"Entwicklung der Lesekompetenz – ihre Prognose und Förderung"

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Diagnose – Förderung Förderdiagnose - Förderdiagnostik
Advertisements

Leseuntersuchung mit dem Stolperwörtertest
Leitbilderstellung der Samtgemeinde Am Dobrock
Das Prognoserisiko von Risikoprognosen - eine Chance für Risikokinder?
HS Höchst.
Evaluation von Gesundheitsförderung im Unterricht und in der Schule
„Komm-Mit!“ – Fördern statt Sitzenbleiben
Pro-Skills-Hintergrundphilosophie
Individuelles Fördern in der Schule durch
Wirkfaktoren und Potentiale des Projektes „Schulreifes Kind“
ETEP Entwicklungstherapie / Entwicklungspädagogik =
Universität Stuttgart Institut für Kernenergetik und Energiesysteme LE 3.2- LM 8 - LO 9 Definitionen zu LM 8.
Zentrale Lernstandserhebungen 2008 (Vergleichsarbeiten - VERA) in der Jahrgangsstufe 3 Informationen für Eltern Lernstandserhebung 2008.
Schulisches Lernen – nicht nur eine Leistung der Schule!?
„Nach PISA“: Zur Kraft von Zauberformeln in der Bildungspolitik
Im FuN-Projekt Lehr- und Lernprozesse für die Ausbildung und Entwicklung der Lese- und Schreibfähigkeit in der Primarstufe sollten die Befunde aus LUSTin.
PISA 2003: Physik, Bio, Mathe & Chemie – Lernen wir das nie?!
Universität Siegen Bildungschancen und ethnische Herkunft, Migrantenkinder im deutschen Bildungssystem Fachbereich 2 Dozent: Prof. Dr. R. Geißler.
Untersuchungen zum Informationsverhalten Jugendlicher
Inga Schlesinger und Annette Kuhlig
Professionelles Lehrerhandeln
Verlesungen.
IGLU Grundschulstudie.
Ziele der Medienerziehung
Unterricht – anders organisiert
Bildungsstandards Pilotphase II Wimmer Bildungsstandards Wozu brauchen wir Bildungsstandards? Was ist Aufgabe der Pilotphase II?
professioneller Akteur
das Individuum im Konnektivismus
SFB 522 Umwelt und Region Universität Trier, Trier gefördert durch: Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung,
Der Spracherwerb des Kindes
Menschen was sie bewegt, was die bewegen Vortrag, 17. September 2013
Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg
Ausgangslage Mangelhafte Führungs-kompetenz Schlechtes Betriebsklima
GPJE-Entwurf der Bildungsstandards für das Fach Politische Bildung
Ziele der Medienerziehung
Ziele der Medienerziehung
Probleme lösen „hilf mir!“: ich helfe dir beim Suchen deiner Lösung!
Benotungspraxis: Next Practice in der Leistungsbeurteilung
Vergleichsarbeiten (VERA)
Gesamtschule Eine Schule für alle.
Informationen über die Zentrale Prüfung in der Klasse 10
Lernfortschritt sichtbar machen
WORKSHOP Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans bestimmt!
Zwischen der Leistungsbewertung der Jahrgangsstufen 1 / 2, der Jahrgangsstufen 3 / 4 sowie der Jahrgangsstufen 5 / 6 muss eine Differenzierung erfolgen.
Ein Programm zur Förderung von Lernstrategien
Kehrtwende Ein kriminalpädagogisches Schülerprojekt
Projekt: Schüler verbessern ihren Unterricht
religionsunterrichtliche
Neue Formen des Lehrens und LernensEinführungsseminar am Herzlich willkommen... Zur Einführungsveranstaltung Zur Einführungsveranstaltung Neue.
Transparenz und Auswirkungen von Bewertungen: Tendenzen Comenius-Projekt 05/06 und 06/07 (FOS-interner Projekt-Teil)
Auf dem Weg zum kompetenzorientierten Unterricht
KW 14 „Es fehlt noch was…“ Wochenrückblick vom bis Zu Beginn der Woche sichteten wir das bereits abgedrehte Filmmaterial. Gemeinsam überlegten.
Noten – Leistung – Übertritt
Von Unternehmen und Unternehmern
Individualisiertes Lernen
NEIN – böse Absicht ist es nicht!
Gewaltfreie Kommunikation (GfK)
NEIN – böse Absicht ist es nicht!
Allgemeine Bildungsziele versus Funktionen der Schule
Vorbereitung einer Reflexion der Testdurchführung
Die Heterogenität.
Gliederung des Vortrages
Dagmar Much Empirische Erhebung Bildungsträger und Bildungsplaner.
Vergleichsarbeiten (VERA)
LehrplanPLUS Ethik - Was ist neu, was ist geblieben? -
Die Arbeitswelt Wie wird die Arbeitswelt durch Aufgabenstellungen ins Klassenzimmer gebracht? Modul WC-2: Einsatz von Aufgaben, die eine Verbindung zur.
Fakultät für Humanwissenschaften Lehrstuhl für Schulpädagogik, Dr. Matthias Erhardt I NFORMATIONSVERANSTALTUNG ZUR P RÜFUNG IM F ACH S CHULPÄDAGOGIK NACH.
1 Ambulante Erziehungshilfen Seckinger Ambulante Erziehungshilfen Fachliche Möglichkeiten und Grenzen 03. Juli 2013 »Fachtagung Bunte Vielfalt oder heilloses.
Die klassischen Methoden der historisch-vergleichenden Forschung Universität Zürich Soziologisches Institut Seminar: Methoden des internationalen Vergleichs.
Klasse Klassenzufriedenheit Strukturmerkmale (Schultyp, Anteil Knaben, Anteil plagender Kinder) Eltern Einstellungen (Erwartungen,Attribution) Verhalten.
 Präsentation transkript:

