausforderungen an das Überkom-mene reagieren muss:

3. Grundzüge des Arbeitskampfrechts 3.4 Entwicklungstendenzen Der viel zu niedrige Organisationsgrad der Gewerkschaften und die oft diffusen Formen unternehmerischer Arbeitsteilung führen zu neuen, weniger teuren und in ihrer Wirkungsintensität mit Massenstreiks vergleichbaren Druckausübungsformen. Die Diversifizierung der Gewerkschaftslandschaft gefährdet die Attraktivität des Tarifvertragssystems als kalkuationssichernder „Friedensordnung“ und beeinflusst in einer noch nicht analy-sierten und schwer zu gewichtenden Weise die Kampfparität. Die Flucht vieler Arbeitgeber aus der Tarifgebundenheit verstärkt die Tendenz zu neuen Kampfformen und die Gefahren für die gesellschaftliche Akzeptanz eines aus Arbeitskampf- und Tarif-vertragsrecht gebildeten gesellschaftlichen Ordnungsystems.