"Entwicklung der Lesekompetenz – ihre Prognose und Förderung" Vortrag von Hans Brügelmann am 14.1.2005 an der Universität Frankfurt  www.uni-siegen.de/~agprim/printbrue.htm

Vier Fragen und eine Überlegung Was ist der Maßstab für eine „ausreichende“ Lesekompetenz? Nach welchen Kriterien beurteilen wir eine Lese-Entwicklung als „positiv“? Wie gut können wir die individuelle Entwicklung der Leseleistungen vorhersagen? Was bedeutet das für die Konzeption und Formen ihrer Förderung? Defizit vs. Kompetenz: Nachdenkliches zum Schluss

Teil I: Was ist der Maßstab für eine „ausreichende“ Lesekompetenz? In der aktuellen Diskussion Bildungsstandards ist das zentrale Problem die Definition von Mindestniveaus: Was also sind „Basiskompetenzen“ im Lesen – Oder anders gefragt 

Wann sind SchülerInnen „leseschwach“? Um 1900 galt als schriftkundig, wer mit seinem Namen unterschreiben konnte. In den 30er Jahre war in den USA das im Lehrplan definierte Niveau der vierten Klasse Maßstab für „Lesefähigkeit“. Nach dem zweiten Weltkrieg galt der Abschluss der Pflichtschule als Mindestausstattung. Der Anteil „leseschwacher“ SchülerInnen hängt also nicht nur von ihrer tatsächlichen Leistung, sondern auch von den (erheblich gestiegenen) Anforderungen unserer zunehmend schriftbestimmten Umwelt ab.

Konkurrierende „Risiko“-Schätzungen

Zwei Gründe für die breite Streuung der Schätzungen Schwellenwerte des Lesen-“Könnens“ zur Abgrenzung von Risikogruppen werden festgelegt ohne empirische Absicherung ihrer alltagsökologischen Validität, d. h. ohne Überprüfung ihrer Passung auf Anforderungen in den Lebens- und Berufswelten  ihrer lernbiografischen Validität, d. h.ohne Absicherung ihrer Prognosekraft als „Voraussetzung“ für den weiteren Schul- und (Aus-)Bildungsweg 

Die alltagsökologische Validität ist fraglich... ... weil die Mindestniveaus festgelegt werden, ohne zu berücksichtigen, dass es erhebliche Unterschiede zwischen objektiven Testleistungen und subjektiver Bewältigung von Anforderungen im individuellen Alltag gibt  dass die Testleistungen innerhalb vergleichbarer Gruppenerheblich erheblich streuen, obwohl die meisten dieser Personen den täglichen Anforderungen durchaus gewachsen sind 

Selbsteinschätzung der Kompetenz auf verschiedenen Leistungsstufen Selbst wenn man soziale Erwünschtheit unterstellt, überraschen die 81% „gut+“ auf Stufe 1

Unterschiede der Leseleistungen zwischen und Streuung der Leseleistungen innerhalb von Gruppen

Die lernbiografische Validität ist fraglich... Weil die Determinationskraft von sog. „Voraussetzungen“ unklar ist: Bedeuten schlechte Leistungen zu Termin-1 tatsächlich ... ein wesentlich erhöhtes Risiko schlechter Leistungen zu Termin-2 (also z. B. 30% statt 10%) – und darüber hinaus, dass die Mehrheit der SchülerInnen mit schlechten Leistungen zu Termin-1 auch bei Termin-2 versagt (also z. B. 70% unterdurchschnittlichen zu nur 30% erfolgreichen)? Als Vorfrage ist zu klären 

Teil II Nach welchen Kriterien beurteilen wir eine Entwicklung als „positiv“? Was also ist der Maßstab für den Erfolg von Lern- und damit auch von Lehrprozessen? 

Verschiedene Bezugswerte Erreichen von vorgegebenen Leistungsniveaus Orientierung an Zielkriterien Dafür fehlt bisher die empirische Basis (s. Teil I) Veränderung der Rangposition Orientierung an der Bezugsgruppe Gängiger Maßstab, aber problematisch  Verbesserung als individueller Lernzuwachs Orientierung an der je eigenen Leistung

Karawaneneffekt im Projekt LUST-1 Axel Backhaus "Erste Erfahrungen mit Schrift – Konzepte für Vorschule und  Schuleingangsphase" DGLS-Jahrestagung in Rauischholzhausen vom 12. – 14. November 2004

Karawaneneffekte zeigen sich... im Verhältnis von jüngeren zu älteren SchülerInnen; im Verhältnis leistungsschwacher zu stärkeren SchülerInnen; bei Migrantenkindern in Relation zu deutschsprachigen SchülerInnen; nicht nur auf der Primar-, sondern auch auf der Sekundarstufe; im Lesen und im Rechtschreiben 

May (1990/1995) DGLS-Jahrbuch

Der Karawaneneffekt bedeutet... dass alle Schülergruppen Fortschritte machen – abgesehen evtl. von der untersten Leistungsgruppe – in den Zwischenformen und auch in der Größenordnung vergleichbar. dass die unteren Gruppen die oberen nicht erreichen, weil beide von einem ganz unterschiedlichen Ausgangsniveau gestartet sind und eben alle erfolgreich lernen; dass leistungsschwächere Schülergruppen sich nicht durch stabile Eigenschaften („Schwächen“) von den anderen als qualitativ „andersartig“ unterscheiden, sondern dass sie sozusagen „zum falschen Zeitpunkt normal“ sind.

Individual- vs. Gruppen-Betrachtung Der auf Gruppenebene festgestellte Karawaneneffekt suggeriert klare Entwicklungslinien von den jeweiligen Ausgangspunkten aus. Fraglich ist aber, ob auf dieser Basis eine verlässliche Individualprognose möglich ist. Das Bild könnte nämlich täuschen, wenn sich innerhalb der Teilgruppen ganz unterschiedliche Entwicklungen überlagern, wenn die Einzelwerte also nach beiden Seiten erheblich um den jeweiligen Mittelwert streuen. Damit stellt sich die Frage 

Teil III: Wie gut können wir individuelle Entwicklungen vorhersagen? Dazu Befunde aus zwei ausgewählten Prognosestudien unserer Arbeitsgruppe Primarstufe an der Universität Siegen: LUST LOGIK zur Früherkennung von Schwierigkeiten.

Stabilität und Veränderung der Rangpositionen in sechs Monaten (LUST:

Alternative Erklärungsmöglichkeiten der Rangverschiebungen Die Kompetenzen haben unterschiedlich zugenommen. Andere persönliche Bedingungen haben sich verändert, z. B.: Motivation, Selbstbewusstsein, Kraft. 3. Kontexteinflüsse haben sich verändert, z. B.: Ablenkung, Konkurrenz, Belohnung. 4. Das Instrument selbst misst nicht verlässlich. Wie auch immer: Wir können uns nicht auf einmalige Messungen verlassen.

Vorhersage der Rechtschreibleistung im LOGIK-Projekt

Folgen der fehlenden Prognoseunsicherheit Diese Unsicherheit stellt die Aussagekraft punktueller Tests, z. B. in zentralen Lernstandserhebungen wie VERA, für die Einschätzung der individuellen Kompetenz in Frage. Die Prognoseunschärfe stellt aber auch eine Förderdiagnostik in Frage, die spezifische Förderprogramme an fehlende Voraussetzungen ankoppeln will 

Mikroanalysen von Brinkmann (2003) zur kurzfristigen Entwicklung von <Fahrrad> Die Befunde lassen sich in drei Punkten zusammenfassen:   Es gibt eine große Fluktuation der Schreibweisen binnen einer Woche. Knapp ein Drittel der Einzelschreibungen passen nicht in die Schubladen des May-Modells der Rechtschreibentwicklung. Die Hälfte der Entwicklungsfolgen ist illegal im Sinne des May-Modells.

Zwischenbilanz I-III: Mindestniveaus wie in den Bildungsstandards... ... konnten bisher nicht als Voraussetzung für erfolgreiches Handeln in konkreten Lebens- oder Berufsfeldern nachgewiesen werden: mangelnde „alltagsökologische Validität“; ... lassen sich auf der Basis der vorliegenden empirischen Daten nicht als „Risikoschwelle“ für die weitere Schullaufbahn bestimmen: mangelnde „lernbiografische Validität“; ... machen als einheitliche Anforderungen wenig Sinn, wenn die Leistungen aller Jahrgänge in denselben Klassen 4-5 Altersstufen auseinander liegen: Fehlpassung des Unterrichts; ... werden den individuellen Lernfortschritten von unterschiedlichen Ausgangspunkten her nicht gerecht: „Karawaneneffekt“ der Leistungsentwicklung.

Teil IV: Was bedeutet das für die Konzeption und Formen der Leseförderung? Die zentrale Frage: Auf welcher Basis können wir eine Passung von Lehrangebot und Lernstand herstellen? Konkret: Sind fonologische Förderprogramme vor dem Leseunterricht notwendig und kompensatorisch wirksam 

Effekte von Förderprogrammen Was bringt ein fonologisches Training?

Rückfragen zu den begrenzten Effekten Wie sind diese Befunde vereinbar mit der „herrschenden Meinung“, dass speziell fonologische Bewusstheit vor Schulbeginn trainiert werden soll? Zwei Erklärungsmöglichkeiten: a) Alternative Förderansätze sind nicht vergleichbar intensiv erprobt und untersucht worden. b) Die Rolle fonologischer Bewusstheit und die Wirkung ihrer Förderung wurden unter spezifischen Unterrichtsbedingungen untersucht 

Hypothesen zur Erklärung Gezieltes Training ist nur dann nötig und vorteilhaft, wenn der Anfangsunterricht nicht zureichend Gelegenheit zur Entwicklung fonologischer Bewusstheit bietet. Das ist in den USA in vielen „whole language“- Programmen der Fall und in Deutschland in der Praxis eher ganzheitlich orientierter Fibellehrgänge. Eine implizite Förderung der Sprachbewusstheit stellt aber das freie Schreiben dar, das über „invented spellings“ die Auseinandersetzung mit der Lautstruktur und ihrer Repräsentation durch Schriftzeichen intensiv fordert und fördert.

Indizien aus der Forschung Studien aus den USA zeigen, dass „inventend spelling“ sowohl direkt die fonologische Bewusstheit als auch in der Folge die Lesefähigkeit fördert (s. Adams 1990, 387; Richgels 2002, 148 ff): Read (1971) Ehri/ Wilce (1987); Ehri (1989) Clarke (1988) Winsor/ Pearson (1992) Richgels (1995; 2002) Dahl u. a. (1999) Positive Effekte auf die Rechtschreibentwicklung haben auch wir im Schreibvergleich BRDDR für „Lesen durch Schreiben“ festgestellt (Brügelmann u. a. 1994)

Zwischenbilanz IV Fonologische Leistungen sind ein guter Prädiktor und zudem eine beeinflussbare Voraussetzung von LRS. Ihr Einfluss beschränkt sich aber auf die Einstiegsphase und verliert für die weitere Entwicklung an Bedeutung. Andere Voraussetzungen könnten ähnlich wichtig sein – sind aber weniger gut untersucht und in der Förderung weniger intensiv erprobt. Unsere Erfahrungen im BLISS-Projekt deuten darauf hin, dass unter Alltagsbedingungen keine Überlegenheit fonologischer Trainings zu erwarten ist.

Defizit vs. Kompetenz: Nachdenkliches zum Schluss Sind Risikoprognosen vielleicht deshalb so riskant, weil das Verständnis von Lernen und Entwicklung und die Konzepte ihrer Förderung zu mechanistisch sind; weil Variablen in der Forschung ohne Kontextbezug modelliert und untersucht werden und weil die Deutungen der Betroffenen bei der Interpretation ihrer Schwierigkeiten ignoriert werden? Einige Indizien zur Stützung diese Vermutungen 

Risiko und Resilienz In der Kauai-Entwicklungsstudie von Werner/ Smith wurden 30% der Neugeborenen als „hochgradig gefährdet“ eingestuft. Von diesen „Risiko“-Kindern hatte 1/3 trotzdem keine Probleme als Kinder. Von den 2/3 mit Problemen „normalisierte“ sich im weiteren Verlauf die große Mehrheit, so dass insgesamt über 3/4 der „Risikokinder“ als Erwachsene nicht mehr auffällig waren. Die menschliche Überlebenskraft („Resilienz“) ist die zweite Seite der Medaille – sie kann viele Belastungen kompensieren 

Defizit- vs. Kompetenz-Blick Für die wider Erwarten erfolgreiche Entwicklung schon in den Anfangsjahren waren zwei Bedingungen charakteristisch: - erstens bestimmte Persönlichkeitsmerkmale - zweitens eine enge Beziehung zu mindestens einer Bezugsperson, die das Kind emotional stützte. Zu den späteren Wendepunkten zählten Heirat, Elternschaft, Militärdienst o.ä. Ereignisse, die für die Person neue Sinnperspektiven eröffneten

Menschen sind Sinnsucher Eine Erklärung bieten Deci/ Ryan, die drei Grundbedürfnisse in ihrer Selbstbestimmungstheorie der Motivation als Voraussetzung für eine positive Entwicklung von Personen nennen: Autonomie : „Ich darf (mit-)entscheiden“ Kompetenz :„Ich kann etwas gut“ Anerkennung : „Ich gehöre dazu“ Die Erfüllung dieser Bedürfnisse ist auch zentral für die Lernmöglichkeiten von Kindern    autonom „Ich darf selbst entscheiden“ sozial eingebunden „Andere mögen mich, ich bin anerkannt“ kompetent „Das kann ich gut“

Individualisierung „von unten“ statt Differenzierung „von oben“ Freies Schreiben zu selbst gewählten Themen, mit eigenen Wörtern auf dem aktuellen Sprachniveau. Persönliche Wahl der Lektüre nach Inhalt, Stil und Schwierigkeit. Anschließend Austausch durch Vorlesen, Erzählen, Rückfragen, Ergänzungen. „Vom Singulären über das Divergierende zum Regulären“ (Urs Gallin/ Peter Ruf)

Fazit: Pädagogik ist mehr als Didaktik - und mehr als angewandte Psychologie Die analytische Kraft der Psychologie bei der Erklärung von Lernprozessen darf nicht kurzschlüssig umgedeutet werden als Autorität für die konstruktive Entwicklung von Lernarrangements. Pädagogik ist bestimmt durch zusätzliche normative Annahmen über die Qualität der Prozesse, in denen neue Erfahrungen gemacht werden sollen. Es geht immer auch um die Entwicklung der Person – und nicht nur von Qualifikationen. Vgl. die Entwicklung der Verhaltensmodifikation hin zu einer stärker symmetrischen Beziehung mit Vereinbarungen über Ziele und Wege der Therapie.